03. Juni 2012
Social Media bei der Ausbildungsplatzsuche? Fehlanzeige!
Lesezeit: 4 Min.
AusbildungsmarketingPersonalmarketingSocial Media
Aktuell gibt’s mal wieder spannende Umfrage-Ergebnisse. Meinestadt.de, immerhin eins der beliebtesten Lehrstellenportale Deutschlands und Initiator der Perspektive Jugend hat nämlich über 1.400 Personen befragt, was für sie bei der Ausbildungsplatzsuche das Wichtigste ist und auf welchem Wege sie die Lehrstellen suchen. Wirklich überraschend sind die meisten Ergebnisse für mich nicht, decken sie sich doch im Wesentlichen mit meinen Erfahrungen und Erkenntnissen. Aber eins nach dem anderen …
Wer wurde befragt?
Befragt wurden 1.410 Personen im Alter von 14 bis über 30 Jahren, wobei mit über 63 % die Gruppe der 14 bis 21jährigen den größten Anteil ausmachte.
72,7% der Befragten gehen nicht mehr zur Schule. Mit 42,7 % der Befragten liegt die mittlere Reife bzw. der Realschulabschluss an erster Stelle, gefolgt von 33,1 % unter den Hauptschulabsolventen. 11,1 % haben die Fachhochschulreife, 9,8 % Abitur. 3 % haben gar keinen Schulabschluss.
95,3 % suchen eine betriebliche Ausbildung, nur 12,3 % ziehen ein duales Studium in Betracht. Hier ist also im Zweifelsfall noch ein bisschen die Werbetrommel zu rühren.
Mobilität der Bewerber
Auf die Frage, ob die Bewerber auch einen Ausbildungsplatz außerhalb des eigenen Wohnortes annehmen würden, antworteten 74,1 % mit ja. Das ist soweit erst einmal positiv zu bewerten, scheint die Bereitschaft der jungen Bewerber den Wohnort zu wechseln, recht ausgeprägt (was natürlich nicht gut ist für die Regionen, die nach und nach vergreisen und ausbluten, weil attraktive Angebote fehlen). Scheint. Denn lediglich 27,2 % wären auch bereit, den Wohnort zu wechseln. Die anderen ziehen es vor, zwischen 10 und 30 km vom Wohnort zur Ausbildungsstelle zu pendeln.
Angenehmes Betriebsklima wichtiger als Vergütung
Wer vermutet, dass die Höhe der Ausbildungsvergütung besonders wichtig ist, ist auf dem Holzweg. Denn wir alle wissen ja (sollten es zumindest wissen), dass Geld allein nicht glücklich macht und auch kein Motivator ist. Entscheidend für die jungen Bewerber ist in erster Linie ein angenehmes Betriebsklima. Für 69,1 % steht dies ganz weit vorne. An zweiter Stelle und auch absolut nachvollziehbar, steht mit 63,6 % der Wunsch auf Übernahme nach erfolgreicher Ausbildung. Ebenfalls wichtig: Ein abwechslungsreiches Aufgabenfeld. Dieses nennt mit 48,5 % immerhin fast die Hälfte der Befragten an dritter Stelle. 40,4 % haben Interesse an Karrierechancen. Und erst an fünfter Stelle wird mit 29,2 % die Höhe der Ausbildungsvergütung genannt. Das sollten Sie sich also hinter die Ohren schreiben und a) Ihre Ausbildung darauf ausrichten und b) dieses auch auf Ihrer Karriere-Website kommunizieren. Denn Sie wissen ja, der nächste Ausbildungsbetrieb ist nur einen Mausklick entfernt :-).
Suche übers Internet an erster Stelle, Social Media aber Fehlanzeige
Wirklich wenig überraschend, vor allem wenn so eine Umfrage online durchgeführt wird :-), ist dass die die Bewerber ihre Lehrstellen vor allem via Internet suchen. 96 % nutzen diesen Weg. 60,4 % suchen via Bundesagentur für Arbeit (stellt sich mir die Frage, ob live vor Ort beim überforderten Berufs“berater“ oder online) und 55,5 % über Printmedien.

Bevorzugte Kanäle bei der Lehrstellensuche – Datenquelle: meinestadt.de
Die Unternehmenswebsite selbst nennen übrigens nur 11,7 % – aber ist die nicht auch im Internet? Hier fehlt mir ein wenig die Trennschärfe der Umfrage. Die neuen Medien spielen bis dato – zumindest in dieser Zielgruppe – eine eher untergeordnete Rolle. 1,7 % nutzen mobile Angebote und nur 0,7 % (aber überrascht das wirklich?) nutzen Social Media-Angebote (wie gesagt in dieser Zielgruppe – die letzte W3B-Studie von Fittkau & Maass hatte heraus gefunden, dass die Nutzung der sozialen Medien stark von der Bildung abhängt. So nutzen zwar 84,2 % der Nutzer mit höherem Schulabschluss Social Networks wöchentlich, jedoch nur 9,9 % der Nutzer mit Hauptschulabschluss).
Nun könnte man das so interpretieren, dass wohl die hochgelobte Net Generation ihrem eigenen Anspruch hinterher hinkt. Könnte man. Ich würde eher diese drei Hauptgründe vermuten:
- Die Unternehmen selbst.
Die nämlich nach wie vor in großem Maße versäumen, auf ihre eigenen Angebote zu verweisen und sich darüber hinaus nur halbherzig engagieren (noch mal, auch wenn ich mich hier zum xxx-ten Mal wiederhole: Es ist nicht damit getan, mal eben schnell auf Facebook, Twitter oder Google+ einen Account zu erstellen und dann zu glauben, man wäre innovativ und die Zielgruppe fände das total cool und innovativ, ein Social Media Engagement bedeutet Zeit, Personal, inhaltliche Ressourcen und viel Leidenschaft und Herzblut und wer das nicht leisten kann, sollte besser die Finger von diesem Alibi Social Media Personalmarketing lassen).
- Die Stellen, die den jungen Nachwuchs auf das harte Berufsleben vorbereiten.
Gehen Sie mal in den Berufsorientierungs-Unterricht (wenn er denn überhaupt vorhanden ist), gehen Sie mal ins Berufsinformationszentrum oder zum Arbeitsamt, lassen Sie sich da mal „beraten“. Glauben Sie denn wirklich, die Damen und Herren hätten da einen Plan von den Kanälen, auf denen junge Bewerber nach Jobs suchen können? Die kennen mal gerade die Arbeitsagentur und mit viel Glück meinestadt.de. Aber auf die Idee zu kommen, der Jugend auch andere Kanäle zur Jobsuche vorzuschlagen? Fehlanzeige!
- Die Zielgruppe selbst.
Die betrachtet nämlich ein Engagement der Unternehmen in „ihrem“ privaten sozialen Netzwerk nach wie vor mit Argwohn. Und nur wer da mit einem echten, authentischen und wertschätzenden Auftreten überzeugen kann, wird ernst genommen und bei den Jungs und Mädels punkten.
Insofern gilt nach wie vor: Aufklärung tut dringend not. Auf beiden Seiten. Zum einen bei den Unternehmen, die in Sachen Social Media Ausbildungs- respektive Personalmarketing zu sensibiliseren sind (hierfür stehe ich gerne beratend zur Verfügung), zum anderen bei der Zielgruppe, die im Umgang mit Social Media längst nicht so erfahren ist, wie wir uns das alle wünschen.
Also, es gibt viel zu tun. Packen wir’s an!
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