01. Dezember 2011
Social Media ist tot. Es lebe die Online-Stellenanzeige!
Lesezeit: 9 Min. PersonalmarketingSocial Media
Bevor sich jetzt irgend jemand aufregt, nein, Social Media ist noch lange nicht tot. Im Gegenteil. Ich prophezeie dem Social Web noch eine lange Gesundheit. Irgendwann einmal wird es in die Jahre kommen, klar. Es wird auch kein plötzlicher Tod werden. Eher schleichend. Der User wird es als Solches wahrscheinlich nicht mal wahrnehmen. Aber wie gesagt, wir stehen noch am Anfang. Wobei ein Ausblick in die Zukunft ansatzweise die Augmented-Reality Aktion von BMW sein kann oder der Einsatz von semantischen Jobportalen. Wobei ich darüber hier und jetzt nicht reden will. Also über die Zukunft. Wir stecken ja noch mittendrin in der Gegenwart. Aber das Stichwort Jobportale, das passt schon.
Ich bin keiner von denen, die Social Media als die Lösung allen Heils predigen. Im Gegenteil. Vor allem weise ich aber darauf hin, dass es nicht darauf ankommt, in blinden Aktionismus zu verfallen (apropos, haben Sie eigentlich schon Ihr Google+ Unternehmensprofil eingerichtet? Sehen Sie, genau das meinte ich damit), sondern ein Engagement wohlüberlegt anzugehen. Und vor allem, um das WIE. Und nicht um das OB. Und auch “predige” ich immer wieder, erst einmal die Hausaufgaben zu machen.
Sprich, sich um die Gestaltung der Karriere-Website und interner Prozesse zu kümmern. Und auch weiterhin altbewährte Mittel einzusetzen. Die aber richtig (und bitte crossmedial zu vernetzen!). Denn auch hier geht es um die Betonung auf richtig. Worauf will ich hinaus? Nun, ich hatte gestern das große Vergnügen, im Rahmen des Forum E-Recruiting in Wiesbaden nicht nur Prof. Dr. Jäger kennen zu lernen, sondern auch den Ausführungen von Barbara Lochmann, ihres Zeichens Leiterin der Kompetenzgruppe E-Recruiting des ECO-Verbandes und darüber hinaus auch noch Personalleiterin bei stellenanzeigen.de, zu lauschen. Und was sie da von sich gab, war wirklich hochinteressant und bestätigte einmal mehr von dem, was ich immer wieder so von mir gebe. Aber wenn das Ganze dann von einer Studie untermauert wird, umso interessanter (jetzt mag der eine oder andere einwenden, ach klar, eine Online-Jobbörse macht eine Erhebung und dann kommt dann dabei heraus, dass Online-Jobbörsen das Mittel der Wahl sind. Welche Überraschung. Könnte man denken, nicht wahr? Aber das sind nicht die Ergebnisse, auf die ich hinaus will. Es geht um etwas ganz anderes. Aber lesen Sie selbst).
Erfolgsfaktoren einer Online-Stellenanzeige
Also, um was geht es nun eigentlich, werden Sie sich fragen. Das Online-Portal stellenanzeigen.de hat im Zeitraum September/Oktober 2011 untersucht, welches die Mittel der Wahl bei der Job- (bzw. Kandidatensuche) und die Erfolgsfaktoren einer Online-Stellenanzeige sind. Die Teilnehmer kamen aus verschiedensten Branchen und Fachrichtungen. Der erste Aha-Effekt, den ich hatte, war, als ich das erste Chart sah. Nämlich welches die bevorzugten Medien bei der Jobsuche sind.
Klar, dass da die Online-Stellenbörsen an erster Stelle liegen. Das ist nicht wirklich überraschend, das haben schon andere Studien belegt. Dass Social Networks bis dato nicht da heranreichen verwundert ebenfalls nicht. Für mich überraschend war die Bedeutung der Printmedien. Mit 88 % liegen Printmedien in der Gunst der Bewerber direkt hinter den Jobbörsen (98 %). Befragt nach der Bedeutung in drei Jahren nimmt dieser Kanal zwar ab, spielt aber nach wie vor eine erhebliche Rolle.
Wichtigster Aspekt einer Online-Stellenanzeige: Die Auffindbarkeit!
Spannend finde ich auch die Erkenntnisse, welches denn die wichtigsten Aspekte von Online-Stellenanzeigen sind.
An erster Stelle steht ganz klar die Auffindbarkeit. Klar, denn was nützt mir die beste Stellenanzeige, wenn sie nicht gefunden wird? (Das Gleiche gilt im Übrigen auch für Ihre Karriere-Website (denken Sie bei der Umsetzung (oder auch jetzt) immer an SEO!) oder Ihre Karriere-Page auf Facebook). Auf Platz 2 folgt die gute alte Tante Authentizität (yeah, wie ich dieses Wort liebe :-)). Den dritten Podestplatz nimmt die Textliche Umsetzung ein (dazu später mehr).
Interaktivität und Multimedialität einer Stellenanzeige wenig relevant
Interessant zu sehen: Die Interaktivität und auch die Multimedialität spielt in Bewerberaugen keine nennenswerte Rolle (mit Interaktivität ist bspw. ein Experiment wie die so genannte Job Ad 2.0 gemeint. Bevor Sie in diese “(R)Evolution der Online-Stellenanzeige” investieren, würde ich empfehlen, das Geld in eine Microsite, in einen Social Media-Auftritt oder in eine sinnvoll platzierte Spende zu investieren. Ganz im Ernst!) (Wer jetzt argwöhnt, dass die Job Ad 2.0 ja in Kooperation mit Jobware entwickelt wurde und nun meint, eine Rivalität zwischen beiden Jobportalen erkennen zu können, dem sei empfohlen, sich das Ganze mal live und in Farbe anzuschauen. So lange das denn geht. Und sich sein eigenes Urteil zu bilden :-)). Bewerber wollen schnell zu erfassende, glaubwürdige und relevante Informationen. Und das bietet dieses Konzept nicht. Aber das nur am Rande.
Wirklich glaubwürdig präsentieren sich die wenigsten Arbeitgeber
Schauen wir uns doch lieber mal an, wie es denn um die Authentizität und die textliche Umsetzung von Online-Stellenanzeigen bestellt ist:
Das ist echt krass: Nur 1 % der Personaler meinen, dass Sie sich als Arbeitgeber in Ihren Stellenanzeigen als absolut glaubwürdig präsentieren. Was ist da los?? Ich zweifel da gerade am gesunden Menschenverstand. Dass nur 5 % der Bewerber die Stellenanzeigen als authentisch empfinden kann ich nachvollziehen. Aber die Personaler? Glauben Sie selber nicht an das, was Sie da online veröffentlichen? Wie man sieht, ist hier viel, um nicht zu sagen: sehr viel Handlungsbedarf (allerdings sind hier auch Agenturen und Jobbörsen in die Pflicht zu nehmen. Schließlich haben die einen irgendwelche “Kreativkonzepte” zu verantworten und die anderen stehen in meinen Augen ja auch irgendwie in der Pflicht, ihre Kunden zu warnen. Aber sei es drum :-)
Selbst Personaler bewerten ihre Stellenanzeigen nicht als glaubwürdig
Schauen wir uns doch mal an, wie es allgemein um die Glaubwürdigkeit von Online-Stellenanzeigen bestellt ist.
Ob Sie es nun glauben oder nicht: Nicht mal 1 % der befragten Personaler bewerten Online-Stellenanzeigen als sehr glaubwürdig. Eieiei. Was soll ich sagen, mir fehlen die Worte. Und wenn Sie jetzt sagen, ja aber es sind doch 35 % die die Glaubwürdigkeit als “gut” einstufen. Ich bitte Sie, das ist nicht nur lächerlich. Das ist erbärmlich. Das sind nicht mal 50 %. Nicht einmal die Hälfte.
Und dann stürzt man sich voller Elan (aber ohne Strategie) auf Social Media? Kann das funktionieren? Wie war das noch mit dem Fachkräftemangel? :-)
Stellentitel mit viel Luft nach oben
Gut, aber irgend etwas muss doch wuppen bei Online-Stellenanzeigen. Kann doch gar nicht sein, dass das alles so schlimm aussieht. Schaun mer mal …
Auf die Frage, ob Jobtitel so gewählt sind, dass die gesuchten Positionen auch gut aufzufinden sind, antworten nur 4 % der Bewerber mit “stimmt genau”. Klar, da meinte mal wieder extrem kreativ zu sein und die gesuchte Position mit einem englischen Titel auszuschreiben (klingt ja auch viel cooler und hipper, wird dann aber nicht gefunden. Ist im Übrigen wie bei Facebook-Pages mit englisch klingendem Titel, obwohl sich die Seite ausschließlich an ein deutsches Publikum wendet) oder aber man sucht einfach mal allgemein nach einem Sachbearbeiter oder Ingenieur. Wozu auch spezifizieren? So kommen ja gleich viel mehr Bewerbungen rein. Ganz schön clever. Nur leider so gar nicht zielführend.
Aufgabenbeschreibungen selten klar formuliert
Aber die Aufgabenbeschreibung. Da muss es doch jetzt Klick machen. Eigentlich wissen Sie selber, dass dem nicht so ist, oder? Fassen Sie sich mal an die eigene Nase und überlegen Sie, wie Sie die Aufgabenbeschreibung verfasst haben. Aber keine Angst, Sie sind nicht allein :-)
Denn letztendlich sind es nur 3 % Ihrer Kollegen, die der Meinung sind, dass Aufgabenbeschreibungen so formuliert sind, dass die Aufgabe klar ist. Ähnlich ist im Übrigen um die Anforderungsprofile bestellt. Wie auf Karriere-Websites auch finden sich hier Worthülsen und leere Floskeln.
Tja, alles in allem erschreckende Erkenntnisse, die die Studie da zutage fördert. Aber Frau Lochmann ist ja so nett und gibt ein paar Handlungsempfehlungen:
- Um authentisch und glaubwürdig mit Bewerbern zu kommunizieren, setzen Sie sich vor der Ausschreibung von Positionen mit Ihrer Unternehmenskultur, den Werten und den Zielen auseinander.
- Definieren Sie, wen Sie brauchen und damit Ihre Zielgruppe, um den richtigen Medienmix für die Stellenausschreibung zu nutzen.
- Wählen Sie einen generischen Jobtitel, der klar formuliert ist und auch außerhalb der eigenen Unternehmensstruktur Gültigkeit hat.
- Beschreiben Sie die Aufgabe so plastisch und praxisnah wie möglich. Idealerweise weiß der Kandidat nach lesen des ersten Satzes, welche Aufgabe ihn erwarten wird.
- Seien Sie bei den Anforderungen realistisch und auf das Wesentliche fokussiert.
- Nennen Sie einen persönlichen Ansprechpartner.
- Gestalten Sie den Bewerbungsprozess professionell.
- Und zum Schluss: Stellen Sie sicher, dass Sie bei Kandidaten einen guten Eindruck hinterlassen. Egal, ob Sie sich für oder gegen ihn entscheiden.
Weitere Handlungsempfehlungen für die Gestaltung von Stellenanzeigen
Damit ist eigentlich das Wichtigste gesagt. Ein paar klitzekleine Handlungsempfehlungen hätte ich auch noch in petto:
- Verwenden Sie ansprechende Key-Visuals und achten Sie auf den richtigen Text-/Bildbezug! Mit Betonung auf Text-/Bildbezug.
- Verwenden Sie bitte keine Allerweltsbilder (Teamsport, Stufen, Händeschütteln, Wege, Leuchtturm, Laptops …) und nicht die allerbilligste Stockphotos (sonst finden Sie den freundlich lächelnden Azubi auch auf der Website Ihres Wettbewerbers. Keine Angst, Sie müssen nicht gleich Tausende in ein Fotoshooting investieren. Fragen Sie doch mal im Unternehmen nach, welcher Ihrer Mitarbeiter Spaß am Fotografieren hat (und das auch kann) und ein paar Mitarbeiter für Testimonials ablichtet)
- Verwenden Sie lieber ein starkes Bild statt vieler schwacher (oder können Sie sich nicht für eins entscheiden?)
- Verwenden Sie nicht zu viele Farben
- Insbesondere, wenn Sie keiner der superbekannten Arbeitgeber sind fokussieren Sie sich auf Ihre Aussage, nicht auf Ihr Logo (welches ohnehin keiner kennt)
- Verwenden Sie keine Fremdwörter und Abkürzungen
- Fordern Sie den Adressaten auf, sich zu bewerben (Sie meinen, dass sei selbstverständlich? Dann machen Sie doch mal eine Stichprobe :-))
- Verweisen Sie direkt auf Ihre Karriere-Website, nicht auf die Unternehmenshomepage
- Verweisen Sie auf evtl. vorhandene Social Media-Präsenzen (oder wollen Sie lieber iPads verlosen, um an Ihre Fans zu kommen?). Aber bitte nicht nur das Logo, sondern die Adresse der Präsenz. Oder wollen Sie, dass sich der Bewerber einen Wolf sucht?
- Und vor allem, machen Sie es dem Bewerber so leicht wie nur irgend möglich, sich zu bewerben und Kontakt aufzunehmen. Der Wettbewerber ist nur einen Klick entfernt!
Denn merke:
Nur eine gefundenen, glaubwürdige und verstandene Online-Stellenanzeige ist eine erfolgreiche Online-Stellenanzeige
Um noch einmal auf den Titel zurückzukommen: Social Media ist noch lange nicht tot. Aber Social Media ist auch nicht alles. Es ist EIN Bestandteil in Ihrem Personalmarketingmix. Auf ihn zu verzichten oder ihn zu ignorieren, wäre töricht. Aber ebenso töricht wäre es, andere Medien zu vernachlässigen. Die Online-Jobbörsen und auch Google sind nun mal die Hauptanlaufstellen, wenn es darum geht, sich über Jobs bzw. Arbeitgeber zu informieren.
Hans
personalmarketing2null
Hans
personalmarketing2null
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Julian
Wolfgang Brickwedde