10. November 2016

#TraumberufSchäfer: Wenn Wanderschäfer zwitschern
Vor kurzem berichtete ich über die bisher wohl größte Recruiting-Aktion auf Twitter. Über den Hashtag #jimdoquit fieberten Recruiter unterschiedlichster Unternehmen
weiterlesen17. Januar 2014
Lesezeit: 12 Min. RecruitingSocial Media
Vor einiger Zeit bloggte Eva Zils ja über Blogger Relations. Auch ich gab meinen Senf dazu. Trotzdem bekommen wir weiterhin unaufgefordert Mails von irgendwelchen PR-Agenturen. Mein absoluter Favorit ist die Mail mit einer PR-Meldung zu Blogger Relations selbst. “Blogger Relations vor Durchbruch in 2014”, stand da zu lesen. Und weiter “Blogger anzusprechen bedarf einer gewissen Sensibilität.” Jaha, genau. Und deswegen versendet man solche Meldungen auch ungefragt und per Massenmail. Insofern unterscheidet sich diese schon von der, die ich heute erhielt: “Guten Tag Herr Knabenreich, gerne möchten wir Sie auf diesem Weg auf die erste Twitter-Jobmesse Deutschlands hinweisen.” Immerhin, direkte und persönliche Ansprache! Aber eine Job-Messe? Auf Twitter? WTF?!
Ich war ja eigentlich der Meinung, die virtuelle Messe hätte endlich ausgedient. Diese war schon von vornherein eine Totgeburt und hat trotz diverser Wiederbelebungsbesuche das Krankenbett nicht verlassen. Maximal die Kassen solcher Anbieter wurden gefüllt. Nun also heute diese Meldung. Vorher aber noch ein paar Worte zu “Blogger Relations”. Nachfolgend der Screenshot der entsprechenden Mail. Peinlich, peinlich, kann ich da nur sagen. Und nix von dem verstanden, worum es geht…
Aber nun hat Scheidtweiler PR eben doch das bekommen, was man sich wünschte: Nämlich einen Blogartikel. Ja, so bin ich. Wenn jemand so viel Sensibilität im Umgang mit Bloggern beweist, kann ich das ja wohl kaum ignorieren. Oder was meinen Sie? Auch wenn der Inhalt der Mail, die nun letztendlich Auslöser für den heutigen Artikel ist, wahrscheinlich eine andere Reaktion hätte auslösen sollen (sprich eine wohlwollende Berichterstattung über einen tollen, nie dagewesenen, innovativen Ansatz im Social Media Recruiting – Räusper), eins macht die junge Dame richtig: Sie spricht mich persönlich an. Sie versendet es nicht über eine Massenmail (zumindest nicht erkennbar). Und sie nimmt Bezug zum Adressaten. Aber es ist nicht das erste Mal, dass PR-Agenturen den Umgang mit Bloggern nicht verstehen. Also die notwendige Sensibilität missen lassen. Ich weiß nicht, wie viel dieser unverlangt und unpersönlich zugesandter Mails ich am Tag bekomme, die ungelesen im Mülleimer landen.
Aber – ich schweife ab. Zurück zum Thema. Eine Job-Messe auf Twitter also. Worum geht’s? Es geht um nicht mehr aber auch nicht weniger als die erste Twitter-Jobmesse Deutschlands (Tusch, Applaus, La Ola). Also um etwas, was die Welt nicht braucht.
Hier ein Auszug aus den Presse-Informationen: “Unter #deinjob haben Studenten, Absolventen und Jobsuchende am 22. und 23. Januar 2014 auf Twitter die Möglichkeit, mit Personalern von Allianz, Bayer, comdirect, Deloitte, Deutsche Bahn, Intel, Philips und Telekom in den direkten Kontakt zu treten. Die Personalverantwortlichen werden in einer jeweils einstündigen Fragerunde unter dem Hashtag #deinjob allen Teilnehmern über Twitter sprichwörtlich Rede und Antwort stehen. Sie beantworten beispielsweise Fragen zu den Themen Berufseinstieg, Karrierechancen und Weiterbildungsmöglichkeiten.” Sa-gen-haft, oder? Über Twitter Rede und Antwort stehen. Das ist brand-neu, das ist sen-sa-tio-nell, das wird Geschichte schreiben!
Es kommt noch besser: “Auf Twitter sind dem offenen Dialog keine Grenzen gesetzt” (ja, stimmt. Vorausgesetzt, man stellt sich diesem und dieser ist gewollt und man hat was mitzuteilen, was einen Dialog erzeugt. Dazu später mehr). “Die Teilnehmer können selber die Themen anschneiden, die sie interessieren und dazu diskutieren“. (Klasse. Können die sonst nicht über Twitter, gell? Oder über die Facebookseiten. Da steht nämlich keiner Rede und Antwort. Oder, falsch: Man schafft es nicht, mit den überwiegend auf sich selbst referenzierenden Tweets auch nur ansatzweise eine Art Dialog herzustellen). Das absolute Benefit aber: “Zusätzlich bekommen sie nicht nur Antworten auf ihre eigenen Fragen, sondern sehen auch, was andere Teilnehmer interessiert und wissen wollen. So erhalten sie einen brandaktuellen und umfassenden Überblick zu den wichtigsten Recruiting-Themen großer Unternehmen.” Toll, oder? Da gebe ich also als Twitterati in die Suche den Hashtag #deinjob ein und sehe alles, was da Allianz, Deloitte, Bahn, Philips und wie sie alle heißen, twittern. Dass da teilweise komplett unterschiedliche Zielgruppen mit komplett unterschiedlichen Interessen angesprochen werden, spielt da natürlich – mit Nichten und Neffen – keine Rolle. Wer aber davon profitiert, dazu weiter unten mehr!
Egal, die Unternehmen sind heiß drauf, mitzumachen. Ein paar Zitate gefällig?
„Die Allianz Gruppe verbindet seit jeher Tradition mit Innovation. Daher fiel die Entscheidung leicht, bei der 1. Twitter-Jobmesse mitzuwirken. Wir freuen uns auf den Dialog mit potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern.” Allianz Gruppe
„Studierende und Young Professionals schenken modernen Personalmarketing-Ansätzen erfreulich viel Aufmerksamkeit. Und unsere Erfahrung zeigt, dass mit solchen Maßnahmen viele junge Menschen erreicht werden, die offen für Neues sind und Pioniergeist aufweisen. Sie sind besonders attraktiv für ein Innovationsunternehmen wie Bayer. Daher blicken wir der Twitter-Jobmesse erwartungsvoll entgegen.“ Bayer
„Ein spannendes Format, gerade für uns als Onlinebank. Sehen wir hier die Jobmesse von morgen?“ comdirect
„Durch die Bündelung der Twitterkanäle von renommierten Arbeitgebern in Deutschland können die Teilnehmer sich über vielfältige Möglichkeiten des Berufseinstiegs informieren. Unter dem Hashtag #deinjob wollen wir unsere Begeisterung für Deloitte als Arbeitgeber in 140 Zeichen an die Follower weitergeben und sind gespannt auf die Fragen rund um das Arbeiten bei Deloitte.“ Deloitte
„Die Kommunikation über Twitter ist ein fester Bestandteil unserer Personalmarketing-Aktivitäten. Mit über 11.000 Followern ist @DBKarriere der größte deutschsprachige Karriere-Account und bietet eine ausgezeichnete Plattform für den direkten Dialog mit Bewerbern und Interessenten. Wir sind ständig auf der Suche nach neuen Online-Trends und freuen uns ganz besonders auf die erste deutsche Twitter-Jobmesse.“ Deutsche Bahn
„Intel freut sich sehr auf die Twitter-Jobmesse und erwartet spannende Tweets!“ Intel
„Der Dialog bei Philips läuft direkt und auf Augenhöhe – und so wünschen wir ihn uns auch mit künftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Deshalb freuen wir uns auf die 1. Twitter-Jobmesse #deinJob und auf den Austausch mit ihren Teilnehmern. Unser Ziel mit 140 Zeichen: Neugier auf Philips wecken – und mit @Philips_Jobs Antworten auf alles liefern, was ihr schon immer über uns als Arbeitgeber wissen wolltet.“ Philips
„Die Deutsche Telekom gestaltet die Zukunft in einer der spannendsten und dynamischsten Branchen. Dafür suchen wir Talente, technikaffine und kreative Köpfe, die mit uns die digitale Welt von morgen gestalten wollen. Wir setzen gern und oft auf neue Recruitingideen, um sich über die vielfältigen Karrieremöglichkeiten bei uns auszutauschen. Die Twitter-Jobmesse bietet uns dabei die ideale Möglichkeit für einen direkten Dialog mit der Community. Denn Telekom heißt: Erleben, was verbindet.“ Telekom
Sie lesen also: Der Dialog und das innovative Format stehen im Mittelpunkt. Genau. Dialog. Um den geht es. Denn, ich zitiere gern erneut: “Auf Twitter sind dem offenen Dialog keine Grenzen gesetzt“. Das unterschreibe ich sofort, der ein oder andere ist sogar schon darüber gestolpert. Weil er über seinen Arbeitgeber lästerte. Weil er Fans verärgerte. Weil er Fotos seiner Geschlechtsteile um den Globus schickte. Gut, ich vermute mal, dass letzteres bei der “Jobmesse von morgen” nicht stattfindet. Aber zurück zum Dialog. Wie ist es denn um den bisher bestellt bei den teilnehmenden Unternehmen? Das wollen wir uns doch mal anschauen.
Fangen wir mal an mit der Allianz.
@JobsatIntel_EUR Natürlich. Aber warum?
— Henner Knabenreich (@pm2null) 17. Januar 2014
#deinjob:1. Twitter-Jobmesse in D. von @twitter_de am 22./23.1. http://t.co/jE72zGIjNG – Fragestunde von @PHilips_Jobs am 23.1. ab 9:30 Uhr
— Philips_Jobs (@Philips_Jobs) 17. Januar 2014
Nur 25 Prozent aller teilnehmenden Unternehmen weisen also selber auf dieses die Recruitingwelt umwälzende Ereignis hin. Warum eigentlich so wenige? Die Frage sei schon einmal erlaubt, oder? Auch Philips ist ein recht alter Hase in Sachen Twitter-Account innehabens (ob da auch wirklich immer aktiv getwittert wurde?).
Bereits seit September 2009 setzt man dort maximal 140 Zeichen lange Nachrichten ab. 538 Tweets an 1.242 Follower. Insofern beantwortet sich meine Frage von oben wie von selbst. Apropos wie von selbst: Selbst folgt man 185 Accounts. Auch wenn der Nutzer nicht weiß, mit wem man es zu tun hat, Dialog kommt trotzdem zustande. Auch postet man nicht nur Links, auch Bilder und Videos findet man, eher eine Seltenheit in den bisher betrachteten Accounts.
Ziehen wir also ein rasches Fazit: Alle der acht beteiligten Unternehmen versprechen sich von dem Event den “Dialog mit der Community“. Die meisten sind seit mehr als drei Jahren auf Twitter unterwegs (eine Ewigkeit im Social-Media-Zeitalter). Die wenigsten davon schaffen es nicht einmal ansatzweise, einen Dialog auf Twitter auf die Beine zu stellen. Da darf man sich also die Frage stellen, ob das, was man in den o. g. Zitaten der Unternehmen lesen kann, wirklich ernst gemeint ist. Ich fürchte sogar ja. Nun gut, sie wissen halt nicht, was sie tun. Das an sich ist keine Seltenheit, das erleben wir immer wieder. Das belegen eindrucksvoll die Nominierungen für die Goldene Runkelrübe, bei der die Allianz sogar einen Preis abstauben konnte (Watchout for Goldene Runkelrübe 2014! Infos folgen in Kürze!). Die Frage darf erlaubt sein, warum. Ich weiß es nicht. Vermutlich die Tatsache, dass man eine falsche Sicht auf die Dinge hat. Oder man einfach immer dabei sein möchte, wenn es darum geht, Aufmerksamkeit zu bekommen. Das ist das eine.
Das andere: Die Kommunikation auf Twitter ist noch öffentlicher als auf Facebook. Will man also wirklich als potenzieller Bewerber bei solch einem Event tatsächlich in den Dialog treten? Das dann auch mit mehreren Unternehmen gleichzeitig und damit für jedermann erkennbar (natürlich auch für die einzelnen Unternehmen)? So, dass jeder (wirklich JEDER) sehen kann, welche Interessen man verfolgt? Aber während ich gerade diese Gedanken niederschreibe, durchzuckt mich ein anderer. Nämlich der eigentliche Hintergedanke dieses Events: Nutznießer sind nicht die acht Unternehmen, die an diesem Event teilnehmen, sondern die Recruiter und Sourcer all der Unternehmen, die diesen Dialogen (so sie denn stattfinden) folgen und dann ihre Favoriten direkt ansprechen können. Insofern: Ich nehme alles zurück und beglückwünsche diejenigen, die davon profitieren, zu diesem gelungenen Schachzug. Wer noch ein bissl Nachhilfe in Sachen Sourcing auf Twitter benötigt, einfach diesen Links folgen!
So, und wenn Sie nun unbedingt dabei sein wollen, bitte, hier der Zeitplan für die Twitter-Jobmesse:
22. Januar 2014 (Mittwoch)
23. Januar 2014 (Donnerstag)
Aber sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt! Wobei… eins möchte ich einlenkend loswerden: Vielleicht bietet diese virtuelle Jobmesse ja doch eine Chance: Nämlich, dass diese Unternehmen den Dialog, den Umgang mit den Interessenten lernen. Und beibehalten. Dann hätte diese Messe tatsächlich auch was Gutes (mit Ausnahme der Benefits für die schon wie die Geier wartenden Sourcer und Recruiter, wie oben beschrieben, natürlich!).
Update: Mit Coca Cola hat sich noch ein Dummer weiterer Interessent gefunden! 17.00 – 18.00 Uhr: Coca-Cola Deutschland
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Nicolas Scheidtweiler
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Mein Fazit zu #deinjob | Without a slogan since 2004
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#deinjob – Brauchen wir wirklich eine Twitter-Jobmesse? : Personalmarketingblog
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