28. Juli 2021
Was bedeuten “direct apply” und Googles neue Inhaltsrichtlinien für Arbeitgeber und Bewerber?
Lesezeit: 11 Min. PersonalmarketingRecruitingStellenanzeigen
Lange war’s still um Google for Jobs, zuletzt konnten sich Jobsuchende und Recruiter in Österreich Anfang des Jahres darüber freuen, dass Googles Job-Booster und Arbeitgeber-Reichweiten-Generator nun auch in der Alpenrepublik verfügbar ist. Doch nun schraubt Google gleich an verschiedenen Stellen, um Jobsuchenden ein echtes “Candy Date” zu bieten – und nimmt dabei einmal mehr Arbeitgeber und Jobbörsen in die Pflicht. Doch was bedeuten “direct apply” und die neuen Inhaltsrichtlinien nun eigentlich für Arbeitgeber und Jobsuchende – und worum geht’s dabei eigentlich?
Candidate Experience nicht so, wie sie sein könnte
Wer sich intensiv mit Googles Jobsuche beschäftigt und insbesondere, wer sich mal via Google beworben hat, der weiß, dass da nicht alles perfekt ist. Das liegt natürlich auf der einen Seite an den Stellenangeboten, die dort ausgespielt werden und auf der anderen Seite am Bewerbungsprozess selbst. Dass auf Google Stellenanzeigen zu finden sind, die Jobsuchende eher in die Flucht schlagen, als zu einer Bewerbung zu animieren, liegt primär an den ausschreibenden Unternehmen. Denn obwohl die Stellenanzeige in den meisten Fällen der wichtigste – und oft sogar einzige Kontaktpunkt – zwischen potenziellem Mitarbeiter und Unternehmen ist, sind diese meistens eher ein Trauerspiel: Unspezifische Stellentitel, plumpes Eigenlob, generische Aufgabenbeschreibungen, überzogene Anforderungen, fehlende Angaben der Mitarbeitervorteile oder des Ansprechpartners, die Bedürfnisse potenzieller Mitarbeiter ignorierende Inhalte und eine fehlende wertschätzende Ansprache – das ist es, womit sich Jobsuchende tagtäglich auseinandersetzen müssen.
Google schützt nicht vor Bewerbervermeidungsstrategie
Auch wenn es um den Bewerbungsprozess geht, ziehen viele Unternehmen noch einmal alle Register der perfekten Bewerbervermeidungsstrategie: nicht auffindbare Bewerbungs-Buttons, Zwangs-Logins, erschlagende und unübersichtliche Bewerbungsformulare und vieles mehr schlagen viele potenzielle Bewerber in die Flucht. Das ist etwas, was Google trotz aller Richtlinien nicht abstellen kann.
Meta-Jobsuchmaschinen stellen großes Ärgernis dar
Ein weiteres Ärgernis sind “Jobbörsen” bzw. Meta-Jobsuchmaschinen, die ohnehin schon gecrawlte Stellenanzeigen nochmals crawlen, sodass meistens nur noch Fragmente der (oft ohnehin schon dürftigen, s. o.) Stellenanzeigen übrig bleiben und darüber hinaus primär eigentlich Bewerberdaten abzocken wollen, in dem sie Jobsuchenden, die sich eigentlich nur bewerben wollen, durch undurchsichtige Registrierungsprozesse führen. Bei manchen dieser wie Pilze aus dem Boden schießenden und auf dubiose Namen hörenden Plattformen hat man den Eindruck, dass sie eigentlich nur zu diesem Zweck bestehen.
directApply und neue Inhaltsrichtlinien sollen Riegel vorschieben
Beidem möchte Google nun Einhalt gebieten. Zum einen durch neue Inhaltsrichtlinien und eine neue Property (also quasi ein neues, optional zu hinterlegendes Datenfeld im Rahmen der strukturierten Daten, die ohnehin erforderlich sind, um überhaupt in der Google Jobsuche aufzutauchen), “direct apply” (directApply) genannt. Beides schauen wir uns einmal genauer an.
directApply soll Candidate Experience verbessern und begünstigt einfache Bewerbungsverfahren
Man kann davon ausgehen, dass auch Google diese Spam-Crawler ein Dorn im Auge sind. Schließlich verwässern diese zum einen die Qualität der ausgespielten Jobergebnisse, zum anderen sorgen sie für ein schlechtes Kandidatenerlebnis, machen also ein echtes “Candy Date” unmöglich. Und genau deswegen hatte Google ja im Mai 2017 die “Job Search Experience” überhaupt auf die Agenda gesetzt: Aufgrund a) der Tatsache, dass Unternehmen und Jobsuchende nicht richtig zusammenfinden (was natürlich auch an den Unternehmen selbst liegt, s. o.), b) weil ein Suchmaschinengigant, der seinen Usern das bestmögliche Suchergebnis und -erlebnis bieten will, sich natürlich auch der Jobsuche annehmen muss (weil diese bei vielen unterirdisch war und teilweise auch noch ist) und c) um auch die bestmögliche Nutzererfahrung respektive in diesem Fall, die beste Kandidatenerfahrung zu ermöglichen.
Jobsuchergebnisse primär weiterhin aus Jobbörsen gespeist
Der massive Anstieg aber an diesen Spam-Crawler und Job-Aggregatoren (und auch generellen Jobbörsen, die nach wie vor, man möchte die Hände weinend vors Gesicht schlagen, weil die wenigsten Unternehmen die Potenziale von Google for Jobs nutzen – klar, über den Fachkräftemangel jammern ist definitiv einfacher, als sich mit irgendwelchen Tools und Datenschemata auseinanderzusetzen – den Löwenanteil der ausgespielten Jobs darstellen) führt dazu, dass eine gute Candidate Experience kaum möglich ist, weil da mitunter viele (undurchsichtige) Bewerbungsoptionen um die Jobsuchenden buhlen.
Geht es den Anbietern von Bewerbermanagement-Software nun an den Kragen?
Auch die Tatsache, dass viele ATS-Anbieter (“Applicant Tracking Software aka E-Recruiting-Software aka Bewerbermanagement-Software) eine gute Candidate Experience durch undurchsichtige und überflüssige Zwangs-Logins zunichteundzuneffenmachen (der sogenannte “Successfactors-Effekt”), machte Google bisher den Jobsuchenden bisher einen Strich durch die Rechnung. Bisher. Denn dank der neuen Daten-Property haben Arbeitgeber nun die Möglichkeit, ihren Stellenanzeigen bzw. Google eine zusätzliche Information mitzugeben, nämlich die, dass eine “direkte Bewerbung” möglich ist. Nun kann man sich natürlich darüber streiten, was eine “direkte Bewerbung” (also direct apply) eigentlich ist. Und so richtig festlegen (kann und) will sich Google da wohl auch nicht, denn die Definition lässt durchaus Raum für Interpretation (und Spekulation, die dann auch nicht ausblieb).
So funktioniert Googles “direct apply”
Google definiert eine Direktbewerbung (“direct apply”) in Bezug auf die Aktionen, die vom Nutzer verlangt werden, um sich zu bewerben. Konkret bedeutet dies, dass der Nutzer sich möglichst einfach und ohne unnötige Zwischenschritte bewerben kann. D. h. er kann den Bewerbungsprozess auf der gleichen Website abschließen, ohne auf eine andere Website umgeleitet zu werden. Im Grunde genommen würde es ausreichen, direkt das Bewerbungsformular zu verlinken, denn die Stelle hat der Nutzer bereits in Google gesehen (wo sie hoffentlich vollständig gelistet ist, siehe dazu auch unten die Ausführungen zum Thema inhaltliche Richtlinien). Oder aber das Bewerbungsformular ist in die Stellenanzeige eingebunden, was ohnehin die Gefahr von Bewerbungsabbrüchen reduzieren würde (jeder Schritt, jeder Klick, ist in und außerhalb der Regel einer zu viel).
Im Umkehrschluss bedeutet das, dass wenn ein Nutzer
- mehr als einmal auf “Bewerben” klicken muss,
- ein umständliches Bewerbungsformular ausfüllen muss,
- sich anmelden oder einloggen muss,
es sich nicht um eine Direktbewerbung handelt, die Property “directApply” also nicht greift bzw. mit “False” zu bewerten ist. Möglicherweise gelingt Google hier also etwas, was längst Standard sein sollte: Eine Abkehr von Zwangs-Logins und umständlichen Bewerbungsprozessen. Und darüber hinaus auch ein Aussieben der o. g. “Spam-Crawler”.
Google schreibt, dass Sie “wahrscheinlich ein direktes Bewerbungserlebnis bieten, wenn
- der Nutzer den Bewerbungsprozess auf Ihrer Website abschließt
- der Nutzer über Google auf Ihre Seite gelangt, nicht mehr als einmal auf “Bewerben” klicken und Nutzerinformationen eingeben muss, um den Bewerbungsprozess abzuschließen“.
Jobsuchende profitieren von “direct apply”
Um es noch mal festzuhalten: “directApply” ist eine zusätzliche Property, die Sie als Teil des Google for Jobs Markup-Schemas zur Verfügung stellen. Sie ist optional – aber sollte unbedingt verwendet werden (sofern Sie denn solch eine Bewerbung ermöglichen), denn durch diese Information teilt Google mit, dass man sich auf die Stelle bewerben kann, ohne sich (mehr als einmal) registrieren zu müssen.
Die Property directApply gibt an, ob eine (oder mehrere) URL, die mit JobPosting verknüpft ist, eine direkte Bewerbung auf die Stelle über die Website der Stellenausschreibung ermöglicht bzw. wenn ein Bewerbungsprozess für die angegebene Stelle direkt über die angegebene(n) URL(s) eingeleitet werden kann (hierbei ist zu beachten, dass auf Implementierungsebene durchaus mehrere Domains beteiligt sein können, also bspw. die der Stellenanzeige und die des Bewerbungsformulars).
Kandidaten profitieren also durch eine direkte Bewerbung. Arbeitgeber profitieren natürlich auch, nämlich durch den Teil an mehr Bewerbungen, die Ihnen durch umständliche Bewerbungsprozesse zuvor durch die Lappen gingen.
Jobbörsen brauchen möglicherweise eine andere Traffic-Strategie
Jobbörsen, die bislang vom organischen und kostenlosen Traffic von Google for Jobs profitierten, müssen sich möglicherweise eine andere Traffic-Strategie überlegen. Insbesondere die (oft unseriösen) Anbieter, die von Jobsuchenden verlangen, sich vor der Bewerbung zu registrieren und sie dann an eine Website weiterleiten, wo sie sich möglicherweise ein weiteres Mal registrieren müssen. Aber es sind nicht nur unseriöse Anbieter, auch LinkedIn – weltweit größter Job-Lieferant für Google for Jobs – muss sich was einfallen lassen. Denn auch hier muss sich der Nutzer erst einmal registrieren, bevor er die Jobs zu Gesicht bekommt.
Diese Eigenschaft des Markup-Schemas ist neu und wird noch in die Suchergebnisse integriert. Aktuell, so schreibt Google “werden Sie in der Google-Suche möglicherweise keine unmittelbaren Auswirkungen feststellen“. Aber auch wenn sich diese Änderung nicht sofort auswirkt – es ist sehr wahrscheinlich, dass Stellenanzeigen, die mit “directApply” ausgezeichnet sind, in der Darstellung der Google-Stellensuche profitieren werden.
Neue Inhaltsrichtlinien sollen Qualität der Stellenanzeigen verbessern
Neben “direct apply” tritt eine weitere Neuerung bei Google for Jobs in Kraft, die sogenannten “Job Posting Content Policies“. In der Theorie gab es die schon von Beginn an, aber sie wurden noch einmal verschärft und treten ab 1. Oktober 2021 in Kraft. Dann sind möglicherweise Textwüsten und unvollständige Anzeigen endlich Geschichte (die streng genommen nach Googles selbst aufgestellten Richtlinien, die allerdings von Googles Recruitern auch nicht immer eingehalten werden, auch jetzt gar nicht sichtbar sein dürften).
Auch hier war Google wohl ein Dorn im Auge, was von Unternehmen da teilweise auf Jobsuchende losgelassen wurde (und immer noch wird – etwa Stellentitel, die Gehaltsangaben oder den Ort enthalten oder nicht wirklich ein echter Stellentitel sind, Textwüsten ohne jegliche HTML-Deklaration, inhaltsleeres Geschwafel etc. pp. Okay, letzteres ist leider Standard bei Stellenanzeigen) und so versucht man mit verschärften Regeln dem Nutzer eine bessere Candidate Experience zu ermöglichen. Ob es gelingt?
So will Google eine bessere Qualität bei Stellenanzeigen sicherstellen
Um eine bestmögliche Qualität bei Stellenanzeigen sicherzustellen, sind u. a. folgende Punkte nicht zulässig:
- Stellenausschreibungen mit unvollständigen Stellenbeschreibungen (leider aktuell aber oftmals noch Standard).
- Stellenausschreibungen ohne die Nennung aller erforderlichen Qualifikationen und weiteren Informationen, die für einen Nutzer, der nach einem Job sucht, relevant sind (sprich: in die description gehört alles rein, nicht nur Auszüge aus dem Stellenangebot).
- Jobs oder Inhalte, durch die der Arbeitgeber unzutreffend, unrealistisch oder nicht wahrheitsgemäß dargestellt wird (unzutreffende oder nicht wahrheitsgemäße Aussagen sind eigentlich die Essenz von Employer
BrandingBlending, es dürfte Google schwerfallen, das zu beurteilen ;-)) - Berufsbezeichnungen, Beschreibung und andere Details, die überflüssige Keywords verwenden, um das Suchranking zu manipulieren (auch das dürfte eine Herausforderung werden. Denn obwohl bereits von Beginn an entsprechende Richtlinien existieren, werden sie regelmäßig missachtet).
- Angabe falscher Standortdaten, die nicht mit dem tatsächlichen Standort des Jobs übereinstimmen (oft wird nicht mal ein Standort angegeben oder es fehlen Standortdaten, was dann dazu führt, dass Jobs entweder gar nicht oder zumindest nicht dem Standort des Nutzers entsprechen ausgespielt werden können).
- Inhalte, die die Seite mit hinderlichem Text und Bildern, übermäßiger und ablenkender Werbung oder Inhalten, die keinen Mehrwert für die Stellenausschreibung bieten (eben, es geht um relevante Inhalte mit Mehrwert. Und spammy Jobcrawler dürften hier ein weiteres Problem bekommen, sind solche Seiten doch häufig mit Werbung überladen (oft kommt die aus Googles AdSense-Netzwerk – ob da dann andere Regeln gelten? ;-)).
- Grammatikalisch falsche Inhalte (das dürfte einen herben Schlag ins Gesicht der Befürworter*innen einer Gendersprache bedeuten, stellt diese doch die Regeln der deutschen Grammatik gerne auf den Kopf und führt zu vielen Rechtschreibfehlern).
- Texte und/oder Stellentitel (ausschließlich) in Großschreibung.
- Es dürfen nur allgemein bekannte Akonyme und Abkürzungen benutzt werden, die hinlänglich bekannt sind (das wiederum dürfte ein Schlag ins Gesicht derer sein, die gerne mit unternehmensinternen Abkürzungen und Bezeichnungen hausieren gehen).
Grundsätzlich gilt, dass unzutreffenden Angaben über Gehalt, Einsatzort, Arbeitszeiten, Beschäftigungsart oder andere stellenspezifische Details tabu sind. Die Aufgabenbeschreibung, das Anforderungsprofil und natürlich auch der Einstiegstext sollten korrekt beschrieben sein und möglichst alle Daten des Markup-Schemas korrekt befüllt sein.
Diese Richtlinien treten am 1. Oktober 2021 in Kraft, ausreichend Zeit also, ordentlich aufzuräumen und Ihren Stellenanzeigen zu neuem Glanz zu verhelfen, das Markup-Schema Ihrer Jobs (auch und gerade dann, wenn es von Ihrer Bewerbermanagement-Software ausgespielt wird!) unter die Lupe zu nehmen und ggf. nachzubessern.
Ob Google mit seinen Maßnahmen Erfolg hat, hängt vom Engagement der Unternehmen ab
Fazit: Google versucht mit diesen Maßnahmen das zu erreichen, was Arbeitgebern und Anbietern entsprechender Lösungen offenbar nicht gelingt: einen kandidatenzentrierten Ansatz. In der Folge profitieren Jobsuchende von einer besseren Candidate Experience und Arbeitgeber von mehr (qualifizierten) Bewerbungen. Es bleibt abzuwarten, ob die Maßnahmen funktionieren. Erfahrungsgemäß braucht es etwas länger, bis entsprechende Neuerungen in Deutschlands Personalabteilungen einziehen. Selbst nach über 2 Jahren, die Google for Jobs in Deutschland verfügbar ist, nutzt nur ein Bruchteil deutscher Unternehmen diese Möglichkeit, wie bspw. eine (natürlich nicht repräsentative) Umfrage unter 92 Ausbildungsbetrieben ergab. Demnach nutzen gerade einmal 9 Unternehmen Googles Job-Booster).
Umso mehr wäre also zu wünschen, dass Googles Maßnahmen Früchte tragen. Für alle Beteiligten. Aber wenn’s nicht klappt, ist’s halt mal wieder der Fachkräftemangel. Wie praktisch.
Hier finden Sie noch mal alle wichtigen Details:
Googles Neuerungen im Überblick
Inhaltliche Richtlinien für Stellenanzeigen
Die geheimen Signale der Arbeitgeber: Warum ein kandidatenzentrierter Ansatz so wichtig ist