Was ist eigentlich Personalmarketing?

In der Literatur wird der Begriff Personalmarketing seit den ersten Veröffentlichungen in den 70er Jahren bis heute nicht einheitlich verwendet. Im Hinblick auf seinen Begriffsumfang wird er zumeist dreifach ausgelegt. Nämlich als

  • umfassendes Denk- und Handlungskonzept (siehe dazu weiter unten im Text)
  • operatives Instrument zur Gewinnung von Arbeitskräften auf dem externen Arbeitsmarkt, also gewissermaßen “alles, was ein Unternehmen zu seiner positiven Außendarstellung als Arbeitgeber gegenüber potenziellen Bewerbern unternimmt.“
  • Ablehnung eines eigenständigen des Begriffes – quasi gleichbedeutend mit den Grundmaximen des Personal-Managements, für die sich dann ein neuer Begriff erübrigt (wie sich das bei Employer Branding analog für den Begriff Personalmarketing erübrigt)

Wenn es nun aber keine einheitliche Definition für diesen Begriff gibt, was ist denn dann Personalmarketing? Tatsächlich nur Personalwerbung, wie manche es missverstehen? Also bspw. ausschließlich das Schalten von (Stellen)anzeigen? Oder steht der Begriff doch eher synonym für Employer Branding? Oder doch nur Personalbeschaffung, also Recruiting? Andere sehen Personalmarketing ausschließlich operativ, Employer Branding wiederum als strategische Ausrichtung der Arbeitgebermarke. Was aber davon ist richtig?

Personalmarketing, Arbeitgebermarketing oder Employer Branding?

Wie schon gesagt: Eine einzige Definition dazu gibt es nicht. Eigentlich müsste es ja ohnehin richtigerweise “Arbeitgebermarketing” heißen. Aber schauen wir uns doch mal an, was die Literatur in den letzten vierzig Jahren geschrieben hat. Denn tatsächlich tauchte der Begriff 1974 erstmals in Deutschland auf. Rippel verstand unter dem Begriff “ein umfassendes Denk- und Handlungskonzept, welches nahezu alle personalwirtschaftlichen Funktionen in sich vereint.

Zu Zeiten, als noch kein Mensch auch nur ansatzweise was von Employer Branding gehört hatte (der tauchte erst Jahre später in der englischsprachigen Literatur erstmals im Fachartikel „The Employer Brand“ von Tim Ambler und Simon Barrow im Journal of Brand Management auf und wurde in Deutschland zehn Jahre später durch die DEBA hoffähig gemacht) formulierten Simon/Wiltinger/Sebastian/Tacke in ihrem Klassiker “Effektives Personalmarketing” folgende Definition, die eigentlich keiner weiteren Erklärung bedarf.

Denn hier ist alles drin, was meines Erachtens dazu gehört und in einem Satz auf den Punkt bringt, worum es eigentlich geht:

„Personalmarketing ist die Orientierung der gesamten Personalpolitik eines Unternehmens an den Bedürfnissen von gegenwärtigen und zukünftigen Mitarbeitern mit dem Ziel, gegenwärtige Mitarbeiter zu halten, zu motivieren und neue Mitarbeiter zu gewinnen.“

Die “Orientierung der gesamten Personalpolitik” (gegenwärtig und zukünftig) unterstreicht die meines Erachtens zwingend erforderliche strategische Ausrichtung von Personalmarketing. “An den Bedürfnissen von gegenwärtigen und zukünftigen Mitarbeitern” zahlt auf den internen (“gegenwärtige Mitarbeiter, zu halten, zu motivieren“) und den externen Aspekt (“zukünftige”, “neue” Mitarbeiter) ein und – wenn Sie so wollen – aufs Talent Management. Und das Recruiting finden wir in “neue Mitarbeiter zu gewinnen” wieder.

Strategischer Stellenwert von Personalmarketing

Personalmarketing als Leitbild und Denkweise

Nach “Personalmarketing-Papst” Hans Strutz bedeutet Personalmarketing schlicht nichts anderes, als “zu betrachten und zu bewerten, wie sich sämtliche Strukturen und Aktivitäten eines Unternehmens auf seine Position im internen und externen Personalmarkt auswirken, das Unternehmen aktiv und systematisch auf dem internen und externen Personalmarkt zu positionieren, sowie qualifizierte Bewerber für das Unternehmen zu gewinnen und als motivierte Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden”. Er interpretiert den Begriff somit nicht als eine „bestimmte Methode oder Technik“, sondern als „Leitbild und Denkweise“. Na bitte.

Aufgaben von externem Personalmarketing

Er definiert in seinem Standardwerk vier Aufgaben, die im Vordergrund stehen:

  • Vermittlung der spezifischen Attraktivität des Unternehmens
  • Auswahl und Nutzung von effektiven Personalbeschaffungswegen und -maßnahmen
  • Bedarfs- und zielgruppengerechte Entwicklung, Formulierung und Platzierung konkreter Einstiegsangebote
  • Analyse von Bewerbungen und Auswahl geeigneter Kandidaten (das bitte in einem angemessenen Zeitraum)

Ziele von externem Personalmarketing

Als Ziele benennt er zum Beispiel die langfristige (!) Absicherung eines externen Akquisitionspotenzials durch Steigerung des Bekanntheitsgrades und Verbesserung des Arbeitgeber- bzw. Personalimages am Arbeitsmarkt (was man heute wohl als Employer Branding bezeichnen würde.). Zudem ist eine Senkung der Kosten für die Personalbeschaffung (cost per hire), eine Steigerung des Bewerbungsaufkommens und der Qualität der eingehenden Bewerbungen, sowie eine Verkürzung des Bewerbungsprozesses (time to hire) anzustreben.

Personalmanagement-Ikone Christian Scholz formuliert in seinem Standard-Werk “Personalmanagement” im Jahr 2000 folgende Funktionen des Personalmarketings:

Akquisitionsfunktion

Externe Bewerber sollen sich für das Unternehmen und die dort angebotenen Arbeitsplätze interessieren. Hierbei kommt neben Entgelt- und Arbeitszeitregelungen dem Unternehmensimage eine besondere Bedeutung zu, da dieses auch immaterielle und emotionale Aspekte beinhaltet (alles Aspekte, die Sie Ihren Bewerbern gegenüber kommunizieren sollten – z. B. auf Ihrer Karriere-Website).

Motivationsfunktion

Mitarbeiter im Unternehmen sind für ihr Unternehmen zu begeistern (internes Personalmarketing). Nur so können sie ihre Leistung erbringen und auch überzeugend nach außen hin auftreten (Multiplikatorfunktion oder Mitarbeiter als Markenbotschafter).

Profilierungsfunktion

Die dargestellte Motivations- und Akquisitionsfunktion wird durch die Positionierung des Unternehmens (= Arbeitgebermarkenbildung = Employer Branding) mitbestimmt. Mittels dieser Profilierungsfunktion sollen gegenwärtigen und zukünftigen Mitarbeitern die Besonderheiten des Unternehmens bewusst werden.

Letztendlich spielen alle diese Faktoren im Personalmarketing-Prozess zusammen:

Der Personalmarketing-Prozess - Quelle Petry - Schreckenbach

Der Vorteil des breiten Begriffsverständnisses von Personalmarketing als umfassendes personalwirtschaftliches Konzept liegt insbesondere in der integrativen Sichtweise und der expliziten Berücksichtigung der Mitarbeiterbedürfnisse.

Für welche Definition oder welche Sichtweise Sie sich auch entscheiden mögen: Entscheidend ist, dass Sie verinnerlichen, dass Sie ohne gutes Personalmarketing nicht die passenden Bewerber finden werden. Und Sie im “War for Talents” das Nachsehen haben werden!

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