20. August 2012
Personalmarketing: Warum auch schlechte Arbeitgeberbewertungen positiv sind und was Sie von meinem Friseur lernen können
Lesezeit: 8 Min. Karriere-WebsitesPersonalmarketingSocial Media
Habe ich eigentlich schon mal erzählt, dass ich ein recht eitler Mensch bin? Und in Sachen Friseur keinen Spaß verstehe? Als ich damals von Bielefeld nach Wiesbaden kam, brauchte ich natürlich auch einen neuen Friseur. Jedes Mal deswegen nach Bielefeld zu pendeln, hielt ich dann doch für etwas übertrieben. Also machte ich mich ans Recherchieren. Wiesbaden hat zwar zumindest gefühlt die höchste Friseurdichte Deutschlands, aber ein Feld-, Wald- und Wiesenfriseur kam für mich nicht infrage. Und so bemühte ich Google, um fündig zu werden. Und so, wie ich Google bemühte, um mich über einen neuen potenziellen Friseur zu informieren, so bemüht sich der Großteil der Bewerber, sich über einen Arbeitgeber zu informieren. Denn bevor er sich auf Ihrer Karriere-Website informiert, muss er die erst einmal finden. Und so fand ich dann nicht nur die Website von schönschräg (so heißt der Friseur), sondern auch Kundenbewertungen auf Qype. Alles in allem, sowohl die Website von schönschräg als auch die Kundenbewertungen auf Qype machten mich neugierig und so machte ich damals meinen ersten und definitiv nicht letzten Termin aus.
Ja, und die Unternehmen, die man mit einer Karriere-Website und weiterführenden Informationen über den Arbeitgeber auch via Google findet, haben schon mal einen Pluspunkt. Denn wer bspw. über die Google-Suche nur auf kununu-Einträge stößt und diese dann vielleicht auch nicht sooo positiv ausfallen, könnte schon mal ein kleines Problem haben. Somit haben wir also schon zwei Lektionen gelernt:
- Eine Karriere-Website, die mehr als nur Stellenangebote bereit hält und über das Unternehmen als Arbeitgeber informiert, ist die erste Anlaufstelle für potenzielle Bewerber.
- Ist solch eine Karriereseite eben nicht vorhanden, stoßen die Interessenten im Zweifelsfall (um nicht zu sagen mit Sicherheit) auf Einträge in Arbeitgeberbewertungsportalen oder entsprechenden Foren.
Wenn die Bewertungen positiv ausfallen, ist das noch kein Grund zur Sorge. Aber auch wenn die Bewertungen negativ ausfallen, bietet solch ein Eintrag gute Chancen für die Reputation. Dazu aber später.
Mein Friseur zeigt, wie es geht
Kommen wir zurück zu Christian, meinem Friseur. In meinen Augen der beste Friseur, dem ich jemals unter die Schere gekommen bin. Christian erzählt mir hin und wieder von Bewertungen, die er über Qype erhält (für alle, die nicht wissen, was Qype ist: Qype ist eine Online-Plattform, auf der Sie Unternehmen und Dienstleister bewerten können – in etwa so wie holidaycheck, nur eben nicht für Hotels). Neulich hatte er wieder eine schlechte Bewertung, die er sich sehr zu Herzen genommen hat (hier ist schon wieder eine Lektion versteckt: Sich solche Einträge zu Herzen zu nehmen nämlich. Erfahrungsgemäß werden solche Einträge nämlich nicht wahrgenommen oder aber man ignoriert sie schlichtweg und meint damit, das Problem wäre aus der Welt. Was natürlich ein Trugschluss und schwerwiegender Fehler ist). Er postete es sogar auf Facebook und erhielt dort direktes Feedback von seinen Kunden, die ihn alle aufmunterten. Aber dabei beließ er es nicht. Vielmehr nahm er Stellung zu der bei Qype abgegebenen Kritik. Denn das ist ja durchaus möglich. Auf diese Weise kann er einen Sachverhalt richtig stellen oder auch Fehler eingestehen. Und vielmehr noch: Er zeigt damit Wertschätzung. Denn auch positive Bewertungen werden von ihm kommentiert.
Diese Transparenz kommt auf jeden Fall an beim Kunden. Und so führte sein Eintrag bei Facebook, aber auch die Gespräche mit seinen Kunden, dazu, dass er weitere Bewertungen bei Qype erhielt. Natürlich nur gute, denn die meisten sind ja zufrieden mit dem, was er da so mit ihren Haaren anstellt. Und erzählen das gerne weiter.
Stellt sich also die Frage, warum sich so wenig Unternehmen das auf Arbeitgeberbewertungsplattformen zu Herzen nehmen.
Ich habe auf jeden Fall lange suchen müssen, um ein wirklich schönes Beispiel zu finden, welches wirklich perfekt illustriert, wie man kununu als Open Company so nutzt, dass es wirklich den Namen verdient. Kurz zur Erläuterung: Als “Open Company” werden die Unternehmen auf kununu bezeichnet, die entweder ihre Mitarbeiter zum Bewerten auf kununu einladen, bei denen das Unternehmen Bewertungen kommentiert oder bei denen der Arbeitgeber Einblicke in den Arbeitsalltag in Form eines kununu Firmenprofils gibt (grundsätzliche Voraussetzung ist also tatsächlich ein Firmenprofil, ohne das geht es nicht). Mir persönlich greift es zu kurz, wenn ein Unternehmen als “Open Company” ausgezeichnet wird, nur weil es ein Unternehmensprofil eingerichtet hat.
Klar, wenn ein Unternehmen clever ist, kann es die entsprechenden Punkte wie “Wen wir suchen”, “Was wir bieten”, “Benefits” etc. abseits vom Üblichen PR-Sprech-Schmonzes mit wirklich relevanten und authentischen Inhalten füllen, aber das ist leider eher die Ausnahme. Richtig ernsthaft hat in meinen Augen ein Arbeitgeber so ein Siegel nur dann verdient, wenn er sich wirklich aktiv einbringt – mit Stellungnahmen, mit Einbindung der Mitarbeiter. Aber auch hier zeigt sich einmal wieder, dass Personaler einfach nach Auszeichnungen und Siegel gieren. Warum ist das eigentlich so? Wird Zeit, dass ich mal mein eigenes Siegel kreiere und mir eine goldene Nase verdiene (welch seltsame Blüten das Ganze treibt, zeigt ja wunderbar Potentialquark Potentialpark: Hier richten sich Unternehmen, die bis lang strikt gegen Facebook & Co waren (weil es auch definitiv nicht zur Unternehmenskultur passt) nun eine Facebook-Seite ein, nur weil sie dann besser im Ranking dastehen. Ich frage Sie, wie behämmert ist denn das? Haben die es wirklich nötig, nach dem Diktat der Schweden wie Marionetten zu agieren? Aber das ist ein anderes Thema, ich schweife ab :-)).
Anhand von zwei Beispielen möchte ich einmal darstellen, wie man sich als “gute” Open Company und wie als eine Open Company darstellt, die mal wieder das Prinzip und die Chancen nicht verstanden hat, die das Social Web und in diesem Falle eine Plattform wie kununu bieten.
Zalando schreit vor Schmerz
Vielleicht erinnert sich der eine oder andere an die Reportage über die Arbeitsverhältnisse beim Schreivorglückschuhanbieter Zalando. Hier kam das Unternehmen nicht wirklich gut weg. Miese Arbeitsbedingungen und mangelnde Hygiene wurden dort angeprangert. Ein Blick auf kununu bestätigte im Grunde genommen die dort getätigten Aussagen, welches einmal mehr unterstreicht, welche Aussagekraft solche Bewertungen bei kununu besitzen. Umso überraschter war ich, dass Zalando dort als Open Company agiert. Und zwar sogar wirklich insoweit, als dass dort wirklich auch Stellung zu den Bewertungen genommen wird. Hut ab, habe ich gedacht. Endlich mal ein Unternehmen, was die Chance nutzt, die kununu hier bietet. Umso enttäuschter war ich aber, als ich mir die Stellungnahmen einmal im Detail angeschaut habe.
Klar ist es toll, dass man überhaupt offizielle Stellungnahmen abgibt. Es ist ja auch dringend nötig, bei einer Gesamtbewertung von 2,75 Punkten. Aber warum macht man es dann nicht so, dass man sich auch wertgeschätzt fühlt? Warum werden die Potenziale nicht genutzt? Oder finden Sie Schema-F-Aussagen à la “leider ist bei uns auch nicht alles perfekt, aber in den letzten Wochen & Monaten hat sich einiges getan” hilfreich? Was genau hat sich denn getan? Und wenn man “mir natürlich auch gern persönlich zur Verfügung steht, um mein Feedback entgegen zu nehmen”, warum finde ich dann als Absender “HR & Int. Comm. Zalando”? Ist so etwas persönlich? Ich glaube kaum. Dabei gibt es doch auf der Zalando-Website eine ganz Handvoll von Mitarbeitern, die sich dort persönlich als Absender verewigen könnten. Schade.
Übrigens: Zwar wurde Zalando “nur” 54 mal bewertet. Aber mehr als 115.000 Aufrufe des Profils sprechen eine deutliche Sprache. Das ist weit mehr als die Commerzbank, die OTTO Group oder die Allianz.
Lernen von KPMG Schweiz – Individuelle Stellungnahmen als Best Practice
Das nächste Beispiel – ich kann wirklich nichts dafür! – kommt mal wieder aus der Schweiz, und zwar von der Consulting-Company KPMG. Ähnlich wie bei meinem Friseur Christian werden nicht nur die negativen, sondern auch die positiven Bewertungen kommentiert. Und eben nicht nach Schema F, sondern höchst individuell. Und vor allem: Persönlich. Denn jede Stellungnahme erfolgt nicht nur im Namen von Alexander Senn, Leiter Personalmarketing & Recruiting, sondern auch direkt mit Foto – auf diese Weise sieht man also auch gleich, mit wem man es zu tun hat (mehr zu den Aktivitäten der KPMG in Sachen Social Media Personalmarketing gibt’s hier).
Und auch die Tatsache, dass diese Stellungnahmen Chefsache sind, signalisieren, dass man sich der Bewertungen annimmt und sie ernst nimmt. Klasse, so funktioniert Wertschätzung! Auch bei Bewerbern und den Mitarbeitern kommt das Engagement sehr gut an, wie mir Alexander Senn verriet. Zwar hat sich bis dato nur ein Mitarbeiter direkt auf die sehr persönlich und individuell abgefassten Schreiben gemeldet, nichtsdestotrotz ist er überzeugt, dass sich der Auftritt lohnt. Und da bin ich voll bei ihm.
Fassen wir also zusammen: Schlechte Bewertungen kommen in der Regel von unglücklichen Kunden/Bewerbern/Mitarbeitern (oder von missgünstigen Wettbewerbern ;-)). Der offene Umgang mit diesen Bewertungen ist eine hervorragende Möglichkeit, solch negative Kritik zu neutralisieren oder aber zumindest ein Signal zu setzen, dass man verstanden hat und dran arbeitet. Solch eine transparente und schnelle Reaktion zeigt außerdem allen Profilbesuchern, dass man sich um die Anliegen kümmert. Auf diese offene und ehrliche Weise können Sie es letztendlich sogar schaffen, Ihre Kritiker in Fans zu verwandeln. Vorausgesetzt, Sie meinen es wirklich ernst! Im Übrigen vermuten laut einer Studie zu Bewertungsportalen 95 Prozent der Befragten eine Zensur, wenn sie nur gute Bewertungen sehen (das wäre in der Tat fast utopisch. Kennen Sie ein Unternehmen, wo wirklich alle Mitarbeiter zu 100 % zufrieden sind?). Aber abgesehen davon: Auch gute Bewertungen verdienen ein Feedback. Oder gehören Sie auch zu den Unternehmen, die nicht auf die Kommentare und Fragen Ihrer Fans auf Ihrer Facebook-Karriereseite eingehen?
Denken Sie also dran: Die Konkurrenz ist nur einen Mausklick entfernt. Denn sowohl auf Qype als auch auf kununu tummeln sich das Tausende von Unternehmen, die mit einem Profil vertreten sind. Umso wichtiger ist es also, auf die Anliegen der Kunden bzw. Bewerber einzugehen. Und das hat nicht nur mein Friseur erkannt und hervorragend umgesetzt, sondern auch die KPMG. Wann sind Sie dabei?
Nachtrag: Wenn Sie so langsam verinnerlicht haben, dass kununu KEINE Eintagsfliege ist und mehr zur Meinungsbild beiträgt als jede einzelne Facebook Karriereseite für sich, habe ich hier noch ein Beispiel, wo ich nur sagen kann: Bitte nicht nachmachen!
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Philippe