Sind Personaler dumm? Erfahrungen im Bewerbungsprozess und ihre Auswirkungen auf Google

Lesezeit: 8 Min. HR

Das Image deutscher Personaler scheint nicht das beste zu sein. Zu diesem Schluss kommt man schnell, wenn man eine Google-Suche nach “Personaler” startet. “Personaler sind dumm”, “Personaler sind Idioten” schlägt einem Googles Auto-Complete-Mechanik vor. Bing unterstellt ihnen Inkompetenz. Bewerber hingegen “sind Kunden”, so das Ergebnis bei einer entsprechenden Google-Abfrage. Während letzte Aussage definitiv richtig und nicht zu hinterfragen ist, gibt erstere massiv zu denken. Wie aber kommt Google überhaupt zu solchen Vorschlägen bzw. “Vorhersagen”? Welche Auswirkungen hat das Ganze und vor allem: Was kann getan werden, dass Google in Zukunft etwas anderes anzeigt?

Nun, theoretisch ist insbesondere letzteres ganz einfach: Google mitteilen, dass die Vorhersage (Google selbst spricht von “Predictions”, nicht “Suggestions”) unpassend ist und schon wird der sympathische Datenkrake nach Prüfung dafür sorgen, dass solche Vorschläge nicht mehr angezeigt werden. Das würde allerdings nichts am Kern des Problems ändern, nämlich wie Bewerber über Personaler denken. Dass Google zukünftig die Suche nach “Personaler sind…”, um Begriffe wie “toll” oder “aufmerksam” oder “ehrlich” oder “wertschätzend” etc. ergänzt, dürfte zu einer echten Sisyphus-Aufgabe werden. Denn da müssten viele Beteiligte an einem Strang ziehen, etwa das Management und HR oder HR und die Fachabteilungen respektive Hiring Manager (wo kommt eigentlich dieser verquaste Begriff her?).

Personaler sind schlecht angesehen

Schluss mit persönlichen oder hierarchischen oder sonstigen Befindlichkeiten, hin zu mehr Augenhöhe, einem strategischen Verständnis von HR und einem gemeinsamen (Unternehmens-)Wohl, für das alle einstehen sollten. Alle für einen, einer für alle quasi. Aber warum sollte das, was in der Politik nicht funktioniert, im Unternehmen funktionieren? Natürlich bedingt dies, dass HR, dass “Personaler” auch voller Vehemenz für dieses Ansehen kämpfen und sich nicht dem Mauerblümchendasein und Graue-Maus-Image hingeben. Ja, ich weiß, dass da viele dicke Bretter zu bohren sind. Wenn man sich als Unternehmen den immer schneller drehenden Marktverhältnissen anpassen und im “War for Talents” überleben will, geht da allerdings kein Weg dran vorbei.

Aber wie kommt Google eigentlich auf den Trichter, den Suchbegriff “Personaler” bzw. die Suchphrase “Personaler sind” beim Tippen um Begriffe wie “dumm” oder gar “Idioten” zu ergänzen? Die Erklärung ist ebenso einfach, wie verstörend. Schauen wir uns zunächst einmal an, wie Googles Autocomplete-Funktion überhaupt funktioniert und was das eigentlich ist.

Warum sind Personaler “dumm” und “Idioten”?

Wie wir schon von Google for Jobs wissen, möchte uns Google neben dem besten Suchergebnis auch das beste Sucherlebnis bieten. So werden bspw. Daten von verschiedenen Websites aggregiert und als so genanntes “enriched Search result” (angereichertes Suchresultat) angezeigt, also etwa das Wetter oder die blaue Jobs-Box direkt auf der Startseite, ohne Google verlassen und auf anderen Seiten surfen zu müssen. Bei Autocomplete, also dem automatischen Vervollständigen, steht der gleiche Gedanke dahinter: den Nutzer schnellstmöglich zum Ziel seiner Suche zu führen und dabei zu unterstützen. Vor allem bei der Nutzung mobiler Endgeräte ist das Ganze hilfreich, da es die Suche auf einem kleinen Bildschirm erleichtert, wo Tippen immer etwas fummelig ist (weswegen Google ja auch stark auf Sprachassistenz setzt).

Aber egal, ob mobil oder via Desktop, bedeutet Autocomplete eine enorme Zeitersparnis. Laut Google wird das Tippen im Durchschnitt um etwa 25 Prozent reduziert und 200 Jahre Schreibzeit pro Tag eingespart.

Woher stammen die Begriffe beim Auto-Complete?

Beim Auto-Vervollständigen wird die Suche während der Eingabe durch die Begriffe ergänzt, die der Nutzer wahrscheinlich weiterhin eingeben würde. Google schaut sich andere Suchanfragen an und ergänzt den Suchbegriff je eingegebenes Zeichen auf Basis häufiger Suchanfragen, die relevant sein könnten (siehe die Beispiele weiter unten). Diese Vervollständigungen basieren zudem auf Faktoren wie Beliebtheit oder Ähnlichkeit. Woher stammen nun diese Begriffe, die Google beim Auto-Complete heranzieht?

  • Aus Suchbegriffen, die Sie selbst eingeben
  • Aus relevanten Google-Suchen, die Sie in der Vergangenheit ausgeführt haben (und dabei mit Ihrem Google-Konto angemeldet waren)
  • Aus häufig durchgeführten Suchen von anderen Nutzern, einschließlich Trends bei Suchanfragen.

Google stellt ausdrücklich klar, dass das Vervollständigen von Suchanfragen keine Antwort auf Ihre Suche darstellt. Sie sind zudem keine Stellungnahmen von anderen Nutzern oder von Google zu Ihren Suchbegriffen. Und natürlich werden diese Begriffe nicht angezeigt, wenn nur eine Handvoll danach suchte. Es muss schon eine relevante Anzahl sein. Wie viel, dazu schweigt sich Google aus. Google schreibt auch, dass es durchaus sein kann, dass einige Vorhersagen “seltsam, schockierend oder eine “Wer würde danach suchen!”-Reaktion hervorruft”. Davon würde ich bei unserem Beispiel ausgehen. Selbst mir erging es so.

Eine Google-Suche ausschließlich nach “Personaler” ist mit positiven Begriffen besetzt

Schauen wir uns das einmal im Detail an. Eine Suche nach “Personaler” ist noch harmlos, eher mit positiven bzw. neutralen Begriffen besetzt:

Google-Suche nach Personaler. Hier sieht noch alles gut aus. Quelle: Google

Entgegen der Vermutung, dass “personaler erzähler” für die Personaler steht, die gerne viel erzählen, handelt es sich hierbei um einen Begriff aus der Literatur. Ein “personaler Erzähler” schildert nämlich das Geschehen aus der Sicht einer oder mehrerer Figuren. Dann gibt es viele Begriffe, die im Kontext mit dem Berufsbild stehen, etwa “Personaler Gehalt” (was verdient so ein Personaler wohl?), “Personaler werden” (will ich das wirklich?), “Personaler Aufgaben” (welche das wohl sind) etc.

Personaler sind Idioten

Interessant wird’s bereits, wenn man bei der Suche ein “s” hinzufügt. Da geht’s dann bereits ans Eingemachte:

Suche nach Personaler - kommt das s hinzu, wird's schon kritisch - Quelle: Google

“Personaler sind Idioten”, heißt es da. Schwarz auf weiß. Ohne Gnade. Unter “Personaler Sprache” findet man Treffer zu Zeugnissprache und unter “Personaler Sprüche” entweder Zitate im Kontext Personal/HR/Recruiting oder aber “Sprüche, die Sie nie von einem Personaler hören wollen”. Ansonsten auch wieder jede Menge Vorschläge, die sich auf das Berufsbild des Personalers beziehen.

Google ist unbarmherzig. Bereits mit dem nächsten Buchstaben präsentiert Ihnen die Suchmaschine Vorschläge, mit denen Sie wahrscheinlich eher nicht gerechnet hätten.

Auch bei "Personaler si" finden sich Suchvorschläge, die zu denken geben sollten - Quelle: Google

Gleich an erster Stelle: “Personaler sind Idioten”. Und dann, an dritter, vierter und sechster Stelle, vermutlich die primären Gründe, warum es überhaupt zu solchen Vorschlägen Googles kommt: “Personaler meldet sich nicht wie versprochen”, “Personaler meldet sich nicht”, “Wenn der Personaler sich nicht meldet”. Was fast klingt, wie ein Filmtitel spiegelt die pure Realität dessen wider, was Bewerber tagtäglich erleben: “Ghosting”. Respektlose Behandlung, keine Wertschätzung, kein ernsthaftes Interesse. Das zeigt schonungslos auch Google, wenn man weitertippt:

Personaler sind dumm, Personaler sind Idioten - Ergebnisse von Googles Auto-Vervollständigen - Quelle: Google

Googles Vorschläge als Resultat der Erfahrungen, die Bewerber im Bewerbungsprozess sammeln

Denn hier findet sich nun gar nichts Schmeichelhaftes mehr. Hier entlädt sich all der Frust, hier entladen sich all die Enttäuschungen, die Bewerber im Umgang mit Personalern machen. Und wie sieht das bei Bing aus, der am zweithäufigsten verbreiteten Suchmaschine? Nicht viel besser. Demnach sind Personaler inkompetent und Bewerber fragen sich, warum sich diese nicht melden.

Gemäß Bing sind Personaler inkompetent

Im Klartext heißt das: Bewerber machen schlechte Erfahrungen mit Personalern. Sie sind gefrustet, enttäuscht, fragen sich, mit was für Idioten sie es da in den Personalabteilungen zu tun haben, die sie ewig auf eine Antwort warten lassen, ihnen nur halbherziges oder gar kein Feedback geben, ihnen falsche Versprechungen machen oder sogar lügen, die unvorbereitet oder unfreundlich sind, eine Bewerberin als Schwabbel bezeichnen oder anderweitig inkompetent sind oder was auch immer.

Ob diese Personaler wirklich so sind, ob Sie wirklich so sind, spielt gar keine Rolle. Sie und ich wissen, dass es sone und solche gibt. Aber das Fatale ist: Sie werden in der Masse so wahrgenommen! Und das führt dazu, dass Bewerber zu Tausenden auf Google gehen und ihrem Frust freien Lauf lassen. Sie geben “Personaler sind dumm”, “Personaler sind Idioten”, “was sind Personaler eigentlich für Menschen” ein und hoffen auf Antworten.

Bewerber laden über Google Frust und Enttäuschung ab

Und diese Suchphrasen wiederum nimmt Google zum Anlass, sie anderen Nutzern vorzuschlagen, die möglicherweise ähnliche Erfahrungen gesammelt haben. Und wer weiß, vielleicht sind ja auch welche dabei, die eigentlich Personaler werden wollten, durch diese Vorschläge aber davon abgehalten werden, einen solchen Job anzutreten und sich angewidert abwenden? Möglicherweise, weil sie sich dafür schämen, welchen Status man ihnen zuschreibt? Wer weiß…

An der Professionalität des Recruitings arbeiten

Wenn Sie wollen, dass solche Vorschläge verschwinden, haben Sie zwei Möglichkeiten. Beide habe ich Ihnen oben genannt. Um Variante 1 zu nutzen, müssen Sie lediglich den bei den Suchvorschlägen angezeigten Link anklicken. Der leitet sie auf ein Formular, über dass Sie Google bitten können, den Begriff zu entfernen.

Unangemessene Vervollständigungen bei Google melden ist in diesem Fall nicht die beste Lösung - Quelle: Google

Variante 2 ist deutlich aufwendiger, lohnt aber die Mühe. Zeigen Sie, dass Sie als Recruiter echte Markenbotschafter an vorderster Front und echte Profis sind, dass jeder Bewerber bei Ihnen willkommen ist! Sie sind der Meinung, das gelte nicht für alle? Nicht für die, die Sie gar nicht haben wollen (was ich durchaus verstehen kann, sich aber dramatisch auf Ihr restliches Recruiting und Ihre Reputation als Arbeitgeber auswirken kann)? Dann sollten Sie nächste Woche weiterlesen, wenn es heißt: Bewerber sind keine Bittsteller, Bewerber sind Kunden!

Anmerkung: Es kann sehr wohl sein, dass Ihnen andere Ergebnisse als die oben dargestellten angezeigt werden. Das kann von Ihren Sucheinstellungen, von Ihrem Browser oder von Ihrem Endgerät abhängen. Und natürlich auch von Ihren bisherigen Suchanfragen, die Google auch immer in den Kontext neuer Suchanfragen stellt (insbesondere dann, wenn Sie mit Ihrem Google-Konto angemeldet sind). Und so kann es sein, dass Ihnen “Personaler sind Idioten” oder “Personaler sind dumm” schon früher oder auch später angezeigt wird. Fakt ist: Google nutzt diese “schockierenden” Begriffe, weil viele andere danach suchten.

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Moin! Ich bin Henner Knabenreich. Als Recruiting-Aktivist und Arbeitgebermarkenauftrittsoptimierer helfe ich Unternehmen, mit einer wertschätzenden und menschenzentrierten Ansprache passende Mitarbeiter zu finden. Mein Fokus: Karriereseiten, Stellenanzeigen und eine Bewerbungsarchitektur, die aus Interessenten Bewerber macht. Mein Wissen teile ich auch als Speaker, Personalmarketing-Coach, Berater und als Fachbuchautor der weltweit ersten Bücher über Karriereseiten und Google for Jobs. Ich hinterfrage den Status quo, lege gern den Finger in die Wunde und sage, was ich denke – und nicht, was alle hören wollen. Sie möchten mich für einen erfrischenden Vortrag buchen, eine wirklich funktionierende Karriereseite aufbauen, suchen einen Sparringspartner für Employer Branding oder wollen mit bewerberzentrierten Stellenanzeigen punkten? Dann kontaktieren Sie mich gern per E-Mail oder LinkedIn – ich freue mich auf Sie!
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