21. Juni 2016
Wettbewerb um Zukunft des Recruitings: Firstbird sammelt weitere 650.000 Euro ein
Lesezeit: 4 Min. PersonalmarketingRecruiting
Es tut sich was im Recruiting-Markt. Vor Kurzem verleibte sich das Recruiting-Netzwerk XING die Schweizer Mitarbeiter-Empfehlungsprogramm-Plattform eqipia ein. XING, dessen Cash Cow schon lange das E-Recruiting-Portfolio ist, springt damit also mit reichlich Verzögerung auch auf diesen Zug auf. Ob “alte Hasen” aus dem Business da kalte Füße kriegen? Bei Firstbird, die Anfang März einen Paradigmenwandel im Recruiting einläuteten, wurde die Kriegskasse zumindest gerade gut gefüllt. Damit ist auch dem internationalen Wachstum der Weg geebnet.
David oder Goliath: Wer entscheidet über die Zukunft im Recruiting?
Mitarbeiterempfehlungsprogramme sind eines der effizientesten Recruiting-Tools. Wenn nicht sogar das effizienteste Tool schlechthin. Auch die (noch unveröffentlichte) Social Media Personalmarketing-Studie 2016 bescheinigt der “Power der Empfehlung” ein sehr hohes Potenzial. Webbasierte Mitarbeiterempfehlungsprogramme sind also hoch im Kurs. Eins davon ist Firstbird aus Wien. Das HR-Startup ging 2013 an den Start und blickt auf eine spannende Erfolgsstory zurück: 2014 wurde es aus 500 Startups für das Microsoft Accelerator Programm in Berlin ausgewählt. Waren es 2015 bereits über 100 große, mittelgroße und kleinere Unternehmen, die das cloudbasierte Empfehlungsrecruiting nutzten, sind es aktuell bereits über 900 aus 15 europäischen Ländern. Seit seiner Gründung 2013 hat sich Firstbird laut eigenen Angaben zum führenden Anbieter cloudbasierter Recruiting-Lösungen im deutschsprachigen Raum entwickelt.
650.000 Euro Wachstumskapital für Firstbird
650.000 Euro weiteres Wachstumskapital füllen nun die Kasse von Firstbird. Das digitale Mitarbeiterempfehlungsportal konnte die JobCloud AG (das führende Unternehmen im Schweizer Online-Stellenmarkt ist Betreiber von jobs.ch und jobup.ch) als neuen Investor gewinnen. Auch die Altinvestoren – die Beratungsgesellschaft Kienbaum mit ihrer Beteiligungsgesellschaft Highland Pine Investment sowie José Tolovi Jr., ehemaliger Aufsichtsratsvorsitzende der Beratungsgesellschaft Great Place to Work aus den USA – bauen ihr Investment weiter aus. Damit beläuft sich das finanzielle Gesamtengagement aller Investoren in diesem Jahr auf 1,25 Mio. EUR.
Eine hervorragende Ausgangsbasis, sich für die Zukunft des Recruitings aufzustellen. Denn wie es die Spatzen von den Dächern pfeifen, plant XING anlässlich der Zukunft Personal die vollendete Integration von eqipia zu proklamieren, um “seine Stellung als late adaptor Vorreiter für innovative Recruiting-Lösungen” zu unterstreichen. Es bleibt zu hoffen (und zu wünschen), dass diese Integration besser gelingt, als seinerzeit die von jobbörse.com, deren Kinderkrankheiten bis heute nicht auskuriert sind.
XING sperrt API
Tatsächlich muss XING Gas geben. Auch vor dem Hintergrund des LinkedIn-Microsoft-Milliardendeals und sukzessive steigender Nutzerzahlen beim “blauen Riesen”. Tatsächlich ergreift man in Hamburg die ersten Maßnahmen, um die lästige Konkurrenz in die Schranken zu weisen. So wurde bereits gestern die Sperrung einer bisher von Talentry und Firstbird genutzten Schnittstelle angekündigt, wodurch insbesondere Matching-Funktionalitäten eingeschränkt werden. Ob dieser Schritt die bereits erfolgreichen Anbieter von digitalen Mitarbeiterempfehlungsprogrammen in die Knie zwingen wird, bleibt abzuwarten. Arnim Wahls, Founder von Firstbird, zumindest sieht das Ganze gelassen: “Uns haben die letzten Jahre mit Firstbird gezeigt, dass Matching weder die Anzahl von Empfehlungen erhöht, noch deren Qualität verbessert. Das beste Matching findet im Kopf eines jeden Empfehlers statt und kann nicht durch einen Algorithmus oder ein soziales Netzwerk ersetzt werden. Wir sind daher auf die nun gesperrten Funktionalitäten der Schnittstelle nicht angewiesen und somit auch unabhängig von den willkürlichen Entscheidungen vermeintlicher Partner .”
LinkedIn vs. XING – wer hat die Nase vorn?
Und LinkedIn, “an unprofitable professional networking site whose income largely comes from recruitment” und Mutter aller Business-Netzwerke, ist gerade von Microsoft für 26,2 Mrd. US-$ gekauft worden. Zwar wird Microsoft dieses Investment niemals wieder reinholen können, nichtsdestotrotz ergeben sich da dank Big Data’s Algorithmenzirkus u. a. ungeahnte Möglichkeiten für Recruiting-Lösungen (gleichfalls Cash Cow). Auch anderweitig hat XING zu kämpfen. Wie die noch unveröffentlichten Ergebnisse der neuen Social Media Personalmarketing-Studie zeigen (mehr dazu ab 4. Juli), schrumpft die Nutzung von XING zugunsten von LinkedIn – sowohl bei den Unternehmen als auch bei Bewerbern. Allerdings habe man bei XING “ein ganz anderes Menschenbild und folglich eine andere Strategie“, so XING-CEO Thomas Vollmoeller in der F.A.Z. Und weiter: “Wir glauben, dass Menschen ein Netzwerk haben wollen, das unabhängig von ihrem Arbeitgeber ist. Wir glauben an die Kraft des Einzelnen. Der mehr ist, als seine derzeitige Funktion“.
Offenbar glaubt man aber auch an die Power von Empfehlungen, wie das aktuelle Vorhaben zeigt. Das indes tut man auch in Mountainview. Und so hat man dort bei der Integration von Referral-Programmen (aktuell) die Nase vorn. Bereits im letzten Jahr hatte LinkedIn das Mitarbeiterempfehlungsprogramm Careerify übernommen und bastelt an einer eigenen Lösung “LinkedIN Referrals“, dessen offizieller Launch in Kürze erfolgen soll (“LinkedIn Referrals is currently in an initial launch phase“). Markt-Informationen zufolge macht man auch auf dem deutschen Markt erste vorsichtige Schritte.
Schritte, die man bei Firstbird längst gegangen ist. Wie hieß es so schön beim Launch von Firstbird? „A tool made for every person, every team and every organization to use the power of Human Connections.“ Es bleibt also spannend, wer die Zukunft des Recruitings für sich entscheiden wird. Die flexiblen Davids und “First Mover” oder der behäbige Goliath. Die zusätzliche Finanzspritze kommt für Firstbird im Hinblick auf den Wettbewerb um die Zukunft des Recruitings auf jeden Fall gerade recht. Denn so kann das Startup seinen Erfolgsweg fortsetzen und das internationale Wachstum beschleunigen.