Erfolgsfaktoren einer Stellenanzeige: Aufgabenbeschreibung und Anforderungsprofil

Lesezeit: 7 Min. PersonalmarketingRecruitingStellenanzeigen

Die Stellenanzeige ist tot. Ach, wie oft hat man das wichtigste Recruiting-Instrument überhaupt (zumindest in Gedanken) schon zu Grabe getragen … “Die Stellenanzeige ist tot” oder das “Zeitalter des “Post & Pray” ist vorbei”, können Sie immer mal wieder lesen. Ich kann Sie beruhigen: Bis die Stellenanzeige das Zeitliche segnen wird, werden noch viele Jahre vergehen. In den meisten Fällen ist die Stellenanzeige das Medium, über das Jobsuchende das allererste Mal Kontakt zu einem potenziellen Arbeitgeber haben. Allerdings gehört die Stellenanzeige, so wie wir sie seit Ewigkeiten kennen – sprich: inhaltsleer, fehlerhaft, austauschbar und an (den Bedürfnissen) der Zielgruppe vorbei – definitiv auf den Scheiterhaufen der Recruiting-Geschichte. Stellt sich die Frage, was denn eigentlich die Erfolgskriterien einer Stellenanzeige oder Gründe sind, warum möglicherweise Bewerbungen ausbleiben.

Umfrage zu Stellenanzeigen unter über 1.400 Jobsuchenden liefert klare Erkenntnisse

Eine Frage, auf die ich mir in Kooperation mit Softgarden Antworten erhofft und auch bekommen habe. Im Zeitraum März/April 2021 haben über 1.400 Jobsuchende an einer Befragung zu Stellenanzeigen teilgenommen. Die Ergebnisse lassen tief blicken und bieten hoffentlich den Anreiz, dass Sie sich einmal mit Ihren Stellenanzeigen auseinandersetzen. Denn tatsächlich sind die erfolgsentscheidenden Punkte genau die, wo es bei den meisten Stellenanzeigen krankt, nämlich die Aufgabenbeschreibung und das Anforderungsprofil. Das zeigt sich gleich in verschiedenen Aspekten der Umfrage:

  • Den wichtigsten Elementen einer Stellenanzeige
  • Den Gründen, sich nicht auf eine Stellenanzeige zu bewerben

Schauen wir uns das Ganze einmal im Detail an.

Die wichtigsten Elemente einer Stellenanzeige

Jobsuchende haben die Qual der Wahl. Zig-tausend Stellenanzeigen von einigen tausend Arbeitgebern buhlen in mehr als 1.000 Jobbörsen um die Gunst des Mitarbeiters von morgen. Als Jobsuchender ist man in Jobbörsen mit einer Vielzahl von Stellen konfrontiert. Doch was sind die Gründe, sich überhaupt mit einer Stellenanzeige auseinanderzusetzen? In erster Linie ist es natürlich der Stellentitel, denn ohne den entsprechenden Stellentitel kann die Stelle kaum aufgefunden werden. Und je nach Jobbörse ist es dann der Einstiegstext, der das Zünglein an der Waage sein kann, ob man sich mit Ihrem oder einem Jobangebot des Wettbewerbs auseinandersetzt. Aber was sind die wichtigsten Elemente einer Stellenanzeige?

Die wichtigsten Elemente einer Stellenanzeige

Aufgabenbeschreibung und Anforderungsprofil wichtigste Elemente einer Stellenanzeige

Ein Blick auf die Grafik gibt eine klare Antwort. Wichtigste Elemente einer Stellenanzeige sind mit weitem Abstand die Aufgabenbeschreibung und das Anforderungsprofil. Als sehr wichtig bewerten 67,09 Prozent der 1.427 Jobsuchenden die Aufgabenbeschreibung (wichtig bis sehr wichtig sind es sogar 77,84 Prozent), dem Anforderungsprofil schreiben 62,4 Prozent der Befragten eine sehr wichtige Rolle zu (wichtig bis sehr wichtig sind es 77,91 Prozent). Das Problem: Die wenigsten Aufgabenbeschreibungen sind so gestaltet, dass wirklich klar wird, worum es in der Stelle eigentlich geht. Und dass Anforderungsprofile meistens auch austauschbar oder überzogen sind und dies den ausschreibenden Recruiting-Verantwortlichen sogar bewusst ist, ist auch kein Geheimnis. Mit fatalen Folgen. Aber darauf kommen wir weiter unten noch mal zurück.

Um den dritten Platz der Erfolgsfaktoren einer Stellenanzeige streiten sich die Angabe eines Ansprechpartners (36,85 Prozent bzw. 63,58 Prozent) und der Stellentitel (36,22 Prozent bzw. 66,06 Prozent). Dass Sie ohne den entsprechenden Stellentitel gar nicht in den Genuss einer Stellenanzeige kommen würden, war den Befragten wohl nicht bewusst.

Bildmotiv und Videos in Stellenanzeigen spielen keine Rolle

Bildmotiv und Video spielen hingegen eine absolut untergeordnete Rolle. Mehr als 56 Prozent der Befragten stufen ein Video, nahezu 45 Prozent das Bildmotiv als unwichtiges Element einer Stellenanzeige ein. Klar, denn sowohl Bildmotiv als auch Video sind nette (und je nach Inhalt/Motiv auch durchaus hilfreiche) Add-ons, die aber erst dann ihre Wirkung entfalten, wenn man sich im Folgenden mit der Stellenanzeige auseinandersetzt.

Auch die Gehaltsangabe trägt zum Erfolg von Stellenanzeigen bei

Auch eine Gehaltsangabe oder die Angabe einer Gehaltsspanne sind – Stichwort: War for Talents – (scheinbar) nicht kriegsentscheidend. Natürlich, Bewerber sind Kummer gewohnt und wissen, dass Arbeitgeber mit Intransparenz glänzen und nur selten die Hosen runterlassen. Das aber wird sich ändern, setzen doch immer mehr Jobbörsen oder Anbieter auf Transparenz, wie bspw. indeed, LinkedIn oder aber Google for Jobs und StepStone, die – sofern vom Arbeitgeber keine Gehaltsangabe gemacht wird – eine Gehaltsspanne bzw. eine Gehaltsprognose anzeigen.

Ob die Gehaltsangabe ein wichtiges Element darstellt oder nicht: Wer in seinen Stellenanzeigen ein Gehalt angibt, punktet mit Transparenz und es erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass Jobsuchende zu Bewerbern werden. Abgesehen davon, dass dadurch auch dem Gender-Pay-Gap der Garaus gemacht werden könne. Eine Maßnahme, die weitaus mehr bringt, als zwanghaftes Gendern.

Warum sich Jobsuchende nicht auf Stellenanzeigen bewerben

Die Elemente einer Stellenanzeige zu kennen, die für Jobsuchende am wichtigsten sind, ist das eine. Die Frage, was Jobsuchende möglicherweise davon abhält, sich zu bewerben, das andere. Bestätigen sich hier die oben gemachten Erkenntnisse? Gibt es zusätzliche? Die Frage “Was ist ein Grund für Sie, sich nicht auf eine Stellenanzeige zu bewerben?” haben 1.415 Jobsuchende beantwortet. Die Antworten liefern spannende Erkenntnisse.

Gründe, sich nicht auf eine Stellenanzeige zu bewerben

Unklare Aufgabenbeschreibung für 60 Prozent der Jobsuchenden K. O.-Kriterium

Zunächst einmal bestätigt sich die Wichtigkeit der Elemente Aufgabenbeschreibung und Anforderungsprofil. Ist die Aufgabenbeschreibung so gestaltet, dass man sich unter der Stelle nichts vorstellen kann (was in einem Gros der Stellenanzeigen in Deutschland, die mit einer Aneinanderreihung von generischen Substantiven auftrumpfen abstumpfen, leider der Fall ist), so bewerben sich 35,18 Prozent gar nicht, bzw. 25,35 Prozent “eher nicht”. In Summe ist das also für mehr als 60 Prozent der Befragten ein echtes K. O.-Kriterium. Auf der anderen Seite stehen lediglich 23,31 Prozent, die sich in Augen-zu-und-durch-Manier “auf jeden Fall” bzw. “trotzdem” bewerben.

Unspezifische oder überzogene Anforderungsprofile halten Jobsuchende von einer Bewerbung ab

Auch überzogene oder unspezifische Anforderungen sind für viele ein Grund, sich nicht zu bewerben (28,68 Prozent) bzw. eher nicht zu bewerben (27,37 Prozent). Tatsächlich lässt sich nicht einmal ein Viertel der Befragten von solchen Anforderungsprofilen abschrecken. Aber das große Problem ist ohnehin, dass die meisten Anforderungsprofile, so wie wir sie kennen, nicht für ein nachhaltig wirksames Recruiting taugen, weil die Anforderungen in der Regel vergangenheitsbasiert orientiert sind, nicht aber auf die erfolgreiche Umsetzung von Zielen der Aufgaben (nur weil ich bspw. 15 Jahre Berufserfahrung habe und ein BWL-Diplom habe, heißt das nicht, dass ich einen guten Job mache. Abgesehen davon, dass viele eigentlich kein klares Bild davon haben, wen sie eigentlich suchen. Aber das ist ein anderes Thema, dem ich mich demnächst einmal ausführlich widmen werde).

Fehlt eine Angabe des Arbeitsortes oder aber wie dank Corona zunehmend möglich, die Angabe, ob man remote arbeiten kann, kann auch das zu ausbleibenden Bewerbungen führen. Für über 40 Prozent der befragten Jobsuchenden ist das ein K. O.-Kriterium. Logischerweise führt auch ein Stellentitel ohne Aussagekraft dazu, dass man sich nicht bewirbt. Allerdings würde man eine Stellenanzeige ohne klaren, beschreibenden Stellentitel im Zweifelsfall auch gar nicht erst finden ;-).

Einseitige Ansprache der Geschlechter führt zu weniger Bewerbungen

“Ich fühle mich durch die Stelle nicht angesprochen, weil sie so gestaltet ist, dass offenbar nur Männer oder nur Frauen angesprochen  werden”, ist für knapp 40 Prozent der Befragten ein Grund, sich nicht zu bewerben. Das wirft auf der einen Seite die Frage auf, wie eine einseitige Ansprache aussieht. Ist es möglicherweise ein im generischen – bzw. inklusiven – Maskulinum formulierter Stellentitel? Das wohl eher nicht, denn genau das generische Maskulinum ist es ja, was von Jobsuchenden (und generell einer großen Mehrheit der Deutschen) bevorzugt wird. Auch dieser Thematik widme ich mich in Kürze noch einmal eingehend.

Ohnehin geht eine zielgruppen- bzw. geschlechtergerechte Ansprache weit über den Stellentitel hinaus. Und nein, dass Sie “(m/w/d)” hinter jede Personenbezeichnung packen oder Ihre Stellenanzeige so mit Gendersternchen, -strichen oder -doppelpunkten überfrachten, dass sie garantiert eins nicht mehr ist: lesbar, ist auch wenig hilfreich und wird viele eher von einer Bewerbung abhalten. Vielmehr geht es um die sinnvolle und im Kontext passenden agentischen oder aber auch kommunalen Formulierungen. Dazu aber demnächst mehr.

Bessere Zielgruppenansprache möglich

Auf der anderen Seite liefert das die Erkenntnis, dass Sie mit (auf das Geschlecht bezogenen) einseitig gestalteten Stellentiteln oder geschlechterstereotypischen Formulierungen bestimmte Zielgruppen bewusst ausschließen können. Was wiederum einen klaren Vorteil darstellt, wenn sie sich aus den unbarmherzig zugreifenden Klauen des AGG befreien wollen – weil Sie bspw. die Stelle aus Gründen nur mit einer Frau oder nur mit einem Mann oder nur mit einem non-binären Menschen besetzen wollen. Hier können Sie dann auf die absolut sichere Variante des Asterisk zurückgreifen und darüber hinaus eine zielgruppengerechte Stellenanzeige kreieren.

Mehr Erkenntnisse aus der in Kooperation mit Softgarden durchgeführten Studie finden Sie hier:

Jobsuchende bevorzugen generisches Maskulinum

Was ist ein guter Stellentitel und wie lang sollte er sein?

Was Jobsuchende von einer guten Stellenanzeige erwarten (exklusiv für Mitglieder der personalmarketing2null-Community)

 

Kommentare (3)

Stellenanzeigen-Studie 2021: Darum sind Stellenanzeigen so beliebig

[…] bis “sehr gut” ein. Wie aber kommt es dann, dass Bewerber bzw. Jobsuchende gemäß der unterschiedlichsten Studien das komplett anders sehen? Wenigstens knapp 10 Prozent der Befragten haben mehr Reflexionsvermögen […]

Die 100 %-Lüge: Bewerben sich Frauen wirklich weniger als Männer, wenn sie nicht exakt den Anforderungen entsprechen?

[…] Auch meine in Kooperation mit Softgarden durchgeführte Studie unter über 1.400 Jobsuchenden bestätigt: Überzogene und unspezifische Anforderungen sind Grund für ausbleibende Bewerbungen. […]

Gendergerechte Stellenanzeigen: Wie eine "geschlechtsneutrale" Bewerberansprache gelingen kann

[…] Unternehmen packen mehr Anforderungen in Ihre Stellenanzeigen als es für die Zielerreichung der Aufgaben erforderlich wäre oder verwenden generell gerne überzogene Anforderungen, […]
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Moin! Ich bin Henner Knabenreich. Seit 2010 schreibe ich hier über Personalmarketing, Recruiting und Employer Branding. Stets mit einem Augenzwinkern oder den Finger in die Wunde legend. Auf die Recruiting- und Bewerberwelt nehme ich auch als Autor, als Personalmarketing-Coach, als Initiator von Events wie der HR-NIGHT oder als Speaker maßgeblich Einfluss auf die HR-Welt. Sie möchten mich für einen erfrischenden Vortrag buchen, haben Interesse an einem Karriere-Website-Coaching, suchen einen Partner oder Berater für die Umsetzung Ihrer Karriere-Website oder wollen mit bewerberzentrierten Stellenanzeigen punkten? Ob per E-Mail, XING oder LinkedIn - sprechen Sie mich an, ich freue mich auf Sie!
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