22. Februar 2016
Office-Sex, rechts motivierte Kollegen und Stellen für Arbeitnehmer
Lesezeit: 5 Min. Employer BrandingPersonalmarketingStellenanzeigen
Habe ich Ihnen eigentlich schon von meinem neuen Hobby erzählt? Ich habe den Zeit-Stellenmarkt, also die Stellenbörse der Zeit für mich entdeckt. Als überaus intellektueller Zeitgenosse lese ich online unter anderem die FAZ, die Süddeutsche und eben die Zeit. Und dort werden dann eben auch immer die aktuellen Jobs aus dem Zeit Stellenmarkt eingeblendet. So war beispielsweise auch die Stellenanzeige für den Personalreferent mit Promotion dort zu finden.
Apropos: Nicht nur die Stellenanzeige gibt mir persönlich (und vielen anderen auch, wie die Reaktionen auf Twitter zeigten) zu denken, auch der sich anschließende Bewerbungsprozess scheint es in sich zu haben.
Die Eingangsbestätigung als Absage
So erhält ein Bewerber dort die Nachricht, dass “die Prüfung und interne Weiterleitung Ihrer Unterlagen in der Regel innerhalb von zwei Kalenderwochen erfolgt.” Das an sich ist zwar schon ein langer Zeitraum, aber liegt deutlich unter dem Durchschnitt deutscher Personalabteilungen. Aber jetzt kommt’s: “Wenn Sie innerhalb der kommenden 30 Tage keine weitere Rückmeldung von uns erhalten“, so heißt es weiter, “bitten wir Sie davon auszugehen, dass wir die aktuellen und geplanten Beschäftigungsmöglichkeiten sorgfältig geprüft haben, Ihnen auf absehbare Zeit aber leider keine Mitarbeit in unserem Unternehmen in Aussicht stellen können. Wenn Sie aufgrund anderer Angebote eine frühere Rückmeldung benötigen, teilen Sie uns dies bitte telefonisch oder per Email mit.” Auf gut Deutsch: Eine extra Absage verschicken wir nicht, Bewerber sind für uns lästige Bittsteller und erfahren von uns auch keine Wertschätzung. Sollten Sie uns allerdings unbedingt in unserem Winterschlaf stören wollen, dürfen Sie uns auch anrufen oder eine E-Mail schicken. Wir haben wirklich besseres zu tun, als uns um Ihre Bewerbung zu kümmern.
Wohlgemerkt: Das bei einer Stelle, bei der sich das Unternehmen echt freuen kann, wenn sich überhaupt jemand drauf bewirbt. Denn wer mit Promotion und Berufserfahrung bewirbt sich schon als Personalreferent? Da verwundert es auch nicht, dass die Stelle schon seit vielen Monaten ausgeschrieben und immer noch vakant ist.
Leitender Regierungsdirektor oder Arbeitnehmer?
Wundern werden sich auch diejenigen, die nachfolgende Stelle in Augenschein nehmen. Die Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung (BWFG) der Freien und Hansestadt Hamburg will nämlich schnellstmöglich die Stelle “Arbeitnehmer/in” besetzen. Gemeint ist eigentlich die Stelle als Ltd. Regierungsdirektor/in. Also Limited. Oder soll es Leitend heißen? Auf jeden Fall aber “B 3”. Aber das kann dann eben auch ein(e) Arbeitnehmer/in sein. So suggeriert zumindest der missverständliche Stellentitel.
Auch wenn sich B3 auf die Besoldungsgruppe bezieht, bei der das Gehalt dann wohl auch dem eines Arbeitnehmers entsprechen kann, für Verwirrung ist gesorgt. Den vollständigen Ausschreibungstext finden Sie laut Anzeige dann “im Internet unter www.hamburg.de/stellensuche über den Suchbegriff “Leitungsteam des Hochschulamtes”.” Das stimmt sogar. Einfacher wäre es aber, die Anzeige unmittelbar zu verlinken. Denn über den in der Zeit ausgeschriebenen Stellentitel finden Sie das Inserat in der Stellenbörse der Hansestadt indes nicht. Aber so ist das eben mit diesem Neuland Internetz. Ich frage mich allerdings ohnehin, warum man eine Stelle als “Ltd. Regierungsdirektor” ausschreibt, wenn man doch ein “Mitglied im Leitungsteam des Hochschulamtes für den Aufgabenbereich Hochschulen” sucht.
Nun, nicht nur beim Stellentitel gibt es Optimierungspotenzial. Auch der Aufbau selbst verträgt eine kleine Frühjahrskur. Wie wäre es beispielsweise, die Aufgaben und Anforderungen durch entsprechende Überschriften optisch von einander zu trennen? Oder zu kommunizieren, was denn die Freie und Hansestadt Hamburg eigentlich ihren Mitarbeitenden zu bieten hat? Auch wenn es hier Defizite gibt: Ein Faible für wohl klingende Stellentitel hat man dort auf jeden Fall. Davon künden Bezeichnungen wie “Projektleitung sowie Mitarbeit in schwierigen und sehr komplexen Bauprojekten des konstruktiven Ingenieurbaus” oder die vielen “Bzw.-Stellen”: “Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterin”, “Wissenschaftlicher Referent bzw. Wissenschaftliche Referentin”, “Amtsvormund/Amtspflegerin bzw. Amtspfleger, Beistand und Urkundsperson” etc. pp. Schauen Sie mal auf der Seite der Stellenbörse vorbei. Es lohnt sich!
Auch das Arbeitsamt begeistert aktuell mit einer Stellenanzeige. Hier wird ein Junior Professional Officer gesucht.
Was das ist? Na, ein beigeordneter Sachverständiger – ist doch klar, oder? Wer mehr dazu wissen möchte, sollte sich einmal durch die entsprechenden Seiten durchklicken. Viel Spaß dabei!
Rechts motivierte Kollegen
Die letzte Stellenanzeige entstammt zwar nicht dem Zeit Stellenmarkt, ist aber ein echtes Beispiel dafür, dass man doch etwas mehr Sensibilität beim Verfassen von Stelleninseraten walten lassen sollte. Insbesondere wenn das Unternehmen im von Pegida durchschüttelten Dresden sitzt.
Gut gefällt mir allerdings auch der Name des Stellenportals selbst, auf der das Unternehmen u. a. seine Jobofferten schaltet. OfficeSax heißt das Portal. Welche Assoziation haben Sie, wenn Sie das lesen bzw. den Namen aussprechen? Office-Sex bei OfficeSax?
Aber warum auch nicht, schließlich hatte gemäß einer Umfrage schon jeder zehnte Deutsche Sex im Büro. Außerdem: Sex sells. Warum also ein Stellenportal für Bürojobs in Sachsen nicht so eindeutig zweideutig benennen.
Aber lieber Sex auf dem Kopierer oder in der Besenkammer, als mit rechts und links motivierten Kollegen am Arbeitsplatz zu sitzen und damit auch noch zu werben. Positiv ist natürlich, dass es nicht nur die rechts motivierten sind, die sich an diesem Arbeitsplatz wohl fühlen dürfen, sondern auch die links motivierten. Das fällt dann wohl unter Gleichberechtigung. Oder ausgewogenes Betriebsklima.
Negativ ist es, überhaupt solch einen Satz in seinem Stelleninserat zu verwenden.
“Einen Job, der Spaß macht – weil Sie in einem Unternehmen arbeiten, wo Klima und Umgang passen, wo das Umfeld modern, fordernd und fördernd ist. Links und rechts motivierte Kollegen sitzen, wo Arbeit nicht nur Geldverdienen ist.”
Klar, dass es nicht so gemeint ist. Aber sollte ein Unternehmen, welches darüber hinaus in Dresden seinen Standort hat (und nun auch noch ein Flüchtlingsheim in Bautzen niedergebrannt wurde), etwas sensibler und verantwortungsvoller bei seinen Formulierungen sein? Stichwort Pegida und der zunehmende rechtsextreme Einfluss dieser Bewegung?
Denken Sie mal drüber nach.
Update Recruiting 16.02 - Recruiting Topics im Februar '16
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Sandra Weickelt