01. Juni 2017
Content Marketing im Personalmarketing und Recruiting
Lesezeit: 8 Min. PersonalmarketingRecruitingSocial MediaStellenanzeigen
Im Marketing eigentlich ein alter Hut, findet Content Marketing so nach und nach auch Zugang in die wunderbare Welt des Personalmarketing. Wobei es dort eigentlich auch bereits Standard sein sollte. Denn schließlich wollen wir nicht erst seit gestern Bewerber begeistern. Und wie sollten Sie sich als attraktiver Arbeitgeber präsentieren, wenn nicht durch spannende, auf das Unternehmen und seine Mitarbeiter einzahlende Geschichten – Stichwort Storytelling? “Standardmedium” sollte Ihre Karriere-Website sein. Aber natürlich gibt es mehr Wege.
Content Marketing – was ist das?
Beim Content Marketing handelt es sich um die “themen- und bedürfnisorientierte Kommunikation mit der Zielgruppe” mittels Storytelling. Apropos Zielgruppe – die sollten Sie natürlich kennen. Gemäß Definition von Content-Marketing-Pionier Contilla ist “Content-Marketing die Kunst, basierend auf einer Content-Strategie mit bestehenden oder potentiellen Kunden durch hochwertige Online-Inhalte in Kontakt zu kommen, ohne diese gleich direkt zum Kauf von Produkten oder Services aufzufordern. Ziel ist es zunächst, eine bestimmte Zielgruppe zu erreichen und dauerhaft an sich zu binden. Letztendlich soll der Kunde durch die Schaffung von Mehrwerten zum Kauf überzeugt werden“.
Bei Content Marketing (im Personalmarketing) steht also nicht der (personal)werbliche Aspekt einer Botschaft im Vordergrund, vielmehr geht es darum, mit interessanten Geschichten einen (idealerweise) unterhaltenden Mehrwert zu schaffen (themen- und bedürfnisorientiert eben) und den Kandidaten zur Bewerbung zu überzeugen.
Bewerberzentrierter Personalmarketing-Ansatz
Solche Mehrwert stiftende (und damit begeisternde) Inhalte sind es nämlich, mit denen es Ihnen als Arbeitgeber gelingen kann, Bewerber für sich zu gewinnen und zu binden. Diese Erkenntnis sickert jetzt auch so langsam in die Köpfe der Personalmarketiere ein (manche machen das auch eher unbewusst, also ohne den Begriff zu kennen, seit Jahren. Aber es gibt auch Unternehmen, die eine positive Candidate Experience haben, ohne jemals den Begriff gehört zu haben. Gleiches gilt für Employer Branding, was nichts anderes bedeutet, als gutes Personalmarketing zu machen. Modebegriffe eben. Egal). Content Marketing bedeutet also, die Zielgruppe mit für sie spannenden, interessanten und emotionalen Botschaften zu „ködern“ und erst in einem zweiten Schritt, so subtil, dass es der Adressat kaum merkt, das Kerninteresse, die „Werbebotschaft“ zu verdeutlichen. Im Klartext heißt dies erst einmal, dass nicht die Stelle und die Arbeitgebermarke bei diesem bewerberzentrierten Personalmarketing-Ansatz im Vordergrund stehen, sondern die Geschichte(n), die wir zu erzählen haben.
Zielgruppen mit Content Marketing begeistern
Auch wenn viele es nicht wahrhaben wollen: Sie müssen bei Bewerbern immer differenzieren zwischen denen, die uns als Arbeitgeber bereits auf dem Schirm haben und denen, die uns nicht kennen, die wir aber dank entsprechender Impulse für uns begeistern können. Beide Zielgruppen können wir mit (gutem) Content Marketing begeistern. Aber vor allem für Bewerber, die uns nicht kennen, bietet Content Marketing gute Chancen. Und die liegen unter anderem auch in der Auffindbarkeit in Suchmaschinen. Je nach konsultierter Studie (oder eingeschaltetem Menschenverstand) nutzen mal mehr, mal weniger, aber dennoch reichlich Prozent der Kandidaten Google auch zur Jobsuche (mein Gott, was bedeutet erst für Google Jobs? ;)). Die Auffindbarkeit von Informationen über den Arbeitgeber im Netz wird also immer relevanter. Aber unabhängig davon: Bei der Recherche nach welchen Informationen auch immer geht kein Weg an Google vorbei. Hochwertige, Mehrwert bietende Inhalte eröffnen nun eine große Chance, auch von denen gefunden zu werden, die sich gar nicht explizit mit dem Gedanken einer Bewerbung beschäftigt haben.
Content Marketing-Kanäle für Personalmarketing, Employer Branding und Active Sourcing
Das geht beispielsweise über Blogartikel. Gut aufbereitete, strukturierte und vernetzte Blogartikel haben ein hohes Potenzial, via Google gefunden zu werden. Oder wie sind Sie jetzt auf diesen Artikel gestoßen? Wenn man so will, betreibe ich also seit 7 Jahren Content Marketing. Und ist es nicht ein Traum, wenn Sie es als Arbeitgeber schaffen, einen Bewerber dank Ihres Sinn und Mehrwert stiftenden Inhalts überhaupt erst einmal auf Sie aufmerksam zu machen? Sehen Sie, und deshalb habe ich Ihnen mal ein paar Beispiele für gutes (und nicht ganz so gutes ;)) Content Marketing zusammengeschrieben.
Content Marketing via Mitarbeiter-Blog
Und genau dieses Medium Blog – genauer den Mitarbeiter-Blog, der ein tolles Beispiel für Content Marketing im Kontext Employer Branding darsteltt – hat auch Phoenix Contact für sich entdeckt. Und so steht genau dieser Mitarbeiter-Blog bei dem Weltmarktführer aus Blomberg/Lippe an zweiter Stelle der erfolgreichsten Recruiting-Kanäle, wie Alexander Schön, Personalmarketing-Leiter bei Phoenix Contact, verrät. Denn dieser macht den “ganz persönlichen Spirit transparent, also was Arbeiten bei Phoenix Contact täglich bedeutet“. Und das Ganze auf eine sehr persönliche Art, denn er wird von Mitarbeitern geschrieben.
Content Marketing via Snapchat
Natürlich können auch Social Networks wie XING, Linkedin oder Facebook genutzt werden, um lesenswerte Inhalte an die Zielgruppe zu transportieren. Eine schöne Spielwiese bietet auch die Plattform Instagram. Schließlich sagen Bilder mehr als tausend Worte. Das Unternehmen REWE ist in der Azubi-Ansprache via Snapchat sehr erfolgreich und nutzt die Plattform auf vielfältige Weise.
Aber Vorsicht: Es benötigt entsprechende Ressourcen, um diese Plattformen zu bespielen. Und eben den entsprechenden Content. Selbstbeweihräuchernde Inhalte haben dort nichts verloren. Es geht um für die Zielgruppe erstellte Inhalte. Der Bewerber muss mit seinen Interessenten und Bedürfnissen im Mittelpunkt stehen. Im Idealfall machen Sie den Interessenten dank entsprechend aufbereiteter Inhalte erst zum Bewerber! Tipps zur Nutzung von Snapchat gibt’s hier.
Content Marketing mit E-Book
Einen komplett neuen Kanal im Content Marketing hat seinerzeit Michael Witt von ehemals Voith Industrial Services erschlossen. Seine Idee: Ein E-Book mit spannenden Geschichten von Protagonisten, die stellvertretend für unterschiedliche Zielgruppen stehen. Das Buch wurde über Plattformen wie Amazon oder iTunes angeboten und sollte Bewerber auf ganz subtile Art an den Arbeitgeber heran führen. Darüber hinaus gab es für jede der Geschichten eine eigene Landing-Page, die unter anderem auch via Google Adwords beworben wurde. Auf diese Weise gelang es also nicht nur auf clevere Weise, seine Reichweite und Bekanntheit als Arbeitgeber zu erhöhen und neue, potenzielle Zielgruppen zu erschließen, sondern diese mit spannendem und neugierig machenden Inhalt zu begeistern.
Content Marketing via Virtual Reality
Ein anderes Beispiel ist die “virtuelle Welt” von Boehringer Ingelheim. Das Unternehmen war das erste in Deutschland, welches Virtual Reality für die Bewerberansprache genutzt hat und damit Geschichte im Kontext Content Marketing und Employer Branding geschrieben hat. Und das, in dem es nicht nur eine spannende Geschichte erzählt, sondern den Nutzer Teil dieser Geschichte werden lässt. Ein einzigartiges, unvergleichbares Erlebnis, welches es in der Form noch nicht gab.
Content Marketing im Active Sourcing via Tinder
Auch Active Sourcing geht mit Content Marketing. Nein, ich meine nicht die individuelle (!), wertschätzende Ansprache. Ich meine kreative neue Wege, wie sie auf freimutige Weise die Grüne 3 durchgeführt hat. Tobias Ortner und Jan Hawliczek nutzten Tinder zur Ansprache von Software-Entwicklern. Geht nicht? Geht doch! Auf diese Weise kamen 100 Bewerbungen zustande, wie sie in ihrer Wette bei Jede Wette, dass…! augenzwinkernd berichteten.
Content Marketing via Youtube
Videos sind natürlich prädestiniert, um spannende Geschichten zu erzählen und auf diese Weise neue Bewerberkreise zu erschließen. Man kann von der Bundeswehr-Real-Soap halten, was man will, der Ansatz von Die Rekruten ist wirklich ein tolles Beispiel für Content Marketing per Video. Die Soap war für die Bundeswehr bisher ein voller Erfolg: Über 44 Millionen Views und ein deutlicher Anstieg der Bewerbungen sind das Resultat. Und so gibt es eine zweite Staffel. Und es kommt noch dicker: Die landet nun auch noch da, wo Soaps eigentlich ihr Zuhause haben: Auf dem Unterschichtensender RTL 2. Ein gelungener Coup!
Content Marketing per Smartphone App
Auch Apps bieten interessante Ansätze für Personal-Content-Marketing. Wie man es besser nicht machen sollte, zeigt die “Hero Yourself”-App von Kursana. Die Idee: Mit einem individualisierten Tanzvideo, bei dem sich die Gesichter der Protagonisten durch das eigene austauschen lassen, auf Jobs in der Pflege hinzuweisen. Hm.
Egal für welchen Kanal Sie sich entscheiden, vor allem Ihre Karriere-Website bietet enormes Potenzial, dort Inhalte mit Mehrwert zu präsentieren. Weg von austauschbarem Employer Branding, zu ehrlichen auf Sie als Arbeitgeber einzahlenden Inhalten. Das Ganze natürlich selbstverständlich suchmaschinenoptimiert aufbereitet, schließlich soll man Sie ja finden.
Übrigens begeistern Sie mit clever gemachtem Content Marketing nicht nur potenzielle Bewerber. Auch Ihre Mitarbeiter profitieren davon. Lassen Sie sie selbst Content produzieren, das stärkt auch die Identifikation mit Ihnen als Arbeitgeber. Und was gibt es Glaubwürdigeres, als echte Mitarbeiter, die zum potenziellen Mitarbeiter sprechen?
Eigentlich ist es doch ganz simpel: Mit spannenden Geschichten erreichen Sie Zielgruppen, die Sie bis dato noch nicht auf dem Schirm haben und begeistern sie für Sie als Arbeitgeber. Insofern ist es schon erstaunlich, dass Arbeitgeber-Kommunikation nach wie vor im Wesentlichen aus austauschbaren Floskeln und Stock-Fotos besteht.
Content Marketing im Personalmarketing: Der Status quo
Zwar gibt es mittlerweile eine eigene Konferenz für Content Marketing – die CMCX ist Europas größtes Content Marketing Event – aber Cases aus dem Personalmarketing sucht man dort bisher vergeblich. Die Frage ist also, wie es überhaupt um den Status quo von Content Marketing im Kontext Personalmarketing und Recruiting bestellt ist. Genau dieser Frage geht aktuell das Personalmagazin in Kooperation mit der Hochschule RheinMain unter Leitung von Prof. Wolfgang Jäger nach. Ziel dieser Studie ist es, möglichst praxisnahe Erkenntnisse zur Nutzung bzw. zum Einsatz von Content Marketing im Rahmen von Personalmarketing zu gewinnen. Über die Ergebnisse der Untersuchung wird das Personalmagazin in einem Artikel sowie online voraussichtlich im Spätsommer 2017 berichten.
Eine spannende Geschichte wie ich finde! Hier geht’s direkt zur Umfrage.
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