05. November 2015
Deutscher Markenmonitor: Und was ist mit Employer Branding?
Lesezeit: 8 Min. Employer BrandingHR
Heute bin ich auf eine interessante “Studie” aufmerksam geworden. Der Deutsche Markenmonitor, so heißt das Machwerk. Und da Marke ja verdammt nah an Arbeitgebermarke ist und natürlich die Unternehmensmarke IMMER auf das, was gerne als Arbeitgebermarke (oder auch Employer Branding) kolportiert wird, einzahlt (und umgekehrt), lohnt ein Blick in diesen Markenmonitor auf jeden Fall. Und den gewähre ich Ihnen jetzt.
Ich weiß, dass ich jetzt wieder für Empörung sorge, wenn ich behaupte, dass Sie kein Employer Branding benötigen. Ihren Bewerbern ist es wurscht, mit welcher Kreativ-Kampagne sie um die Ecke kommen. Für den zählen Fakten, harte wie weiche: Nämlich das, was Sie als Arbeitgeber zu bieten haben. Nennen wir es also lieber Arbeitgeberversprechen. Und Sie wissen ja, versprechen sollte man nur das, was man auch halten kann. Sonst wird man abgestraft. Das sieht man in der Politik. Oder Arbeitgeberbewertungsportalen. Wenn Sie also irgendwie irgendwas von sich behaupten, für das Sie als Arbeitgeber stehen, sollte das auch belastbar sein. Allenfalls ist das alles nur dummes Marketing-Gewäsch, dass sich ganz schnell als Luftnummer entpuppt und von ihren Mitarbeitern abgestraft wird. Natürlich müssen Sie schon wissen, für was Sie als Arbeitgeber stehen, welche Identität Sie als Arbeitgeber haben. Denn ohne das geht es nicht. Wie sollten Sie sonst wissen, was Sie Ihren Bewerbern da draußen erzählen? Und um das zu ermitteln, fangen Sie zunächst einmal innen an. Bei Ihren Mitarbeitern.
Employer Branding: Geringer Stellenwert in den Unternehmen
Ein Blick in den Deutschen Markenmonitor zeigt aber schnell, dass eben genau jene Mitarbeiter gar nicht die Markenpositionierung ihres Unternehmens kennen und Employer Branding einen eher geringen Stellenwert in den Unternehmen besitzt.
Nur in 42 Prozent der befragten Unternehmen haben die Mitarbeiter nämlich ein eigenes Bild von der eigenen Marke (Achtung! Hier wurden nicht die Mitarbeiter selbst befragt, sondern 207 Markenmanager mit der Verantwortung für die strategische Führung einer oder mehrerer Marken, zusammengesetzt aus Marketingleitern und Geschäftsführern. Insofern sind diese Studienergebnisse – Klammer auf: Wie eigentlich die meisten, dienen sie doch vor allem der Vermarktung der eigenen Dienstleistungen – Klammer zu – mit Vorsicht zu genießen). Nichtsdestotrotz bietet das 64 Seiten starke Pamphlet einige ganz interessante Aspekte, die ich hier in Auszügen gerne darstelle. Ergänzt um meine Anmerkungen, versteht sich.
Marke ist wesentlicher Faktor des Unternehmenserfolgs
Die Marke ist ein wesentlicher Faktor für den Unternehmenserfolg. Darin wenigstens sind sich die Verantwortlichen in deutschen Unternehmen weitgehend einig. 91 Prozent der befragten Entscheider bezeichneten die Bedeutung der Marke für den Erfolg ihres Unternehmens als „wichtig” beziehungsweise „sehr wichtig” (das gilt wohl kaum für Employer Branding – geschweige denn Personalmarketing. Wollen Unternehmen langfristig am Markt bestehen, muss sich das aber zwingend ändern. Aber wozu, es gibt ja noch das Märchen vom Fachkräftemangel).
Immerhin gehen zwei Drittel der befragten Markenverantwortlichen davon aus, dass die strategische Markenführung in ihren Unternehmen weiter an Bedeutung gewinnen wird. Dabei wird Markenführung allerdings nicht als Selbstzweck betrachtet, sondern gilt als “essenzieller Hebel für den Markterfolg und als Schlüssel zu wichtigen unternehmerischen Zielen” – als da wären:
- Differenzierung gegenüber Wettbewerb [89 Prozent]
- Einheitliches [Marken-]Image [86 Prozent]
- Markenbekanntheit [81 Prozent]
- Steigerung der Kundenloyalität [78 Prozent]
- Steigerung der Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen [71 Prozent]
- Steigerung der Attraktivität als Arbeitgeber [60 Prozent]
Vier Problemfelder
Die größten Probleme und Herausforderungen in der Markenführung lassen sich der Studie zufolge nun in vier Kernfelder unterteilen. Da ist zunächst der zu geringe Stellenwert, der dem Thema seitens der Unternehmensführung beigemessen wird. Dies äußert sich demzufolge in zu geringen Budgets [28 Prozent] und in der generell zu geringen Aufmerksamkeit seitens des Managements für das Thema [33 Prozent]. Kommt Ihnen das etwa bekannt vor?
Welchen Stellenwert hat denn Personalmarketing in Ihrem Unternehmen? Ist das etwa strategisch verankert? Na? Wohl kaum. Und auch wenn Employer Branding gemäß welchen Umfragen auch immer i. d. R. unter den Top 3-Themen rangiert, so ist der Kampf um die Budgets oder um das Selbstverständnis für diese Themen doch eher ein Kampf gegen Windmühlen.
Obwohl 60 Prozent der Befragten die Bedeutung des Mitarbeiterverhaltens für die Markenführung als „hoch” beziehungsweise „sehr hoch” einschätzen, werden nur bei 43 Prozent der Unternehmen die Personalmarketing-Aktivitäten und bei 34 Prozent die Personalentwicklungsaktivitäten durch die Marke beeinflusst.
Mangelndes Markenverständnis bzw. fehlendes Markenwissen, welches sich in der Gleichsetzung von Markenführung mit Werbung zeigt, ist ein weiteres Problemfeld [37 Prozent]. Diese Gleichsetzung führt dazu, dass Markenarbeit auf Kommunikation reduziert wird. Kommt Ihnen auch wieder bekannt vor, oder? Da setzt Ihnen eine Kreativagentur eine tolle Employer Branding-Kampagne (austauschbar und mit null Aussagekraft) vor und das war’s dann.
Kontaktpunkte, wie zum Beispiel das Produkt- und Serviceangebot oder das Mitarbeiterverhalten, die für den Imageaufbau wichtig sind, bleiben unbeachtet und werden nicht markenstrategisch gesteuert. Oder anders gesagt: Kontaktpunkte, wie zum Beispiel das Stellenangebot, der Recruiting-Prozess, die Bewerberkorrespondenz, das Vorstellungsgespräch etc. pp…
Genau, schauen Sie sich mal Ihren gesamten Recruitingprozess an. Quasi von der Wiege bis zur Bahre, wenn Sie so wollen – also von dem Moment, wo Ihr Bewerber das Licht Ihrer Arbeitgeberwelt erblickt (in Form eines Stellenangebots in etwa oder durch einen Vieraugenkontakt auf einer Jobmesse), über den Bewerbungsprozess (denken Sie nur an unsägliche Versprechen wie das der barrierefreien Bewerbung der Telekom oder die Schikanen, die Vollpfosten Volljuristen auferlegt werden, wenn sie sich beim BAMF bewerben wollen), bis hin zum Onboarding-Prozess. Neudeutsch nennt man so was im Übrigen Candidate Experience. Und das selbige selbstverständlich auf die so genannte Arbeitgebermarke einzahlt, sagt einem nicht nur der gesunde Menschenverstand, das wurde mittlerweile sogar durch Studien untermauert.
Zurück zum Markenmonitor und damit zum dritten Problemfeld – die Umsetzung der Markenpositionierung an sich. Dazu zählen neben der bislang allgemein unzureichenden Implementierung [38 Prozent] Unklarheiten bei den Mitarbeitern bezüglich Rolle und Funktion der Marke [28 Prozent] und der Mangel an Austausch zwischen den Abteilungen [21 Prozent].
Viele Unternehmen unterschätzen darüber hinaus, dass die Definition einer Markenpositionierung „nur” eine Zieldefinition darstellt und damit lediglich der erste Schritt für den Aufbau einer starken Marke sein kann. Nach Verabschiedung der Markenpositionierung fängt mit der internen und externen Markenimplementierung die eigentliche Arbeit erst an. Es besteht also bei der Umsetzung aktuell noch jede Menge Nachholbedarf und Optimierungspotenzial. Siehe oben. Kreativkampagne und feddich. Alles andere wird (meistens) vergessen. Oder ist nicht so wichtig. Oder Budget (s. o.) reicht nicht. Weil (s. o.) Selbstverständnis fehlt.
Das vierte Problemfeld ergibt sich nun aus den drei vorangegangenen sowie aus dem beschleunigten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel: Nach Meinung von 76 Prozent der befragten Entscheider fehlt der eigenen Marke ein klares Profil und mithin ein entscheidendes Differenzierungsmerkmal gegenüber dem Wettbewerb.
Jo, genau, deswegen sind Employer Branding-Maßnahmen auch alle so austauschbar da draußen. Dabei ist doch jedes Unternehmen einzigartig. Jedes Unternehmen hat seine eigenen Mitarbeiter und seine eigene Unternehmenskultur. Und vielleicht sollten sie diese einfach mal zu Wort kommen lassen (also Ihre Mitarbeiter) – bspw. in aussagekräftigen Videos (nein, das Testimonial ist noch lange nicht tot!) oder via (Corporate-)Blogs. Ein weiteres Buzzword der Stunde ist ja auch dieses Storytelling. Erzählen Sie Geschichten, bzw. lassen Sie erzählen. Von Ihren Mitarbeitern. Nicht von Ihrer Marketingagentur.
“Findet die Marke keinen Niederschlag in der täglichen Arbeit, wird sie nicht oder nur unzureichend mit Inhalten aufgeladen. Sie bleibt ein theoretisches Konstrukt beziehungsweise ein Logo plus theoretische Botschaft. Für eine erfolgreiche Markenimplementierung ist es deshalb wichtig, die Mitarbeiter mit den definierten Markeninhalten vertraut zu machen und sie zu motivieren, die Marke konsequent als Basis ihrer täglichen Arbeit zu nutzen. So tragen sie entscheidend zu einem konsistenten Markenerlebnis an allen Kontaktpunkten bei und helfen, ein einheitliches Markenbild beim Kunden zu etablieren.”
Mitarbeiter haben kein einheitliches Bild von ihrer (Arbeitgeber)-Marke
Von den befragten Markenverantwortlichen gaben jedoch nur 42 Prozent an, dass die Mitarbeiter ein einheitliches Bild davon haben, wofür die eigene Marke steht. Dabei trägt doch jeder einzelne Mitarbeiter zur Markenbildung bei und sollte daher mit den Grundlagen der Markenpositionierung und ihren Implikationen für den eigenen Arbeitsbereich vertraut sein. Eigentlich.
Vielleicht liegt es ja einfach daran, dass die Mitarbeiter selbst bei der “Entwicklung der Marke” außen vor bleiben? Aber eigentlich ist das Gegenteil der Fall. Selbst wenn sie nicht bewusst an der “Entwicklung” beteiligt sind, sind sie es doch. Denn es ist nicht die Kreativagentur, die ihre Arbeitgeber-Marke macht, es ist die Summe Ihrer Mitarbeiter. Wenn also die Studie zu dem Schluss kommt, dass die Mitarbeiter kein einheitliches Bild von der Marke haben, könnte es doch auch daran liegen, dass das, was da als “Marke” entwickelt wurde, komplett an den Mitarbeitern vorbei “entwickelt” wurde? Wäre das eventuell im Rahmen des Möglichen?
Eine Arbeitgebermarke kann man nicht entwickeln
Auch wenn ich mich wiederhole (was ich definitiv tue – aber: steter Tropfen höhlt den Stein): Eine “Employer Brand”, also eine Arbeitgebermarke, kann ich nicht neu aufsetzen, neu gestalten. Aus Agentursicht betrachtet, ja. Hier ein neuer Slogan, hier ein paar neue Key Visuals, dort eine neue grafische Anmutung – fertig ist die neue Arbeitgebermarke. So die weit verbreitete (und gut verkaufte) Denke. Das ist natürlich absoluter Quatsch. Leider ist es aber nach wie vor so, dass Employer Branding eher als Kampagne verstanden wird. Wir machen uns mal optisch schön und versuchen mit bunten Bildern und blumigen Versprechen den Bewerber zu ködern. Eine Marke lässt sich nicht mal eben so innerhalb von ein paar Wochen oder Monaten von einer Kreativagentur oder auch intern kreieren, vielmehr entsteht diese in einem Ablauf von vielen Jahren selbst durch die Innen- und Außensicht von Kunden, Bewerbern, Lieferanten, Mitarbeitern und vielen anderen Beteiligten. Abgesehen davon “macht” jeder von Ihnen Employer Branding. Jeder. Ob er will oder nicht.
Wie auch immer, an dieser Stelle frage ich mich ohnehin, welche Aussagekraft viele der ermittelten Ergebnisse haben. Denn hier werden, wie schon oben erwähnt – so wie bei so manchem Arbeitgebersiegel auch – nicht die Mitarbeiter bzw. Kunden befragt, sondern die so genannten Entscheider. Es handelt sich also weniger um Fakten, als mehr den Blick in die berühmte Glaskugel.
Wer dennoch Interesse an der Studie hat, findet hier eine Leseprobe oder kann sie hier für eine Schutzgebühr von 44 Euro beziehen.
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