03. September 2015
AB InBev und der Field Execution Specialist
Lesezeit: 6 Min. Karriere-WebsitesRecruitingStellenanzeigen
Nach all dem ganzen Spam und den unerwünschten Pressemitteilungen bekam ich gestern endlich wieder etwas Erfreuliches in mein Postfach gespült. Eine Nominierung für die Goldene Runkelrübe in der Kategorie Stellenanzeige. Der Einreichende moniert neben der Schriftart die lange Einleitung, die Positionsbezeichnung und “die Tatsache, dass, anstatt mit dem Unternehmen selbst, unter dem Claim „The Opportunity Is Here – Make It Yours“ ausgeschrieben wird.” Ich schließe mich in allen Punkten an. Und habe noch Schlimmeres entdeckt.
Zunächst einmal: Was ist eigentlich ein Field Execution Specialist? Bei mir werden da alte Erinnerungen an die Zeiten wach, wo Deutschland noch geteilt war und man auf DDR-Seite Flüchtlinge, die in den Westen wollten, einfach abgeknallt, wenn man so will also auf freiem Feld exekutiert hat. Field Execution eben. Wäre AB InBev nicht der weltgrößte Brauereikonzern, könnte man anhand der aktuellen Faktenlage wohl annehmen, dass man hier eine Fachkraft für die Exekution auf dem Feld sucht.
Makabrer Stellentitel
Auch wenn man bei Google tatsächlich unter dem Suchbegriff Field Execution entsprechende Treffer hat, ist dem natürlich nicht so. Wenn AB InBev also auf der Suche nach einem Field Execution Specialist ist, geht es eher mehr um den Vertrieb als um die Exekution. Abgesehen von dem nun mehr aus zweierlei Gründen unglücklich gewähltem Jobtitel, gibt es noch einen dritten. Während nämlich niemand etwas mit dem Begriff anfangen kann und insofern die Wahrscheinlichkeit, diesen Job zu finden gleich null ist (wenn da nicht die pfiffigen Mitarbeiter in den Jobbörsen wären, die diesen Job ja irgendeiner Kategorie zuordnen müssen, damit ein Bewerber ihn findet), richtet sich dieses Stellenangebot auch noch an Berufseinsteiger. Die also erst recht noch nie von dem Begriff gehört haben dürften.
Aber bevor ich jetzt hier weiterschreibe, schauen wir uns doch erst einmal dieses Prachtstück der am Bewerber komplett vorbei gehenden Stellenanzeige an:
Field Execution Specialist BECK’s & Corona
Ich möchte jetzt nicht auf die einzelnen Inhalte eingehen, das ist mir einfach zu mühselig. Offenbar ist man bei AB InBev so begeistert von seinem Claim “The Opportunity is here – Make it Yours”, dass man ihn gleich fünf (!) mal in der Stellenanzeige platziert. Meiner Meinung nach mindestens viermal zu viel. Aber hoppla, apropos Redundanz: Da finden sich ja mehrere Doppelungen in diesem Worthülsenkonglomerat. Sollte das etwa an einem Fehler seitens Stepstone liegen? Klar, eigentlich kann das ja gar nicht sein. Aber wenn doch? Dann würde ich hier AB InBev völlig zu Unrecht diskreditieren. Würde ich nie machen. Also, gehen wir doch einfach auf die Suche nach dem Job. Müsste ja eigentlich auf deren Karriere-Website zu finden sein. Theoretisch. Irgendwie.
Jetzt bewerben? Nicht bei AB InBev!
Machen wir gleich. Vorher bewerben wir uns. Was macht der geneigte Bewerber, wenn er sich bewerben möchte? Richtig, er klickt erwartungsvoll auf den ihm dargebotenen “Jetzt bewerben”-Button. In der Hoffnung, dass er dann auf einem simplen Bewerbungsformular landet, in dem er nur noch seine Kontaktdaten eintragen und seine Bewerbungsunterlagen als PDF hochladen kann (dass er sich per One-Klick-Verfahren bewerben kann, erwartet er gar nicht erst. Er ist Realist :-)).
Was aber passiert in diesem Fall? Man gelangt auf die Karriere-Website mit Bier trinkenden Mitarbeitern.
Das an sich ist schon okay, schließlich handelt es sich ja um einen Brauereinkonzern. Was soll man da anderes machen, als Bier zu trinken? Auch wenn mir das als Bewerber einen weiteren Motivationsschub gibt, mich zu bewerben, hilft mir das in diesem Moment leider nicht viel. Denn von einer Bewerbungsmöglichkeit ist weit und breit nichts zu sehen. Da bleibt nichts anderes übrig, als in den sauren Apfel zu beißen und sich durch die Website zu klicken. Naheliegende Überlegung: Ich kann mich da bewerben, wo der Job ausgeschrieben ist. Also klicken wir auf die Stellenbörse. Bzw. auf das, was wir dahinter vermuten.
“Other Opportunities” heißt es, wenn man die Seite etwas herunter scrollt. Wir vermuten Berlin, Hamburg, Bremen, Hannover, Frankfurt/Main, München, Köln/Düsseldorf in Europa und klicken infolgedessen auf “Europe”. Es öffnet sich ein Akkordeon-Element mit diversen Auswahlmöglichkeiten. Aus gegebenem Anlass entscheiden wir uns für “Germany”. Denn Berlin, Hamburg, Bremen, Hannover, Frankfurt/Main, München, Köln/Düsseldorf liegen ja dort.
Wer nun erwartet, man bekäme nun endlich die Stellenangebote angezeigt, irrt leider. Denn Folgendes passiert:
Eine Jobsuchmaske erscheint. Fairerweise muss ich dazu sagen, dass ich diese Jobsuche dahin gehend manipuliert habe, dass ich a) die Sprache auf der Website auf Deutsch, b) die Suchmöglichkeit auf Deutschland umgestellt habe. Sie können mich als naiv bezeichnen, aber ich habe einfach erwartet, dann die Jobs in Deutschland angezeigt zu bekommen, um mich endlich auf meine Stelle als Field Execution Specialist zu bewerben. Von dieser Stelle ist aber weit und breit nichts zu sehen.
Was mache ich nun? Wir erinnern uns, die Stelle ist an Berufseinsteiger adressiert. Passen am besten die Absolventen drunter, richtig? Klicken wir das doch mal an. Die Seite leitet weiter auf bestbeerjob.com (kein Scherz) und präsentiert uns folgende Auswahlmöglichkeiten:
Tja. Immer noch kein Job. Und die Seite, die ich eben noch auf Deutschland umgeswitcht habe, ist nun wieder auf Englisch. Einen letzten Versuch unternehme ich und klicke auf Apply. Hier werden mir nun verschiedene Traineeprogramme zur Auswahl angeboten. Will ich nicht. Ich will Field Execution Specialist werden. Deswegen bin ich hier!!!
In meiner Verzweiflung fällt mir dann des Rätsels Lösung ein: Warum nicht einfach den Jobtitel in die Jobsuchmaske copyandpasten? Das muss doch zum Ergebnis führen. Oder?
Tja. Ich weiß nicht, was Sie erwarten würden, wenn ein Unternehmen eine Stelle als Field Execution Specialist ausschreibt und Sie in die Jobsuchmaske genau diesen Begriff eingeben. Ich für meinen Teil erwarte, dass dann genau diese Stelle angezeigt wird. Und nicht 53 Stellen auf sechs Seiten verteilt, die ich dann auch noch mühselig durchklicken muss.
Sie stellen sich jetzt wahrscheinlich die Frage, ja gibt es denn die Stelle überhaupt? Ja, es gibt sie. Wenn Sie bei “Country” Germany bzw. Deutschland auswählen und dann die Suche noch mal ausführen (ganz wichtig!), wird einem die Stelle angezeigt. Und siehe da, so schlimm wie bei Stepstone sieht sie gar nicht mehr aus, auch die Redundanzen sind verschwunden und der Claim taucht auch nur noch zweimal auf:
Jetzt also nur noch auf “Apply now” klicken und bewerben? Das, was dann kommt, ist nicht minder schlimm. Deswegen erspare ich mir, das hier episch auszubreiten (schauen Sie sich einfach mal den Bewerbungsprozess an). Ganz einfach auch vor dem Hintergrund, weil es im wirklichen Leben dazu wahrscheinlich nicht kommen wird. Denn welcher Bewerber hat schon eine solch hohe Frustrationstoleranz wie ich als Leid erprobter Personalmarketing-Blogger? Ich kann immer nur mahnend den Zeigefinger erheben und es wie ein Mantra wiederholen:
“Der nächste Arbeitgeber ist nur einen Mausklick entfernt.”
Bei diesem Beispiel ist also vollends der Wurm drin. Candidate Experience der schlimmsten Sorte, wenn man so will. Das fängt an mit dem äußerst fragwürdigen und doppeldeutigen (aber einzigartigen, googeln Sie mal!) Jobtitel und endet in einem katastrophalen Bewerbungsprozess. Bitte nicht nachmachen, liebe Leser!