19. März 2018
Welche Rolle spielen Bilder in Stellenanzeigen?
Lesezeit: 8 Min. RecruitingStellenanzeigen
Klar, über Bilder in Stellenanzeigen, die authentisch sind, können sich Arbeitgeber wunderbar differenzieren und für zusätzliche Pluspunkte beim Bewerber sorgen. Theoretisch. Leider scheitert das Ganze meistens entweder daran, dass man sich aus der gleichen Bilddatenbank bedient, wie der Wettbewerber auch oder auf nichtssagende Werbebotschaften setzt, die eine wie auch immer geartete Employer Brand unterstreichen sollen und in keinerlei Kontext zur Stelle selbst stehen. Insbesondere im Hinblick aber auf Online-Stellenanzeigen spielen Bilder aber eine absolut untergeordnete Rolle. Und in naher Zukunft gar keine mehr.
Es ist schon irgendwie faszinierend, wie Prioritäten beim Gestalten von Stellenanzeigen falsch gesetzt werden. In der Regel (und wie die Realität zeigt, auch außerhalb derselben) setzt man den Fokus auf Bilder. Bilder, die aufs Employer Branding einzahlen, also in den meisten Fällen falsch verstanden eine in Form einer Kreativkampagne “kreierte Arbeitgebermarke”, die mit der Realität nur selten was zu tun hat, aber vor allem in keinster Weise einen Arbeitgeber glaubwürdig und “echt” darstellt. Ein Faszinosum (oder auch Kuriosum), welches man außerhalb der bildgewaltigen Stelleninserate außerhalb des DACH-Raums in der Form nur selten antrifft. Geht es um das Wesentliche einer Stellenanzeige, nämlich den für Auffindbarkeit von Stellenanzeigen so entscheidenden Stellentitel und den Rest der Gestaltung (also das, was für den Bewerber wirklich zählt), so beschränkt man sich zumeist auf Worthülsen und Standardgeschwafel.
Gut gestaltete Stellenanzeigen sind Mangelware
Zielgruppenansprache bereits direkt im Einstiegstext, also das, was man zuerst liest und darüber entscheidet, ob man sich weiter mit der Anzeige auseinandersetzt? Fehlanzeige. Stattdessen zumeist eine einerseits selbstbeweihräuchernde, andererseits vor Floskeln triefende Unternehmensdarstellung. Ein Stellentitel, der Aufschluss über die Aufgabe oder die Qualifikation vermittelt (und abgesehen davon für die Auffindbarkeit bei Job-Suchenden unabdingbar ist)? Fehlanzeige. Eine Aufgabenbeschreibung, die dem Bewerber wirklich praxisnah vermittelt, welche Aufgaben auf ihn schwerpunktmäßig zukommen (nein, die Auflistung von 20 Aufgaben ist keine schwerpunktmäßige Darstellung), dies darüber hinaus so formuliert, dass es keine bloße Aufzählung von Substantiven ist? Fehlanzeige. Ein Anforderungsprofil, welches wirklich auf die wichtigsten Qualifikationen des Bewerbers abzielt und nicht eine Auflistung à la “Wünsch dir was” darstellt, ergänzt um ein paar Sozialkompetenzen, die man gerne hätte oder aber auflistet, weil man es so macht, diese aber in keinerlei Kontext zu den Aufgaben stehen und sowohl Bewerber als auch Verfasser unterschiedliche Auffassungen von haben (oder wie definieren Sie bspw. Teamfähigkeit oder Flexibilität)? Fehlanzeige. Informationen darüber, mit wem man in Zukunft zusammenarbeitet, wie sich das Team zusammensetzt, wie der zukünftige Arbeitsplatz gestaltet ist? Fehlanzeige. Eine Übersicht der Mitarbeitervorteile, die über eine bloße Aneinanderreihung von Floskeln hinausgeht und wirkliche Vorteile darstellt, unter denen man sich etwas vorstellen kann? Fehlanzeige. Ein Ansprechpartner, den man kontaktieren kann – mit Namen und Funktion, Telefon, E-Mail, XING-/Linkedin-Profil, vielleicht sogar WhatsApp? Fehlanzeige. Eine Postanschrift, an die man seine Bewerbung adressieren kann, sofern denn ein Anschreiben verlangt wird (nein, nicht jeder Bewerber wird sich die Mühe machen, im Impressum nachzuschauen)? Fehlanzeige. Eine motivierende Bewerbungsaufforderung, die dem Bewerber noch mal den letzten Kick gibt, sich bei Ihnen zu bewerben? Fehlanzeige.
“Stellenanzeigen sollte nicht in Marketingsprache geschrieben sein (blumig, vorteilhaft, vielversprechend), sondern in exakter Absprache mit den Kollegen des jeweiligen Departments entstehen. Die täglichen Aufgabenstellungen sollten so gut wie möglich abgebildet sein, um dem Bewerber einen klaren Blick auf die potentielle Tätigkeit zu ermöglichen. Daraus resultiert ein optimierter Kosten- und Zeitaufwand auf Bewerber- sowie Arbeitgeberseite, indem unpassende Bewerber sich bereits zum großen Teil selbst filtern.” Quelle
Bilder in Stellenanzeigen ohne Relevanz
Klar, es gibt auch Ausnahmen. Aber die sind leider nicht die Regel. Hauptsache bunte Bildchen. Dabei gibt es zu dem Thema Bilder/Grafiken schon seit Jahren diverse Studien, deren Tenor eigentlich immer der gleiche ist: Bilder sind egal, entscheidend sind relevante Informationen und eine ansprechende textliche Aufbereitung. Ein paar Studienauszüge gefällig?
2011 „Online-Stellenanzeigen: Stand der Dinge, Herausforderungen, Lösungen“:
Bei der Frage nach den wichtigsten Aspekten einer Online-Stellenanzeige sind sich Personaler und Bewerber einig. Auffindbarkeit 85/92 Prozent), Authentizität (73/62 Prozent) und die textliche Umsetzung (54/58 Prozent) sind die drei wichtigsten Punkte. Allein bei der grafischen Gestaltung sind die Meinungen geteilt. Personaler gewichten die grafische Gestaltung von Online-Stellenanzeigen mehr als doppelt so hoch (43 Prozent) wie Bewerber (18 Prozent).
2012: “Stellenanzeigen und Kreativität”
Wichtige Eigenschaften, die Bewerber von einer Stellenanzeige erwarten sind schnell
- erfassbare Informationen (85 Prozent)
- Klarheit des Stellenprofils (92 Prozent)
- möglichst konkrete Inhalte/keine Phrasen (87 Prozent)
- Glaubwürdigkeit/ehrliche Beschreibungen (87 %)
Befragt nach den wichtigen Eigenschaften, die sie von einer Stellenanzeige erwarten, antworten lediglich 13 Prozent, dass gestalterische Kriterien wie Fotografien, Bildelemente oder Grafiken wichtig seien.
Dann gibt es da noch die Ergebnisse der Eyetracking-Studien, die unabhängig voneinander zu dem Schluss kommen, wo denn ein Bild angeordnet sein sollte (aufmerksamkeitsstark im oberen Bereich) oder dass die Aufmerksamkeit bei mehreren kleinen Bildern geringer ausfällt als bei einem einzelnen großen Bild (welch Überraschung) im Vergleich zu einem großen Bild.
Obwohl schon Studienergebnisse aus vergangenen Jahren untermauern, dass der Einsatz von Grafiken und Bildern eher sekundär ist, wird bei der Gestaltung von Stellenanzeigen oftmals mehr Fokus drauf gelegt, als bei anderen Kriterien (die für Bewerber nachweislich wichtiger sind). Oder sollte sich das etwa geändert haben? Dazu noch einmal ein Blick auf die Studie “Stellenanzeigen aus Kandidatensicht” (2018): Den (auch von mir gerne zitierten) Glaubenssatz “ein Bild sagt mehr als Tausend Worte” teilt die Mehrheit der befragten Bewerber im Hinblick auf Stellenanzeigen offensichtlich nicht. Zwar sind Bilder nicht ganz unwichtig, weitaus mehr Relevanz hat aber der Text einer Stellenanzeige, den 87,6 Prozent der Bewerber auf Rang 1 sehen. Keine neuen Erkenntnisse also. Indes tut sich diesbezüglich nicht viel, wie ja auch bspw. die Studie “Employer Telling: Der Club der Gleichen – Edition Stellenanzeigen” eindrucksvoll unterstreicht.
Bilder spielen bei der Online-Jobsuche keine Rolle
Abgesehen davon, dass also die Relevanz von Bildern in Stellenanzeigen in den Augen der Bewerber eher zweitrangig, wenn nicht sogar nicht gegeben ist, spielen sie auch aus anderen Gründen keine Rolle. Zwar heißt es immer wieder, dass man gemäß AIDA-Formel für Aufmerksamkeit sorgen müsse und ein Bild ein super Eyecatcher sei, nur spielt das in der Suche nach Stellenanzeigen via Google oder Jobbörsen gar keine Rolle. Ein Blick auf die Stellenbörsen dieser Republik verschafft schnell Klarheit und zeigt auch, wo es Ansätze gibt, für diese “Attention” zu sorgen. Wobei das von Stellenbörse zu Stellenbörse unterschiedlich ist. Insbesondere StepStone glänzt da, weil nicht nur der Stellentitel angezeigt wird, sondern auch ein Auszug der Stellenanzeige. Während auf diese Weise ganz wunderbar die Unternehmen entlarvt werden, die mit Floskeln langweilen, bietet gerade dieser “Schnipsel”, dieser Auszug aus dem Anzeigentext, der unterhalb des Stellentitels angezeigt wird, hervorragende Möglichkeiten, sich als Unternehmen vom Einerlei abzuheben. Vorausgesetzt, man versteht es, gute Stellenanzeigen-Texte zu schreiben ;)
Eine Möglichkeit, die andere Jobbörsen in der Form nicht bieten und stattdessen nur den Stellentitel (der oft eben austauschbar ist, über den es sich aber nicht nur wunderbar differenzieren lässt, sondern sich auch Mehrwert und Auffindbarkeit transportieren lassen) anzeigen. Einen etwas anderen Weg geht diese Jobbörse. Hier werden die Benefits aus der Stellenanzeige herausgelesen und dem Nutzer angezeigt (natürlich können die Benefits nur angezeigt werden, wenn sie auch im Text erscheinen ;)):
Welchen Stellenwert ein vernünftiger Text respektive die so genannte “Description” hat, möge noch dieser Screenshot von Google verdeutlichen. Auch hier sind es nicht die Bilder, die für Aufmerksamkeit sorgen bzw. mit denen man sich vom Wettbewerb abheben kann, sondern der Text.
So. Und bei Google schließt sich der Kreis. Oder genauer bei den “strukturierten Daten”, mit denen nach schema.org eine Stellenanzeige aufbereitet werden sollte, damit die Auffindbarkeit der Stellenanzeige nicht nur bei Google Jobs, sondern auch allgemein, signifikant erhöht werden kann. Das Auszeichnungssystem schema.org hilft bei der Kennzeichnung und Strukturierung von Inhalten auf Webseiten – also auch Stellenanzeigen in Jobbörsen oder auf Karriere-Websites, damit diese Inhalte von Suchmaschinen besser erfasst und weiterverarbeitet werden können. Diese so genannten Markups werden von Google für die Darstellung in Google Jobs (was nach Lateinamerika und Afrika in naher Zukunft auch nach Deutschland kommen wird), aber auch bereits jetzt schon für die Anzeige von Rich Snippets (z. B. Arbeitgeberbewertungen, Verlinkungen, Abbildungen, Preisangaben etc.) in den Suchergebnisseiten genutzt.
Ein Blick auf die Suchergebnisse in Google Jobs zeigt, dass auch hier Bilder nicht vorkommen. Entscheidend sind ausschließlich Textinhalte. Auch ein Blick auf die Ergebnisse bei indeed oder kimeta zeigt, dass Bilder keinerlei Relevanz haben. Gleiches gilt für die so genannten Job-Crawler oder Job-Suchmaschinen (zu denen indeed und kimeta im Grunde auch gehören), die sich ausschließlich die Textinhalte von den Seiten ziehen, aber keinerlei Bilder, und diese an die Nutzer ausspielen. Man mag das hässlich oder wenig kreativ und insbesondere als nicht-auf-die-Employer-Brand-einzahlend empfinden, Fakt ist: Bilder werden maßlos überbewertet (zumal, siehe oben, diese nur in den seltensten Fällen wirklich auf den Arbeitgeber oder die Aufgaben einzahlen und meistens nur eine Hochglanz-Werbewelt oder grinsende Honigkuchengesichter oder, noch schlimmer, Stock-Fotos abbilden, die im Grunde genommen den Tatbestand der irreführenden Werbung erfüllen).
“Kaufen Sie keine Stock-Photos. Das ist einfach peinlich.” Quelle
Mobile Recruiting und Sprachassistenzssysteme verändern die Jobsuche
Noch zwei andere Aspekte, die zeigen, warum die Relevanz von Bildern in Stellenanzeigen stetig abnimmt. Das eine ist der zunehmende “Mobil-Konsum” von Website-Inhalten. Immer mehr Menschen rufen Websites und damit natürlich auch Karriereseiten und Jobbörsen und in der Folge Stellenanzeigen, mobil auf. Die Rolle von stationären Endgeräten wie PC und Laptop wird zugunsten von Smartphones abnehmen.
Auf dem Digital Festival SX/SW wurde sogar der schon der „Anfang des Endes des Smartphones“ ausgerufen. Etwas mehr als zehn Jahre nach dem Launch des ersten iPhones werde der Bildschirm ausgedient haben, künstlicher Intelligenz sei Dank. Zukünftig werden Wearables unsere Umwelt prägen. Umso wichtiger ist es also, die Inhalte für die auf Smartphones respektive Wearables starrenden Bewerber auf diese Endgeräte abzustimmen. Bilder gehören wohl kaum noch dazu. Nicht zu vergessen auch die Bedeutung von Sprachassistenzsystemen: Auch wenn es noch nicht so richtig klappt, Stellenanzeigen bspw. via Alexa Skills auszuspielen bzw. dem Nutzer die Bewerbung zu erleichtern, die Ära der Sprachsteuerung hat längst begonnen und bedeutet wohl endgültig das Aus der bunten Bilder.
Also, konzentrieren Sie sich auf die relevanten Aspekte Ihrer Stellenanzeige und sorgen Sie für Klarheit. Die Bewerber werden es mit Wohlwollen aufnehmen.
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Kramer
Pietro D'Agnelli