08. Januar 2014
Spamst du schon oder bewertest du noch? Arbeitgeberbewertungen powered by FOCUS
Lesezeit: 12 Min. Employer BrandingSocial Media
Heute mal zur Abwechslung aus gegebenem Anlass mal wieder was zum Thema Arbeitgeberbewertungen. Ich bin ja eigentlich ein großer Freund von Bewertungsportalen. Aber wenn ich etwas gar nicht mag, dann ist das die Bevormundung respektive das für dumm verkaufen (ich wollte eigentlich verarschen schreiben, aber dieser Blog ist bekannt für seine bedächtige und zurückhaltende Wortwahl, insofern der mäßige Ton) der Nutzer. So war ich auch ein riesengroßer Fan von Qype. Seitdem das deutsche Portal aber an die Amis verkauft wurde und auf den schönen Namen Yelp hört, können Sie das Portal in die Tonne kloppen. Und seit dem das größte deutsche Arbeitgeberbewertungsportal kununu von Xing (und damit von Burda) übernommen wurde, finde ich manche Ideen dort auch etwas fragwürdig. Neueste Idee: Arbeitgeberbewertungen “powered by FOCUS”.
Vor noch gar nicht allzu langer Zeit schrieb ich darüber, wie mein Friseur Christian von schönschräg die Bewertungsplattform Qype sinnvoll nutzt und was Sie als Personalmarketeer davon lernen können. Wie schon oben erwähnt, hört Qype nun auf den Namen Yelp. Quasi “Yellow Pages” in Form eines Bewertungsportals (oder steht das für “Yelling People”? Das scheint mir fast wahrscheinlicher. Denn diejenigen Unternehmen, die dort bewertet werden, haben aufgrund der mehr als fragwürdigen Bewertungsparameter, die die Plattform dort anlegt, allen Grund zu schreien. Nicht vor Schmerz Glück wie bei Zalando. Sondern eher aus umgekehrten Gründen. Hier ist nämlich ein Algorithmus am Werk, der meint zu wissen, wann eine Bewertung vom Unternehmen manipuliert wurde und wann nicht. Offenbar ist das System so ausgelegt, dass es scheinbar gute Bewertungen nicht gibt. Diese bleiben nämlich in den meisten Fällen verborgen. Stattdessen bekommt der Nutzer überwiegend negative Bewertungen zu sehen. Interessant in diesem Zusammenhang übrigens die Tatsache, dass man natürlich als Unternehmen auch ein bezahltes Profil ordern kann und dann natürlich auch die guten Bewertungen wieder oben stehen. Alles nur Zufall, ist klar. Mehr zur Thematik Yelp finden Sie im Übrigen bei meinem Bloggerkollegen Lars Hahn von Systematisch Kaffeetrinken. Schon alleine wegen des großartigen Namens ist sein Blog einen Blick wert.
xununus neuester Coup: Powered by FOCUS
So weit geht xununu dann aber doch nicht in seinem neuesten Coup. Obwohl, es sind einige Neuigkeiten angekündigt für das neue Jahr. Vielleicht gehört neben einer Komplettüberarbeitung der Website-Oberfläche ja auch ein neues Businessmodell dazu. Denn mal Hand aufs Herz: Schaut man sich die Unternehmen an, die ein bezahltes Unternehmensprofil auf kununu unterhalten (und damit als Open Company gehandelt werden (open deshalb, weil man sein Portemonnaie ganz weit auf gemacht hat ;-))) und setzt diese ins Verhältnis zu den Unternehmen, die ein unbezahltes Profil unterhalten, so werden Sie schnell feststellen, dass da noch ganz viel Luft nach oben ist. Wie wäre es also – analog zu Yelp – einfach mal die guten Bewertungen unter den Tisch fallen zu lassen (bzw. erst per gut verstecktem Mausklick sichtbar zu machen) und nur die schlechten anzuzeigen und wenn man möchte, dass auch der Nutzer die guten Ergebnisse zu sehen bekommt, dann zahlt man dafür. Das wäre doch mal was! Ich muss sagen, die Idee gefällt mir sehr gut, die muss ich da mal unterbreiten.
Aber Scherz beiseite – denn gute Ideen hat man dort natürlich selbst. Bzw. werden diese wahrscheinlich in München bei der Übermutter Burda Media ausgeheckt. Sie kennen Burda? Nein, ich meine nicht den netten alten Mann an der Seite der Tierärztin und Tatortkommissarin Maria Furtwängler. Auch nicht das Hausfrauenmagazin (gibt’s das eigentlich noch? Ich kann mich noch daran erinnern, dass das bei uns zuhause neben der Brigitte rum lag und auch von mir gelesen wurde. Sagen wir durchgeblättert, nicht gelesen. Aber das ist über dreißig Jahre her). Gemeint ist vielmehr das Verlagshaus aus München mit so illustren Angeboten wie Playboy, Bunte, Amica, Fit for Fun, Focus und wie sie alle heißen. Sogar eine Blogplattform gehört dazu. Und – Achtung! – die Bewertungsplattform holidaycheck.de (von denen gibt’s mittlerweile sogar Fernsehwerbung mit Reiseangeboten. Zuträglich für die Glaubwürdigkeit solcher Bewertungsportale ist das nicht gerade. Egal, vielleicht ist das ja ein Vorgeschmack darauf, wo die Reise mit xununu hingeht? Immerhin, die Fernsehwerbung für das X in xununu gibt’s ja schon). Und seit einiger Zeit nun auch Xing. Und – wir erinnern uns – zu Xing wiederum gehört seit einiger Zeit kununu (weswegen man der Einfachheit halber einfach nur noch von “xununu” spricht, wenn es um diese Plattformen geht).
So. Und wenn man nun so eine große Familie ist, muss man natürlich Synergien schaffen und die Plattformen bzw. Geschäftsfelder miteinander verknüpfen. Und deswegen gibt es Xing jetzt neuerdings auch als Printausgabe. “spielraum” heißt das Ganze, ist das “Magazin für die Arbeitswelt von morgen” und gibt es für Premiummitglieder kostenlos (wie, Sie haben noch keinen Account, dann aber husch husch und Sie haben das lesenswerte Magazin rubbeldikatz im Briefkasten!). Und das Focus Arbeitgeber-Ranking (nicht noch eins, werden Sie sagen. Doch, werde ich sagen. Noch eins.) gab es ja auch schon. Natürlich gab es dann letztes Jahr auch prompt ein FOCUS Special mit dem Titel “Beste Arbeitgeber”. Laut FOCUS ein “monothematisches Sonderheft zum Thema “Beste Arbeitgeber 2013”. Jaha. Weil man dort erkannt hat, dass man mit diesem Thema durchaus noch den ein oder anderen Euro verdienen kann (nicht ohne Grund sind Recruitinglösungen der am stärksten wachsende Bereich von xununu: “Der größte Wachstumstreiber ist derzeit der Geschäftsbereich E-Recruiting mit einem Umsatzplus von 43 Prozent auf 6,19 Mio. Euro im dritten Quartal 2013 (Q3 2012: 4,34 Mio. Euro.“) und die Unternehmen händeringend wegen des viel beschrieenen Fachkräftemangels auf jeden Zug aufspringen, gibt es dieses Jahr, genauer am 28. Januar, das neueste Machwerk am Kiosk. Natürlich werden da – tada! – Deutschlands beste Arbeitgeber vorgestellt.
Und wie wurden die ausgewählt? Gute Frage. Während man letztes Jahr ziemlich massiv die Werbetrommel für dieses Ranking rührte (und ich mitgerührt hatte, weil ich dachte, wow, endlich mal ein objektives Arbeitgeberranking! – meine Naivität sei mir verziehen), ist es dieses Mal recht still gewesen. Sprich Infos dazu gab es keine oder nur wenige. Man setzt also wohl auf den Überraschungseffekt. Schauen wir uns daher also mal kurz an, wie FOCUS die Daten letztes Jahr ermittelt hatte (hier erspare ich mir den Text und verweise auf nachfolgenden Screenshot bzw. auf den Download der Präsentation zum FOCUS Spezial “Beste Arbeitgeber”):
Sensationell, oder? Die 406 besten Arbeitgeber. 406 beste Arbeitgeber. Diese Zahl an “Besten” schafft nicht einmal Great Place to Work! Wen die Ergebnisse des letzten Jahres, interessieren – bitteschön. Aber mehr als eine Infografik war nicht:
Ein bisschen was ist nach außen gesickert, was sich im Verhältnis zum Vorjahr geändert hat: Diesmal wurden deutlich mehr (19.000) Mitarbeiter aus 816 Unternehmen befragt, diese aus 22 Branchen (vormals 17) .
Sie werden sich fragen, warum ich über ein so lange zurück liegendes Ranking schreibe und was das jetzt mit den Arbeitgeberbewertungen zu tun hat. Stimmt, ich schweifte mal wieder ab. Aber der Zusammenhang Burda – FOCUS – Xing – kununu musste ja irgendwie hergestellt werden. Um es kurz zu machen (wobei kurz zugegebenermaßen bei mir relativ ist): Gestern stolperte ich Rahmen einer Karriere-Website-Analyse über Arbeitgeberbewertungen auf kununu, die den Vermerk “POWERED BY FOCUS” tragen. Wenn Sie sich jetzt fragen, warum ich im Rahmen einer Karriere-Website-Analyse über Arbeitgeberbewertungen stolpere, die doch gar nicht auf der Website liegen, so gibt es da eine einfach Antwort. Im Zuge dieser Analysen schaue ich mir auch immer an, ob ein Unternehmen die Potenziale von Social Media nutzt. Und dazu gehören auch Verknüpfungen zu Xing oder kununu (macht natürlich nur Sinn, wenn das Unternehmen dort vertreten ist und auch eine relevante Anzahl an Bewertungen und/oder Aufrufen vorzuweisen hat). Also, ich stolperte. Und fragte mich mal wieder: WTF? Was zum Teufel… Oder, frei nach Herbert Grönemeyer: Was soll das?
Ich ahnte Böses, wollte aber Klarheit. So ging meine Frage an das Portal, auf dem ich diese Auszeichnung fand, also an kununu. Die Antwort fiel, nun sagen wir mal, nicht besonders zufriedenstellend aus:
“Die Bewertungen auf kununu ‘powered by FOCUS’ wurden im Rahmen einer Kooperation mit dem FOCUS-Magazin generiert. Details zur Kooperation werden Ende Jänner 2014 veröffentlicht.”
Etwas Ähnliches hatte ich mir schon gedacht. Blieb also nur ein Weg, nämlich selber auf eigene Faust weiter zu recherchieren. Um es auch hier kurz zu machen. Viel gefunden habe ich zunächst nicht. Anbieten könnte ich zum Beispiel die Unternehmen, die mit dieser fragwürdigen “Auszeichnung” geehrt wurden. Wobei… “Auszeichnung” und “geehrt” ist nicht ganz richtig. Gleich dazu mehr. Hier erst einmal eine Auswahl der Unternehmen, die vom POWERED-by-FOCUS-Schicksal ereilt wurden:
iteratec, Tomorrow FOCUS :-), Hubert Burda Media :-) :-), Microsoft, Danone, Bearing Point, BFFT Fahrzeugtechnik, Pfizer, Hettich, EADS, Salzgitter, Hochland, agco, Fio Systems, KHS, HUGO BOSS, Viessmann, Conergy, Bongrain, HEXAL, segmüller, Celesio, Sodexo, Dyckerhoff, coconet, Gegenbauer, GASAG, LEONI, top itservices, Duravit, Arvato, Vodafone, Avira, Salutas Pharma, PPG, Fielmann, PwC, Lidl, LEAR, Aerogate, Schenker, IBM, real, Merck, Voith, Kaufland, Hays, …, Xing :-) :-) :-).
kununu ist natürlich nicht dabei – es handelt sich ja um ein Unternehmen aus Österreich :-). Wenn Sie wissen möchten, welche Unternehmen alle “betroffen” sind, einfach site:kununu.com “powered by focus” googeln. Viel Spaß!
Masse statt Klasse? Spam-Arbeitgeber-Bewertungen
Zurück zum Thema Auszeichnung. Auch wenn nun auf vielen Bewertungen das “POWERED BY FOCUS”-Siegel prangt, ein Garant für eine positive Bewertung ist das nicht (zum Glück). Denn mit dem “Siegel” wurden sowohl positive als auch weniger positive Bewertungen ausgezeichnet. Interessanterweise sind nicht nur Unternehmen mit mehreren Bewertungen in dieser “Auslese” vertreten, es sind auch Newcomer mit dabei, also Unternehmen, die im Zuge dieses Aufrufs erstmalig bewertet wurden. Das Tolle dabei ist: Viele (wahrscheinlich die meisten) Unternehmen, wissen nicht einmal, dass sie powered-by-FOCUS-bewertet wurden. Maximal werden sie durch Zufall darauf aufmerksam. Und so schwappte das Thema auch in unsere personalblogger-Gruppe, wo das Thema Bestandteil einer Diskussion wurde. Da in dieser Gruppe natürlich nur hellwache und dem Thema Social Media gegenüber aufgeschlossene Mitglieder vertreten sind (klar, sonst würden sie ja nicht bloggen), hat man dort kununu selbstverständlich auf dem Schirm und kennt auch den Benachrichtigungsagenten. Und es fiel natürlich auf, als auf einmal so viele Bewertungen geballt herein kamen – noch massiver als bei den so genannten Express-Bewertungen (die zu Recht auch eher fragwürdig betrachtet werden). Der ein oder andere empfand das Ganze sogar als Spam. Ein paar Zitate aus der oben erwähnten Diskussion:
“Sah ziemlich unglaubwürdig aus und hat mich stutzig gemacht!”
“Sah für mich – auch aufgrund der Kürze der Bewertungen – zu Beginn nach Spam aus.”
“Wirkt nach Spam, da zudem in Form der eh schon unnützen “Express-Bewertungen” auch unglaubwürdig und wenig aussagekräftig.”
“Für mich scheitert es schon am einfachsten – der Kommunikation! Kununu und XING haben es ja damals schon bei der Express-Bewertung vernachlässigt! Aber auch nicht daraus gelernt!”
Da bei einigen der Beteiligten überwiegend quasi über Nacht viele dieser überwiegend extrem positiven Bewertungen eintrudelten, kam sogar der Verdacht auf, die Bewertungen seien durch Marketing oder Geschäftsleitung geschönt. Und genau diesen Eindruck will man (zumindest bei einem professionellen Umgang mit Arbeitgeberbewertungen) ja eigentlich vermeiden. Dennoch waren diese Bewertungen plötzlich und unerwartet da. Eine Erklärung seitens kununu? Fehlanzeige. Gut unterrichteten Kreisen zufolge hat kununu die Express-Bewertungen, die über XING im Rahmen des Wettbewerbs abgegeben wurden, in Wellen in die Plattform importiert. Um diese von anderen Bewertungen abzugrenzen (und weil es wohl einige Anfragen zu dem plötzlichen Bewertungswachstum gab), tragen diese nun das Zusatzlabel “powered by Focus”. Eine Info, die bspw. per Mouseover erscheint und den irritierten Nutzer darüber aufklärt, worum es sich bei dieser Auszeichnung handelt, fehlt aber (noch).
Stellt sich also noch die Frage, woher all die Bewertungen auf einmal kamen, die primär die Aufmerksamkeit für kununu, Xing bzw. FOCUS wecken, nicht jedoch positiv auf die Reputation des Unternehmens einzahlen. Hat man nun in Klickfarmen in Bangladesh nach dem Facebook-Like nun auch die kununu-Expressbewertung als Geschäftsmodell entdeckt? Natürlich nicht. Bei xununu geht man schon etwas subtiler vor. Und so wurden Xing-Mitglieder einfach angeschrieben und die Mitglieder zu Bewertungen aufgefordert. So sah das dann aus:
Nun ist an sich nichts gegen Bewertungen zu sagen. Im Gegenteil. Je mehr, desto besser. Das ist natürlich Bullshit. Daher will ich das mal etwas konkretisieren, letztendlich ist das ähnlich wie mit Bewerbungen. Es geht nicht um die Menge, sondern um die Qualität der Bewerbungen. Das Gleiche gilt für Bewertungen. Es sollten derer nicht zwingend möglichst viele sein, sie sollten vor allem qualifiziert sein. Ich empfehle meinen Kunden immer, auf kununu Stellung zu solchen Bewertungen zu beziehen. Natürlich ist das nur dann sinnvoll, wenn man Stellung beziehen kann. Das ist aber eigentlich nur dann wirklich möglich, wenn die Bewertung fundiert ist und nicht einfach nur ein Urteil bzw. eine “Sternchenbewertung” abgegeben wird. Das Problem haben viele Unternehmen ja schon mit der Express-Bewertung. Nun also auch mit powered-by-Focus. Wie meinte ein Mitglied der personalblogger-Gruppe so treffend:
“Ich finde die Bewertungen eher lästig, da ja nur Sterne vergeben werden und man als Unternehmen aufgrund des fehlenden Kontextes überhaupt nicht reagieren kann… schade eigentlich.”
Meines Erachtens ist diese Art der Bewertung nicht nur lästig (und ich stehe mit meiner Meinung bei weitem nicht alleine da), sie ist sogar absolut kontraproduktiv, konterkariert den Sinn eines glaubwürdigen Bewertungsportals und zerstört das Vertrauen der Nutzer (sowohl auf Unternehmens- als auch auf Bewerberseite). Primär scheint es bei dem Ganzen wohl darum zu gehen, die eigene Plattform künstlich nach oben zu pushen, sprich Kohle auf Kosten anderer zu verdienen. Das aber könnte nach hinten losgehen, das haben wir schon bei Yelp gesehen. Nun, sei es drum: Wen es interessiert: Die “Gewinner”, also die besten der besten “Besten Arbeitgeber Deutschlands” werden übrigens am 27. Januar in Berlin bekannt gegeben.
Und ab dem 28. Januar ist dann das FOCUS Spezial im Handel. Tja, und wer eine Anregung benötigt, was man tun kann, wenn man von diesem “powered by Focus”-Gedöns betroffen ist, da hat xununu natürlich auch was auf Lager. Schreibt’s doch einfach eine Stellungnahme. Wenn es denn anders nicht geht, bitte sehr:
In diesem Sinne, auf Wiederlesen!
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