Wenn Männer im Recruiting diskriminiert werden und Frauen in der Vorauswahl scheitern

Lesezeit: 13 Min. HRRecruiting

In meinem letzten Artikel hatte ich mich den Studien gewidmet, die belegen sollen, dass sich Frauen von bestimmten Formulierungen abgeschreckt fühlen und sich in der Folge weniger wahrscheinlich bewerben werden. Was davon zu halten ist, können Sie dort nachlesen. Heute widme ich der Thematik, dass Männer im Recruiting diskriminiert werden und Frauen in der Vorauswahl scheitern – allen “weiblich” formulierten Stellenanzeigen zum Trotz scheinen Frauen dann spätestens an dieser Stelle Diskriminierung zu erfahren. Welche möglichen Gründe das haben kann, wird Sie möglicherweise überraschen.

Grundsätzlich stellen sich hier dann mindestens gleich zwei Fragen: Erstens, was bringen all die mit “weiblich”-kodierten Formulierungen gespickten Stellenanzeigen, zweitens, sehen wir das Thema Geschlechter-Diskriminierung im Recruiting womöglich zu einseitig, und als dritte Frage hinterher: Wer sind eigentlich die Menschen, die sowohl Frauen als auch Männer diskriminieren? Natürlich nicht bewusst, das ist klar ;-).

Was bringen “gendersensible” oder “weiblich formulierte” Stellenanzeigen, wenn Frauen in der Vorauswahl oder am Vorstellungsgespräch scheitern?

Ziel der sogenannten Gender oder Job Ad Decoder ist es ja, mit “gendersensiblen” oder “weiblich formulierten” Stellenanzeigen dafür zu sorgen, dass sich mehr Frauen bewerben, die sich insbesondere gemäß der Studie von Gaucher/Friesen/Kay von bestimmten, vermeintlich “männlich” kodierten Formulierungen abgeschreckt fühlen und sich nicht bewerben. Ein hehres Ziel, das wahrscheinlich wenig Auswirkungen zeigen wird, da die Studien zwar alles Mögliche sind, aber garantiert nicht praxisnah und noch weniger repräsentativ.

Aber angenommen, es wäre so. Angenommen, es gäbe anti-männliche Zauberwörter, die Frauen umgarnen und wo sie dann gar nicht anders können, als sich zu bewerben. Wo sie gewissermaßen einem unsichtbaren Sog folgend sich dem Klang der weiblichen, feinfühligen Worte hingeben, dahinschmelzen und wie in Ekstase den Jetzt-bewerben-Button klicken.

Wenn das so wäre, wäre doch alles in bester Ordnung, oder? Dann gäbe es das leidige Problem nicht, dass sich Frauen auf bestimmte Positionen nicht bewerben und auch Führungspositionen würden von Frauen mit Kusshand besetzt und die Frauenquote wäre Geschichte.

“Ein Wort gibt es, dass alle Träume zerstört.”

Ach, wenn nur das Wörtchen “Wenn” nicht wäre. Denn leider ist das Gegenteil der Fall. Diesen Schluss lässt zumindest eine Studie zu, die bereits 2017 veröffentlicht wurde, aber für relativ wenig Aufsehen sorgte.

Wenn Frauen im Bewerbungsprozess benachteiligt werden

Im Rahmen der Studie “Be a Man or Become a Nurse: Comparing Gender Discrimination by Employers across a Wide Variety of Professions” (zu Deutsch etwa: Ein Mann sein oder Krankenschwester werden) des WZB (Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung) wurde die geschlechtsspezifische Diskriminierung in Bezug auf Unternehmen, Berufe und Branchen untersucht. Zu diesem Zweck wurden im Rahmen einer Online-Befragung (eingebettet in eine jährliche Panelbefragung von Ausbildungsbetrieben) fiktive 3.400 Kurz-Lebensläufe von Azubi-Bewerbern Personalverantwortlichen aus 680 Unternehmen vorgelegt. Diese sollten beurteilen, wie wahrscheinlich es ist, dass die Bewerber zum nächsten Schritt des Einstellungsprozesses eingeladen werden.

Frauen werden bei gleichen Qualifikationen schlechter bewertet

Die Studienautoren stellten fest, dass Frauen im Durchschnitt schlechter bewertet werden als Männer, wobei alle anderen Merkmale des Lebenslaufs, d. h. Schulnoten, Alter, Informationen über Aktivitäten seit dem Schulabschluss, Berufe der Eltern usw., berücksichtigt werden. Dabei variiert die Benachteiligung von Frauen je nach Branche und Beruf und ist am stärksten bei Berufen mit geringeren Bildungsanforderungen und niedrigerem beruflichen Status. Frauen werden schlechter bewertet, wenn sie sich für männerdominierte Berufe bewerben.

Die Studienautoren interpretieren ihre Ergebnisse dahingehend, dass Arbeitgeber in männerdominierten Berufen Frauen seltener einstellen als Männer. Daher sei es wahrscheinlich, dass Frauen aufgrund von Diskriminierung in von Frauen dominierte Berufe gedrängt würden (liegt das wirklich daran? Oder möglicherweise daran, dass sich die einzelnen Geschlechter bestimmten Berufen eher verbunden fühlen?). Dies wiederum könne das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern aufrechterhalten und zu einer Verknappung des Arbeitskräfteangebots beitragen, etwa in technischen Berufen, vor allem, wenn Frauen die Reaktionen der Unternehmen antizipieren und sich daher in geringerem Maße auf Berufe bewerben, in denen sie unterrepräsentiert sind.

Stellt sich die Frage, wer hier wen wohin drängt. Und ob das, was weibliche Bewerber gemäß dieser Studie erleben, möglicherweise auch auf das “starke” Geschlecht zutrifft. Lassen Sie sich überraschen! Zunächst schauen wir uns mal an, wer möglicherweise wen “diskriminiert”.

Sind Neid und Eifersucht Grund für die Benachteiligung von Frauen im Bewerbungsprozess?

Denn jetzt wird es spannend. Wie bereits dargestellt, sind HR-Abteilungen, ist das Personalmanagement deutscher Unternehmen (und nicht nur deutscher, wie wir gleich sehen werden), weiblich geprägt). Apropos: Wir wollten es genau wissen. Deswegen hatten wir auf LinkedIn eine kleine Umfrage gestartet und gefragt, wie “weiblich” HR ist. Das sind die Ergebnisse:

Wie weiblich ist HR_Umfrage auf LinkedIn

Die Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache: Gemäß der Umfrage unter 266 Mit- und ohne Gliedern schätzte die große Mehrheit von 64 Prozent der Befragten den Frauen-Anteil in ihren Personalabteilungen auf über 81 Prozent ein.

Wenn Frauen also im Bewerbungsprozess benachteiligt werden – könnte das möglicherweise gar keine “klassische Diskriminierung” durch den bösen alten, weißen Mann sein?

Wäre es gar möglich, dass Neid oder Missgunst und Eifersucht auf der Seite der Recruiterinnen Grund dafür sind, wenn Frauen im Bewerbungsprozess scheitern?

Die Rolle der Schönheit im Recruiting-Prozess

Zu diesem Schluss kommt zumindest die Studie “Are Good-Looking People More Employable?” (Ben Gurion Universität/Ariel Universität Israel), die bereits 2011 veröffentlicht wurde (unbedingte Leseempfehlung!). Im Rahmen dieser Studie wurde die Rolle der Schönheit (eines Menschen) in der frühen Phase des Einstellungsverfahrens untersucht. Zu diesem Zweck wurden 5.312 Lebensläufe auf 2.656 ausgeschriebene Stellen in Israel verschickt. Die Hälfte dieser Lebensläufe enthielt ein Bild eines attraktiven oder unattraktiven männlichen oder weiblichen Bewerbers. Jedem dieser Lebensläufe mit Bild wurde zudem ein ansonsten identischer Kontroll-Lebenslauf ohne Bild gegenübergestellt.

Attraktive Männer werden zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Attraktive Frauen haben das Nachsehen

Zunächst einmal stellen die Studienautoren fest, dass attraktive Männer mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden als Männer ohne Bild und mehr als doppelt so häufig wie Männer ohne Bild. Das ist wahrscheinlich nicht wirklich überraschend, sitzen in HR-Abteilungen wie bereits erwähnt überwiegend Frauen, die sich am Anblick schöner Männer erfreuen. Das ist nur menschlich. Spannend ist indes, dass weibliche Bewerber ohne Bild die höchste Antwortquote haben, Frauen mit Bild, insbesondere aber attraktive Frauen, das Nachsehen haben und deutlich seltener zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Was ist da los?

Werden Frauen im Bewerbungsprozess von ihresgleichen diskriminiert?

Werden Frauen im Bewerbungsprozess etwa von ihresgleichen diskriminiert? Spielen Neid und Eifersucht eine Rolle im Bewerbungsprozess? Um das herauszufinden, wurden im Nachgang Gespräche mit den Bewerbungsempfängern, lies: Recruiterinnen, geführt.

Die Erklärungen Eifersucht und Neid erscheinen den Studienautoren besonders passend, da 93 Prozent der befragten Recruiting-Verantwortlichen in der Stichprobe weiblich waren. Analog zu deutschen Verhältnissen sind auch die befragten Recruiterinnen in Israel überwiegend jung (mit einem Durchschnittsalter von 33 Jahren) und in der Mehrzahl ledig (wie das hier für Deutschland ausschaut, kann ich nicht beurteilen ;-)) – Eigenschaften, die gemäß der Studienautoren eher mit einer eifersüchtigen Reaktion in Verbindung gebracht werden, wenn sie mit einem noch jüngeren, attraktiven Konkurrenten am Arbeitsplatz konfrontiert werden (etwas, was Sie möglicherweise aus dem realen Leben kennen). Diese Frauen, so die Studienautoren, könnten durchaus eifersüchtig (und neidisch) auf attraktive weibliche (potenzielle) Mitarbeiter sein und mit ihnen um Partner – Stichwort Liebe am Arbeitsplatz – oder zumindest um die Aufmerksamkeit der männlichen Kollegen konkurrieren. “Normal aussehende” Frauen stellen für diese Personalerinnen scheinbar keine Bedrohung dar und wecken daher nicht deren Eifersucht.

Führt mehr Aufmerksamkeit für attraktive Frauen am Arbeitsplatz zu deren Diskriminierung in der Vorauswahl?

Tatsächlich konnten die Studienautoren eine Reihe von Indizien vorlegen, die darauf hindeuten, dass Eifersucht und Neid die wahrscheinlichen Ursachen für die im Rahmen der Bewerber-Vorauswahl beobachtete Diskriminierung attraktiver Frauen sind. Zunächst einmal sind etwa 90 Prozent der Mitarbeiter, die für die erste Prüfung der Lebensläufe und die Rückrufe bei den Bewerbern zuständig sind, Frauen. Diese stimmen, wenn sie gefragt werden, mit überwältigender Mehrheit (77 Prozent) zu, dass attraktive Frauen von männlichen Kollegen mehr Aufmerksamkeit erhalten, was andere “normale(re)” Frauen benachteiligt.

Einen noch direkteren Beweis sehen die Studienautoren in der Quelle der Einstellung: Wenn das mehrheitlich weibliche Personal nur attraktive Frauen stark diskriminiert und alle anderen Lebensläufe mit und ohne Bild gleichbehandelt, lässt dies sowohl auf Eifersucht als auch auf Neid schließen (schließlich haben attraktive Frauen einen Schönheitsbonus, der über die körperliche Attraktivität hinausgeht und auch für mehr Erfolg etc. stehen soll – diesen Schönheitsbonus belegen wiederum andere Studien immer wieder, etwa die der Universität Buffalo). Hand aufs Herz, würden Sie eine Frau einstellen, die besser aussieht, die Blicke der Männer auf sich zieht und Ihnen möglicherweise sogar geistig überlegen ist? Das fällt schon schwer, oder? Insofern scheinen mir die Ergebnisse der Studie durchaus schlüssig.

Nun ist da ja noch die nicht zu leugnende Tatsache, dass Schönheit im Auge des Betrachters, respektive der Betrachterin liegt. In der Folge könnte man schlussfolgern, dass Frauen den Frauen die Jobs einfach nicht gönnen. Oder ist es doch komplizierter? Welche Rolle das weibliche Geschlecht (in Form der Recruiterin oder auswählenden Person) im Rahmen von Recruiting-Prozessen spielt, scheint tatsächlich interessant. Dazu aber weiter unten mehr.

Sind es wirklich immer die Frauen, die im Bewerbungsprozess diskriminiert werden?

Denn wir sind mit unserer Betrachtung von Geschlechter-Diskriminierung im Recruiting ja noch lange nicht am Ende. Die Aussage, dass es immer die Frauen sind, die diskriminiert werden, wäre nämlich zu hinterfragen. Weil Frauen im Rahmen der Debatte von Geschlechter-Diskriminierung immer im Fokus stehen, gerät die Rolle der Männer nämlich ins Hintertreffen. Für viele scheint klar, dass die Ungerechtigkeit, die Bewerbenden widerfährt, dem bösen alten weißen Mann zuzuschreiben ist.

Ist es aber möglicherweise ganz anders? Müssen Männer, also männliche Bewerber möglicherweise unter der geballten Weiblichkeit der HR-Abteilungen leiden? Auch wenn zumindest attraktive Männer das gemäß der obigen Studie nicht befürchten müssen, könnte man diesen Schluss zumindest aus den Ergebnissen der folgend zitierten Studie ziehen.

Keinerlei Hinweise auf eine Diskriminierung von Bewerberinnen

Wechseln wir einmal die Perspektive. Hören wir auf mit der Behauptung, dass Frauen in Stellenanzeigen und im Vorstellungsgespräch benachteiligt werden. Auch der Mann bekommt nämlich sein Fett weg. Und zwar nicht zu knapp.

Diskriminierung bei der Bewerbung von Männern in bestimmten Berufsbildern

Denn auch Männer werden bei der Bewerbung benachteiligt. Zu diesem Ergebnis kam die europaweit erhobene Studie “Gender Discrimination in Hiring” verschiedener Forschungseinrichtungen. Im Rahmen dieser Erhebung “bewarb” man sich zwischen 2016 und 2018 und verschickte auf 21.318 Stellenanzeigen, die in diversen Jobbörsen veröffentlicht waren, fiktive Anschreiben und Lebensläufe und wertete die Antworten der Arbeitgeber aus. Primär diente das Experiment dazu, die Diskriminierung beim Recruiting von Migranten zu messen. Dass dabei herauskam, dass mehr Männer im Bewerbungsprozess diskriminiert werden als Frauen, war für die Studienautoren wohl auch eine Überraschung.

Arbeitgeber diskriminieren primär männliche Bewerber

Die Tabelle oben zeigt die Callback-Raten und das entsprechende Geschlechterverhältnis nach Land und Beruf (der Ausschnitt zeigt nur die Ergebnisse für Deutschland). Zunächst ist festzustellen, dass Frauen begünstigt werden was durch die Callback gender ratio von > 1 angezeigt wird. In Deutschland gibt es statistisch signifikante Einstellungsdiskriminierung gegenüber männlichen Bewerbern für die Stellen als Verkäufer (1,90), Lohnbuchhalter (1,77), Empfangsmitarbeiter (1,37) und als Softwareentwickler (1,21). Letzteres ist besonders spannend – haben männliche Softwareentwickler jetzt das Nachsehen, wo Unternehmen auf Krampf versuchen, ihre IT-Mitarbeiter-Landschaft zu verweiblichen?

Nicht nur in Deutschland gibt es Diskriminierung von Männern im Bewerbungsprozess, auch in anderen Ländern werden Männer benachteiligt. Die Studie zeigt, dass Arbeitgeber männliche, aber nicht weibliche Bewerber diskriminieren. Guckst du!

Bevorzugen Personalerinnen weibliche Bewerber?

Die Studienautoren wollen dafür auch einen Grund ausgemacht haben: Demzufolge ist es der Tatsache zu verdanken, dass die Menschen in Personalabteilungen, die ja vorwiegend weiblich sind, gleichgeschlechtliche Bewerber bevorzugen. Außerdem könnten die Recruiterinnen Frauen in Frauenberufen für zuverlässigere Mitarbeiter halten als Männer, denen man zuschreibt, eher eine Karriere anzustreben und damit wechselwilliger sein sollen.

Spannende Thesen, die die oben aufgestellten auf links drehen. Zu Recht fragen Sie sich: Was ist denn nun richtig? Welche Wahrheit soll ich denn nun glauben?

Wir müssen unser Wissen über geschlechtsspezifische Diskriminierung und die Annahme, dass Frauen immer die benachteiligte Gruppe sind, aktualisieren

Und bevor jetzt jemand wieder Schnappatmung bekommt, dass so etwas natürlich nur ein (mittel)alter weiser Mann schreiben kann, der darüber hinaus weiß ist: Die Initiatorin der Studie ist eine Frau. Professor Gunn Elisabeth Birkelund lehrt und forscht an der Universität Oslo im Bereich Soziologie und Humangeographie. Ihr Schlussfazit:

“Wir müssen unser Wissen über geschlechtsspezifische Diskriminierung und die Annahme, dass Frauen immer die benachteiligte Gruppe sind, aktualisieren. Diese Annahme mag früher richtig gewesen sein, aber heute haben wir, zumindest für die von uns untersuchten Berufe, keinerlei Hinweise auf eine Diskriminierung von Bewerberinnen bei der Einstellung gefunden. Vielmehr beobachteten wir eine Diskriminierung von Männern bei der Einstellung in frauendominierten Berufen, während weibliche Bewerber in frauendominierten Berufen bevorzugt und in den anderen von uns untersuchten Berufen nicht diskriminiert wurden.”

Geschlechter-Diskriminierung hat zwei Seiten

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass das Thema Geschlechter-Diskriminierung in der aktuellen Debatte viel zu einseitig betrachtet wird. Eine Medaille hat immer zwei Seiten. Dass durch “weiblich” formulierte Stellenanzeigen Geschlechter-Stereotype eher vertieft als beseitigt werden, hatte ich bereits in meinem letzten Artikel dargelegt. Hier hatte ich auch die Frage gestellt, wie es sein kann, dass Stellenanzeigen eigentlich überwiegend “männlich” formuliert sind, wenn HR doch überwiegend weiblich besetzt ist. Die Frage muss dahingehend erweitert werden, ob sich Frauen nicht sogar selbst diskriminieren (natürlich geschieht das alles unbewusst) und ob nicht auch Männer diskriminiert werden. Die zitierten Studienergebnisse deuten stark darauf hin. Sie zeigen aber auch eine starke Ambivalenz:

Auf der einen Seite heißt es, dass Frauen im Bewerbungsprozess benachteiligt werden. Möglicherweise durch die Personen, die die Vorauswahl durchführen, die wiederum überwiegend durch Frauen repräsentiert werden. Frauen diskriminieren also Frauen. Auf der anderen Seite heißt es, dass Männer diskriminiert werden. Auch durch Frauen. Da gerät möglicherweise ein ganzes Weltbild ins Wanken. Möglicherweise auch nicht.

Anonymisierte Bewerbung würde für mehr Gerechtigkeit sorgen, wird aber mehrheitlich abgelehnt

Die Frage lohnt sich zu stellen, warum wir nicht für mehr Gerechtigkeit im Bewerbungsprozess sorgen – über die Geschlechterdebatte hinaus. Die anonymisierte Bewerbung wäre ein mehr als sinnvoller Ansatz. Leider erfreut sich diese gerechte Form der Bewerbung keiner großen Beliebtheit in der Personalerwelt.

Personaler halten von der anonymisierten Bewerbung nichts. Das öffnet der Diskriminierung alle Türen.- Quelle indeed

Der Großteil (52 Prozent) deutscher Personaler(innen) lehnt die anonymisierte Bewerbung ab, schlimmer noch: Fehlen in der Bewerbung bestimmte persönliche Angaben oder das Foto, ist das ein K.O.-Kriterium. Zu diesem traurigen Ergebnis kommt eine ganz aktuelle indeed-Umfrage unter 400 HR-Entscheidern. Nur am Rande: Dafür dass man Frauen nachsagt, dass sie so empathisch sind und gerne “was mit Menschen machen”, stimmen die Ergebnisse nachdenklich. So lehnen mehr Frauen die anonymisierte Bewerbung ab, auch bei den Befürwortern dominieren die Männer. Was ist da los?

Was man von den Ergebnissen auch halten mag – es wird dringend Zeit, den Bewerbungsprozess einmal grundlegend zu überdenken. Darüber hinaus wäre möglicherweise eine Männer-Quote im HR sinnvoll und wünschenswert. Wann fangen Sie damit an?

Disclaimer: Dieser Artikel ist von einem (mittel)alten weisen und noch dazu weißen Mann verfasst. Wenn Sie der Inhalt dieses Artikels zu einem Shitstorm veranlasst, nur zu! Möglicherweise erweckt dieser Artikel auch den Eindruck, ich hätte Vorbehalte gegenüber Frauen oder Recruiterinnen. Dazu sei gesagt, dass ich lediglich Studienergebnisse wiedergegeben habe und ich Frauen liebe. Um ehrlich zu sein: Eine Welt ohne Frauen wäre nicht einmal halb so schön.

Kommentare (2)

Recruiter

Auftrag an einen Recruiter: Suchen Sie mir bitte eine IT Leiterin. Wie, muss ne Frau sein? Ja! Auch das gibt es eben, wenn auch selten. Das macht die Suche brutal schwer. Wenn man das weiter denkt: aus welchem Grund sage ich dann einem top qualifizierten Mann ab, der zu 100% passt? Merkste selbst….:-) Wieder mehr gesunder Menschenverstand und Respekt für alle. Damit kommt man sehr weit.

Reality

„An der Humboldt-Uni in Berlin wollte die Biologin Marie Luise Vollbrecht über Geschlecht und Gender sprechen. Dagegen machte eine Gruppe wegen angeblicher „Transfeindlichkeit“ mobil. Die Uni sagt den Vortrag ab. Es gebe Sicherheitsbedenken. Dafür geht der Vortrag bei Youtube live.“ Passend dazu! Die neue „diversity“ ist nicht so divers, wie sie erscheint.
Über den Autor
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Moin! Ich bin Henner Knabenreich. Als Recruiting-Aktivist und Arbeitgebermarkenauftrittsoptimierer helfe ich Unternehmen, mit einer wertschätzenden und menschenzentrierten Ansprache passende Mitarbeiter zu finden. Mein Fokus: Karriereseiten, Stellenanzeigen und eine Bewerbungsarchitektur, die aus Interessenten Bewerber macht. Mein Wissen teile ich auch als Speaker, Personalmarketing-Coach, Berater und als Fachbuchautor der weltweit ersten Bücher über Karriereseiten und Google for Jobs. Ich hinterfrage den Status quo, lege gern den Finger in die Wunde und sage, was ich denke – und nicht, was alle hören wollen. Sie möchten mich für einen erfrischenden Vortrag buchen, eine wirklich funktionierende Karriereseite aufbauen, suchen einen Sparringspartner für Employer Branding oder wollen mit bewerberzentrierten Stellenanzeigen punkten? Dann kontaktieren Sie mich gern per E-Mail oder LinkedIn – ich freue mich auf Sie!
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