24. August 2012
Linklaters‘ Karriere-Website – mit Highspeed zum Erfolg?
Lesezeit: 6 Min. Archiv
Ja, zugegeben, den Titel habe ich geklaut. Von einer Pressemitteilung, die mir Google Alerts heute freundlicherweise ins Postfach spülte. Na gut, sagen wir mal so: Ich habe den Titel geringfügig angepasst. Insofern verletze ich bei dieser Zitation also kein Urheberrecht :-). Die Pressemitteilung bezieht sich – wie man unschwer erkennen kann – auf die neue Karriere-Website von Linklaters. Soso, aha, werden Sie sich vielleicht sagen. Linklaters also. Und wer soll das sein? Könnte auch Schnickenschnipp stehen oder Hotzenplotz. Richtig. Linklaters kennt man nicht unbedingt. Richtig?
Eine neue Website der Telekom?
Ich zeig Ihnen einfach mal den Screenshot der Homepage:
Ups, der eine oder andere wird jetzt vielleicht feststellen, dass da in dem Screenshot etwas nicht stimmt. Aber das, was Sie da sehen, visualisiert gewissermaßen meinen ersten subjektiven Eindruck. Nanu, eine neue Website der Telekom? Klar, es ist richtig, eine Schwalbe Farbe macht noch keinen Sommer (hey, welches Wortspiel: Sommer war mal vor langer, langer Zeit Chef der Telekom :-)), also nur weil die Jungs und Mädels von Linklaters Magenta als Kernfarbe genommen haben, kann man ihnen keine Vorwürfe machen. Aber man merkt hier schon eins ganz deutlich: Nämlich die Austauschbarkeit. Worum geht es auf dieser Website? Ist es die Website einer Unternehmensberatung? Einer Bank? Einer Anwaltskanzlei? Erst beim zweiten Hinschauen lässt sich erkennen, dass es wohl um letzteres geht. Update: Nein, Anwaltskanzlei ist auch nicht richtig. Ich wurde gerade darauf aufmerksam gemacht, dass es sich um eine Wirtschaftskanzlei handelt. Oha. Das unterstreicht umso mehr, wie wichtig es ist, darzustellen, was für ein Unternehmen man eigentlich ist :-).
Wo wir auch schon die zweite Schwäche aufgedeckt haben: Die Übersichtlichkeit. Beziehungsweise die nicht vorhandene und damit fehlende Nutzerfreundlichkeit. Gehen Sie mal auf die Website und versuchen Sie, sich auf den ersten Blick zu orientieren. Viel Spaß dabei. Schade auch, dass die Website mobil mal wieder nur eingeschränkt funktioniert, weil man auf Flash anstatt HTML 5 setzt. Wie war das noch mal mit der Zunahme der mobilen Endgeräte und der damit verbundenen mobilen Internetnutzung?
Setzen, 6. Hier hat mal wieder eine (Kreativ)-Agentur ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Leider kein Einzelfall. Probieren Sie sich noch ein wenig aus in dem so genannten “Karriere-Magazin” und sie werden ihre helle Freude an der wenig zu Ende gedachten Navigation haben.
Kommen wir aber zum Wesentlichen. Nämlich zum Unternehmen und der Darstellung als Arbeitgeber selbst. Wir haben ja nun mittlerweile festgestellt, dass Linklaters eine Anwaltskanzlei Wirtschaftskanzlei! ist. Und zwar keine unbedeutende: Laut Wikipedia ist “Linklaters LLP eine weltweit tätige Wirtschaftskanzlei mit 26 Büros in 19 Ländern und zählt zu einer der größten Kanzleien weltweit. In Deutschland ist Linklaters an den Standorten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main und München vertreten”. So. Jetzt sind Sie im Bilde. Ein Bewerber sucht solche Informationen auf der Website aber vergeblich. Ist es Arroganz, dass man meint, man habe es nicht nötig und ein Bewerber, der sich auf die Website von Linklaters verirrt, käme ohnehin nur dorthin, weil er sich magisch vom Unternehmen angezogen fühle und ohnehin bestens im Bilde ist? Oder ist es Dummheit?
Weder unter dem Punkt “Arbeiten bei Linklaters” noch unter “Ausgezeichnet arbeiten” finde ich Infos über den Arbeitgeber. Im Gegenteil: Im Bereich “Ausgezeichnet arbeiten” findet sich nur Selbstbeweihräucherung in Bestform. Diverse Siegel werden dort zur Schau gestellt. Was sich hinter den einzelnen Auszeichnungen verbirgt und warum man diese Siegel bekommen hat, behält man lieber für sich. Dafür kann man aber die Logos anklicken und sich vergrößert anschauen. Toll. Wahnsinn. Kopfschüttel.
Welcher Arbeitgeber Sie auch immer sind und welchen Namen Sie auch tragen, Informationen über Sie als Unternehmen sind ein Muss. Und wenn Sie es nur kurz zusammengefasst darstellen und dann auf Inhalte Ihrer Corporate Website verweisen. Ohne das geht es nicht (geht schon, ist aber vollkommen sinnfrei).
Nun gut. Genug der Kritik. Oder sagen wir mal so. Schaun mer mal, was die Seite noch so hergibt. Kommen wir doch mal zu ein paar positiven Aspekten. Ganz klar, dass Linklaters überhaupt eine Karriere-Website anbietet, gehört definitiv dazu (und im Verhältnis zu dem, was man auf den Karriereseiten anderer großer Anwaltskanzleien zu sehen bekommt, ist das schon fast ein Lichtblick). Aber wenn wir uns jetzt mal die eigentliche Karriere-Startseite anschauen (das andere war ja nur das so genannte “Karriere-Magazin”), so ist zum Beispiel positiv zu bewerten, dass tatsächlich sofort ersichtlich ist, welche Zielgruppen denn eigentlich angesprochen werden (ob Linklaters ausbildet, wird leider nicht ersichtlich. Infos dazu gibt es auf jeden Fall nicht).
Auch ein Kontakt zum Recruiter ist auf jeder Seite gegeben. Ferner gibt es eine Infobox für Veranstaltungen und auch die Stellenangebote sind auf jeder Seite ersichtlich. Sehr gut!
Und die Authentizität?
Gehen wir noch ein wenig in die Tiefe. Wie heißt es so schön auf der Startseite: “Wir haben uns vorgenommen, hier nicht nur über uns zu reden.” Schaut man sich aber einmal die Inhalte an, so bekommt man schnell den gegenteiligen Eindruck. Eine direkte, aktive Ansprache der Interessenten findet (leider) nicht statt und man flüchtet sich in passive Ausdrucksweise und Worthülsen. Ganz besonders schlimm: Das Denglisch. Kostprobe gefällig? “Referendare für die Colleagues of Tomorrow” werden da gesucht. Ferner ist die Rede von “Counsel” oder “Open Door Policy”. Ich weiß, das Unternehmen ist global unterwegs. Nichtsdestotrotz hurts so was manchmal wirklich really. Auch Navigationsflächen wie “Perfekt vorbereitet” oder “Individuell geplant” geben nicht wirklich Aufschluss über die sich dahinter verbergenden Inhalte. Oberstes Gebot der Stunde sind “sprechende”, selbst erklärende Linkbezeichnungen. Aber über die Worthülsenschlachten und die Selbstverliebtheit der Unternehmen gab ja seinerseits schon die KIMATEK-Studie schöne Einblicke. Ein intensives Auseinandersetzen mit der Studie lohnt!
Nun denn, weiter im Text.
„Wir haben uns dafür entschieden, die Menschen, die bei uns arbeiten, selbst von ihren Erfahrungen erzählen zu lassen. So bekommen Bewerber ein authentisches Bild davon, was sie bei Linklaters erwartet – ob als Referendar, Wissenschaftlicher Mitarbeiter oder Associate“.
So das Zitat aus der oben erwähnten Pressemitteilung. Wie aber sieht es auf der Karriere-Website aus? Ja, es ist richtig: Es finden sich jede Menge Testimonials. Hier zum Beispiel. Auch gibt es jede Menge Videos in den einzelnen Zielgruppenbereichen. Video an sich ist ja gut. Dass man das auf sehr unterschiedliche Art und Weise umsetzen kann, ist ja nicht unbekannt.
Was mir persönlich nicht gefällt, ist die Tatsache, dass man nur Senior Partner (für Absolventen) und Partner (für Referendare und Praktikanten) zu Wort kommen lässt, aber nicht die Zielgruppe selbst (wollten die nicht oder durften die nicht?). Und dann das Ganze schön bequem aus dem Sessel heraus. Einblicke in das Arbeitsleben in Bewegtbild? Fehlanzeige.
Bekommt man auf diese Weise wirklich ein authentisches Bild, was Mitarbeiter bei Linklaters erwartet? Gerne hätte ich mir noch ein Bild von der Atmosphäre bei Linklaters gemacht. Gerade da streikt der Flash-Player.
Schade.
Von Katzenbildern, Babyfotos und der richtigen Gestaltung Ihrer Stellenanzeige
Die Kinderüberraschung neu interpretiert: Personalwerbung bei Anwälten. | buckmannbloggt.
Karriere-Websites: Stimmt die Usability nicht, leidet der Bewerber