06. Dezember 2023

Über die Relevanz von Karriereseiten
Schaut man sich aktuelle Studienergebnisse zu Karriereseiten an, so gewinnt man unweigerlich den Eindruck, dass deren Relevanz für das Recruiting
weiterlesen28. Oktober 2021
Lesezeit: 8 Min. Employer BrandingKarriere-WebsitesRecruiting
Nur 14,2 Prozent der KMU haben eine Karriereseite, auf der über den Arbeitgeber informiert wird. Ein Ergebnis, das nachdenklich stimmt. Ist doch die Karriere-Website quasi der Nabel aller Recruiting-Aktivitäten und ermöglicht eine unabhängige Präsenz als Arbeitgeber an 365 Tagen im Jahr, 7 Tagen in der Woche und 24 Stunden am Tag. Da kann kein anderes Medium mithalten. Wenn also auf der einen Seite über 70 Prozent der Unternehmen Probleme bei der Fachkräfte-Rekrutierung haben und 77 Prozent der Unternehmen über keine Karriereseite verfügen, so zeigt das einmal mehr: Das, was viele als “Fachkräftemangel” wahrnehmen, ist vor allem das Resultat einer unprofessionell betriebenen Personalarbeit und mangelnder Recruiting-Bemühungen. Wobei auch bei den weiteren Ergebnissen des KOFA Personalarbeits-Index “Fachkräftemangel in kleinen Unternehmen” kaum von “Bemühungen” die Rede sein kann. Zu niederschmetternd sind die Ergebnisse.
An dieser Studie zum Thema „Strategische Personalarbeit und Employer Branding“ haben im Zeitraum Juli bis September 2020 1.433 Unternehmen teilgenommen. Untersucht wurden Unternehmen mit 1 bis 49 Mitarbeitern, 50 bis 249 Mitarbeitern und ab 250 Mitarbeitern. Wie viele Unternehmen je Klasse ausgewertet wurden, verrät die Studie leider nicht, ist aber auch nebensächlich, da die Ergebnisse entsprechend gewichtet wurden. Die Studie teilt sich auf in die fünf Handlungsfelder
und bietet auf 41 Seiten viele erkenntnisreiche, aber auch verstörende Ergebnisse. Klar, dass ich hier im Blog insbesondere den Fokus aufs Recruiting – hier vor allem auf mein Spezialgebiet Karriereseiten – lege. Aber ich will auch nicht unterschlagen, zu welchen Erkenntnissen die Studie bezüglich möglicher Hemmnisse gelangt, ein zielgerichtetes Recruiting umzusetzen.
Unbestritten ist die Karriere-Website der Recruiting-Hub, der wichtigste, aber auch naheliegendste Recruiting-Kanal: Hier laufen alle Fäden zusammen, um sich über einen Arbeitgeber zu informieren und die Bewerbung zu starten. Auch können hier viele Menschen erreicht werden, die gar nicht aktiv auf Jobsuche sind, schließlich ist jeder Besucher Ihrer Website immer auch ein potenzieller Bewerber – oder zumindest Multiplikator. Und im Gegensatz zu den Jobs in einer Stellenbörse ist man als Arbeitgeber dauerhaft präsent – und nicht nur für die obligatorische Veröffentlichungsdauer von 30 Tagen.
Was passiert, wenn ein Unternehmen über keine eigene Karriere-Website verfügt, dürfte hinlänglich bekannt sein: Man bewirbt sich gar nicht erst. Wirkt doch ein Unternehmen ohne eigene Karriereseite einfach nicht seriös oder spiegelt möglicherweise auch den geringen Stellenwert der Personalarbeit und der eigenen Mitarbeiter wider, je nachdem. Fatal: Ein einmal vergraulter Jobsuchender kommt auch (so schnell) nicht wieder und ist für immer verloren.
Trotz dieser Tatsachen verfügen von den 1.433 befragten Unternehmen lediglich 14,2 Prozent über eine eigene Karriereseite, die über das Unternehmen als Arbeitgeber informiert. 76,9 Prozent der KMU haben keine und schaufeln sich damit ihr eigenes Grab (Sie wissen ja: Wer nicht wirbt, stirbt. Diese Marketing-Binse lässt sich 1:1 aufs Recruiting übertragen. Wer nicht für sein Unternehmen wirbt, stirbt. Weswegen ein strategisch aufgestelltes Recruiting für ein Unternehmen ü-ber-le-bens-wich-tig ist!). Umso erschreckender dann auch die weiteren Angaben: Nur 6,2 Prozent der befragten Unternehmen planen eine Karriereseite. Und 2,7 Prozent der Befragten wissen nicht einmal, ob ihr Unternehmen über eine Karriereseite verfügt. Eine Aussage, die mir weiteres Kopfzerbrechen bereitet.
Schaut man sich die Ergebnisse im Detail an, so stellt man schnell fest, dass die fehlende Karriereseite insbesondere bei Unternehmen mit 1 bis 49 und 50 bis 249 Mitarbeitern ein Problem ist. Allerdings sollte dies meines Erachtens kein Grund sein. Wenn ein Unternehmen rekrutiert, und sei es auch nur sporadisch und in kleinem Umfang, so ist eine eigene Karriereseite unabdingbar. Da spielt es keine Rolle, ob es sich um ein heißes Startup oder den Handwerksbetrieb um die Ecke handelt. Aber es ist natürlich immer leichter, auf den Fachkräftemangel zu schimpfen, als Initiative zu zeigen.
Noch mal: Keine Karriereseite bedeutet keine Bewerber. Keine Bewerber bedeuten keine Mitarbeiter. Keine Mitarbeiter bedeuten keine (neuen) Projekte, Produktion etc. Keine (neuen) Aufträge abwickeln bedeutet früher oder später den Unternehmenstod. Ein Blick in die Presse reicht, um zu sehen, wer aufgrund des “Fachkräftemangels” die Grätsche macht(e). Vor dem Hintergrund ist es natürlich löblich, dass Unternehmen mit ihren Vorteilen in Stellenanzeigen werben (in der üblichen oberflächlichen Art vermutlich, was ihnen aber auch nicht viel bringt, wenn Aufgaben und Anforderungsprofil zu unspezifisch sind oder man die Stellenanzeigen nicht findet) und auf Mitarbeiterempfehlungen setzen, laut IAB-Bericht immerhin der Recruiting-Kanal mit der höchsten Erfolgsquote (nur am Rande: Auch Menschen, die empfohlen werden, informieren sich auf der Karriereseite über den Arbeitgeber. Sofern dieser über eine verfügt ;-)). Löblich auch, dass Arbeitgebersiegel eher keine Rolle spielen, hier Geld zu investieren, ist rausgeschmissenes Geld. Eine Investition ist hier maximal dann empfehlenswert, wenn alle anderen Recruiting-Maßnahmen aus dem Effeff bespielt werden.
Werfen wir noch einen Blick auf das Recruiting der KMU, respektive der Maßnahmen. Gefragt wurde im Rahmen der KOFA-Studie nach den Maßnahmen, die am häufigsten umgesetzt werden. Den Ergebnissen zufolge wissen 68,6 Prozent der Befragten, über welche Kommunikationskanäle sie ihre Zielgruppen erreichen. Ich persönlich stelle das Resultat stark infrage, zeigt doch die Realität, dass nur wenige Unternehmen wissen, wer a) ihre Zielgruppen überhaupt sind und b) eine Analyse irgendwelcher Recruiting-KPI kaum erfolgt. Und eine Abfrage in einem Bewerbungsformular “Auf welchem Wege wurden Sie auf uns aufmerksam?” mit diversen Auswahlmöglichkeiten liefert in und außerhalb der Regel kaum valide Ergebnisse. Aber das nur am Rande.
Viel spannender sind nämlich die Ergebnisse bezüglich der Aussage “Wir befassen uns regelmäßig mit den Bedürfnissen der für uns relevanten Zielgruppen auf dem Arbeitsmarkt“. Zunächst einmal kann man sich die Frage stellen, wie das denn möglich sein kann, wenn man seine eigene Zielgruppe gar nicht einmal kennt. Dann kann man sich die Frage stellen, wenn dem denn so sein sollte, dass man sowohl die Zielgruppe und sogar deren Bedürfnisse kennt, warum die Unternehmen dann nicht über eine Karriereseite verfügen, die genau diese Zielgruppen respektive Bedürfnisse adressieren? Oder warum die meisten Stellenanzeigen komplett an der Zielgruppe, deren Bedürfnissen und Erwartungen vorbeigehen? Möglicherweise liegt das daran, dass nur 49 Prozent der befragten Unternehmen unterschiedliche Zielgruppen bei der Ausgestaltung ihrer Arbeitgebermarke berücksichtigen, wie eine weitere Erkenntnis zeigt.
Tatsächlich überrascht es mich nicht, dass sich 46,5 Prozent der Befragten nicht mit den Bedürfnissen ihrer Zielgruppe auseinandersetzen (wohingegen die Aussage, dies täten 36,3 Prozent der Unternehmen, schon eine Überraschung ist. Dass es so viele sind, die das glauben, verwundert mich. Insbesondere vor dem Hintergrund der oben dargestellten Fakten, diverser Projekte und dem Elend, was einem auf Karriere-Websites und in Stellenanzeigen begegnet – die das Gegenteil widerspiegeln). 12 Prozent der Unternehmen planen es zumindest und 5,1 Prozent können es schlicht und einfach nicht beurteilen, ob man sich mit den Bedürfnissen der Zielgruppe befasst. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, wenn Sie diese Zahlen auf sich wirken lassen. Mich persönlich machen die sprachlos. Umso spannender ist es, mal einen Blick auf mögliche Gründe für diese Defizite zu werfen.
Auch der Frage, was Unternehmen denn möglicherweise darin begrenzt, das Recruiting auf strategische Füße zu stellen und Zielgruppen bedürfnisgerecht anzusprechen, ist die KOFA-Studie nachgegangen. Mit interessanten, aber widersprüchlichen Ergebnissen.
Hauptgrund, der für die Weiterentwicklung der Personalarbeit angeführt wird, ist, wer hätte das gedacht, ein Mangel an personellen Ressourcen. Das nimmt sich auch je Unternehmensgröße nicht viel. Unsere finanziellen Ressourcen sind zu knapp bemessen, heißt es weiter. Und fehlendes Fachwissen im Bereich der Personalarbeit spielt ebenfalls eine Rolle. Wozu gibt es eine Vielzahl an HR-Blogs? Wozu eine Fülle an sogar kostenlosen Webinaren und Online-Fachtagungen? Die Bereitschaft muss natürlich schon da sein, sich wirklich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Es wird doch schon alles auf dem Silbertablett serviert. Warum also nicht zugreifen?
Und nun wird es spannend: Während es im Schnitt rund 20 Prozent sind, die sagen, dass die Unternehmensleitung der Personalarbeit eine geringe strategische Bedeutung beimisst, wären es geschlussfolgert im Schnitt 80 Prozent, in denen der Personalarbeit sehr wohl eine strategische Bedeutung beigemessen wird. Aber wie passt das zusammen? Wenn ich die Bedeutung strategischer Personalarbeit wirklich erkennen würde, würde ich verstehen, dass vor dem Hintergrund des “Fachkräftemangels” (von dem immerhin 70 Prozent der befragten Unternehmen “betroffen” sind) mehr personelle und finanzielle Ressourcen lockergemacht werden müssen. Ressourcen, die im Verhältnis weniger kosten (Stichwort Cost of Vacancy!), als das Unternehmen aufgrund mangelnder Recruiting-Aktivitäten vor die Wand zu fahren.
Auf der Website des IDW gibt es die komplette Studie mit vielen weiteren aufschlussreichen und ratlos stimmenden Ergebnissen kostenlos zum Download.
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Urs E. Gattiker, #drkpiPageTracker