29. Juni 2014
Studie Azubi-Recruiting Trends: Ausbildungsmarketing per Facebook unseriös
Lesezeit: 8 Min. AusbildungsmarketingRecruiting
Nun sind Sie also endlich da, die lang ersehnten Ergebnisse der Studie Azubi-Recruiting Trends 2014. Wie erwartet, hat die Studie wieder spannende Ergebnisse zutage gefördert. Und das gleich aus zwei Perspektiven: Im Rahmen der Studie werden nämlich sowohl Azubis (respektive Schüler) als auch Ausbildungsverantwortliche befragt. Wichtigste Erkenntnisse: Facebook erscheint in den Augen der Azubis unseriös. Und nach wie vor kommunizieren Ausbildungsbetriebe an den Bedürfnissen der Bewerber vorbei.
Bereits zum fünften Mal haben der Anbieter von innovativen Online-Lösungen für erfolgreiches Azubi-Recruiting u-form Testsysteme gemeinsam mit Professorin Dr. Daniela Eisele von der HSBA Azubis, Schüler und Ausbildungsverantwortliche deutschlandweit online befragt, um neueste Erkenntnisse in Sachen Ausbildungsmarketing und –recruiting zu ermitteln. Unterstützt wurde die Studie „Azubi-Recruitingtrends 2014“ zu dem vom Azubi-Portal Yousty. Befragt wurden 810 Azubis und Schüler sowie 559 Ausbildungsverantwortliche. Und natürlich will ich Ihnen wichtige Ergebnisse der Studie nicht vorenthalten.
Gründe für die Wahl des Ausbildungsplatzes
So wurden bspw. die Gründe für die Wahl eines Ausbildungsplatzes abgefragt. Mit großem Abstand ganz weit vorne: Die Entfernung zum Wohnort war für alle Befragten der ausschlaggebende Punkt bei der Wahl des Ausbildungsplatzes. Die Bereitschaft, für den Job den Wohnort zu wechseln, ist aber nur bei 22 Prozent der Befragten da. Idealerweise sollte der Ausbildungsbetrieb in der Nähe liegen und gut zu erreichen sein. Was heißt das für Sie? Nun, Sie könnten bspw. aufzeigen, wie Ihr Unternehmen zu erreichen ist (bspw. beschreiben, mit welchen Linien des ÖPNV, einen Routenplaner anbieten etc.)
An zweiter Stelle stehen die netten Kollegen und die gute Atmosphäre, die im Unternehmen herrschen sollte. Und auch so etwas sollten Sie kommunizieren. Und nicht nur behaupten, sondern belegen. Minimum ist Text, toll ist es natürlich wenn Sie das per Bild (scheiden Stockbilder also schon mal aus) oder sogar per Video machen. Ein sehr schönes Beispiel, wie das gehen kann zeigt der “Stimmungsfilm” des Unternehmens Schöck Bauteile.
Kanäle für Ausbildungsmarketing/Ausbildungsplatzsuche
Stellt sich nun also die Frage, wie und wo man das Ganze nun kommunizieren kann und wo man entsprechende Informationen erwartet. Wie sich (wieder einmal) zeigt, liegen hier Arbeitgeber und Bewerber in vielen Punkten auseinander.
Während bei den Ausbildungsverantwortlichen die Agentur für Arbeit das Top-Medium in der Ansprache von jungem Nachwuchs ist, ist bei den potenziellen Azubis die Karriere-Website bzw. die Ausbildungsseite auf der Unternehmens-Homepage in der Gunst ganz klar vorn (umso spannender, als dass viele Arbeitgeber nicht einmal die Notwendigkeit sehen, über die Ausbildung zu informieren – dazu weiter unten im Text). Nun gut, auch die Ausbildungsbetriebe selbst messen der Karriere-Website eine hohe Bedeutung zu. Wie es da allerdings mit der Informationsversorgung aussieht, steht wiederum auf einem anderen Blatt Papier. Apropos Papier: Azubis messen Anzeigen in Printmedien eine hohe Bedeutung zu. In der Gunst der Suchkanäle liegen diese ganz weit vorne (klar, wurde ja sogar unlängst als Wunderwaffe im Employer Branding wiederentdeckt). Übrigens genau wie Eltern und Lehrer, die nach wie vor eine sehr große Rolle bei der Berufsorientierung für den Nachwuchs spielen.
Ausbildungsmarketing per Facebook? Unseriös und unglaubwürdig
Beiden Kanälen übrigens – sowohl Print-Stellenanzeigen als auch Eltern und Lehrern – messen die Ausbildungsbetriebe eine eher geringe Rolle zu. Und Social Media – sprich Facebook & Co.? Die spielen keine Rolle. Weder bei den Azubis noch bei den Arbeitgebern. Wobei letztere dem Ganzen eine größere Rolle beimessen, als die Schüler selbst (immer liegt Facebook in der Gunst der Schüler aber höher als der Girls’ Day). Das erklärt vielleicht auch, warum immer noch so viele Unternehmen ihr Heil in Facebook suchen. Tagtäglich bekomme ich Infos über neue Ausbildungsseiten in mein E-Mail-Postfach gespült. Ich persönlich habe mit dem Thema abgeschlossen und feiere nun einen besonderen Geburtstag: Ein Jahr kein Posting mehr auf der Fanpage zu Karriere-Fanpages.
Bleiben wir noch ein bisschen bei Facebook. Hier sprechen sich 29 Prozent der befragten Ausbilder für Facebook aus, 71 Prozent aber mit deutlicher Mehrheit dagegen. Hauptargumente contra Facebook: Zu großer Aufwand und firmenpolitische Unerwünschtheit. Dass Facebook durchaus funktionieren kann, zeigen ja aktuell wunderbar die Facebook Karriereseite der Polizei Sachsen und schon seit Bestehen die Facebook-Seite der DFS. Erfolg stellt sich aber eben nur bei nachhaltigem Engagement ein. Und Engagement heißt, die Community mit spannenden, Mehrwert bietenden Inhalten bei Laune zu halten und Dialog auf Augenhöhe zu führen. Und das liegt eben den wenigsten. Ich will das Thema hier nicht vertiefen, das habe ich nun weiß Gott schon oft genug getan. Ein tolles Tool, wie Sie Ihre Facebook-Aktivitäten (oder auch die Ihrer Wettbewerber) tracken können, ist übrigens fanpagekarma. Ein Blick lohnt!
So. Aber schauen wir uns doch mal lieber an, warum die Jugend denn Facebook als ungeeigneten Kanal erachtet. Denn nur 27,1 Prozent befürworten Facebook als Informationskanal bei der Ausbildungsplatzsuche. 72,9 Prozent sagen nein zu Facebook. Zwei Dinge fallen auf: Zum einen liegen die Pro- und Contra-Einstellung sowohl auf der Ausbilder- als auch auf der Azubi-Seite in etwa gleich auf. Zum anderen sind die genannten Gründe im Grunde die immer gleichen. Das finde ich sehr interessant, zeigt es doch, dass in all den Jahren seit den ersten Untersuchungen zum Thema, das Medium Facebook als Kanal zur Ausbildungssuche keinerlei Akzeptanz in der Zielgruppe gefunden hat.
Hauptargument gegen Facebook: Schüler und Azubis bringen Facebook einfach nicht mit der Ausbildungsplatzsuche in Verbindung. Warum? Klar, weil Facebook einfach ein persönliches, privates soziales Netzwerk ist und bleibt (privat stimmt natürlich nicht, denn Privatsphäre wird dort alles andere als gewahrt. Gerade wurde bekannt, dass Facebook für eine Studie den Nachrichtenstrom Hunderttausender Nutzer manipuliert hat). Zudem wird ein Auftritt der Arbeitgeber dort – man höre und staune – als “unseriös” und “unglaubwürdig” wahrgenommen. Wie gesagt, neu sind diese Erkenntnisse nicht. Vielmehr bestätigen Sie die Aussagen anderer Studien aus vergangenen Jahren (Azubi-Recruiting-Trends 2013, meinpraktikum oder jüngst Viasto). Dies wiederum sollte dem ein oder anderen Unternehmensvertreter zu denken geben. Bspw. ob man die Aktivitäten nicht anderweitig fokussieren sollte – nämlich in den Ausbau des Ausbildungsbereichs auf der Karriere-Website. Denn hier herrscht bei einem Großteil der Unternehmen nach wie vor großer Handlungsbedarf.
Wichtige Inhalte auf Azubi-Karriereseiten
Und das zeigen auch die Studienergebnisse. Insbesondere, wenn es um die Inhalte geht.
Dass Informationen über das Berufsbild wichtig sind und kommuniziert werden sollten, ist eigentlich klar. Trotzdem findet man auf vielen Karriere-Websites unter dem Menüpunkt “Ausbildung” (wenn es ihn denn überhaupt gibt) nur rudimentäre Infos oder allgemeines Blabla. Manchmal heißt es einfach auch nur “Wir bilden aus” und dann werden noch die einzelnen Ausbildungsberufe genannt. Fertig aus. Infos zu Aufgaben? Fehlanzeige. Infos zu den persönlichen oder schulischen Voraussetzungen? Fehlanzeige. Bilder, die die Aufgaben widerspiegeln? Richtig, Fehlanzeige. Stattdessen lieber Stockfotos von irgendwelchen Grinsegesichtern, die man schon auf zehn anderen Websites zuvor gesehen hat und die in etwa so aussehen:
Und während die Unternehmen Angaben zum Gehalt eine eher untergeordnete Rolle beimessen, so ist das für die Jugend sehr wohl wichtig und ein entscheidender Faktor bei der Wahl des Ausbildungsplatzes. Wobei – das sollte allen klar sein – Geld allein macht nicht glücklich. Viel wichtiger sind andere, überwiegend “weiche” Faktoren. Welche das sind?
A & O ist die Jobsicherheit. Klar, Sicherheit das Grundbedürfnis der Menschheit. Ausbildung ist vor allem dann sinnvoll (eigentlich nur dann), wenn man die Nachwuchskräfte fürs eigene Unternehmen heranzüchtet (zweiter Grund wäre wohl die billige Arbeitskraft. Dass das aber alles andere als nachhaltig ist, muss ich hier wohl nicht erwähnen), d. h. den jungen Nachwuchs auch damit für sich begeistern kann, wenn man Übernahmegarantien geben kann. Zumindest aber kommuniziert, dass die Chancen dafür sehr gut stehen. Wichtig natürlich auch das Betriebsklima sowie ein positives Zusammengehörigkeitsgefühl. All die in der obigen Grafik gezeigten Aspekte sind wunderbare Indizien für das, was Sie auf Ihrer Karriere-Website in der Rubrik “Ausbildung” vermitteln sollten. In einem aktuellen Projekt, der Content-Erstellung für die Karriere-Website eines global agierenden Familienunternehmens, werden all diese Punkte berücksichtigt. Den potenziellen Bewerbern werden alle relevanten Informationen zielgruppengerecht in Text und Bild aufbereitet präsentiert. Going live ist für Oktober 2014 anvisiert, so dass ich Ihnen an dieser Stelle noch keinen Eindruck vermitteln kann. Aber natürlich gehören Sie zu den ersten, die davon erfahren ;-).
Die Erfahrung respektive ein Blick auf Deutschlands Karriere- respektive Ausbildungs-Websites zeigt, dass auf die Wünsche/Bedürfnisse der Zielgruppe bei vielen Unternehmen leider nicht einmal ansatzweise eingegangen wird. Eine Stichprobe, die ich in den letzten Wochen im Rahmen von zwei Projekten genommen habe (hierbei wurden die Unternehmens-Homepages von 39 großen bzw. mittelständischen Unternehmen darauf hin untersucht, inwieweit sie Karriere- respektive Ausbildungsinformationen bereitstellen), zeigt bspw. folgendes Bild:
- Nur auf 16 Seiten findet sich unmittelbar in der Hauptnavigation ein Karriere-Button.
- Auf fünf Seiten gibt es nicht einmal Informationen zu Jobs & Karriere.
- Von denen, die eine Karriere-Rubrik auf Ihrer Website haben, informieren mal gerade 16 (= 41 Prozent, also nicht mal annähernd die Hälfte!) Unternehmen über Ausbildung, respektive haben einen “Ausbildungsreiter”.
- Von wirklichen Informationen kann man nur auf sechs Seiten (das sind mal gerade 15 Prozent der untersuchten Websites!) reden.
Nun, das unterstreicht einmal mehr den Stellenwert des Ausbildungsmarketing als Employer Branding zweiter Klasse. Wie war das noch mit dem Fachkräftemangel? Das sind dann wahrscheinlich wieder die Unternehmen, die ihre Mitarbeiter lieber in Spanien suchen, anstatt in ihre Bemühungen vor Ort zu investieren. Apropos… Auch diesem Aspekt hat sich die Studie angenommen. Der Großteil rekrutiert in Deutschland, da dann bevorzugt lokal (54 Prozent). Regional (im Umkreis von bis zu 100 km) rekrutieren 30 Prozent. Deutschlandweit sind es 14 Prozent. Ins Ausland strecken nur 2 Prozent der befragten Unternehmen ihre Finger aus. Und als neue Talentgruppe, die man nun gezielt anspricht, um den Bewerberrückgang zu kompensieren hat man die Hauptschüler ins Visier genommen. 75 Prozent wollen ihr Glück hier nun versuchen.
Man darf gespannt sein, wann das Ausbildungsmarketing endlich den Stellenwert einnimmt, der ihm gebührt. Ein erster Schritt wäre auf jeden Fall, die Erkenntnisse der Studie bei zukünftigen Maßnahmen zu berücksichtigen und Ausbildungsmarketing strategisch im Unternehmen zu verankern. Aber ich befürchte, bis dahin ist es noch ein langer Weg.
Erfolgreiche Azubi-Rekrutierung - ein gutes Gefühl vermitteln (1) - Blog Rekrutierungserfolg
Ein dickes Dankeschön – die Studie „Azubi-Recruiting-Trends 2014“ | U Form
Azubi-Recruiting, Personaler als Verkäufer und alles Rund um den Mindestlohn – Was letzte Woche geschah
Gabi Boßems
Stefan Nette
personalmarketing2null
Stefan Nette