20. Juli 2023

Jobtitel vs. Skills: Ein Plädoyer für die Volltextsuche
Seitdem ich diesen Blog betreibe, immerhin seit 2010, schreibe ich darüber, wie wichtig der Jobtitel (oder auch Stellentitel) für den
weiterlesen18. November 2014
Lesezeit: 8 Min. PersonalmarketingRecruitingStellenanzeigen
Immer wieder höre und lese ich, dass das Zeitalter des “Post & Pray” vorbei ist (also Stellenanzeige schalten und sich bequem zurück lehnen, bis sich der lästige Bittsteller Bewerber, der es gar nicht abwarten kann, sich auf gesichtslose und inhaltsleere Stellenanzeigen zu bewerben, meldet). All diesen Unkenrufen zum Trotz (denen ich in der Regel aus gutem Grund widerspreche) muss ich den Verkündern dieser Botschaft wider Willen entgegen kommend erwidern: Ja, ihr habt Recht. Zumindest so lange Stellen so ausgeschrieben werden, wie im Folgenden. Z. B. für Referenten. Oder Wiederkäuer. Oder Schweine.
Eine der für die Goldene Runkelrübe nominierten Stellenanzeigen ist die für einen “Referenten”. So steht es da im Stellentitel. Mehr nicht.* Was aber macht eigentlich so ein Referent? Da stellen wir uns ganz dumm und machen, was wir immer machen: wir fragen Frau Google oder Mister Wikipedia. Eine(r) von beiden muss es schließlich wissen. Apropos Google: Wussten Sie eigentlich, dass ein Großteil der Bewerber direkt nach Stellenangeboten googelt, also sich den Weg über die Stellenbörse spart? Laut einer Careerbuilder-Studie sind das sogar 85 Prozent.
Aber bevor ich schon zu Beginn abschweife – was ist eigentlich ein Referent?
Hier mal eine Auflistung dessen, was Wikipedia sagt (einige Erklärungen habe ich schon mal per se ausgeschlossen):
Sie sehen also die Bandbreite ist groß. In den meisten Fällen können wir uns glaube ich darauf einigen, dass es sich bei den in den Stellenangeboten ausgeschriebenen Referentenpositionen um “höhere Sachbearbeiter, meist mit absolviertem Studium” handelt. So weit, so gut. Demzufolge spricht auch nichts dagegen, Referentenpositionen auszuschreiben. Konsultiert man die ein oder andere Jobbörse, so werden einem Referentenjobs jeglicher Couleur angeboten. Hier eine kleine (!) Auswahl:
Hübsche Wortschöpfungen dabei, oder? Ich könnte jetzt den ganzen Tag so weitermachen. Vielleicht schreibe ich demnächst mal ein Buch über die fantasievollsten Jobtitel. Mal sehen. Eins wenigstens ist an diesen Stellentiteln durchaus positiv zu bewerten: Es wird nicht einfach nur ein Referent gesucht. Nein, man versucht einem Bewerber zusätzliche Orientierung zu geben und streut noch ein paar Schlüsselbegriffe ein. Und sucht eben einen Referenten Ambulante Versorgung. Oder einen Referenten Zählerfernauslesung/Meter-Data-Management. Oder einen Programmreferent für das Entsendeprogramm (hier gefällt mir besonders gut, dass die Stelle vom “Deutsches Youth For Understanding Komitee” ausgeschrieben wurde. Das gibt es wirklich! Aber irgendwie widersprechen sich der Stellentitel und der der ausschreibenden Organisation. Oder verstehen Sie, wen die eigentlich suchen?). Weil, klar: Wenn ein Bewerber einen Job sucht, googelt der genau nach diesen Begriffen. Möchte ich Referent Zählerfernauslesung werden, so google ich genau diese Begriffskombination. Oder schaue in der Stellenbörse. Natürlich nicht!
An dieser Stelle daher mal ein fettes Lob an die Kollegen in all den Jobbörsen, die die allzu leichtfertige Handhabung von Stellentiteln durch Personaler bei der Rubrizierung irgendwie wieder gerade rücken, das in den Brunnen gefallene Kind hochholen, trocken legen und der “richtigen” Kategorie zuordnen müssen. Dass das nicht immer glatt läuft, ist klar. So war dann auch der Referent Reservierung Spezial seinerzeit unter Jobs im Finanzwesen verschlagwortet als “Referent Steuern” zu finden (kann natürlich auch sein, dass der ausschreibende Personaler gar nicht wusste, um was es sich handelte und nach bestem Wissen und Gewissen handelte. Dann allerdings hätte ihn die Tatsache stutzig machen sollen, dass da ein Aktuar gesucht wurde. Also ein Versicherungsmathematiker. Der wiederum aber nichts mit Steuern zu tun hat).
Eins muss Ihnen nämlich unbedingt mal bewusst werden: Eine Online-Stellenanzeige unterscheidet sich maßgeblich von einer Print-Stellenanzeige – zumindest was die Auffindbarkeit angeht. Und die Auffindbarkeit ist das wichtigste Kriterium einer Stellenanzeige überhaupt!
Wird Ihre Stellenanzeige nämlich nicht gefunden, nützt Ihnen die tollste Präsentation und bewerberwertschätzende Ansprache nichts.
Während Sie nämlich in einer Zeitung oder einem sonstigen Printprodukt die gesamte Anzeige auf einen Blick sehen (und hier der optische Eindruck zählt), ist es bei der Online-Stellenanzeige der Jobtitel. Denn wenn Sie nach Stellenanzeigen googeln oder eben in einer Stellenbörse suchen, wird Ihnen (zumindest im Idealfall) zunächst einmal der Stellentitel angezeigt. Zuzüglich Einsatzort und Veröffentlichungsdatum. Ggf. versucht sich die Jobbörse noch weitere Infos aus der Offerte zu ziehen. Also müssen Sie den Jobtitel so gestalten, dass er auch von einem Bewerber gefunden werden kann (und nicht von Ihnen, respektive einem mit den unternehmensinternen Begrifflichkeiten Vertrauten). Eigentlich ganz klar, oder?
Ein paar Beispiele: Der Flughafen München sucht einen “Referenten Klima, Boden, Luft (Senior)”. Ernsthaft. Wer aber sucht offensiv genau nach dieser Stellenbezeichnung?
Wie wäre es stattdessen mit “Referent Klimaschutz”, ggf. mit dem Zusatz München. Schließlich soll der Bewerber ein “einschlägiges Hochschul- oder Fachhochschulstudium mit Schwerpunkt Klimaschutz” aufweisen und der Job ist in München. Und was haben eigentlich und Bildmotiv und der Claim “DenkSportler” mit der Stelle zu tun? Hm. Als Referent in die Luft gehen? Als Senior für ein gutes Klima in dem offensichtlich recht jungen Team sorgen und für Bodenhaftung sorgen? Mal eine ganz andere Frage, die gerade bei mir aufpoppt: Verstößt so ein Bildmotiv eigentlich gegen das AGG, werden da nicht eindeutig ältere Mitarbeiter benachteiligt (sehen Sie einen?) – und soll daher der Nachschub “(Senior)” quasi einen Versuch darstellen, dass AGG auszuhebeln? Ansonsten hätte man die Stelle ja auch gleich als Senior-Referent ausschreiben können. Hätte, hätte, Fahrradkette.
Und was macht eigentlich ein Referent Europäische Korridoraktivitäten Fahrplan? Irgendwas mit Fahrplänen wahrscheinlich. Das Ganze im Europäischen Korridor, klar. Aber sucht jemand danach? Und ist eigentlich der potenziellen Zielgruppe klar, was die Bahn eigentlich von einem will? Bzw. für wen der Job gedacht ist?
Nun, auf jeden Fall ist das wahrscheinlicher als in den folgenden Fällen, wo wieder die Jobbörsen gefragt sind, den jeweiligen Job der richtigen Kategorie zuzuordnen.
Warum wird eine Stelle als “Referent”, die im Bereich Artenschutz und Landschaftspflege angesiedelt ist, nicht als “Referent Artenschutz und Landschaftspflege” ausgeschrieben? Das würde die Auffindbarkeit signifikant erhöhen…
Warum wird eine Stelle als “Referent” ausgeschrieben, wenn es hierbei um die Förderung von Nachwuchswissenschaftlern geht? Wie wäre es mit “Referent Nachwuchsförderung” oder “Referent Forschungsförderung” oder dergleichen. Auch hier wäre die Wahrscheinlichkeit deutlich größer, dass sie von jemandem gefunden wird, der sich damit auskennt, als würde man die Stelle nur als Referent ausschreiben.
Wer, bitteschön, soll eine Stelle wie “Referent/-in in der Abteilung 4, Referat 41” oder “Referentin/Referent im Referat 14” finden? Nun ist es natürlich gut, dass semantische Suchtechnologie auch Einzug in die Jobsuchmaschinen respektive Jobbörsen gehalten hat. Diese Technologie extrahiert grob in die Tüte gesprochen Informationen aus einer Vielzahl von Textzeilen, indem wesentliche sprachlichen Beziehungen zwischen Wörtern und deren Bedeutung analysiert werden. Weil die semantische Job-Suchtechnologie nicht nur nach dem eigentlichen Inhalt, sondern auch nach dessen Bedeutung sucht (und dadurch auch verwandte Wörter anzeigt), werden “intelligentere” Resultate geliefert. Hier werden dann bspw. nicht nur Suchergebnisse für Referent, sondern auch für Sachbearbeiter oder verwandte Jobs angezeigt. Sucht man bspw. nach Geschäftsführer, so werden dann auch Begriffe wie CEO, Geschäftsführer, Technischer Leiter, General Manager etc. in die Ausgabe der Suchergebnisse mit einbezogen. Auf diese Weise werden die Effizienz und Effektivität der Jobsuche deutlich erhöht.
Und das ist auch gut so: Ansonsten würden Bewerber und Unternehmen nämlich in die Röhre schauen. Bewerber, weil sie auf ihre intuitiv und nach ihrer Ausbildung und Erfahrung gestellten Suchanfragen keine Jobs angezeigt bekämen und Unternehmen, weil sie keine Bewerber bekämen. Dieses Wunderwerk der Technik ist allerdings kein Freifahrtschein für Unternehmen! Denn sich jetzt ausschließlich auf diese Technologie zu verlassen und bequem zurückzulehnen, auf die Jobbörsen zu setzen und weiter mit austauschbaren oder wenig aussagekräftigen Stellentiteln zu operieren, wäre allerdings der falsche Weg. Besser wäre es, sich zu überlegen, was für eine Stelle man für wen ausschreibt (wie heißt es so schön? Und das gilt für alle Maßnahmen der Personalkommunikation: It’s the Zielgruppe, stupid! Oder, um es auf den Punkt zu bringen: It’s the motherfucking Zielgruppe, stupid!). Und wie diese dann heißen könnte. Und dies dann zu kommunizieren. Und auf kreative Ergüsse à la “Sprudelnder Agenturgeschäftunderwritingprofi” oder “Großeganzeseher” zu verzichten.
Ansonsten kann so eine Stellenausschreibung nämlich auch ganz schnell mal falsch verstanden werden. Offensichtlich werden hier Wiederkäuer oder Schweine gesucht. Oder wie würden Sie diese Anzeige interpretieren?
Sie wollen, dass so etwas aufhört und die Unternehmen mehr Bewusstsein in der Kommunikation mit dem Bewerber entwickeln? Dann nutzen Sie die Gelegenheit und melden Sie sich jetzt noch schnell für die Jury der Goldenen Runkelrübe – dem Award für peinliches Personalmarketing – an!
*Bei der für die Goldene Runkelrübe nominierten Stellenanzeige handelt es sich im Übrigen um eine Position als Referent Social Media. Auf den ersten Blick wird dies leider nicht ersichtlich.
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