06. Dezember 2023
Über die Relevanz von Karriereseiten
Lesezeit: 14 Min. Karriere-WebsitesRecruitingStellenanzeigen
Schaut man sich aktuelle Studienergebnisse zu Karriereseiten an, so gewinnt man unweigerlich den Eindruck, dass deren Relevanz für das Recruiting nicht wahrgenommen wird. Auch beim Anblick mancher Karriereseiten beschleicht einen das ungute Gefühl, dass Recruiter diese “Recruitingzentrale” als nur wenig relevant einschätzen oder deren Bedeutung nicht verstehen. Anders ist das Trauerspiel, das einem auf vielen Unternehmensseiten entgegenspringt, nicht zu erklären. Doch was bedeutet eigentlich “Relevanz” im Kontext von Karriereseiten und warum sind sie so relevant fürs Recruiting? Lesen Sie dazu auch das Update am Ende des Artikels.
Was bedeutet Relevanz?
Zunächst einmal müssen wir klären, was Relevanz eigentlich heißt. Grundsätzlich bedeutet Relevanz “Bedeutsamkeit” oder “Wichtigkeit in einem bestimmten Zusammenhang”. “Etwas hat Relevanz, gewinnt an Relevanz, verliert an Relevanz, ist von Relevanz”, so die Definition von Oxford Languages, die bei einer Google-Suche gleich ganz oben angezeigt wird. Relevanz leitet sich vom Adjektiv relevant ab, was so viel wie “wichtig, erheblich” bedeutet, so die Website DWDS. Relevant ist also das, was wir in einem bestimmten Kontext für besonders wichtig und bedeutsam halten.
In unserem Fall ist dieses „Wir“ Ihre Zielgruppe. Potenzielle Bewerber sollten also (im Idealfall) Ihre Karriereseite bzw. deren Inhalte, Ihre Stellenanzeigen und den Bewerbungsprozess als besonders wichtig und bedeutend wahrnehmen (und na klar, sich bewerben). Und tatsächlich ist es wichtig und erheblich. Denn überzeugt Ihre Karriereseite nicht durch Relevanz, sind Sie als Arbeitgeber für Bewerber ziemlich irrelevant.
Karriereseiten ohne Relevanz für Unternehmen?
Bevor ich mich der Relevanz im Kontext von Karriereseiten widme, werfen wir noch rasch einen Blick auf ein paar Studienergebnisse, die mir in den letzten Wochen ins Haus flatterten. Denn diese zeigen sehr deutlich, dass Recruiter die Relevanz von Karriereseiten (und dem sich anschließenden Bewerbungsprozess) stark unterschätzen. So hat bspw. Jobware 800 Karriereseiten von Unternehmen aus Bayern untersucht. Ein paar der traurigen Ergebnisse:
- Nur 64 % aller untersuchten Unternehmen verlinken ihre Karriereseite above the fold (platzieren den Karriere-Button also im sichtbaren Bereich)
- Bei beinahe 46 % der Karriereseiten fehlen allgemeine Kontaktmöglichkeiten
- Lediglich 36 % der Unternehmen liefern Informationen zum Bewerbungsprozess
- 22 % der Unternehmen nennen keine Benefits in den Stellenanzeigen
- Bei 30 % der Unternehmen befinden sich Bewerbungsbuttons bzw. Verlinkungen zu einem Online-Formular in einem nicht sichtbaren Bereich
- In 34 % der Unternehmen umfassen Bewerbungsformulare mehr als 10 (ausreichend wären 4) Pflichtfelder (darunter der Evergreen “Wie haben Sie von uns erfahren”)
- Bei 30 % der Unternehmen ist eine Bewerbung nur mit Zwangs-Registrierung möglich
- 55 % der Karriereseiten bieten keine Möglichkeit zur Initiativbewerbung
Und dann wundern sich Unternehmen, dass keine Bewerbungen eintrudeln und jammern über den “Fachkräftemangel”?
Recruiting-Abteilungen unterschätzen Relevanz von Karriereseiten
Ein weiterer Beleg dafür, dass Recruiting-Abteilungen die Relevanz von Karriereseiten unterschätzen, ist auch die seit einigen Jahren erscheinende Online-Recruiting-Studie vom Team der Wollmilchsau. Diese untersucht regelmäßig die Karriereseiten der DAX-Unternehmen. Und auch hier ist das Bild alles andere als schmeichelhaft:
- Lediglich 57,1 % der Unternehmen platzieren den Link zum Karrierebereich auf ihrer Startseite
- Lediglich 44,8 % binden ihre Jobbörse/die Stellenanzeigen nativ in der Karriereseite ein
- Lediglich 45,5 % bieten ein mobil optimiertes Bewerbungsformular an
- Bei 46,1 % der Unternehmen ist eine Bewerbung nur mit Zwangs-Registrierung möglich
- Lediglich 69,5 % der Unternehmen nutzen Google for Jobs
Sinnlose Pflichtfelder und Registrierungszwang führen zu Bewerbungsabbrüchen
Ein letztes Schlaglicht auf die Misere wirft die Studie Candidate Experience 2023 von Softgarden: Auf die Frage: “Welche Aspekte im Online-Bewerbungsprozess führen dazu, dass du eine Bewerbung abbrichst beziehungsweise gar nicht erst beginnst?” antworteten
- 66,4 % der Befragten mit: Pflichtfelder, die mit der Stelle nichts zu tun haben
- 63,3 % mit: Bewerbung kann nur gestartet werden, wenn ein Account mit Passwort angelegt wird
Wann begreifen Sie endlich, dass Ihre generische und nicht zielgruppengerecht gestaltete Karriereseite und vor allem Ihre Recruiting-Software “Bewerbervermeider” und nicht “Bewerberbringer” sind? Was muss noch passieren, damit Sie sich von SAP, SuccessFactors, Workday & Co. trennen?
Ich frage noch einmal:
Und dann wundern sich Unternehmen, dass keine Bewerbungen eintrudeln und jammern über den “Fachkräftemangel”? Einen “Fachkräftemangel”, der laut DIHK das größte Geschäftsrisiko darstellt und uns laut Boston Consulting pro Jahr 86.000.000.000 Euro kostet? Leute, was ist los mit euch?
Da die Relevanz von Karriereseiten stark unterschätzt wird – streng genommen hat sich in den letzten 20 Jahren, in denen ich mich mit Karriere Websites beschäftige, nicht wirklich übermäßig viel geändert (was mich dazu veranlasst hat, die Karriereseiten-Manufaktur zu gründen) – werfen wir nun einen Blick darauf, warum Karriereseiten so relevant sind und was ihre Relevanz ausmacht.
Relevanz im Kontext von Karriereseiten
Im Kontext von Recruiting (hier mit Fokus auf Karriereseiten, Stellenanzeigen und Bewerbungsprozess) bedeutet Relevanz,
- dass Ihre Karriereseite/Ihre Stellenanzeigen auffindbar sein müssen,
- dass Sie als Arbeitgeber als interessant oder sogar wichtig wahrgenommen werden,
- dass Ihr Angebot als Arbeitgeber inklusive Ihres “Warum” bei Ihren Zielgruppen Wirkung zeigt,
- dass Ihr Bewerbungsprozess zeitgemäß und komfortabel ist und
- dass Bewerbungen aufgrund Ihres relevanten und überzeugenden Angebots eingehen.
Relevanz hängt von Gestaltung, Inhalt und technischen Voraussetzungen ab
Was, wann, wo und für wen relevant ist, hängt im Kontext von Karriereseiten und Stellenanzeigen sowohl von der Gestaltung als auch von den Inhalten und einzelnen Begriffen ab. So mag eine Karriereseite, die den Fokus auf Blingbling und Firlefanz legt, für das eigene Ego relevant sein, nicht aber für den Bewerber. Für ihn ist relevant, dass die Karriereseite intuitiv zu bedienen ist und er schnell zu den Jobs respektive zur Bewerbung gelangt (was wiederum für Sie relevant ist).
Allein die Wortwahl entscheidet darüber, ob Sie als Arbeitgeber wahrgenommen werden
Auch ist der Begriff „Karriere“ als Bezeichnung für den Karriere-Button für potenzielle Bewerber äußerst relevant und kann darüber entscheiden, ob Ihre Botschaften verstanden und die Karriereseite Ihres Unternehmens aus dem Augenwinkel in der Navigation wahrgenommen wird. Dagegen sind Begriffe, wie „Mitarbeiten und Lernen“ oder „Unser Team“ irrelevant, wenn es darum geht, die Aufmerksamkeit des Nutzers auf Ihre Karriereseite zu lenken und ihn zu einer Bewerbung zu bewegen.
Abgedroschene Floskeln und Selbstbeweihräucherung, wie wir sie etwa aus den meisten Stellenanzeigen kennen, sind ebenfalls tabu, sie erzeugen Langeweile, aber keine Relevanz. Mit anderen Worten: Allein die Wortwahl vermeintlich unwichtiger Elemente wie der Menüpunkte Ihrer Website-Navigation entscheidet darüber, ob Sie als Arbeitgeber wahrgenommen werden oder nicht. Der Inhalt Ihrer Karriereseite allein reicht aber nicht aus, um die nötige Relevanz für potenzielle Bewerber zu erzeugen, auch die technischen Voraussetzungen müssen stimmen (Gestaltung, UX, SEO, Ladezeiten etc.).
Relevanz für den Recruiter vs. Relevanz für den Bewerber
Während Relevanz für Sie bedeutet, die richtigen Mitarbeiter zu finden, um sie zur richtigen Zeit am richtigen Arbeitsplatz einzusetzen, bedeutet Relevanz für Ihre Zielgruppen, dass sie alle für sie relevanten Inhalte – egal ob Text, Bild, Video oder Audio – erhalten (und auch finden), die auf ihre Bedürfnisse, Erwartungen und Wünsche zugeschnitten sind und die sie benötigen, um eine Entscheidung für oder wider eine Bewerbung zu treffen (Stichwort: Selbstselektion). Was wiederum für Sie als Arbeitgeber dann relevant wird, wenn die Bewerbungen eintrudeln (oder auch ausbleiben, denn dann müssen Sie sich fragen, an welcher Stelle es Ihrer Karriereseite, Ihren Stellenanzeigen oder dem Bewerbungsprozess an Relevanz mangelt – die Studienergebnisse oben liefern schon ein paar handfeste Gründe dafür).
Mehr Relevanz = Mehr Bewerbungen
Relevante Inhalte sind anschauliche, verständliche, beschreibende und konkrete Inhalte, die dem Nutzer egal welcher Zielgruppe einen Mehrwert bieten und Wirkung entfalten. Ob Ihre Inhalte relevant, also wichtig und überzeugend sind, zeigt sich, wenn es Ihnen gelingt, mit Ihren Botschaften die richtigen Menschen von sich als Arbeitgeber zu überzeugen und sie zu einer Bewerbung zu motivieren. Dabei gilt: Jede Zielgruppe hat ihre eigenen Bedürfnisse und Erwartungen an den Arbeitgeber und/oder die Stelle, und für jede Zielgruppe sind andere Themen relevant.
Für jede Zielgruppe sind andere Themen relevant
So kann z. B. die Information, dass Sie eine Kantine haben oder im Dreischicht-Betrieb gearbeitet wird, für potenzielle Mitarbeiter in der Produktion sehr relevant sein, während die Tatsache, dass bei Ihnen Remote- und agiles Arbeiten möglich ist, für potenzielle Mitarbeiter in der IT viel relevanter sein wird. Die Information, dass Sie Ihren Mitarbeitern 32 Tage Urlaub bieten und jeder durch sein Engagement einen Beitrag zum nachhaltigen und ressourcenschonenden Handeln des Unternehmens leisten kann, ist wiederum für alle Zielgruppen relevant (zumindest für diejenigen, die sich mit Ihren Werten identifizieren. Und genau um die geht es ja).
Auch zwischen den Zeilen wird deutlich, ob Ihr Angebot relevant ist oder nicht
Die Art und Weise, wie Sie Ihre Karriereseite gestalten und Begriffe oder Texte formulieren, transportiert neben der unmittelbaren Bedeutung von Gestaltung und Inhalt noch weitere Informationen. So erhält ein potenzieller Bewerber „zwischen den Zeilen“ Aufschluss darüber, welchen Stellenwert er in Ihrem Unternehmen wirklich hat. Denn es zeigt sich sehr schnell, ob man sich wirklich Gedanken über eine zielgruppengerechte Ansprache gemacht hat – etwa durch eine direkte Ansprache der Kernzielgruppe, eine schnelle Auffindbarkeit passender Jobs und in Form von Inhalten, die auf die Erwartungen und Bedürfnisse der Zielgruppe zugeschnitten sind – oder ob man mit wenig fundierten Standardfloskeln à la „Willkommen, Berufserfahrene“ den lästigen Bewerber schnell abbügelt oder ihn mit schier unüberwindbaren Hürden à la Zwangsregistrierung konfrontiert.
Relevanz als Arbeitgeber entsteht nur durch relevante Inhalte
Wie viel Mühe Sie sich bei der Bewerberansprache tatsächlich geben, hat großen Einfluss darauf, wie Sie auf potenzielle Bewerber wirken – Stichwort Signaltheorie! Sie senden ständig Signale aus, an jedem Kontaktpunkt der Candidate Journey und jede Formulierung, jeder Inhalt, jede Funktion hat immer eine Wirkung. Ob diese positiv oder negativ ausfällt, liegt allein in Ihrer Hand! Anders ausgedrückt:
Wenig nutzerfreundliche Gestaltung, irrelevante Begriffe und Inhalte können verhindern, dass potenzielle Bewerber Ihre Botschaften finden und wahrnehmen. Erst durch relevante Formulierungen können Ihre Inhalte (und Sie als Arbeitgeber) ihre volle Wirkung entfalten.
Einige Beispiele für relevante und irrelevante Faktoren im Kontext von Karriereseiten zeigt die folgende Abbildung.
Die Relevanz Ihrer Karriereseite im Kontext von Recruiting-SEO
Die Relevanz der Inhalte Ihrer Karriereseite spielt auch in einem anderen Zusammenhang eine wichtige Rolle, nämlich im Kontext von Recruiting-SEO. Bei der sogenannten Content-Relevanz geht es um die Bedeutung der Informationen einer Website in Bezug auf eine Suchanfrage. Relevanzkriterien sind dabei nicht nur der sichtbare Text, sondern auch Content-Elemente wie kontextbezogene Bilder oder Videos. Auch Meta-Elemente wie Title, Meta-Description und Alt-Tags tragen zur Relevanz bei. Aber auch die Ladegeschwindigkeit Ihrer Karriere-Website, der technische Aufbau sowie Art und Umfang der Verlinkung spielen eine Rolle. All diese Aspekte bestimmen die Relevanz einer Seite und letztlich das Suchmaschinen-Ranking.
Mehr Relevanz = Größere Reichweite und Bekanntheit als Arbeitgeber
Grundsätzlich gilt: Je besser die Texte bzw. Inhalte Ihrer Karriereseiten zu einer Suchanfrage passen – oder anders ausgedrückt: je relevanter die Inhalte sind – desto wahrscheinlicher ist ein gutes Ranking und damit eine gute Auffindbarkeit und in der Folge eine größere Reichweite und Bekanntheit für Sie als Arbeitgeber. Wenn Sie sicherstellen, dass Ihre Karriere-Website gut geschriebene, informative und aktuelle Inhalte enthält, die auf die Bedürfnisse, Erwartungen und Wünsche Ihrer Zielgruppen einzahlen, schaffen Sie Relevanz gleich in mehrfacher Hinsicht: Für Ihre Zielgruppe. Und für Google. Und damit wiederum für Ihre Zielgruppe. Und damit für Sie. Denn für Sie ist ein gut gefüllter Bewerbungseingang in Zeiten des “Fachkräftemangels” von großer Relevanz.
Auf den Punkt gebracht:
Sie werden als Arbeitgeber nur dann als relevant wahrgenommen, wenn Sie durch Relevanz überzeugen.
Stellen Sie sich die Frage, wie Sie Ihre Inhalte so aufbereiten und auffindbar machen, dass Ihre Botschaft dank relevanter Inhalte direkt den Nerv Ihrer Zielgruppen trifft und diese von einer Bewerbung überzeugt. Finden Sie eine gute Antwort auf diese Frage und Ihr Engagement wird Früchte tragen.
Folgende Inhalte sorgen auf Ihrer Karriereseite für Relevanz (sofern sie einen Mehrwert für den Nutzer haben):
- Relevante Informationen zur gelebten Unternehmenskultur und den gelebten Werten
- Relevante und plastische Darstellung von Aufgaben und Projekten mit Sinn und Perspektive
- Relevante Informationen über Work-Love-Balance: Wie wird die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf sichergestellt?
- Relevante Informationen zu Weiterbildung und Perspektiven
- Relevante Informationen über Arbeit(splatz, -umgebung) und Gesundheit(smanagement)
- Relevante Informationen zum Gehalt
- Relevante und glaubwürdige Informationen zu Nachhaltigkeit und Verantwortung für die Gesellschaft
- Zielgruppenorientierte Darstellung der Mitarbeitervorteile (aka Benefits)
- Relevante und wahrheitsgetreue Informationen über Vielfalt am Arbeitsplatz (Vielfalt ist mehr als Charta der Vielfalt)
- Relevante Informationen zum Standort
- Relevante Informationen zum Bewerbungsprozess
Aussagekräftige Texte mit Mehrwert, aktive Ansprache (“Du”/Sie“), Vermeidung von Sternchen, Doppelpunkten und Bindestrichen, kontextrelevante Bilder/Videos/Audios und Stellenangebote erhöhen die Relevanz Ihrer Karriereseite und sorgen für Zuwachs im Bewerbungseingang (oder auch nicht, wenn ungeeignete Kandidaten abgeschreckt werden).
Update: Ergänzende Anmerkungen
Aufgrund diverser Kommentare zu meinem auf LinkedIn verlinkten Artikel und der Tatsache, dass meine Antwort die dort mögliche Zeichenanzahl sprengen würde, möchte ich hier im Blog auf einen Kommentar noch einmal im Detail eingehen – einerseits, um Klarheit zu schaffen, andererseits aber auch um noch einmal die Dringlichkeit dieses Themas zu verdeutlichen.
Ein Leser schrieb: “Wenn ich das schon wieder lese. „Die Recruiter schnallens einfach nicht“”, hieß es da. Und weiter: “Dass „die Recruiter“ nur in den seltensten Fällen entscheiden können, wie sich Internetauftritte von DAX- oder anderen Unternehmen gestalten und selbst hinsichtlich Karriereseiten oft nur geringen Handlungsspielraum haben und sich auch fast nie ihr ATS aussuchen können, schon gar nicht in grossen Konzernen““, sollte ich eigentlich wissen.
Mehr Wertschätzung und Achtsamkeit im Recruiting
Nun, grundsätzlich tut es mir leid, wenn der Artikel bei dem einen oder anderen den Eindruck erweckt hat, meine Aussage sei, dass, um es in Worten des Kommentators auszudrücken, “Recruiter es nicht schnallen“. Mein Ziel ist es, mehr Wertschätzung und Achtsamkeit im Recruiting zu etablieren. In meinen Blogbeiträgen kommt das vielleicht nicht immer zum Ausdruck 😉 Allerdings würde sich das auch mit meinem Grundsatz beißen, schonungslos den Finger in die Wunde zu legen und zu sagen, was ich denke – und nicht, was die Allgemeinheit hören will.
Unternehmen halten an Bewerbervermeidungsstrategien fest
Wenn ich also schreibe, dass “Recruiter diese “Recruitingzentrale” (gemeint ist die Karriereseite) als nur wenig relevant einschätzen oder deren Bedeutung nicht verstehen“, so möchte ich damit kein „Recruiter-Bashing“ betreiben – vielmehr drücke ich damit meine Erfahrungen und das aus, was ich tagtäglich in der Praxis erlebe. Es will mir nicht in den Kopf, dass trotz „Fachkräftemangel“ und der enorm hohen Kosten, die durch den Einsatz entsprechender Tools (und der realitätsfernen Haltung Einzelner; das können Fachvorgesetzte, die IT, die Geschäftsführung – Stichwort „kein Budget“, aber auch Recruiting-Verantwortliche selbst sein) entstehen, Unternehmen an solchen Bewerbervermeidungsstrategien festhalten. Aber selbst bei der Nutzung von SuccessFactors, Workday, Brassring, Beesite, Umantis, Avature oder wie diese Bewerbervermeidungssysteme auch alle heißen mögen, könnte mit entsprechenden Lösungen eine nahtlose und medienbruchfreie Candidate Experience ermöglicht werden. Lösungen, die übrigens nur einen Bruchteil der Kosten verursachen, die durch verlorene Bewerber und unnötig verlängerte Vakanzzeiten aufgrund der eingesetzten Systeme entstehen (Stichwort Cost of Vacancy).
Wichtig ist an dieser Stelle vielleicht auch der Hinweis, dass ich den Begriff “Recruiter” als Sammelbegriff für alle an der Personalgewinnung Beteiligten verwende, zumal es keine einheitliche Aufgabendefinition für das gibt, was ein Recruiter eigentlich macht.
An dieser Stelle sei aber eine Frage erlaubt:
Wenn es nicht “die Recruiter” sind, die über das ATS mitentscheiden oder “hinsichtlich Karriereseiten oft nur geringen Handlungsspielraum haben“, wer ist es dann?
Recruiter merken als Erste, wenn und wo es im Getriebe hakt
Sie, die als Markenbotschafter unmittelbar “an der Front” stehen, sind die Ersten und diejenigen, die unmittelbar merken (sollten), wo es im Getriebe hakt, und entsprechend intervenieren und mit Fakten argumentieren können, warum diese oder jene Lösung nicht die richtige ist. Wenn das natürlich nicht passiert und man glaubt, als “Recruiter” keinen Einfluss nehmen zu können, darf man sich nicht wundern, wenn Bewerber ausbleiben (oder Menschen wie ich das monieren und Studien diese Widrigkeiten sogar wiederholt belegen). Diese Haltung erinnert mich immer ein wenig an Menschen, die sagen, dass sie als Einzelner nichts gegen den Klimawandel ausrichten können. Klar, dass man mit so einer Einstellung nichts erreichen kann. Weder im Klimaschutz noch im Recruiting.
Letztendlich hat man meiner Meinung nach als Recruiter (und als Mensch) immer mehrere Möglichkeiten zur Auswahl:
- Das Ganze als gegeben hinnehmen und Dienst nach Vorschrift machen,
- Verantwortung für das eigene Handeln und Ergebnis übernehmen und das Ganze hinterfragen; Ursachen analysieren, Fakten sammeln und argumentieren (man könnte z. B. die Rechnung aufstellen, was es pro Tag im Durchschnitt kostet, wenn eine Stelle aufgrund von Bewerbervermeidungssystemen nicht besetzt werden kann und das auf die Anzahl der ausgeschriebenen Stellen hochrechnen – schnell wird man feststellen, dass solche Bewerbervermeidungsstrategien Unternehmen schnell Tausende von Euro pro Tag kosten können) und auf Lösungen zu setzen, die (trotz der Nutzung von Bewerbervermeidern) eine nahtlose und medienbruchfreie Candidate Experience ermöglichen. Und damit Relevanz für das Recruiting schaffen. Oder er kann
- das Ganze als gegeben hinnehmen, seinen Job machen und im schlimmsten Fall aufgrund seiner Unzufriedenheit (innerlich) kündigen oder
- sich direkt einen Arbeitgeber suchen, der Verantwortungsbewusstsein und Expertise zu schätzen weiß (die gibt es durchaus). Denn das Gute ist doch, dass dank “Fachkräftemangel” und Remote Work auch Recruiter ihren Wunscharbeitgeber unter vielen wählen können.
Schließen möchte ich meine ergänzenden Ausführungen mit einem Zitat Molières:
“Wir sind nicht nur für das verantwortlich, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun”.
Und genau das trifft den Nagel auf den Kopf.
Gründe für Ausbleiben von Mitarbeiterentwicklung | agileprofi.de
Verena
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