27. September 2024

Bewerbungsarchitektur: Entscheidend für den Recruiting-Erfolg
Ähnlich wie in Deutschland nur ein kleiner Teil aller Bauwerke und Gebäude von Architekten geplant und gestaltet und der überwiegende
weiterlesen03. Juli 2018
Lesezeit: 9 Min. Employer BrandingPersonalmarketingRecruiting
“Der Mitarbeiter steht bei uns im Mittelpunkt.” Oder “Die Mitarbeiter sind die wertvollste Ressource unseres Unternehmens“. So oder so ähnlich steht es geschrieben auf so manchen Karriere-Websites oder in Stellenanzeigen und Karriere-Broschüren. Mag sein, dass bei so manchem Unternehmen der Mitarbeiter im Mittelpunkt steht, für den potenziellen – also den Kandidaten oder Bewerber – gilt das offensichtlich nicht. Gerade vor dem Hintergrund des gern kolportierten Fachkräftemangels gilt umso mehr, den Kandidaten wirklich in den Mittelpunkt aller Bemühungen zu stellen oder neudeutsch einen “Candidate Centricity”-Ansatz zu etablieren und zu leben.
Gehören Sie auch zu den Arbeitgebern, die behaupten, deren Mitarbeiter seien das wertvollste Gut und stünden bei Ihnen im Mittelpunkt? Eine rasche Suche bei Google mit der Suchphrase “Der Mitarbeiter steht bei uns im Mittelpunkt” liefert u. a. folgende Floskel zutage: “Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt.” Und das gleich auf einigen Dutzend, wenn nicht sogar Hundert (ich habe sie nicht bis zu Ende gezählt) Karriere-Websites. Aber auch leicht abgewandelt findet man die Aussage. Eine kleine Auswahl gefällig? Bitte sehr:
Bei einigen Arbeitgebern ist die Floskel sogar in der Unternehmenskultur bzw. im Leitbild verankert. Möglich, dass bei diesen Unternehmen der Mitarbeiter wirklich im Vordergrund steht. Der Kandidat und der Bewerber tun es definitiv nicht.
Während schon seit Jahren “der Kunde König ist”, ist es der Bewerber noch lange nicht. Und obwohl wir mittlerweile (und den auch nicht erst seit gestern) einen Bewerbermarkt haben und es unglaubliche Parallelen zwischen Produkt- und Personalmarketing gibt, ist der kundenzentrierte Ansatz im Personalmarketing bzw. Recruiting noch lange nicht angekommen. Denn dieses “Candidate first” (abgeleitet von Jeff Bezos’ Customer first-Philosophie), dieses “die Anforderungen der Bewerber verstehen” ist es, was die Candidate Centricity ausmacht: Die Schaffung eines positiven Bewerbererlebnisses vom ersten Kontakt bis hin zum Onboarding. Letztendlich ist dieser bewerberzentrierte Ansatz der Erfolgsfaktor für Unternehmen, die sich vom Wettbewerb unterscheiden, der nicht den bewerberzentrierten Ansatz fährt (also geschätzt 90 Prozent aller Unternehmen in Deutschland).
Überträgt man den Ansatz der Customer Centricity auf den Bewerber, so könnte man Candidate Centricity in Anlehnung an Wilkes und Stange wie folgt definieren:
„Candidate Centricity ist eine durchgängige und integrative Unternehmensstrategie, die auf den Bewerber und seine individuellen Bedürfnisse ausgerichtet ist. Candidate Centricity ist sowohl ein unternehmerischer, organisatorischer, strategischer und operativer Grundstein eines an den Wandel angepassten Geschäftsmodells, als auch ein grundlegend neuer Management- und Führungs- sowie Strategie- und Umsetzungsansatz.“
Davon sind wir in der Realität allerdings noch meilenweit entfernt. So wird zwar auf der einen Seite behauptet, der Mitarbeiter stünde im Mittelpunkt (was ja auch den potenziellen mit einbezieht), auf der anderen Seite das Unternehmen mit Lügen gestraft. Ein paar Beispiele zeigen sehr deutlich, dass wir Lichtjahre von einer “Candidate Centricity” entfernt sind.
Siehe dazu auch Die perfekte Bewerbervermeidungsstrategie Teil I und II.
Die Liste (na, ab der wie vielten Aufzählung sind Sie ausgestiegen (und warum muten Sie Ihren Bewerbern dann solche Aufzählungswüsten zu?) ließe sich beliebig fortsetzen (was Sie gerne im Stillen oder auch via Kommentar tun dürfen), aber ich glaube es wird klar, was gemeint ist. Gewiefte Leser erkennen da Zusammenhänge zwischen Candidate Experience und Candidate Centricity. Und klar, das eine bedingt das andere. Bzw. vermittelt eine gute, positiv wahrgenommene Candidate Experience echte Wertschätzung des Kandidaten und stellt diesen in den Mittelpunkt der Bewerberansprache. Ohne gute Candidate Experience keine Candidate Centricity – bzw. umgekehrt, so einfach ließe es sich auf den Punkt bringen.
“Wer auf andere Leute wirken will, der muss erst einmal in ihrer Sprache mit ihnen reden.” (Kurt Tucholsky)
Welche Auswirkungen eine negative Candidate Experience auf den gesamten Unternehmenserfolg hat, das wollte seinerzeit Virgin Media wissen. Schließlich ist ja jeder Bewerber auch potenzieller Kunde eines Unternehmens – et vice versa. Die Rejected Candidate Survey ergab, dass 18 Prozent der abgesagten Bewerber Kunden waren. 7.500 Kunden, das entspricht 6 Prozent der Gesamtzahl der Bewerber, wechselten als Folge einer schlechten Rekrutierungserfahrung zu einem Virgin-Konkurrenten. In Summe kostete der schlechte Bewerberservice 4,4 Millionen Britische Pfund. Pro Jahr! Die Zahlen sollten eigentlich sämtliche Alarmglocken schrillen lassen. Es sollte alles dafür getan werden, um Kandidaten ein positives Bewerbungserlebnis zu ermöglichen. Bewerber ernst nehmen und Wertschätzung vermitteln – vom ersten bis letzten Kontaktpunkt auf der Bewerberreise. Ist das so schwer?
“If you’re competitor-focused, you have to wait until there is a competitor doing something. Being customer-focused allows you to be more pioneering.” (Jeff Bezos)
Was passiert? Anschreiben werden abgeschafft, Bewerber werden geduzt, Recruiting-Chatbots tummeln sich auf immer mehr Karriere-Websites. Was bringt’s? Nichts bis wenig. Ganz einfach, weil sich Unternehmen und Recruiting-Abteilungen wieder in blinden Aktionismus stürzen. Stellen Sie die Recruiting-Chatbots auf die Probe, so werden Sie sie schnell an ihre Grenzen bringen. Das Abschaffen der Anschreiben an sich ist ein guter und absolut sinnvoller Schritt, wird aber nix bringen, wenn nicht an anderen Stellschrauben gedreht wird. Und über das Du und Sie in der Bewerberansprache hatte ich schon ausreichend geschrieben.
Was müsste stattdessen passieren? Mehr Ressourcen müssen eingefordert werden. Ein größerer Work-Load oder wenig Ressourcen sind keine Argumente, echte Candidate Centricity nicht zu ermöglichen. Umso wichtiger ist es also, Kompetenzen auszubauen, Recruiting-Kennzahlen zu entwickeln und auszuwerten, Fakten zu sammeln – und mit diesen Erkenntnissen vor Entscheidern zu argumentieren. In diesem Zusammenhang auch noch einmal der Hinweis auf die Cost of Vacancy (Kosten die entstehen, wenn eine Stelle nicht besetzt wird). Auch hier sollten eigentlich die Alarmglocken schrillen.
In der Folge sollte klar sein: Steht der Kandidat nicht im Mittelpunkt der Unternehmen, steht das Unternehmen auch nicht im Mittelpunkt des Bewerbers. Oder anders gesagt: Unternehmen, die Bewerber nicht in den Mittelpunkt ihrer Recruiting-Bemühungen stellen, werden das Nachsehen haben.
„Wir müssen das, was wir denken, auch sagen,
wir müssen das, was wir sagen, auch tun,
und wir müssen das, was wir tun, dann auch sein.“ (Alfred Herrhausen)
Wenn Ihre Mitarbeiter also bei Ihnen im Mittelpunkt stehen, so handeln Sie entsprechend und beziehen Sie auch Ihre Bewerber ein. Zeigen Sie, dass der Bewerber bei Ihnen wirklich im Mittelpunkt steht. Durch einen einfachen, nutzerorientierten, auf die Bedürfnisse der Zielgruppe einzahlenden, zeitgemäßen Bewerbungsprozess. An jedem “Touchpoint”. Das bedingt dann zwangsläufig, dass der Ansatz der Candidate Centricity in der gesamten Organisation verankert und gelebt wird. Sonst machen Ihnen der Pförtner, die Assistentin am Telefon, die Kollegen aus dem Fachbereich oder andere Schnittstellen Ihre ganzen Recruiting-Bemühungen zunichte.
Viele Arbeitgeber haben immer noch nicht erkannt, dass eine kandidatenzentrierte Bewerberansprache den entscheidenden Erfolgsfaktor im Wettbewerb um das rare Gut “Fachkräfte” darstellt. Ein Umdenken ist längst überfällig. Versucht HR respektive Recruiting weiterhin, herkömmliche Wege zu beschreiten, erhält es die Bewerber, die es verdient hat, also die, die sich diesem alten System unterordnen. Besser und erfolgsentscheidend ist es, die Prozesse kunden- = bewerberorientiert auszurichten. Die von der ersten Minute an im Recruitingprozess erfahrene Wertschätzung wird in die Organisation getragen und auch in Form der Kundenorientierung gelebt. Und so bedingt die Candidate Centricity die Customer Centricity und sorgt für erfolgreiche Unternehmen.
27. September 2024
Ähnlich wie in Deutschland nur ein kleiner Teil aller Bauwerke und Gebäude von Architekten geplant und gestaltet und der überwiegende
weiterlesen07. Juni 2024
Ob „Wie sind Sie auf uns aufmerksam geworden?“, „Wie haben Sie von uns erfahren?“ oder welche Formulierung auch immer: Diese
weiterlesen
4 Möglichkeiten Ihre Candidate Experience zu messen
Der Personalblogger-Jahresrückblick: Die besten HR-Blog-Artikel 2018 - personalblogger
Recruiting Mass Customization - Individualität gewinnt! - Lebenswelt Recruiting.
personalmarketing2null
Silke
personalmarketing2null
Marcel Rütten