03. Juni 2014
Social Media Personalmarketing-Studie 2014: Vom Königsweg zum Holzweg?
Lesezeit: 7 Min. PersonalmarketingSocial Media
Nee, watt war datt schön, als noch an allen Ecken und Enden Social Media Personalmarketing als Königsweg zum Kandidaten postuliert wurde. Einen regelrechten Hype gab es. Konferenzen, Tagungen, Kongresse, Seminare und jede Menge „Experten“ schossen wie Pilze aus dem Boden. Mittlerweile hat sich Ernüchterung breit gemacht. Ist der Social Media-Zug endgültig auf dem Abstellgleis gelandet und waren wir auf dem Holzweg? Das herauszufinden, war Ziel der Social Media Personalmarketing-Studie 2014. Die Ergebnisse liegen nun vor. Grund genug, sie Ihnen nicht vorzuenthalten…
Man könnte tatsächlich den Eindruck bekommen, dass Social Media Personalmarketing nun angekommen ist – beim Bewerber UND in den Unternehmen. Schaut man sich mal die Programme diverser Seminaranbieter an, so findet man da kaum noch etwas, was den Namen Social Media trägt. Auch andere Konferenzen und Veranstaltungen, die es früher zuhauf gab und Social Media als Allheilmittel anpriesen, finden sich nur noch wenige. Und der Social Media Personalmarketing Innovator ist auch nicht mehr.
Ist also Social Media in allen Personalabteilungen angekommen und längst Teil des Tagesgeschäfts? Die Teilnahme an zwei Veranstaltungen – die eine ein Arbeitskreistreffen von Personalleitern eines Branchenverbandes, die andere eine für das Ausbildungsmarketing (also das Employer Branding zweiter Klasse) Verantwortliche – lassen nur eine Antwort zu: Definitiv nein. Viele Arbeitgeber sind sogar noch weit entfernt von einer Nutzung der „klassischen“ Mittel und Wege – sprich Stellenanzeigen und Karriere-Websites etc. Dies beweisen auch die aktuellen Nominierungen für die Goldene Runkelrübe. Insofern würde hier ein Unternehmen, welches dem Vorbild Zappos folgte, die Stellenanzeige abzuschaffen, hier eine veritable Bruchlandung hinlegen.
Aber nun gut. Zwei solcher Veranstaltungen sind nicht gerade repräsentativ, sich ein abschließendes Urteil zu bilden. Lassen wir doch die Statistik, respektive nackte Zahlen sprechen…
Social Müdia im Personalmarketing?
Die Social Media Personalmarketing-Studie von embrander und der Hochschule RheinMain wurde nun nach 2010 und 2012 zum dritten Mal erhoben. Ein gewisser Reifegrad sollte sich also erkennen lassen. Befragt wurden diesmal 368 Teilnehmer, davon waren 128 Unternehmensvertreter, 78 Fach- und Führungskräfte und 158 Studierende.
Gefragt wurde unter anderem, auf welchen Social Media Kanälen Fach- und Führungskräfte bzw. Studenten aktiv sind und welche Social Media-Kanäle die Unternehmen bespielen. Weitere konkrete Fragen waren unter anderem:
- Welche Kanäle Kandidaten bei der Suche nach Arbeitgeberinformationen oder Jobs nutzen,
- in welchem Ausmaß Unternehmen Social Media im Personalmarketing und -recruiting nutzen,
- mit welchem Ziel Unternehmen Social Media einsetzen (wenn sie denn eins verfolgen – außer nur dabei zu sein, weil alle anderen es auch sind),
- mit welchen Kennzahlen Unternehmen die Einschätzung zum Erfolg Ihrer Social Media Aktivitäten festmachen,
- ob seit Einführung der Social Media Aktivitäten bei den Unternehmen messbare Erfolge erzielt wurden,
- in welchem Umfang diese Social Media Aktivitäten bei den Kandidaten ankommen,
- welche Inhalte Unternehmen über Social Media kommuniziert werden und welche tatsächlich von den Kandidaten gewünscht werden
- und welche Relevanz Active Sourcing, Mitarbeiter-Empfehlungen, Facebook-Fanpages und kununu tatsächlich besetzen.
Tatsächlich lässt sich eins schon mal feststellen. Sowohl die Aktivitäten der Unternehmen haben zugenommen und auch die Wahrnehmung dieser Aktivitäten unter Bewerbern ist gemäß dieser Studie gestiegen. Na bitte. Das ist doch mal was. Also doch eher Königs-, als Holzweg? Eins nach dem anderen… Schauen wir uns doch erst einmal an, welche Kanäle überhaupt eine Rolle spielen, wenn es darum geht, sich als Bewerber einen Überblick über potenzielle Arbeitgeber zu verschaffen. Und siehe da – ganz weit vorne liegt neben Stellenanzeigen in Jobbörsen (welch Wunder) die gute alte Karriere-Website. Jedes Unternehmen kann sich also glücklich schätzen, wenn solch eine Seite überhaupt vorhanden ist (wenn Sie jetzt denken, na das ist doch wohl selbstverständlich – so muss ich sagen, nein, ist es leider nicht. Nehmen wir das Beispiel von oben: Von 23 Unternehmen aus dem Arbeitskreis besitzen vier keine Karriereseite. Nicht mal den Hauch. Ja, nicht mal Jobs werden dort präsentiert. Aber das ist eine andere Geschichte, die erzähle ich demnächst mal ausführlich).
Was mich persönlich überrascht hat: 33 Prozent nutzen Employer-Branding-Seiten auf Facebook oder Xing, um sich ein Bild über den künftigen Arbeitgeber zu machen. Natürlich weit abgeschlagen gegenüber den “klassischen” Medien. Aber immerhin. Das sah vor ein paar Jahren noch ganz anders aus. Apropos aussehen: Wie sieht es denn auf Unternehmensseite aus, welche Kanäle werden denn da bevorzugt bespielt?
Social Media Personalmarketing bei Unternehmen nimmt zu
Auch in der Gunst der Personaler liegen Stellenanzeigen und Karriere-Website ganz hoch im Kurs. Is klar, was man kennt, nutzt man auch gerne. Und was naheliegend und erfolgversprechend ist. Interessant finde ich die Diskrepanzen bspw. in Bezug auf die Nutzung von Unternehmensseiten auf Facebook & Co. vs. die Nutzung bei den Kandidaten. Gleiches bei Events (ist natürlich die Frage, was ich darunter verstehe – bspw. eine Jobmesse, auf der sich die Unternehmensvertreter lieber mit sich selbst beschäftigen als mit möglichen Kandidaten oder ein “echtes” Recrutainment-Event wie das Codecaching von 1&1 bspw.) oder Hochschulkooperationen. Das, was also beliebt auf Unternehmensseite ist, ist es nicht zwingend bei den Kandidaten.
Apropos Kandidaten. Da ist es doch auch mal interessant zu schauen, was die eigentlich an Inhalten auf Social Media-Plattformen erwarten und was ihnen aber in der nackten Realität die Unternehmen auftischen. Tatsächlich erwarten (respektive wünschen) Kandidaten bevorzugt das Veröffentlichen von Stellenangeboten. Und tatsächlich nähern sich die Unternehmen hier den Kandidatenwünschen an (im Vergleich zur Vorjahresstudie). Was mich persönlich irritiert: 78 Prozent der Kandidaten wünschen sich Informationen für Bewerber. Nur 55 Prozent der Unternehmen liefern diese aber. Und was mich noch mehr überrascht: 50 Prozent der Kandidaten wünschen sich Informationen zu Unternehmensvision, -mission & -strategie. Ich frage euch: Wozu braucht ihr diese Informationen? Die sind eh beliebig und austauschbar. (Anmerkung: müssen sie natürlich nicht sein. Man kann – und sollte – natürlich seine Werte, seine Strategie kommunizieren. Aber bitte mit Praxisbezug und mit Bezug zur Arbeitgeberpositionierung (so denn vorhanden). Trotzdem…)
Noch rasch ein Blick auf die Zielsetzung und die Erfolge, die mittels Social Media Personalmarketing aus Unternehmenssicht verfolgt respektive erzielt werden. Hier sehen wir, dass lediglich im Recruiting offenbar die gesetzten Ziele erreicht wurden. Mag sein, dass es daran liegt, dass man mittels Active Sourcing und Xing Talent Manager erfolgreich bei der Talentejagd war. Gerade im Employer Branding aber – also das, wofür Facebook & Co. prädestiniert sind und wo sich so viele Unternehmen (auch jetzt noch, sechs Jahre nach dem Run auf die Karriereseiten, versuchen sich viele Unternehmen mit einem Profil dort. Wahrscheinlich haben sie noch nicht realisiert, dass viele Unternehmen sich langsam dort verabschieden, aber der Abstimmungs- oder Freigabeprozess dauerte nun mal drei Jahre und hey, da will man doch das, wofür man so lange gekämpft hat, auch umgesetzt sehen), klafft eine große Lücke zwischen Unternehmensziel und messbarem Erfolg.
Das ist umso gravierender, als dass Employer Branding eigentlich eines der Top-Unternehemensziele ist und weit vor Recruiting und Active Sourcing genannt wird. Und laut Studienergebnis Social Media zum Aufbau einer Arbeitgebermarke intensiver eingesetzt wird als zum konkreten Recruiting von neuen Mitarbeitern.
Ah ja, und wenn Sie mich jetzt fragen, wie Unternehmen diesen Erfolg denn versuchen zu messen, so gibt es folgende Antworten:
- Anzahl Fans/Follower auf den einzelnen Kanälen
- Anzahl Interaktion mit potenziellen Bewerbern
- Anzahl Erwähnungen im Internet
- Platzierung in Arbeitgeber-Rankings
- Anzahl Bewerbungen
- Anzahl der besser qualifizierten Bewerbungen
- Schnellere Stellenbesetzung
- Anzahl Einstellungen
- Geringere Fluktuation
Soweit, so gut. Wo wir gerade von Erfolg sprechen. Erfolg ist ja auch dann gegeben, wenn die Maßnahmen beim Bewerber ankommen und das Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen wird. Und siehe da, wenigstens da ist gemäß Studie Licht am Ende des Tunnels. Denn hier zeigt sich bei einem Vergleich mit den Studienergebnissen aus 2010, dass die Kandidaten heute zumindest in stärkerem Maße erreicht werden (26 Prozent statt 9 Prozent). Na bitte. Narhallamarsch. Oder so.
Und was ist das Fazit der Studienmacher? Nun unter anderem, dass die untersuchten Unternehmen im Durchschnitt aktiver sind und mehr Social Media Kanäle als die Kandidaten selbst nutzen. “Dies sollte durchaus auch als Anlass genommen werden, einmal zu überprüfen, ob manches Unternehmen seine Kräfte besser bündeln sollte.” Zwar sind die befragten Unternehmen in Summe recht zufrieden mit dem, was sie da tun. Aus Kandidatensicht wird das aber doch etwas anders wahrgenommen. Zwar haben durch die Social Media Aktivitäten die Unternehmen an Arbeitgeberattraktivität gewonnen. Von erfolgreichen, über Social Media lancierten Jobwechseln berichtet dagegen nach wie vor kaum ein Student oder eine Fach-/Führungskraft.
Kommen wir zur Conclusio: Social Media ja, aber bitte nicht überstürzt. Weniger ist mehr. Und: nutzt die klassischen Kanäle, bevor ihr die Stellenanzeige endgültig abschafft. In ihnen schlummern ungeheure Potenziale. Sie müssen sie nur wach küssen und nutzen.
Nutzen Sie schon Social Media für ein erfolgreiches Personalmarketing?
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