01. April 2019
Gehaltstransparenz in Stellenanzeigen: Was das StAnzTransG für Arbeitgeber bedeutet
Lesezeit: 6 Min. RecruitingStellenanzeigen
Das dürft so manchem Arbeitgeber gar nicht schmecken. Geht es nach den Vorstellungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) so sind Unternehmen bald dazu gezwungen, das in einer Position gezahlte Gehalt in Stellenanzeigen oder auf der Karriere-Website anzugeben. Das, was in Österreich schon längst gang und gäbe ist, viele Unternehmen weltweit als klaren Wettbewerbsvorteil erkannt haben und immer wieder von Bewerbern gefordert wird, soll nach Willen Hubertus Heils und Konsorten nun also auch in Deutschland Einzug halten. Grund dafür sind auch das gescheiterte Entgelttransparenzgesetz sowie die nach wie vor eklatanten Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen. Eine weitere Neuerung soll zudem für Klarheit bei Stellentiteln und eine bessere Bezahlung gesellschaftlich relevanter Jobs sorgen.
Arbeitgeber müssen künftig klipp und klar in Stellenanzeigen vermerken, welches Gehalt im jeweiligen Job gezahlt wird – so lautet der neue Gesetzesentwurf aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Ausnahmen soll es im sogenannten “Stellenanzeigentransparenzgesetz” (StAnzTransG) keine geben. „Es herrscht ein unglaubliches Ungleichgewicht am Arbeitsmarkt“, so die Parlamentarische Staatssekretärin beim BMAS. “Trotz eines Bewerbermarktes in nahezu allen Branchen und Regionen sowie eines von Unternehmen gerne als Ausrede angeführten “Fachkräftemangels”, müssten Bewerber die Hosen runterlassen, während Arbeitgeber mit Intransparenz glänzten“, so die Staatssekretärin weiter. “Das Entgelttransparenzgesetz ist komplett gescheitert, Arbeitgeber halten an Maßstäben aus Zeiten der industriellen Revolution fest und haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Transparenz und Wertschätzung in der Bewerberansprache sind Trumpf.”
Gehaltstransparenz in Stellenanzeigen bedeutet Wettbewerbsvorteil für Unternehmen
So verpflichtet bspw. der sogenannte „Equal Pay Act“ in Dänemark bereits seit 2007 alle Unternehmen mit mehr als 35 Mitarbeitern, ihre Gehaltsstrukturen offenzulegen. Eine Untersuchung von dänischen und amerikanischen Wissenschaftlern belegt, dass der Gender Pay Gap im Land seitdem merklich geschrumpft ist. In Deutschland dagegen hat sich die Lohnsituation seit dem Entgelttransparenzgesetz kaum verändert. Auch der einmalig im Jahr durchgeführte Equal Pay Day hat bis dato keine nennenswerte Verbesserung gebracht. Nur 14 Prozent der Mitarbeiter-Anfragen führten überhaupt zu einer Anpassung der Gehälter und lediglich drei Prozent der Unternehmen geben an, mittlerweile auf eine gerechtere Entlohnung bei Neueinstellungen zu achten. Und trotzdem klafft zwischen Männern und Frauen eine Lohnlücke von 21 Prozent!
Auch diese Fakten haben das BMAS dazu bewogen, mithilfe des StAnzTransG schon vor der Einstellung für Entgelttransparenz zu sorgen. Schließlich bedeuten Stellenanzeigen mit einer konkreten Gehaltsangabe nicht nur einen echten Wettbewerbsvorteil für die Unternehmen, sondern würde auch sicherstellen, dass Frauen und Männer, dass Mitarbeiter egal welcher Ausbildung, gleich entlohnt würden. Schließlich sei es nicht relevant, was man in der Vergangenheit geleistet habe, sondern welchen Wert man für das Unternehmen zukünftig erbringen würde und mit welchen Werten das Unternehmen überzeugen würde, so die Staatssekretärin. Selbst Google mit seiner Jobsuche “Google for Jobs” hat die Wichtigkeit einer transparenten Gehaltsangabe erkannt und belohnt Unternehmen, die ihr Gehalt offen legen, mit einem besseren Ranking. Wer ehrlich ist und nichts zu verheimlichen habe, sorge für eine erhöhte Attraktivität als Arbeitgeber, könne mehr Bewerbungen und zufriedenere Arbeitnehmer verzeichnen, so die Quintessenz für die Begründung des Gesetzentwurfs. In der Folge zahlt der Gesetzesentwurf also maßgeblich auf Ihre Employer-Branding-Aktivitäten ein.
Bewerber wollen mehr Gehaltstransparenz
Dass dem so ist, beweisen immer wieder Umfragen. Bewerber wollen Gehaltstransparenz. Und belohnen Unternehmen, die diese zeigen. Jüngste Zahlen zu dem Thema Gehaltstransparenz in Stellenanzeigen etwa präsentiert Adzuna auf seinem Blog. 74 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass Stellenanzeigen Informationen zur Vergütung enthalten sollten. 60 Prozent würden sich auf Anzeigen bewerben, die eine Gehaltsangabe enthalten. Lediglich 21 Prozent ist dies egal.
Möglicherweise waren auch diese alarmierenden Zahlen Grund fürs BMAS, in Sachen Gehaltstransparenz vorzupreschen. Traurig, aber wahr: Oft hilft nicht das Einschalten des gesunden Menschenverstands, oft muss der Gesetzgeber erst einmal klare Signale setzen.
Die Angabe des Gehalts entlastet Personalabteilungen
Dabei profitieren Arbeitgeber ungemein. Nicht nur durch mehr und passende Bewerbungen. Auch im Recruitingprozess würden enorme Ressourcen frei, kommt das IAB – das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung – in einer Anfrage zum StAnzTransG zum Schluss: Wenn künftig Arbeitgeber das Gehalt offenlegen müssten, so würden sich nur die Kandidaten bewerben, die sich mit dem Gehaltsniveau zufriedengeben. Kandidaten, die sich deutlich unterbezahlt sähen, würden sich gar nicht erst bewerben. In der Folge müssten die Bewerbungen solcher Kandidaten also gar nicht erst gesichtet werden. Ein weiterer Vorteil dieser Gehaltstransparenz: Sehr schnell würden Arbeitgeber merken, ob der Job definitiv unterbezahlt sei und man an seinem Gehaltsgefüge schrauben müsse. Wenn nämlich die Bewerbungen ausbleiben, so stelle dies ein Indiz für eine schlecht bezahlte Tätigkeit dar. Allerdings, so heißt es weiter beim IAB: Jeden Tag stünde ein Dummer auf, der sich mit dem Gehalt abspeisen ließe. Auf genau solche Kandidaten warten viele Unternehmen aktuell, anstatt fair und dem Bedarf angemessen zu zahlen. Oft übersehen diese Unternehmen dabei, dass eine offene Vakanz das Unternehmen deutlich mehr kostet, als eine Stelle zügig mit einem passenden (möglicherweise “teurem”) Kandidaten zu besetzen.
Höhere Löhne für gesellschaftlich relevante Jobs, weniger für Bullshitjobs
Ob das branchenübergreifend wirklich so ist, darf allerdings bezweifelt werden. Ein weiterer Gesetzesentwurf sieht nämlich vor, Jobs, die gesellschaftlich relevant sind, bspw. Pflegefachkräfte, Reinigungskräfte oder Mitarbeiter der Müllabfuhr, künftig deutlich höher zu entlohnen. Bullshitjobs, also bspw. Jobs von (Investment-)bankern, Managern, Immobilienmaklern, Call Center Agents oder Sachbearbeitern würden entsprechend abgewertet. Ebenso würden Bonuszahlungen künftig nur noch unter Auflagen möglich sein. Es kann nicht sein, so die Stellungnahme des BMAS dazu, dass Menschen, die für eine Gesellschaft unabdingbar sind, ohne die unsere Gesellschaft gar nicht funktionieren würde, so schlecht bezahlt würden. In der Folge würden diese Jobs als unattraktiv wahrgenommen, Unternehmen täten sich schwer mit der Mitarbeitersuche, weil Fachkräfte entweder ins Ausland abwandern (weil dort ihre Arbeit wertgeschätzt und entsprechend ihres Status besser entlohnt wird) oder lieber einen zwar besser dotierten, gesellschaftlich irrelevanten Job annähmen. Auf der anderen Seite würden Menschen, die der Gesellschaft massiven Schaden zufügen, etwa Investmentbanker, Konzernbosse. Lobbyisten etc. fürstlich entlohnt. Mehr Gerechtigkeit für alle, mehr Transparenz bei den Gehältern, mehr Augenhöhe zwischen Arbeitgebern und potenziellen Bewerbern, das soll das Resultat dieses sehr begrüßenswerten Gesetzesentwurfs sein.
StAnzTransG macht Schluss mit umständlichen, schlecht lesbaren Stellentiteln
Das Bundesarbeitsministerium setzt mit diesem Gesetzesentwurf zum Stellenanzeigentransparenzgesetz (StAnzTransG) nicht nur ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag um, sondern auch eine Richtlinie der EU. Diese schreibe vor, dass die Darstellung der Gehaltsangaben in Stellenanzeigen spätestens bis Anfang 2020 reformiert werden muss. Vorgaben der EU seien eine konkrete Nennung der Gehaltsangabe, unabhängig von Position, Beschäftigungsart und Ausbildung sowie die Vermittlung wertebezogener Inhalte. Der Gesetzentwurf verweise auch auf die bestehenden Fachkräfte-Engpässe, heißt es. Qualitativ hochwertige, auf Augenhöhe ausgestaltete Stellenanzeigen sollen entscheidend zur Attraktivität eines Arbeitgebers bzw. eines Berufs beitragen. Das neue Gesetz sehe zudem vor, Berufsbezeichnungen ausschließlich im generischen Maskulinum zu veröffentlichen. Unschöne Wortgebilde oder unaussprechbare Stellentitel wie bspw. “Assistent/Assistentin (m/w/d)”, “Assistent*in”, “Assistent (m/w)”, “Empfangsdame/Empfangsherr (m/w/d/gn” entfallen somit. Auch Google for Jobs und StepStone verfolgen mit ihren Vorgaben für Stellentitel ähnliche Ziele. Jedem sei klar, so das BMAS, dass es sich bei Stellentiteln um Berufsbezeichnungen handele. Und die seien nun mal per se geschlechtsneutral. Eine Entscheidung, die für viel Erleichterung sorgen dürfte.
Mareike
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Verena Hagn
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Christine Stock
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Christian B. Rahe