Die Liebe in Zeiten von Remote-Work – neue App schafft Beziehungen am Arbeitsplatz

Lesezeit: 8 Min. Employer Branding

Lassen Sie uns bei all den schlechten Nachrichten, die uns ständig aufgetischt werden, zur Abwechslung einmal über etwas Schönes sprechen: Über die Liebe. Genauer über die Liebe am Arbeitsplatz. Die indirekt auch Auswirkungen auf die Liebe zum Arbeitsplatz hat (Stichwort Work-Love-Balance). Das kennen Sie sicher auch: Irgendwann funkt es zwischen Kaffeeküche und Kopierer, im gemeinsamen Meeting, in der Kantine oder, der Klassiker: während der Weihnachtsfeier. Je nach Umfrage haben sich knapp ein Viertel (XING) oder sogar mehr als die Hälfte (edarling) der deutschen Arbeitnehmer schon einmal am Arbeitsplatz verliebt, jeder Sechste hatte bereits eine Affäre. Nur: Das war vor f….. Corona. Wie aber sieht es aus mit der Liebe in Zeiten von Homeoffice (oder Remote-Work, wie es jetzt hipper heißt)? Was machen die Menschen, wenn einer der Top-Heiratsmärkte neben so vielen anderen ausfällt – und welche Möglichkeiten haben Arbeitgeber, dennoch dafür zu sorgen, dass Amors Pfeil ins Schwarze trifft?

Liebe (am Arbeitsplatz) macht glücklich und fördert die Produktivität

Nun werden Sie vielleicht fragen, warum Sie als Arbeitgeber dazu beitragen sollten, dass Mitarbeiter möglicherweise die große Liebe am Arbeitsplatz finden, schließlich sollen die gefälligst produktiv sein, Dienst nach Vorschrift machen und sich nicht ablenken lassen. Nicht nur, dass es grundsätzliche Gründe gibt, so eine Einstellung zu hinterfragen – immerhin handelt es sich bei Mitarbeitern in den meisten Fällen um Menschen und Menschen entwickeln sich in (und außerhalb) der Regel am besten, wenn man ihnen vertraut. Aber Vertrauen ist eine Entscheidung, die viele Unternehmen respektive Führungskräfte lieber nicht treffen und einen toxischen Führungsstil bevorzugen. Aber das ist ein anderes Thema.

Was passiert, wenn man verliebt ist? Man ist glücklich, man möchte die Welt umarmen. Und wenn man glücklich ist, ist man deutlich motivierter und produktiver. Das wiederum wirkt sich auf den Unternehmenserfolg aus. Welche Folgen es hingegen hat, wenn die Work-Love-Balance aus dem Gleichgewicht gebracht wird, ist vielen wahrscheinlich gar nicht bewusst. Für Unternehmen und in der Folge für die Gesamtwirtschaft entsteht ein großer Schaden.

Liebeskummer und Beziehungsstress kosten Wirtschaft Millionen - Quelle elitepartner

Ein unerfülltes Liebesleben bedeutet eine Zunahme an Arbeitsunfähigkeitstagen, in der Folge Produktionsausfall, eine Störung des Unternehmenserfolgs und in der Folge einen Verlust an Bruttowertschätzung, hoppla, Bruttowertschöpfung, von 1,4 Milliarden Euro. Gut, wenn man bedenkt, dass das, was von Unternehmen gerne als “Fachkräftemangel” bezeichnet wird (was sich in den meisten Fällen aber als mangelhafte Recruiting-Bemühungen entpuppt), die Unternehmen pro Jahr 50 Milliarden Euro kostet, sind die Ausfälle aufgrund verschmähter Liebe quasi “Peanuts”, um es in den Worten Hilmar Koppers (R. I. P.) auszudrücken.

Nun haben wir aber ein Problem: Aufgrund von Corona und dem damit verbundenen Homeoffice fällt der Heiratsmarkt Arbeitsplatz flach. Es gibt derzeit keine Kaffeeküche, keinen Kopierer oder keine Kantine, wo man ungehemmt das Objekt seiner Begierde anflirten könnte. Auch sonst sind die Möglichkeiten dank Pandemie eher ausgedünnt. Fatal, denn diese fehlenden Kontakt- und Anbahnungsmöglichkeiten können, das haben wir oben gelernt, massive Auswirkungen auf die Arbeitszufriedenheit haben.

KI-Anwendung für die Suche nach der großen Liebe am Arbeitsplatz

Vielleicht hilft hier ein Blick nach Japan. Hier nutzen bereits über 800 Unternehmen die KI-gestützte Dating-App “Aill goen”, um ihren Mitarbeitern bei der Partnersuche zu helfen. Was auf den ersten Blick altruistisch wirken mag, hat natürlich einen ernsten Hintergrund. Schließlich bringt eine glückliche Beziehung die Glückshormone zum Sprießen. Und glückliche Mitarbeiter sind nicht nur zufriedener, sondern in der Folge produktiver. Eine Tatsache, die von vielen Arbeitgebern respektive Führungskräfte leider mit Missachtung gestraft wird, obwohl es durch Studien aus der Glücksforschung belegt ist, die das Ganze untermauern.

Nun gibt’s natürlich diverse andere Dating-Apps, die populärste ist wohl Tinder. Aber das Problem dieser Apps ist, dass dort, nun wie soll man sagen, die Sitten ziemlich verrohen. Dabei gibt es verschiedene Parallelen zum Recruiting. Denn sowohl im Dating als auch im Recruiting sind Ghosting und Benching und eine gewisse Unverbindlichkeit an der Tagesordnung.

Ghosting und Benching auch im Recruiting an der Tagesordnung

So wie im Recruiting auch, wo viele Unternehmen sich nach Bewerbungseingang (oder noch schlimmer: nach einem Vorstellungsgespräch!) nicht mehr beim Kandidaten melden, so bedeutet Ghosting im Dating, dass man sich nicht mehr beim Gegenüber meldet. Ob im Dating oder Recruiting, hier werden Gefühle von Menschen verletzt, die sich vergeblich Hoffnung gemacht hatten. Abgesehen davon, dass jegliche Wertschätzung im Keim erstickt wird. Beim Benching geht’s darum, sich potenzielle Dates respektive Kandidaten warmzuhalten, während man weiter nach Mrs. oder Mr. Perfect sucht. Immerhin werden im Kontext von Recruiting keine Dick Pics versendet, ein Problem, mit dem insbesondere Frauen konfrontiert werden, die Ihre zarten Liebesbande auf Plattformen wie Tinder anbahnen. Zur Erklärung: Dabei handelt es sich um das Versenden expliziter Abbildungen des männlichen Geschlechtsteils. Andererseits kennen wir Sexismus sehr wohl aus der Personalwerbung.

Aill goen bringt die Liebe zurück an den Arbeitsplatz

Gemäß einer Umfrage sagen 70 Prozent der Nutzer von Dating-Plattformen, sie hätten ohne die Portale und Apps in der Pandemie keine neuen Leute kennengelernt. Und hier kommt jetzt Aill goen ins Spiel, die App aus Japan. Denn genau zu diesem Zweck wurde sie entwickelt: Leute in Zeiten der Pandemie kennenzulernen und zu daten. Allerdings nicht im Kontext von Sexting, sondern tatsächlich um die Liebe an den Arbeitsplatz zurückzubringen. Aill goen wurde im November 2020 in Tokio als Start-up gegründet, als viele Japaner auf dem Höhepunkt der Pandemie im Homeoffice arbeiteten. Ziel der Gründerin China Toyoshima war es, eine Plattform zu schaffen, die es Angestellten erleichtert, ihr Berufs- und Privatleben in Einklang zu bringen und damit auch das Wachstum des Unternehmens zu fördern. Arbeitgeber würden sich Sorgen um die psychische Gesundheit ihrer Angestellten machen, die während der Pandemie weitgehend zu Hause blieben und kaum körperlichen Kontakt hatten, so Gründerin China.

Dating-App nur für Angestellte der Unternehmen

Und so kann die App tatsächlich auch ausschließlich von Mitarbeitern genutzt werden, deren Arbeitgeber sich bei dieser App angemeldet haben. Und nicht nur das: Der “Date-Keeper” steht nur alleinstehenden Arbeitnehmern von Unternehmen zur Verfügung, die Aill im Rahmen ihrer Benefits anbieten. Genauer: Personen, die ernsthaft in Erwägung ziehen, sich mit einer Person des anderen Geschlechts zu verabreden oder zu heiraten. Damit bieten diese Arbeitgeber dank dieser unternehmensübergreifenden Anwendung wenn man so will ihren Angestellten einen großen Pool liebes- und heiratswilliger Menschen. Eine einzigartige Employer-Branding-Maßnahme, die durchaus inspirierend wirkt, wie ich finde. Allerdings tun sich Unternehmen hierzulande schon alleine damit schwer, Bewerbern den Job schmackhaft zu machen, indem sie dem Lebenspartner ebenfalls einen Job vermitteln. Ausnahmen bestätigen leider nicht die Regel.

KI unterstützt beim Dating

Damit Blind-Dates, Ghosting und Benching ausgeschlossen wird, funktioniert die App auch nicht etwa ausschließlich auf Bildern. Etwas mehr Informationen dürfen es schon sein, um die passenden Matches zusammenzubringen, etwa in Bezug auf den angestrebten Karriereweg. Und eine KI sorgt dafür, dass nur die wirklich passenden Menschen zueinanderfinden. Dabei unterstützt die App auf dreierlei Weise die Suche nach der großen Liebe.

Die Liebe in Zeiten von Remote-Work - neue App schafft Beziehungen am Arbeitsplatz 1 Aill goen App ermoeglicht Liebe in Zeiten von Remote Work

  1. In Stufe 1 werden dem Nutzer ausgehend von Lebenszyklus und Karriereplänen Menschen außerhalb des Unternehmens vorgestellt, die die eigenen Werte teilen und ein hohes Entwicklungspotenzial aufzeigen. Das eigentliche Matching also.
  2. In Stufe 2 geht’s dann ums Chatten, man lernt den potenziellen Partner gut kennen und verabredet sich mit ihm oder ihr. Hier unterstützt die App dann auch im weiteren Konversationsverlauf, wenn’s ein bisschen holprig wird und man nicht mehr weiter weiß oder bringt einen direkt ins Ziel.
  3. Stufe 3 visualisiert die Sympathie der Person, an der man interessiert ist und hilft auf diese Weise, selbstbewusst auf seinen Traumpartner zuzugehen und mit ihm zu kommunizieren. Das Tolle an dieser App: Dank der KI kann Aill anhand des Textverlaufs auch einschätzen, wie sehr ein potenzieller Partner die andere Person mag, und Vorschläge machen, wie es weitergeht. Nein, nicht etwa “zu dir oder zu mir” (das kommt später live und in Farbe), sondern den richtigen Moment anzeigen, wann es so weit ist, die Frau (oder den Mann) bspw. ins Kino einzuladen. Oder aber auch mit der Frage noch etwas zu warten, wenn die App der Meinung ist, dass es noch zu früh für den ersten Schritt ist.

Während viele andere Dating-Apps sich sehr stark auf das Aussehen des potenziellen Matches konzentrieren, liegt der Ansatz von Aill goen primär darauf, während der ersten Textchats einzugreifen und vorzuschlagen, wann jemand nach einem Date fragen sollte und welche Fragen zu stellen sind, um Gespräche ins Laufen zu bringen. Dabei entfaltet die KI vorwiegend dann ihre Wirkung, wenn sie feststellt, dass das Gespräch des Paares ins Stocken geraten ist und ihr Eingreifen erforderlich ist, um die Situation zu entspannen.

Eine weitere Besonderheit, die mir besonders gut gefällt: Eine der Aufgaben der KI in ‘Aill’ ist es, die Unterschiede in der Denkweise von Männern und Frauen zu verringern.

Nicht nur Dating-, sondern Recruiting-App?

Theoretisch könnte diese App nicht nur dafür sorgen, die passenden Menschen zusammenzubringen, sondern auch abzuwerben. Wenn man nämlich feststellt, dass es im Unternehmen des Partners viel cooler wäre zu arbeiten. Insofern wäre Aill goen nicht nur eine Dating-, sondern auch Recruiting-, respektive Sourcing-App.

App mit großer Erfolgsquote

Offenbar funktioniert das Ganze sehr gut, denn die bisherige Erfolgsquote der App ist wirklich beeindruckend: 76 Prozent der Nutzer, die die App verwendet haben, hatten ein Date. Vergleichen Sie das mal mit Tinder & Co., wo Ghosting analog deutschen Bewerbungsprozessen an der Tagesordnung ist. Die App konnte auch die Jury des japanischen “HR Excellence Award” überzeugen. So lange Aill goen bzw. eine vergleichbare App hier in Deutschland nicht verfügbar ist, spendieren Sie Ihren Mitarbeitern doch eine Mitgliedschaft bei Parship oder Tinder – Sie wissen ja, Liebe macht glücklich. Und glückliche Mitarbeiter sind produktiver. In diesem Sinne: Happy Dating!

Kommentare (2)

Schluss mit dem Zwangs-Login im Recruiting!

[…] Die ist zwar schmerzhaft, schmerzhafter ist es aber, gar keine Rückmeldung zu bekommen. Leider ist Ghosting nicht nur bei Dating-Plattformen ein leidiges Phänomen, deutsche Recruiting-Abteilungen würden – sollte es mal einen […]

Die umgekehrte Bewerbung: Wenn sich Unternehmen bewerben

[…] Oder aber man ließ sich viel Zeit, bis die Bewerbung endlich ankam. Sooo lang, dass man als guter Kandidat schon längst woanders unterschrieben hatte. Gut, offenbar setzen Unternehmen hier den gleichen Standard an, wie bei der “normalen” Bewerbung auch, wo es häufig mehrere Wochen braucht, bis man ein Lebenszeichen erhält. Wenn man denn eins erhält. […]
Über den Autor
Avatar-Foto
Moin! Ich bin Henner Knabenreich. Als Recruiting-Aktivist und Arbeitgebermarkenauftrittsoptimierer helfe ich Unternehmen, mit einer wertschätzenden und menschenzentrierten Ansprache passende Mitarbeiter zu finden. Mein Fokus: Karriereseiten, Stellenanzeigen und eine Bewerbungsarchitektur, die aus Interessenten Bewerber macht. Mein Wissen teile ich auch als Speaker, Personalmarketing-Coach, Berater und als Fachbuchautor der weltweit ersten Bücher über Karriereseiten und Google for Jobs. Ich hinterfrage den Status quo, lege gern den Finger in die Wunde und sage, was ich denke – und nicht, was alle hören wollen. Sie möchten mich für einen erfrischenden Vortrag buchen, eine wirklich funktionierende Karriereseite aufbauen, suchen einen Sparringspartner für Employer Branding oder wollen mit bewerberzentrierten Stellenanzeigen punkten? Dann kontaktieren Sie mich gern per E-Mail oder LinkedIn – ich freue mich auf Sie!
Ähnliche Artikel
Recruiting im Workwear Valley: Zu Besuch bei Engelbert Strauss - Podcast Episode 17

Recruiting im Workwear Valley: Zu Besuch bei Engelbert Strauss - Podcast Episode 17

Für meinen 17. Podcast habe ich mich aufgemacht nach Biebergemünd, ins so genannte Workwear Valley. Sie kennen weder Biebergemünd, noch

weiterlesen
Jede Wette, dass das großartig war!

Jede Wette, dass das großartig war!

Das war’s also, das vierte weltweit einzigartige klimaneutrale neutrale Netzwerktreffen für frechfreimutige Personalx im Heimathafen Wiesbaden! Jede Wette, dass..! –

weiterlesen