07. Juni 2024

Streichen Sie "Wie sind Sie auf uns aufmerksam geworden?" im Bewerbungsformular
Ob „Wie sind Sie auf uns aufmerksam geworden?“, „Wie haben Sie von uns erfahren?“ oder welche Formulierung auch immer: Diese
weiterlesen31. Oktober 2015
Lesezeit: 8 Min. Employer BrandingKarriere-WebsitesRecruitingStellenanzeigen
Vor einiger Zeit schrieb ich ja, dass die Flüchtlinge unseren Arbeitsmarkt beflügeln. Und das gleich auf zweierlei Weise: Erstens, in dem die Heimatvertriebenen selbst ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen (was vor allem durch schwierige Eingliederungsprozesse, sprich durch Bürokratie, erschwert wird. Die vermeintliche Fachkräftelücke mit Nachwuchs aus Krisengebieten zu stopfen wird also schwierig), zweitens, in dem in Ministerien und Behörden, insbesondere dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), jede Menge Arbeitsplätze geschaffen werden, um eben jene potenziellen Fachkräfte zu verwalten (was aber auch hier durch den Bewerbungsprozess massiv erschwert wird). Schauen wir uns das Ganze doch mal im Detail an…
Bundesinnenminister Thomas de Maizière will das Personal des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge um 2.000 neue Stellen aufstocken. Möglicherweise sogar mehr. “Wir brauchen sie [die neuen Mitarbeiter], um die große Herausforderung jetzt und in der kommenden Zeit zu meistern.”
Super Sache das. So. Und nun stellen Sie sich mal vor, Sie wären interessiert an einer solchen Stelle. Sie gehen also auf die Website des BAMF und suchen verzweifelt nach einem Hinweis auf diese tollen neuen Stellen (und finden diesen nicht, zumindest nicht auf den ersten Blick. Wie hieß es so schön? “Die neuen Stellen ließen sich allerdings nicht so schnell besetzen, wie sie benötigt würden.” Vielleicht, ja vielleicht würde es etwas bringen, wenn man auf die Stellen, die ja so dringend zu besetzen sind, auch hinweisen würde?). Natürlich geben Sie nicht auf, Sie wollen einer von diesen 2.000 sein und gehen daher auf die Website des Bundesverwaltungsamtes. Und hier freuen Sie sich wie Bolle (wer auch immer dieser Bolle ist, meiner Meinung hat er wenig mit dem Bolle zu tun, der Pfingsten nach Pankow reiste, sicher bin ich mir aber nicht), dass es da tatsächlich einen “Karriere”-Button direkt auf der Startseite gibt. Das schafft nicht mal ein Unternehmen wie die Telekom!
Wer nun aber erwartet hat, dass sich das Bundesverwaltungsamt in irgendeiner Form als Arbeitgeber präsentiert, irrt. Aber wir haben ja gelernt: Man kann nicht nicht Employer Branding betreiben. Und die Karriere-Website (oder das, was als solche deklariert wird) zeigt so dann auch sehr schön, welchen Stellenwert das Personalmarketing dort einnimmt. Nämlich keinen.
Aber immerhin erfahre ich, dass das Bundesverwaltungsamt “einen modernen und abwechslungsreichen Arbeitsplatz mit Perspektiven, ein attraktives Arbeitsumfeld, anspruchsvolle Tätigkeiten, individuelle Entwicklungsmöglichkeiten und Fortbildungsangebote im öffentlichen Dienst” bietet. Reicht als Info, oder? Klar, jemand, der beim Bundesverwaltungsamt Karriere oder wenigstens seinen Job machen will, weiß, was ihn erwartet.
Und so schaue ich nach einem passenden Stellenangebot (so tat es ein Bewerber, der mich zu diesem wunderbaren Blogbeitrag inspirierte) und ergötze mich dabei an so aussagekräftigen Stellentiteln wie bspw. “Bürosachbearbeiter“, “Wissenschaftlicher Mitarbeiter“, “Referent im Referat S 21” (wie, Sie wissen nicht, was das Referat S 21 ist?), “Referenten“, “Entscheider“, “Mitarbeiter“, “Das Bundeskanzleramt bildet aus” (nämlich Verwaltungsfachangestellte und sogar Verwaltungsfachangestellte mit Doppelqualifizierung, aber das hat nichts im Stellentitel zu suchen!) und nicht zu vergessen: “Volljuristinnen und Volljuristen sowie Akademiker mit Hochschulabschluss der Studiengänge Volks- oder Betriebswirtschaft, der Wirtschaftswissenschaften oder mit einem vergleichbaren geisteswissenschaftlichen Abschluss (FK-01-2016)“. Diesen Stellentitel müssen Sie sich auf der Zunge zergehen lassen:
“Volljuristinnen und Volljuristen sowie Akademiker mit Hochschulabschluss der Studiengänge Volks- oder Betriebswirtschaft, der Wirtschaftswissenschaften oder mit einem vergleichbaren geisteswissenschaftlichen Abschluss (FK-01-2016)”
Das ist wahre Poesie, wie ich finde. Wobei Volljurist mich immer an Vollpfosten erinnert. Irgendwie.
Stellt sich also die Frage, was so ein “Volljurist sowie Akademiker mit Hochschulabschluss der Studiengänge Volks- oder Betriebswirtschaft, der Wirtschaftswissenschaften oder mit einem vergleichbaren geisteswissenschaftlichen Abschluss (FK-01-2016)” bei seinem zukünftigen Arbeitgeber, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, kurz BAMF, eigentlich so macht. Irgendwie erinnert mich diese Stellenanzeige ein wenig an die der Observationskraft für die mobile Observation, denn genau wie dort auch, hüllt man sich zu den Aufgaben selbst in geheimnisvolles Schweigen. Während ich das bei Anzeige des Bundesnachrichtendienstes noch nachvollziehen kann (ich meine, man verrät doch nicht die Aufgaben eines Spions!), erschließt es sich mir beim BAMF nicht so wirklich. Aber ein “Volljurist sowie Akademiker mit Hochschulabschluss der Studiengänge Volks- oder Betriebswirtschaft, der Wirtschaftswissenschaften oder mit einem vergleichbaren geisteswissenschaftlichen Abschluss (FK-01-2016)” weiß bestimmt, was auf ihn zukommt.
Oder stellt seine Frage einfach auf der Facebook-Seite des BAMF (ja, die gibt es!) und bekommt dann folgende geistreiche Antwort:
Da hierzu einige Nachfragen kamen, möchten wir Ihnen das Anforderungsprofil erläutern. Wir suchen Führungskräfte für verschiedene Funktionen des höheren Dienstes, die wir bundesweit an mehreren Standorten einsetzen. Die konkrete Einsatzplanung zu den Standorten erfolgt erst nach dem Auswahlverfahren. Gesucht werden mehrere Volljuristinnen und Volljuristen sowie Akademiker mit Hochschulabschluss der Studiengänge Volks- oder Betriebswirtschaft, der Wirtschaftswissenschaften oder ein vergleichbarer geisteswissenschaftlicher Abschluss mit dem Schwerpunkt Recht und Wirtschaft. Bitte bewerben Sie sich zunächst über das Online-System, danach übersenden Sie Ihre vollständige, schriftliche Bewerbung an das Bundesverwaltungsamt. Wir hoffen, dass wir Ihnen hiermit einige Fragen beantwortet haben.”
Nee, ehrlich gesagt nicht. Was meine Aufgaben sind, weiß ich immer noch nicht. Aber den echten Interessenten ist das egal. Und die können auch bei solchen Arbeitgeberleistungen, wie “Aufgaben, die Sie täglich fordern und fördern” (klasse, alte Hartz-IV-Formulierung, schreiben Sie das bloß nie, NIE, auf Ihrer Website!!! – Ich weiß, zu spät, ist schon längst geschehen) nicht mit ihrer Bewerbung hinterm Berg halten.
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Was der Bewerber da allerdings noch nicht weiß: Wie abschreckend der Bewerbungsprozess ist. Und ob er dann überhaupt noch bereit ist, seine Bewerbung abzuschicken. Denn der hat es faustdick hinter den Ohren. Also der Bewerbungsprozess, meine ich.
Zunächst müssen Sie sich nämlich online bewerben. Hierfür müssen Sie sich aber erst einmal für die Online-Bewerbung anmelden. In der Folge erhalten Sie ein fehlerhaftes, unpersönliches Anschreiben mit dem für die Bewerbung erforderlichen Passwort:
Nachdem Sie sich dann eingeloggt haben, durchlaufen Sie ein sieben Seiten langes Online-Bewerbungsformular.
Dies umfasst
Eine Seite auslassen oder überspringen ist nicht möglich. Seiten zwischenzuspeichern und später die Bewerbung fortsetzen, ist ebenfalls nicht möglich. Zwar sei dieser Punkt “mit Sicherheit sehr wünschenswert, aber aufgrund Datenschutzrechtlicher Probleme ist dies zurzeit nicht möglich“. Dumm auch, dass sich das System nach 90 Minuten verabschiedet. Alle bis dato eingegebenen Daten sind dann übrigens futsch. Pech gehabt. Aber wer eine Stelle als Referent oder aber auch “Volljurist sowie Akademiker mit Hochschulabschluss der Studiengänge Volks- oder Betriebswirtschaft, der Wirtschaftswissenschaften oder mit einem vergleichbaren geisteswissenschaftlichen Abschluss (FK-01-2016)” innehaben möchte, nimmt das sicher in Kauf.
Der nimmt auch in Kauf, dass man immer nur maximal 255 Zeichen bei den Freitextfeldern zur Verfügung hat. Aber: “Dies ist gewollt!” Schließlich soll man sich hier auf auf die wichtigsten Kernaussagen konzentrieren und hat dann ja im weiteren Verlauf des Bewerbungsverfahrens die Möglichkeit, die gesamten Bewerbungsunterlagen einzureichen.
Es wäre ja einfach auch zu einfach, wenn man seine Bewerbungsunterlagen auch online hochladen könnte, oder? Ja, genau. Denn “mit Hilfe dieses Onlinebewebungssystem wird ein mehrstufiges Bewerbungsverfahren durchgeführt. Hiermit soll bereits im Vorfeld die Menge der detailliert zu prüfenden Bewerbungsunterlagen eingeschränkt werden. Geeignete Bewerber werden nach Abschluss der ersten Phase gebeten Ihre vollständigen Unterlagen einzureichen. In anschließenden Phasen werden Eignungstests und persönliche Gespräche durchgeführt. Dies spart nicht nur uns – als Ihrem zukünftigen Arbeitgeber unnötigen Aufwand und Kosten – sondern auch Ihnen als Bewerber!”
Genauso, in genau diesem Wortlaut und mit genau diesen Rechtschreibfehlern, steht das auf der Online-Hilfe-Seite, die auch in puncto Lesefreundlichkeit wirklich überzeugen kann:
So. Und nach dem ja dieses Online-Verfahren “unnötigen Aufwand und Kosten” verursacht, übersendet man im Anschluss an die Online-Bewerbung einfach die “vollständigen Bewerbungsunterlagen (z.B. Anschreiben, Lebenslauf, Kopie des Zeugnisses der allgemeinen Hochschulreife, Kopie des Abschlusszeugnisses bzw. Staatsexamen, ggf. Nachweis über die Schwerbehinderung oder Gleichstellung etc.unter Angabe der im Online-Bewerbungsverfahren vergebenen Bewerbungsnummer) per Post! Aber bitte nicht in Mappen, “sondern nur in gehefteter Kopie vorlegen, da die Unterlagen nicht zurückgesandt werden.” Von wegen Kosten und Aufwand sparen, Sie wissen schon!
Rufen Sie mal für Spaß die Stellenanzeige mobil auf. Bei mir wird da nur ein aus geschätzt 500 Links bestehendes Menü angezeigt und dann ganz am Ende, nach dem der Daumen vom vielen Scrollen schon erste Ermüdungserscheinungen aufweist, das Stellenangebot (den Screenshot schenke ich mir an dieser Stelle, den aus den ganzen einzelnen Bildausschnitten zusammenzufrickeln, hätte einfach den Abend gesprengt). Fairerweise muss man sagen, dass das dann sogar mobil optimiert ist.
Trotzdem, mit so einem Bewerbungsverfahren verprellt man eher Bewerber und sorgt für unnötig lange Bewerbungsverfahren. Wie heißt es so schön auf der Karriere-Website des BAMF (die man nach langem Suchen dann doch gefunden hat):
“Aufgrund der stark ansteigenden Asylantragszahlen hat der Deutsche Bundestag dem Bundesamt für das Jahr 2015 im Nachtragshaushalt insgesamt 1.000 Einstellungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt. Diese Stellen sollen jetzt schnellstmöglich besetzt werden.”
Schnellstmöglich, eben. Ob solch ein Arbeitgeber-Auftritt, fehlerhafte Bewerberkommunikation und ein solch abschreckender Bewerbungsprozess dabei förderlich sind? Ich wage das zu bezweifeln.
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Als ich seinerzeit meinen Artikel über das “m/w/d” und den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts bezüglich der “dritten Option” verfasste, schrieb ich
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