17. Januar 2017
Unser Job für Hamburg – Employer Branding mit “Sinn”
Lesezeit: 6 Min. Employer BrandingPersonalmarketing
Bei meinen letzten Besuchen in Hamburg ist mir eine zumindest für Nutzer des ÖPNV nicht zu übersehende Plakat-Kampagne aufgefallen. Was auf den ersten Blick wie eine Image-Kampagne für die Hamburger Hochbahn aussieht, ist auf den zweiten Blick “Employer Branding mit Sinn“. Wobei – das eine schließt das eine andere nicht aus. Im Gegenteil. Grund genug, sich das mal im Detail anzuschauen und sich inspirieren zu lassen.
Wenn ich so durch die Lande reise, um von Vortrag zu Vortrag oder von Seminar zu Seminar zu fahren, demnächst bspw. nach Montabaur, nutze ich in den meisten Fällen den ÖPN(&F)V. Abgesehen davon, dass man damit was Gutes für die Umwelt tut und beispielsweise eine Bahnfahrt wunderbar zum Arbeiten nutzen kann, bringt es auch immer wieder Inspiration für Blogartikel. Schnell ist ein Schnappschuss von guten, missglückten oder aber inspirierenden Personalmarketing-Beispielen (meinetwegen auch Personalwerbung) gemacht. Wobei wir uns ja ohnehin auf den Begriff Arbeitgebermarketing respektive Arbeitgeberwerbung geeinigt hatten. Allerdings handelt es sich im nachfolgenden Beispiel sowohl um Personal- als auch um Arbeitgeberwerbung. Denn tatsächlich wird hier mit “Personal” (= den eigenen Mitarbeitern als Markenbotschafter) auf intelligente Art und Weise für den Arbeitgeber geworben.
Was aber nicht unmittelbar als solches zu erkennen ist. Sowohl an den S-Bahn-Haltestellen als auch in den Zügen wirbt die Hamburger Hochbahn nämlich auf groß- und nicht ganz so großflächigen Plakaten mit der Kampagne “Unser Job für Hamburg” bereits seit 2014 für… ja, für was eigentlich?
Klar, bei dem Slogan “Unser Job für Hamburg” liegt es nahe, an eine Employer Branding-Kampagne zu denken. Im Text selber gibt es aber nicht wirklich den entsprechenden Hinweis. Und der kommunizierte Web-Link “hochbahn.de” lässt auch nicht unmittelbar darauf schließen, dass es sich um eine Kampagne für den Arbeitgeber handelt. Vielmehr werden hier die eigentliche *Unternehmens”-Marke und die “Arbeitgeber”-Marke clever miteinader verschmolzen. Mich wundert schon, dass die Kampagne über Hamburgs Grenzen hinaus nicht mehr Aufmerksamkeit bekommen hat und ich der erste HR-Blogger bin, der ihr endlich den verdienten Rahmen gibt. Und das, obwohl es in Hamburg von HR-Bloggern nur so wimmelt.
Das Christiane F.-Syndrom
Nicht alles ist perfekt umgesetzt, aber wo die Kampagne wirklich punktet, ist, dass hier die Sinnhaftigkeit der Arbeitsplätze bzw. des Arbeitgebers vermittelt wird. Findet man in der Form viel zu selten. Warum das so wichtig ist, weiter unten.
Auf den Plakaten werden Mitarbeiter der Hochbahn im Kontext ihrer Aufgabe bzw. Funktion dargestellt. Wobei das mit der Darstellung der Mitarbeiter auch mein Kritikpunkt ist. Nein, nicht die grafische Umsetzung. Die finde ich sehr sympathisch und ist auch gerade der Eye-Catcher. Aber Marina D.? Wolfgang H.? Rolf K.? Dr. Klaus L.? Wir sind doch nicht bei Christiane F.! Wenn Mitarbeiter als Arbeitgeber-Markenbotschafter, dann bitte in letzter Konsequenz “echt”. Sonst wird doch noch auf den letzten Metern die Glaubwürdigkeit verschenkt! Was wirklich schade ist. Die Kollegen der Hamburger Hochbahn sind da nicht alleine. Die Stadtwerke München machen es genauso und lassen beispielsweise “Fabian B.” in den Münchener S-Bahnen für die Ausbildung zum Elektroanlagenmonteur werben.
Wie Jörg Buckmann in seinem unbedingt lesenswerten Buch “Personalmarketing to go” so schön schreibt, sind abgekürzte Namen eben nur eine Art “Scheinauthentizität”. Abgesehen davon gibt es “keine halbe Portion Authentizität“. Also, ganz oder gar nicht (wobei “gar nicht” im Kontext Personalmarketing eben gar nicht geht. Will sagen, wenn Sie als Arbeitgeber überzeugen wollen, gehören echte Mitarbeiter dazu. Keine Models. Und schon keine Bilddatenbankenzahnpastagrinsegesichter). Christiane F. heißt übrigens Christiane Felscherinow. Dass sie in Hamburg geboren ist und ihre Geschichte am Bahnhof spielt, ist wohl reiner Zufall.
“Ich gewöhn’ den Bussen das Rauchen ab”
Marina D., und ihre Busfahrer-Kolleginnen und Kollegen von der HOCHBAHN (Motto: “Ich hol die Autos von den Straßen”) befreien Hamburgs Straßen “von mehreren hunderttausend Autos täglich. So kann Hamburg weiter wachsen, ohne zu verstopfen“.
Wolfgang H., Diplomingenieur Fahrzeugbau/Neue Antriebstechnologien (Motto: “Ich gewöhn’ den Bussen das Rauchen ab”) und seine Kollegen im HOCHBAHN-Projekt Neue Antriebstechnologien “sorgen dafür, dass bald nur noch emissionsfreie Busse auf Hamburgs Straßen fahren – und damit auch für bessere Luft in der Hansestadt.”
Dr. Klaus L. und seine Kollegen aus der Fahrzeugentwicklung arbeiten unter dem Motto “Ich bring’ die Zukunft auf die Schiene” “heute schon an der intelligenten Mobilität von morgen. Sie entwickeln die nächste U-Bahn-Generation, die sich flexibel an die Herausforderungen der Zukunft anpassen. So passt der Nahverkehr zu Hamburgs Entwicklung.”
Und besagter Rolf K., Sachgebietsleiter Fahr- und Dienstplanung U-Bahn (Motto: “Ich fühl’ den Puls der Stadt”), sorgt mit seinen Kollegen dafür, “dass das Angebot der HOCHBAHN “zum Herzschlag Hamburgs passt. Dank ihnen sind immer genug Fahrzeuge im Einsatz, wenn das Leben in Hamburg pulsiert – im ganz normalen Berufsverkehr genauso wie bei Großveranstaltungen.”
Das sind nur vier der mittlerweile 13 Motive, die mir seinerzeit über den Weg liefen bzw. vor die Linse. Auf der Website sind alle Plakatmotive aus der Kampagne “Unser Job für Hamburg” versammelt. Einen Blog der HOCHBAHN gibt’s auch, hier wird der ein oder andere “Job für Hamburg” dann noch mal im Detail vorgestellt, hier zum Beispiel der des Busfahrers.
Alle Plakat-Motive haben eins gemeinsam (abgesehen von der Christiane F.-Nummer): Sie vereinen Image-Werbung, informieren über Projekte des Unternehmens HOCHBAHN und zahlen zudem auf die Employer Brand ein. Was ja offenbar auch das übergeordnete Ziel zu sein scheint (wobei eine Arbeitgebermarke ohne Produktmarke eigentlich gar nicht möglich ist. Beides übt auf einander Strahlkraft aus.). Auch wenn der Link zur Karriereseite fehlt und die Kampagne auf der Website nicht wirklich intelligent integriert wurde.
Sinnhaftes Employer Branding
Abgesehen aber von diesen Kritikpunkten verstehen die Hamburger, den Arbeitsplatz bzw. Job in einen sinnhaften Kontext zu bringen. Das wiederum macht sehr wohl Sinn. Sinnhaftigkeit ist nämlich (wer hätte das gedacht?) durchaus ein Grund, einen Job zu wählen (bzw. in einem Job zu bleiben). Das belegen – abgesehen davon, dass einem das der gesunde Menschenverstand das sagt – auch zwei “Studien”. Mit Studien ist das ja immer so eine Sache. Das ist aber ein anderes Thema und Stoff für einen kommenden Blogartikel. Trotzdem möchte ich hier zwei solcher “Studien” anführen, die zwar primär auf die Bedürfnisse von Ingenieuren einzahlen, aber sich mit Sicherheit ohne Weiteres auch auf andere Zielgruppen übertragen lassen.
So kommt beispielsweise die Studie „War for engineers im deutschen Mittelstand – Eine empirische Studie zu Erfolgsfaktoren der Gewinnung und Bindung von Ingenieuren“ zu der Erkenntnis, dass Ingenieure Arbeitgeber bevorzugen, die vor allem die Faktoren „Economic Value“, Innovationskultur“ sowie „Corporate Social Responsibility“ (CSR) implementieren. Von zentraler Relevanz ist neben einem guten Arbeitsklima und einem attraktiven Vergütungssystem auch die Ausrichtung sämtlicher Unternehmensaktivitäten an der Umwelt. Alles Punkte, die in der Kampagne der HOCHBAHN wunderbar berücksichtigt werden – die im Übrigen ein Jahr VOR der Studie lanciert wurde ;-) (was das Thema Umwelt im Kontext Employer Branding angeht, bloggte ich seinerzeit auch zum Nachhaltigkeitsbarometer von Greenpeace).
Die Studie “Was Ingenieure wollen” identifiziert unter anderem die Aspekte attraktive Aufgaben, fachliche Weiterentwicklung sowie die Darstellung spannender Projekte und sinnstiftender Tätigkeiten, wenn es darum geht, als Arbeitgeber bei technischen Fachkräften zu punkten.
Und genau da hapert es auf vielen Karriere-Websites und in Stellenanzeigen. Vorherrschen tun eher austauschbare Worthülsen und unbedeutende Phrasen. Der (Mehr-)wert für den Bewerber? Tendiert meist gleich null. Insofern, ab nach Hamburg, lassen Sie sich inspirieren!
personalmarketing2null
Chris
Andrés
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Carllson
Kuern