Gehaltsangabe in Stellenanzeigen: Status quo und Pro & Contra

Lesezeit: 17 Min. Employer BrandingHRPersonalmarketingRecruitingStellenanzeigen

Heute geht’s mal (wieder) um ein Tabuthema: Gehaltsangaben in Stellenanzeigen. Wenn es ums Gehalt geht, ist das meist mehr ein “Lohnpoker”, wie es Jörg Buckmann formuliert, als ein Agieren auf Augenhöhe. Von Gerechtigkeit keine Spur. Der Bewerber muss die Hosen runterlassen und verkauft sich entweder zu günstig oder aber Unternehmen verschwenden wertvolle Ressourcen, weil sie erst im Vorstellungsgespräch die Hosen runterlassen. Zudem führt das Ganze zu einem Lohnungleichgewicht und zum sogenannten Gender Pay Gap. Wie aber sieht der Status quo tatsächlich aus? Wie transparent sind Unternehmen wirklich, wenn es um Gehaltsangaben in Stellenanzeigen geht – und was spricht dafür, was möglicherweise dagegen? Das verrät Ihnen dieser Artikel.

Bewerber fordern Gehaltstransparenz

Schon seit vielen Jahren fordere ich mehr Gehaltstransparenz in Stellenanzeigen – und spreche damit vielen Bewerbern aus der Seele. Das belegen diverse Studien und Umfragen, die seit vielen Jahren eigentlich alle das Gleiche konstituieren:

  1. Bewerber wollen mehr Gehaltstransparenz. Nicht nur das: Einer Umfrage von Jobware aus dem Jahr 2015 zufolge fordern 79 Prozent der Befragten sogar eine verpflichtende Gehaltsangabe in Stellenanzeigen! 74 Prozent der Befragten wünschen sich eine generelle Information zur Vergütung, das konstatierte Adzuna 2019.
    Bewerber wollen mehr Gehaltstransparenz
  2. Auf Stellenanzeigen, die diese Gehaltstransparenz bieten, entfallen mehr Bewerbungen. 60 Prozent der Bewerber würden auf eine Stellenanzeige mit Gehaltsangabe klicken, nur 19 Prozent auf eine Stellenanzeige ohne entsprechende Information. Das ermittelte wiederum Adzuna und wurde nun von Softgarden erneut bestätigt. Dreimal so viel der Befragten würden sich auf eine Stelle bewerben, wenn die Stellenausschreibung eine Gehaltsangabe enthält! Befragt wurden 6.720 Menschen, die sich im Bewerbungsprozess befinden!
    Mehr Bewerbungen dank Gehaltsangaben in Stellenanzeigen
  3. Das Gehalt ist das wichtigste Kriterium bei der Jobsuche. Das wiederum bringt eine Untersuchung von StepStone zu Arbeitgeberattraktivität aus diesem Jahr zutage. Für 64 Prozent ist das Gehalt sogar sehr wichtig!
    Gehalt als Top-Kriterium bei der Jobauswahl

Über Gehalt spricht man nicht. Auch nicht in Stellenanzeigen.

Doch obwohl das so ist, ist das Gehalt bzw. die Gehaltsangabe bereits in der Stellenanzeige immer noch ein Tabuthema. Ich bin zwar ein großer Fan des Bauchgefühls, wollte es aber dennoch genau wissen. Mit einem großartigen Kooperationspartner, index Marktforschung, die Sie bereits aus der Corona-Erhebung zu Stellenanzeigen kennen, sind wir der Sache einmal genau auf den Grund gegangen. index Marktforschung erfasst mit seinem Tool index Anzeigendaten täglich geschaltete Stellenanzeigen aus Online-Jobbörsen, von Unternehmens-Websites sowie aus Zeitungen und Zeitschriften. Mit über 38 Millionen Stellenanzeigen im Jahr ist index Marktforschung in diesem Segment Marktführer in Europa. Wer so viel Marktdurchblick hat, ist wieder einmal der perfekte Kooperationspartner für eine entsprechende Auswertung. Ein dickes Dankeschön an dieser Stelle für die wieder einmal tolle Zusammenarbeit!

Gehaltsangabe in Stellenanzeigen: Der (traurige) Status quo

Im Zeitraum August 2020 wurden 795.647 Stellenanzeigen aus 248 Jobbörsen, 196 Printmedien und der Bundesagentur für Arbeit auf Gehaltsangaben hin untersucht. Ein gar nicht so leichtes Unterfangen, denn Angaben zum Gehalt gibt es nicht in standardisierter Form. Mal wird es in Form eines Stundenlohns, mal in Form eines Bruttomonatslohns, mal in Form eines Jahresgehalts angegeben. Das Team von index Marktforschung hat sich der Herausforderung gestellt und mit ausgeklügelten Suchstrings und -logiken die Daten herausgefiltert. Wie zu erwarten war, ist das Ergebnis wenig schmeichelhaft.

Lediglich 11,6 Prozent der Stellenanzeigen mit Gehaltsangaben

Insgesamt werden in 11,6 Prozent der Stellenanzeigen Gehaltsangaben gemacht. Im Durchschnitt entfallen 37 Prozent der Angaben auf den Stundenlohn, in 48 Prozent der Fälle handelt es sich um Angaben zum Bruttomonatslohn und in 16 Prozent der Fälle wird in den Stellenanzeigen das Jahresgehalt genannt. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den einzelnen Berufsgruppen.

Gehaltsangaben in Stellenanzeigen - gesamt nach Berufsgruppen

Transport, Verkehr, Logistik die Berufsgruppe mit den meisten Stellenanzeigen mit Gehaltsangabe

Die Berufsgruppe mit dem größten Anteil an Stellenanzeigen mit Gehaltsangaben ist Transport, Verkehr, Logistik, Lager mit 19,7 Prozent, gefolgt von Gesundheit, Medizin, Soziales mit 17,7 Prozent. Absolutes Schlusslicht stellt die Berufsgruppe Hotel/Gastgewerbe dar: Lediglich in 0,7 Prozent der Stellenanzeigen wird hier das Gehalt genannt. Und da wundert sich die Hotellerie/Gastronomie ernsthaft über einen Mangel an Bewerbungen (Corona-Bedingungen außen vor gelassen)?

Nennung des Stundenlohns in der Berufsgruppe Bauwesen, Handwerk, Umwelt an erster Stelle

Geht es um die Nennung des Stundenlohns, so ist die Berufsgruppe Bauwesen, Handwerk, Umwelt mit 70,33 Prozent an erster Stelle. An zweiter Stelle mit 66,05 Prozent stehen Stellenanzeigen für die Berufsgruppe Transport, Verkehr… Auf dem dritten Platz landet die Wissenschaft: Hier finden sich in 63,38 Prozent der Stellenanzeigen Gehaltsangaben zum Stundenlohn.

Hotel/Gastronomie insgesamt in Sachen Gehaltstransparenz Schlusslicht, aber bei Nennung des Monatslohns an erster Stelle

Ein ganz anderes Bild bei Angabe des Monatslohns: Hier gibt es die meisten Nennungen in der Berufsgruppe Hotel/Gastronomie (71,94 Prozent), dich gefolgt von Gesundheit, Medizin, Soziales (70,5 Prozent). An dritter Stelle folgen Stellenanzeigen für die Berufsgruppe Vertrieb/Verkauf (65,23 Prozent).

Gehaltsangabe in Stellenanzeigen - Anteil nach Gehaltsnennung

Angabe des Jahresgehalts in Stellenanzeigen der Berufsgruppe IT/Telekommunikation top, insgesamt aber Flop

Das Jahresgehalt wird insbesondere bei Stellenanzeigen für die Berufsgruppe IT/Telekommunikation genannt (63 Prozent). Allerdings finden sich Gehaltsangaben dazu nur in 3,3 Prozent aller Stellenanzeigen. Auch die Berufsgruppe Consulting/Beratung hält sich mit Gehaltsangaben eher bedeckt (4,1 Prozent). Wenn, dann wird das Jahresgehalt genannt (48,46 Prozent). Sowohl in technischen Berufen als auch bei Finanzberufen wird das Gehalt in 20,69 Prozent der jeweils dort veröffentlichten Stellenanzeigen genannt. Allerdings finden sich Gehaltsangaben insgesamt eher bei den technischen Berufen (7,8 Prozent), als bei Finanzberufen (5,3 Prozent).

Gehalts-Thematik in Deutschland nimmt zu

Soweit die traurige Realität in Deutschland. Wobei ich ehrlicherweise doch überrascht war, dass es über 10 Prozent sind, die sich trauen, das Gehalt in Stellenanzeigen anzugeben.

Gehalt ist auch für Jobbörsen und Employer-Branding-Portale ein spannendes Thema. Offenbar hat Google for Jobs mit seiner “Gehaltstransparenz-Initiative” auch hier in Deutschland für Bewegung gesorgt. So kann man bspw. bei indeed seit einiger Zeit das Gehalt in Stellenanzeigen angeben und bekommt als Bewerber entsprechende Resultate bevorzugt ausgespielt. Allerdings wird hier häufig auch ein geschätztes Gehalt oder einen arithmetischen Mittelwert angezeigt.

Gehaltstransparenz bei Google for Jobs

kununu wiederum will Glassdoor nicht nachstehen und so sammelt auch das größte Arbeitgeberbewertungs-Portal fleißig Gehaltsangaben. StepStone wiederum testet derzeit Gehaltsprognosen in Stellenanzeigen – möglicherweise inspiriert durch die Softgarden Candidate-Experience-Studie, die eindrucksvoll belegt, dass Bewerber sich auf eine Stellenanzeige mit Gehaltsangabe dreimal so häufig bewerben würden, wie bei einer Stellenanzeige ohne.

Es gibt also nichts, was gegen eine Gehaltsangabe in Stellenanzeigen spricht. Oder? In einer unserer letzten Sessions von #KeineHRAlleinZuhaus, einer exklusiven virtuellen HR- und Recruiting-Community, die seit Ende März einmal wöchentlich zusammenkommt und über spannende HR- und Recruiting-Themen diskutiert und Lösungsansätze erarbeitet, sprachen wir über die Pros und die Cons von Gehaltsangaben in Stellenanzeigen. Um es auf den Punkt zu bringen: Wirklich ernsthafte Argumente gegen eine Gehaltsangabe in Stellenanzeigen gibt es nicht. Alles, was hier angeführt wird, sind Scheinargumente. Aber ich will nicht vorgreifen.

Pro & Contra Gehaltsangaben in Stellenanzeigen

Contra: Was gegen eine Gehaltsangabe in Stellenanzeigen spricht

Folgende “Contra-Argumente” wurden von der Community gefunden. Das meiste entpuppt sich bei genauem Hinsehen als Scheinargument, die tatsächlich positiven Aspekte, die sich hinter dem vermeintlichen Contra-Argument verbergen, werden nicht gesehen.

Angst vor Abschreckung von Bewerbern

Letztendlich bewerben sich dann nur die Bewerber, die in das Gehaltsgefüge passen. Das Sichten von Bewerbungen von unpassenden Bewerbern entfällt. Im Zweifel kommt es zur Gehaltsverhandlung sogar erst im Vorstellungsgespräch oder sogar im Zweitgespräch. Bedenken Sie, wie viele Ressourcen Sie bisher in diesen Prozess investiert haben, mit dem Resultat, dass Sie wieder von vorne anfangen können. Und das nur, weil Sie die Katze nicht bereits zuvor aus dem Sack gelassen haben.

Anpassung interner Gehälter nach oben aufgrund Transparenz

Tja, das Thema Transparenz ist so eine Sache. Geht ja nicht, dass der eine Kollege mehr verdient als der andere. Fairness spielt in Sachen Gehalt eine eher geringe Rolle.

Einschränkung der Verhandlung

Diese Einschränkung gibt es nicht. Denn wenn transparent gemacht wird, was jemand verdienen kann, muss auch nicht verhandelt werden.

Unklarheit, ob Jahresgehalt (mit 12 oder 13,2 Monaten), Wochenstunden etc.

Diese Unklarheit gibt es nicht, wenn man das klar kommuniziert.

Andere Argumente/Benefits treten in den Hintergrund

Gehalt ist zwar einer der wichtigsten Gründe, den Job zu wechseln, aber eben nur einer. Es gilt hier, eben genau die Benefits in die Waagschale zu werfen, mit denen man die Bedürfnisse des Bewerbers befriedigen kann. Bspw. Homeoffice vs. mehrere Kilometer pendeln (das kostet Zeit, Geld und Nerven), ein am Gemeinwohl orientiertes Familien-Unternehmen vs. gesichtsloser DAX-Konzern, eine auf Zusammenhalt basierende Zusammenarbeit mit empathischen Führungskräften vs. Drill-Instruktoren mit toxischer Führung.

Weil verschwiegen werden soll, dass Männer besser bezahlt werden als Frauen

Genau das würde durch entsprechende Gehaltstransparenz vermieden werden, der Gender Pay Gap wäre Geschichte!

Das Gehalt nach unten drücken wollen, insgesamt, niedrig einstellen, “Schnäppchenmach-Mentalität”

Diese Schnäppchenmach-Mentalität funktioniert dann nur noch bei denen, die sich ihres Marktwertes nicht bewusst sind.

Gehaltsbänder sind vorhanden, die sollen auch so bleiben und ein Neuer soll sie nicht sprengen (nach oben)

Ein Neuer kann sie nur sprengen, wenn die Gehaltsbänder wirklich so stark auseinanderdriften und “der Neue” dann deutlich mehr verdienen würde, als die alteingesessenen Kollegen. Allerdings kann man sich hier die Frage stellen, wie es dann insgesamt mit der Fairness hinsichtlich Gehalt in den Unternehmen aussieht.

Gehalt ist Auswahlkriterium, ich will 60.000 zahlen, der Bewerber will 120.000 dann fällt er raus…

Natürlich fällt er raus. Und das ist auch gut so. Weil er sich gar nicht erst bewerben würde, wenn er wüsste, was Sie zahlen. So ersparen Sie sich das Sichten dieses Kandidaten und ressourcenintensive Vorstellungsgespräche nebst Abstimmung etc. Wenn der Kandidat aufgrund des Gehaltsgefüges nicht passt, dann passt er nicht.

Wettbewerbsfaktor: Unternehmen will nicht, dass die Konkurrenz weiß, wie hoch die Fixkosten sind

Wettbewerbsfaktor? Definitiv. Und zwar im Sinne von positiver Auswirkung auf potenzielle Bewerber. Und genau der sollte ja in Zeiten von Fachkräfteknappheit immer im Fokus stehen. Und wie oben bereits gesagt: Gehalt ist nicht alles. Selbst wenn Unternehmen X dann weiß, was Sie sich den Kandidaten kosten lassen, Sie können mit weit mehr punkten, als der Wettbewerb: etwa mit Ihrer einzigartigen Unternehmenskultur und den glaubhaft gelebten, wertschätzenden Werten.

Politik des Unternehmens = über Geld / Gehalt spricht man nicht, da die Belegschaft nicht darüber sprechen soll, gibt nur Zank und Streit

Wer möchte in einem so rückwärtsgewandten Unternehmen arbeiten? Zum Thema Transparenz und Wertschätzung siehe oben.

Gehalt wird nicht genannt, und es ist ein Auswahlkriterium beim Bewerbungsverfahren, wie der Bewerber sein Gehalt verhandelt

Auswahlkriterium ja. Für den Bewerber. Denn er bewirbt sich bei Ihnen gar nicht erst, wenn Sie es nicht zu schätzen wissen, was er wert ist. Wenn die Gehaltsverhandlung Auswahlkriterium im Bewerbungsverfahren ist, dann… nun ja…

Bestehende Mitarbeiter fühlen sich benachteiligt vs. Bestehende Mitarbeiter fühlen sich als was Besseres

(auch vorgebracht: Transparenz nach innen (langfristige Entwicklung? Ungleichbehandlung im Unternehmen? Internes Konkurrenzdenken?)

Transparenz, Wertschätzung, Fairness. Siehe oben.

Fixer und variabler Anteil möglicherweise individuell kann man nicht 1:1 wiedergeben

Möglicherweise individuell ist kein Argument, das Gehalt nicht zu nennen. Es geht nicht unbedingt um das konkrete Endgehalt. Bewerber freuen sich schon über die Angabe einer Spanne, damit sie überhaupt eine Orientierung haben. Und wenn es einen variablen Anteil gibt, so könnte man mit Beispielen arbeiten.

Bei hohen Gehältern bewerben sich Leute, die “nur die Zahl sehen”

Das kann natürlich passieren. Aber als echte Personalauswahl-Profis sind Sie schon in der Lage zu checken, ob der Kandidat auch ansonsten den Anforderungskriterien entspricht.

Miese Vergütung und hohe Anforderungen – Leute bewerben sich dann nicht

Guter Punkt. Und was ist, wenn Sie sich bewerben und sie dann im Vorstellungsgespräch sitzen und dann erfahren, dass Sie eine miese Vergütung zahlen? Dann ist der Bewerber weg. Und Sie fangen von vorne an. Siehe oben.

Bewerber an Großunternehmen verlieren, weil dort mehr Gehalt geboten wird

Kann passieren. Allerdings sollten Sie mehr zu bieten haben, als das Gehalt und andere Argumente in die Waagschale werfen können. Siehe oben.

Alleinstehend sagt das Gehalt manchmal (zu) wenig

Stimmt genau. Deswegen gilt es ja, andere Argumente in die … Sie wissen schon…

Systemlimitierung durch E-Recruiting-Software

Wenn es kein Feld für das Gehalt gibt, so wie es das etwa bei Google for Jobs gibt, so schreibe ich das einfach in den Text. Ein größeres Scheinargument als dieses gibt es glaube ich nicht.

Mir ist sehr wohl klar, dass mehr Gehaltstransparenz dazu führt, dass andere einen Überblick darüber bekommen, was der nächste verdient. Aber sollten wir nicht grundsätzlich mal darüber nachdenken, ob unsere Entlohnungsmodelle noch zeitgemäß sind? Stichwort New Pay, ein Thema, welches wir am 10.11.2020 bei #KeineHRAlleinZuhaus auf der Agenda haben. Theoretisch wäre Lohngerechtigkeit mit ein bisschen gutem Willen über Nacht möglich. Andere Länder wie Island oder, ganz aktuell Spanien, die Lohnungerechtigkeit per Gesetz verbieten, machen es vor.

Pro: Was für Gehaltsangaben in Stellenanzeigen spricht

Im Grunde genommen habe ich die wesentlichen Vorteile mit der Entkräftung der Contra-Argumente schon genannt. Aber der Vollständigkeit halber werde ich hier noch mal die von der #KeineHRAllein-Community erarbeiteten hier noch mal ergänzt um weitere aufführen.

Transparenz & Fairness (man weiß, woran man ist)

Dem ist im Grunde nichts hinzuzufügen. Man weiß, woran man ist. Man kauft keine Katze im Sack. Und entweder sagt man sich, ja passt oder eben nicht.

Filter für qualitativ passende Bewerber

Es bewerben sich nur die, die sich bewerben wollen und für die das Gehalt angemessen erscheint.

Gehaltsverhandlung ist einfacher (ggf. Wegfall)

Wird das konkrete Gehalt genannt, so gibt es erst gar keine Gehaltsverhandlung. Wird eine Spanne genannt, so gibt es auch hier keine bösen Überraschungen. Auch entfallen Gehaltsverhandlungen nach “Verhandlungsstärke” und damit unfaires Gefälle zwischen einzelnen Mitarbeitern.

Als Kandidat bekommt durch konkrete Zahlen eine realistische Einschätzung des Verdienstes. Verhandlungsängste werden vermieden, die Chance zusammenzukommen, wird ungleich größer.

Endlich reale Zahlen! (keine Bewertungen, Erfahrungen oder Benchmarks)

Es gibt kein Stochern im Nebel mehr, “Gehaltsprognosen”, wie sie bspw. StepStone aktuell testet, oder auch aus externen Portalen aggregierte Daten wie bei Google for Jobs sind damit quasi obsolet. Die Katze wurde aus dem Sack gelassen!

Candidate Experience (z. B. keine Abschreckung durch Angabe Gehaltswunsch)

Klar, auch die Candidate Experience wird verbessert, wenn der “Lohnpoker”, wenn die Angabe eines Gehaltswunsches entfällt. Ebenso entfällt auch die oftmals peinliche, in der Regel keinesfalls auf Augenhöhe geführte, Gehaltsverhandlung (in der Regel gilt es, den Bewerber möglichst billig einzukaufen, siehe Schnäppchenmach-Mentalität oben).

Besseres Ranking bei Google for Jobs

Google suggeriert, dass je vollständiger die strukturierten Daten, desto besser das Ranking. Tatsächlich suggeriert Google nur. Denn auch wenn gilt: je vollständiger, desto besser, bleibt das Ranking ein Rätsel.

Kein Rumgedruckse mehr

Ja! Natürlich gibt’s kein Rumgedruckse mehr, wenn klipp und klar gesagt wird, was man verdienen wird und ein Bewerber sich konkludent darauf einlässt, wenn er sich bewirbt. Kein Rumgedruckse ist gut, denn genau das führt bei vielen Bewerbern dazu, dass Sie ein mögliches Jobangebot nicht annehmen!

Gehaltsnennung erst im Vorstellungsgespräch - zu spät

Motivator

Logisch, dass die Angabe des Gehalts ein klarer Motivator fürs Bewerben ist! Sogar wenn Sie nur Mindestlohn zahlen, dieses aber transparent machen, werden Sie aus Interessenten Bewerber machen!

Identifikation von Optimierungspotenzial ;)

Natürlich kann man anhand der Reaktionen auch erkennen, ob das Gehalt überhaupt marktfähig ist und sollte ggf. nachsteuern. Man kann natürlich auch warten bis man schwarz wird, bis sich ein Dummer findet, der sich auf den Lohnpoker einlässt und lässt die Stelle so lange unbesetzt.

Option für Benchmarks (Konkurrenzanalyse)

Letztendlich können Sie auch dahingehen und die Stellenanzeigen des Wettbewerbs auswerten, um daraus dann “Ihr” Gehalt abzuleiten. Ob das der richtige Schritt ist, wage ich aber zu bezweifeln.

Transparenz ist Wertschätzung (intern und extern)

Natürlich erzeugt Gehaltstransparenz Wertschätzung. Auf Seiten der potenziellen Bewerbe ebenso wie auf Seiten der aktuellen Mitarbeiter. Immer vorausgesetzt, Sie zahlen faire und nachvollziehbare Gehälter natürlich.

Mehr Bewerbungen bei Angabe des Gehalts

Die Erfahrung zeigt, dass Unternehmen, die ihre Gehälter transparent nach außen kommunizieren, mehr Bewerbungen verzeichnen.

Keine Ungleichbehandlung mehr, kein Gender Pay Gap

Nach wie vor ist die ungleiche Bezahlung – insbesondere zwischen Frauen und Männern, der sogenannte Gender Pay Gap – ein Riesenthema bei uns. Würden Unternehmen mehr Gehaltstransparenz wagen, wäre das Thema auf einen Schlag Geschichte.

Man hat mehr Zeit für wichtige Infos rund um den Job

Klar, entfällt die lästige Gehaltsverhandlung, bleibt mehr Zeit für die wesentlichen Dinge.

Marktübliches Gehalt/attraktives Gehalt bekommt ein “Gesicht”

Endlich bekommt eine leere Worthülse einen echten Wert.

Gut fürs Employer Branding – schärft das Arbeitgeber-Profil

Natürlich zahlt Gehaltstransparenz in Stellenanzeigen auch positiv auf die Arbeitgebermarke ein. Deutlich positiver im Übrigen als bunte Bildchen oder ein lustiger, die EVP verkörpern sollender Claim.

Kommunikation auf Augenhöhe

Ja! Hier wird niemand mehr über den Tisch gezogen. Beide Seiten sind gleichberechtigt und begegnen sich auf Augenhöhe!

Angabe von Gehalt mindert das Misstrauen von (weiblichen) Bewerbern

Die Unsicherheit bei Gehaltsverhandlungen und mangelnde Fairness aufseiten der Arbeitgeber führt insbesondere bei weiblichen Bewerbern oftmals dazu, dass diese deutlich schlechter bezahlt werden, als der männliche Gegenpart – Stichwort Gender Pay Gap. Mit dem wäre ein für allemal Schluss!

Keine Chance für Arbeitgeber, die Mindestlohngrenze zu umgehen

Leider ist es ja keine Seltenheit, insbesondere in bestimmten Branchen, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter ausquetschen, auch aufgrund ihrer Herkunft oder ihres Status. Sehr verbreitet ist dieses Problem etwa in der Fleisch verarbeitenden Industrie (Tönnies & Co.), in der Bauindustrie, bei Zustellbetrieben oder in der Hotellerie/Gastronomie. Letztere Berufsgruppe ist nicht ohne Grund die mit der geringsten Gehaltstransparenz, siehe Grafik oben. Endlich wären Unternehmen gezwungen, reinen Wein einzuschenken. Die (finanzielle) Ausbeutung der Mitarbeiter wäre damit vorbei.

Positive Selbstselektion der Bewerber

Natürlich führt die Gehaltsangabe in Stellenanzeigen zu einer (positiven) Selbstselektion der Bewerber! Wenn jemand 85.000 Euro verdienen will, er aber weiß, dass er nur 60.000 verdienen wird (und Gehalt über alles stellt), wird sich gar nicht erst bei Ihnen bewerben. Und das führt automatisch zum nächsten Argument:

Zeitersparnis bei Recruiter und Bewerber

Ich als Bewerber erspare mir die Zeit bei einem Unternehmen, welches ohnehin nicht meinen Gehaltsvorstellungen entspricht. Ich als Recruiter erspare mir Zeit, unpassende Bewerbungen zu sichten.

Kostenersparnis durch weniger Gespräche, weniger Anzeigenschaltung

Dank weniger Gespräche, die Sie als Recruiter führen müssen, sparen Sie Zeit und Ressourcen und damit Geld. Möglicherweise müssen Sie sogar weniger Stellenanzeigen schalten, weil Sie Ihre Schäfchen dank Gehaltstransparenz früher finden.

Entwicklungspotenzial kann durch eine Gehaltsspanne dargestellt werden

Wie gesagt, geht es nach Bewerbern, so müssen es ja nicht einmal absolute Zahlen sein, eine Spanne wird schon als großer Fortschritt empfunden und zeigt an, wo man bei guter Qualifikation landen kann.

Utopische Gehaltsvorstellungen als Arbeitgeber ausschließen

Auch ein wichtiger Punkt, der weiter oben schon genannt wurde: Ich kann dank Gehaltstransparenz Bewerbungen von Kandidaten mit (für die Verhältnisse des Unternehmens möglicherweise) utopische Gehaltsvorstellungen vermeiden.

Gesellschaftspolitischen Fokus für z. B. Sozialberufe stärken

Ein sehr interessanter Aspekt, der hier genannt wurde. Natürlich könnte ich das. Wenn denn endlich fair bezahlt würde. Aber das ist ein anderes Thema. Nichtsdestotrotz schafft mehr Gehaltstransparenz auch hier mehr Vertrauen und die Bewerbungen steigen.

“Um beiden Parteien Unannehmlichkeiten zu ersparen, bin ich für eine offene Gehaltskommunikation in Stellenausschreibungen. Eine ‚Von-bis‘-Angabe ist sehr hilfreich.“

„Gehaltsspanne in der Stellenanzeige angeben. Dadurch kann der Bewerber viel selbstbewusster über das Thema Gehalt beim Vorstellungsgespräch sprechen.“

„Gebt es offen an, dann bewerben sich auch nur Personen, die damit
einverstanden sind.“ Quelle: Softgarden-Studie “Gehalt im Bewerbungsprozess”

Mehr Gehaltstransparenz wagen!

Sie sehen: Die positiven Argumente für echte Gehaltstransparenz überwiegen, die “Contra-Argumente” sind im Grunde nichts als Schein-Argumente und können schnell entkräftet werden. Im Sinne einer positiv aufgeladenen Arbeitgebermarke und effizientem Recruitings:

  • Wagen Sie Transparenz!
  • Veröffentlichen Sie das Gehalt, das Mindestgehalt oder zumindest eine Gehaltsspanne in Ihren Stellenanzeigen (und auf der Karriereseite!). Wie viele Umfragen bestätigen, ist das Gehalt einer der wichtigsten Gründe bei der Jobsuche.
  • Unternehmen mit Gehaltstransparenz werden mit mehr und passenden Bewerbungen belohnt,
  • die Recruiting-Prozesse werden weniger ressourcenintensiv.
  • Erst im Vorstellungsgespräch das Gehalt zu nennen und Bewerber in eine unfreiwillige (Lohn-)Poker-Runde einzuladen, ist unfair und sorgt für unausgewogene Gehälter – insbesondere zwischen Männern und Frauen.

“In keinem anderen Bereich der gegenseitigen Erwartungen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer klaffen zwischen Wunsch und Wirklichkeit so große schwarze Löcher wie beim Thema Lohn”,

konstatiert Jörg Buckmann in seinem Buch “Personalmarketing mit gesundem Menschenverstand”. Es ist an der Zeit, dass sich das ändert. Möge Ihnen dieser Artikel dabei eine wertvolle Vorlage liefern. Und nun viel Spaß bei mehr Gehaltstransparenz für Bewerber!

Kommentare (1)

Christian B. Rahe

Interessant wäre da mal ein Zeitreihenvergleich. Gibt es einen klaren Trend für mehr Gehaltstransparenz?
Über den Autor
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Moin! Ich bin Henner Knabenreich. Seit 2010 schreibe ich hier über Personalmarketing, Recruiting und Employer Branding. Stets mit einem Augenzwinkern oder den Finger in die Wunde legend. Auf die Recruiting- und Bewerberwelt nehme ich auch als Autor, als Personalmarketing-Coach, als Initiator von Events wie der HR-NIGHT oder als Speaker maßgeblich Einfluss auf die HR-Welt. Sie möchten mich für einen erfrischenden Vortrag buchen, haben Interesse an einem Karriere-Website-Coaching, suchen einen Partner oder Berater für die Umsetzung Ihrer Karriere-Website oder wollen mit bewerberzentrierten Stellenanzeigen punkten? Ob per E-Mail, XING oder LinkedIn - sprechen Sie mich an, ich freue mich auf Sie!
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