Warum TikTok im Azubimarketing und Recruiting tabu sein sollte

Lesezeit: 9 Min. AusbildungsmarketingPersonalmarketingSocial Media

Kennen Sie TikTok? Das ist der neueste Schrei unter den sinnfreien Selbstinszenierungs-Apps. Insbesondere die Jugend fährt darauf ab. Und weil die Kids drauf abfahren – aka: sich die jugendliche Zielgruppe potenzieller Ausbildungsmarketing-Aktivitäten dort tummelt – loten auch erste Unternehmen diese Plattform für sich aus. Wer hier nicht mitmacht, so die Denke, verpasst vielleicht etwas ganz Großes. Gerade wurde sogar Aldi Süd für sein innovatives Ausbildungsmarketing-Konzept auf TikTok ausgezeichnet. Dabei gibt es wahrlich gute Gründe, die gegen solch ein Engagement auf TikTok sprechen.

Ist das nicht toll? Aldi gewinnt mit seinem TikTok-Engagement den HR Excellence Award in der Kategorie „Konzerne Azubi-Marketing“. “Über 1 Millionen Impressions, 50.000 Views und 20.000 Likes in nur vier Tagen: Die TikTok-Kampagne, mit der ALDI SÜD im Sommer Schülerinnen und Schüler für eine Ausbildung begeisterte, war ein voller Erfolg“, so heißt es in der Pressemitteilung. Wie viele Bewerbungen unterm Strich dabei rumkamen, dazu schweigt man sich leider aus. Aldi Süd ist aber kein Einzelfall. Auch das Klinikum Dortmund oder die Bundeswehr* nutzen das chinesische Spaß-Netzwerk, um potenzielle Bewerber auf sich aufmerksam zu machen. Okay, “chinesisch” und “Spaß”, das passt irgendwie nicht ganz zusammen. Das fand auch Demokrat Chuck Shumer, der vor der Nutzung von TikTok im Recruiting eindringlich warnte. Er verstehe zwar, dass die Armee neue Wege im Recruiting gehen müsse, um junge Amerikaner für den Dienst an der Waffe zu gewinnen, warnte aber vor den potenziellen nationalen Sicherheitsrisiken von chinesischen Technologieunternehmen”. Alles Hysterie oder was?

Was ist TikTok?

Bevor wir diese Frage beantworten, müssen wir zunächst einmal die nach dem “was ist eigentlich TikTok?” beantworten. Nach Facebook, Instagram und Snapchat ist TikTok DIE Selbstinszenierungs-App Nr. 1. Laut eigenen Angaben handelt es sich dabei um “eine globale Video Community, die es ganz einfach für einen macht, kurze und unterhaltsame Videos zu entdecken oder zu erstellen“.  Mit Spezialeffekten, Filtern und Stickern können die Clips noch weiter bearbeitet werden

TikTok ist “mobile only”. Es gibt zwar eine Desktop-Version, die bietet aber nur eingeschränkte Funktionen. TikTok gehört zum chinesischen Unternehmen ByteDance, einem der am höchsten bewerteten Start-Ups der Welt. ByteDance hatte 2017 die App Musically übernommen und im Sommer 2018 mit TikTok verschmolzen. Eigentlich heißt die App Douyin – nur in der westlichen Welt ist sie als TikTok bekannt. TikTok finanziert sich bislang über das Geld des Mutterkonzerns ByteDance.

Wer nutzt TikTok?

Aktuellen Schätzungen von Sensor Tower zufolge  (Sensor Tower ist nach eigenen Angaben der führende Anbieter von Marktinformationen und Erkenntnissen für die globale App-Economy) hat die App jüngst die Marke von 1,5 Milliarden Downloads geknackt. Damit ist TikTok derzeit die am dritthäufigsten heruntergeladene Non-Gaming-App – hinter WhatsApp mit 707,4 Millionen Downloads und dem Messenger mit 635,2 Millionen Downloads. Laut Angaben von ByteDance wurde die Spaß-Applikation bisher in 150 Ländern und in 75 Sprachen heruntergeladen. Darunter natürlich auch Deutschland. 4 Millionen User zählt die App hierzulande. Laut einer Umfrage nutzen 14,3 Prozent der Schüler TikTok. 1,1 Prozent davon auch zur Karriereplanung.

TikTok-Nutzer sind überwiegend jung. 69 Prozent von ihnen sind zwischen 16 und 24 Jahre alt. Nur 31 Prozent sind 25 Jahre oder älter. Älter als 35 sind 15 Prozent aller Nutzer. Mit 60 Prozent Anteil dominieren Frauen das Netzwerk. 54 Prozent der Nutzerbasis verwenden ein iPhone, der Rest nutzt die App unter Android.

Längst werden auf TikTok nicht mehr nur Tanz-, Playback- und Katzenvideos hochgeladen. Auch Politiker, Promis, Sportler und andere inszenieren sich dort. Jüngstes “serlöses” Beispiel: Die Tagesschau mit ihrem Kanal. Aber auch für Azubimarketing wird TikTok bereits genutzt, hier sind es auf der einen Seite einige Mittelständler, die sich auf dem Medium versuchen, aber auch Konzerne, wie eben der Discounter Aldi Süd oder die Bundeswehr mit ihren Rekrutinnen.

Auch der Mittelstand entdeckt TIkTok fürs Recruiting

Was ist so problematisch an TikTok?

Zunächst einmal gehört TikTok zum chinesischen Unternehmen ByteDance. (Nicht nur) in Amerika ist die Angst groß, dass TikTok die Jugend mit Parolen der Kommunistischen Partei indoktriniert und die User-Daten auf chinesischen Servern speichert. Zwar beteuert man bei TikTok in offiziellen Statements und persönlichen Gesprächen vehement, dass man natürlich absolut autark von ByteDance agieren und keinerlei Nutzerdaten aus dem Westen in China speichern würde. Aber das scheint wenig glaubwürdig. Warum?

  • ByteDance hat nicht dementierten Medienberichten zufolge rund eine Milliarde Dollar in die Expansion von TikTok investiert. Von Unabhängigkeit kann da also kaum die Rede sein.
  • TikTok hat eine chinesische Schwester-App, Douyin, die bereits viele Funktionen aufweist, die nach und nach bei TikTok implementiert werden. So gibt es zumindest bei der App-Entwicklung eine intensive Form der Zusammenarbeit.
  • Bis zum Frühjahr 2019 hatten Angestellte in China das letzte Wort bei Moderationsentscheidungen von TikTok-Angestellten (die in Barcelona oder Berlin sitzen). Das widerspricht fundamental der Unternehmensdarstellung, China habe keinen Einfluss auf die Inhalte der App.
  • Aus geleakten Unterlagen geht hervor, dass TikTok bestimmte Inhalte und Themen in vielen westlichen Ländern zu Beginn nicht erlaubte und diese entweder direkt gelöscht oder in ihrer Sichtbarkeit eingeschränkt wurden. So finden politische Äußerungen zum Tiananmen-Massaker, die Unabhängigkeit Tibets oder die Proteste in Hongkong, die derzeit weltweit mediale Aufmerksamkeit erregen, auf TikTok nicht statt. Und das, obwohl die App auch in Hongkong verfügbar ist. Gleiches gilt für die Lager in der Region Xinjiang, in der Chinas Führung Hunderttausende Uiguren interniert. Lager übrigens, von denen auch deutsche Unternehmen profitieren.
  • Zudem hat sich TikToks Mutter ByteDance in Person von CEO Zhang Yiming dazu verpflichtet, den “four consciousnesses” von Chinas Staatschef Xi Jinping gerecht zu werden: dazu gehört die “correct guidance of public opinion” – also die korrekte Führung der öffentlichen Meinung (!).
  • Zu guter Letzt wolle man sich bei ByteDance in China um eine “Vertiefung der Zusammenarbeit mit den maßgeblichen Medien der offiziellen Partei” bemühen. Mehr dazu hier.

Warum sollte TikTok tabu sein im Recruiting und Azubi-Marketing?

Eigentlich sollten die oben genannten Gründe bereits ausreichen, TikTok kritisch zu beäugen und sich gegen die Nutzung der App für Recruiting oder Azubimarketing zu entscheiden. Wem das noch nicht ausreicht, lege ich hier noch mal nach:

Gemäß Recherchen des Portals Reporter ohne Grenzen will China mit Milliarden Investitionen eine „neue Weltordnung der Medien“ schaffen. Im Rahmen einer langfristigen Strategie bauen Regierung und Kommunistische Partei dazu ihre Auslandsmedien aus, kaufen Anteile an Medien in anderen Ländern und bilden Tausende Journalistinnen und Journalisten aus aller Welt zu pro-chinesischen Multiplikatoren aus.

„Um ihre totalitäre Vision handzahmer, aus Peking gelenkter Medien auch international durchzusetzen, sind der chinesischen Führung alle Mittel recht. Chinas Streben nach weltweiter medialer Dominanz ist eine konkrete Gefahr für demokratische Länder.“ Quelle

Eine wichtige Rolle bei der Verbreitung chinesischer Desinformation spielt die chinesische Messaging-App WeChat. Die App des chinesischen IT-Konzerns Tencent (genau, das sind die, die fleißig beim Social Credit System, einem perfiden Überwachungssystem, mitmischen) wird von einer Milliarde Menschen genutzt, davon rund 100 Millionen außerhalb Chinas. Die von WeChat gesammelten Daten sind nicht verschlüsselt sind und werden auf Servern in China verwaltet. Sie stellen eine bedeutende Quelle für Zensur, Einflussnahme und Überwachung für das chinesische Regime dar. So wurden in China bereits einige Journalistinnen und Journalisten sowie Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten aufgrund von „Beweisen“ verurteilt, die aus ihren WeChat-Accounts stammten. Auch das ist beunruhigend: Im November 2017 investierte WeChat-Mutter Tencent nicht weniger als 1,76 Milliarden Euro in die US-amerikanische Multimedia-Messaging- und Foto-Sharing-App Snapchat und erhöhte ihren Kapitalanteil auf 12%. Was das für die Privatsphäre bedeutet, dürfte klar sein.

“Wo auch immer die Leser sind, wo auch immer die Zuschauer sind, dort müssen Propagandaberichte ihre Tentakel ausbreiten – und dort finden wir den Brennpunkt und Endpunkt der Propaganda- und Ideologiearbeit.” Xi Jinping

Als Recruiter tragen Sie Verantwortung gegenüber Bewerbern und Mitarbeitern

Man kann davon ausgehen, dass aufgrund oben genannter Punkte TikTok genau zu gleichen Zwecken eingesetzt wird: als ein Brenn- und Endpunkt von Propaganda- und Ideologiearbeit. Erste Anzeichen gibt es schon, werden China-negative Äußerungen bereits zensiert. Ich kann nur davor warnen, TikTok zu verharmlosen. Von Hysterie kann nach all den Fakten wohl kaum die Rede sein (aber es ist ja hip, von Hysterie zu sprechen, wenn man Fakten und Bedrohung nicht wahrhaben will – siehe etwa “Klimahysterie”). Nein, es ist nicht innovativ und schon gar nicht lobenswert, solche Apps für Azubimarketing oder Recruiting zu nutzen, wenn ganz offensichtlich die Gefahr der Zensur oder Überwachung durch die chinesischen Behörden besteht. Was so harmlos als Spaß-App daher kommt, ist wohl eher ein Trojanisches Pferd.

“TikTok erreicht die Zielgruppe, das ist es, was zählt. Was im Hintergrund passiert, welche pervers manipulativen Systeme dahinterstecken… das hinterfragt niemand. Reichweite, Klicks, Kandidaten und Awards… vom Glitzer, der unsere Selbstverliebtheit ziert, geblendet… da übersehen wir schon mal gerne, was hinter der Fassade steckt.” (Kommentar auf Twitter)

Bitte bedenken Sie, dass Sie auch als Recruiter eine (gesellschaftliche) Verantwortung tragen. Gegenüber Bewerbern und Mitarbeitern. Mit der Nutzung für TikTok entscheiden Sie sich für ein manipulatives System, über welches der chinesische Krake seine Tentakel ausbreitet. Wollen Sie das wirklich? Vielleicht hilft Ihnen bei der Entscheidung auch, dass es massive Datenschutzbedenken bei der Nutzung von TikTok gibt.

Wer sich intensiver mit dem Einfluss Chinas beschäftigen möchte, dem sei die Dokumentation “Chinas Pursuit of a new world media order” dringend ans Herz gelegt (zu Deutsch: Chinas Streben nach einer neuen Weltmedienordnung). Alle anderen können natürlich weiterhin auf die App setzen. Schließlich tummelt sich ja die Zielgruppe dort. Also los, worauf warten Sie noch? Erheischen Sie Likes, Shares und Impressions und scheißen Sie auf Zensur, Indoktrination und Verletzung der Menschenrechte!

Update: Heute wurden weitere Inhalte aus den geleakten Dokumenten (s. o.) veröffentlicht. Demnach hat TikTok seine Moderatoren angewiesen, Videos von Menschen mit Behinderungen zu markieren und in ihrer Reichweite zu begrenzen. Auch queere und dicke Menschen landeten auf einer Liste von „Besonderen Nutzern“, deren Videos grundsätzlich als Mobbing-Risiko betrachtet und in der Reichweite gedeckelt wurden – ungeachtet des Inhaltes. Mehr dazu hier.

Update 4. Mai 2020: Es hat lange gedauert, bis bei der Bundeswehr Einsicht eingekehrt ist. Der TikTok-Account von@bundeswehrinfo wurde nun endlich aus datenschutzrechtlichen Gründen eingestampft. Gut so! Vielleicht sollten sich Unternehmen wie Lidl, Aldi uva. ein Beispiel daran nehmen!

Update 1. Juli 2020: Wieder einmal steht TikTok in den Schlagzeilen. Diesmal, weil die App die Zwischenablage von iPhones ausgelesen und auf diese Weise Millionen von Apple-Nutzern ausspioniert hat. Vorsicht ist geboten, schreibt auch T3N.

Update 4. Juli 2020: Die Welt greift meinen Artikel unter dem Titel “So sinnvoll ist der Tiktok-Plan von Lidl und Aldi” auf und ergänzt ihn um weitere Aspekte.

Update 8 Juli 2020: Verbot von TikTok in den USA denkbar. US-Außenminister Mike Pompeo denkt öffentlich über ein Verbot von TikTok nach.

Update 8. Juli 2020: Auch Blogger-Kollege und Recruitainment-Experte Jo Diercks warnt vor dem Einsatz von TikTok im Personalmarketing.

TikTok im Personalmarketing. Besser nicht.

Kommentare (10)

Chris

Wenn ich meinem Kunden diesen Artikel zeige, dann wird das seine Meinung nicht ändern. Die oben genannten Punkte wird er auch auf andere Plattformen aus USA beziehen können. Solange es nicht heißt, dass TikTok bei der jungen Zielgruppe keine Bewerbungen generiert, hält er an der Plattform fest.

personalmarketing2null

Danke für die Ergänzung!

personalmarketing2null

Moin Herr Eicker, lesen hilft ;-) z. B. hier https://rufposten.de/blog/2019/12/05/privacy-analysis-of-tiktoks-app-and-website/ oder eben die erwähnten/verlinkten Beiträge. Aber nutzen Sie die App gern weiter! :-)

Johannes Wobus

Hallo in die Runde. Mir flog gestern https://rufposten.de/blog/2019/12/05/privacy-analysis-of-tiktoks app-and-website/ über die Filterblase und die geschriebenen Inhalte lassen sich problemlos über Experimentnachbau verifizieren. Das bedeutet u.a. auch, dass man definitiv keine Grundsatzdiskussionen zu TikTok führen muss. LG

MDR trennt sich von Steimle, Löscht den Mist, Post-Relotius-Reporterpreis - Allibi

[…] die App von euren Telefonen und erklärt euren Kindern, was Tiktok macht.“Weiterer Lesehinweis: Warum TikTok im Azubimarketing und Recruiting tabu sein sollte (personalmarketing2null.de, Henner […]

Gerrit Eicker

Faszinierend, wie an einen neuen Spieler höchste Ansprüche gestellt werden - während alte offenbar machen dürfen, was sie wollen. Ob es tatsächlich "Zensur" gibt, also staatliche Eingriffe der chinesischen Regierung, ist bis heute unklar. Dass es Inhaltsmoderation gibt, ist zwangsläufig und auf keiner Plattform eine Neuheit. Dass die Moderationsregeln leider genauso intransparent sind wie bei allen anderen privaten Plattformen, ist schade, aber auch nichts Neues. TikTok ist hier sogar (insbesondere für das Alter der Plattform!) wahrlich aktiver, um für Transparenz zu sorgen, als etwa Google mit YouTube oder Facebook. Letztere mussten erst von der FTC gezwungen werden, sich um ein unabhängiges Board zu bemühen.

personalmarketing2null

Liebe Marie, danke für dein Statement. Ich finde es auch sehr bedenklich. Aber ich bin lieber der Buhmann, als dass ich schweige. Dein Kommentar ist mir Ansporn, das auch weiterhin zu tun!

personalmarketing2null

Lieber Stefan, ich glaube, deine Vergleiche hinken ein wenig. Aber was soll's. Tu, was du nicht lassen kannst. Ich sehe mich als Aufklärer. Wer nicht lesen will, was ich schreibe, muss es nicht. Wer die Augen vor Fakten verschließen möchte, soll das tun. In diesem Sinne: danke für deinen Kommentar. Sei froh, dass ich dir hier eine Stimme gebe. Auf TikTok ist das nicht so ohne Weiteres möglich. Da werden unliebsame Beiträge nämlich gelöscht ;-)

Marie

Vielen Dank für diesen hinter-die-Fassade-blickenden Artikel! Ich finde die Entwicklung der letzten Jahre sehr beängstigend wie bedenkenlos mit dem Strom geschwommen wird ohne etwas zu hinterfragen. Hauptsache Klicks, Likes, Herzchen und Reichweite. Dafür gehen viele Firmen und Privatpersonen über Leichen. Und alle Personen die mit Fakten argumentieren sind die "bösen Spielverderber" und werden bestenfalls belächelt. Eine schlimme Entwicklung!

Persoblogger Stefan Scheller

Lieber Henner, da ich weiß, dass Du hier nicht nur auf hohe Klickzahlen aus bist, sondern Dir das Thema wirklich am Herzen liegt, möchte ich ein paar Gedanken dazu loswerden. Und zwar in zwei Richtungen. 1. Vorwurf Zensur, 2. Politische Interessen Zu 1. Aus meiner Sicht unterliegen viele Social Media Nutzer noch immer dem Irrglauben, dass Apps oder sonstige Plattformen ein demokratischer Ort für freie Meinungsäußerung sind. Dabei sind sie einzig das Hoheitsgebiet des Anbieters und bedienen lediglich dessen kommerzielle (oder auch politische) Interessen. Wenn also jetzt der #Zensur Aufschrei groß ist, weil auf #TikTok Inhalte unterdrückt werden, ist das in vielerlei Hinsicht erstaunlich. Denn wo war der Aufschrei, als klar wurde, dass Facebook und Instagram nackte Haut zensieren? Wer hat die großen Medien-Portale angegriffen, als sie ihre Kommentar-Funktionen auf den Websites abgeschaltet haben? Wer boykottiert Deinen Blog, weil er nicht einfach einen Kommentar dalassen kann, den Du nicht explizit freigibst (sofern er Dir gefällt)? Jedes Unternehmen hat sich selbst Guidelines gegeben und löscht bzw. unterdrückt Kommentare, die dagegen verstoßen. Insofern ist der Aufschrei bei TikTok jetzt vermutlich stärker inhaltlich inspiriert. Kommen wir also zu Punkt 2. Ja, die Expansionspolitik der chinesischen Regierung steht außer Frage. Sie kopieren damit ein Modell, dass die westlichen Industrienationen, insbesondere die USA seit Jahrzehnten erfolgreich vorleben. Dabei sind mir Foltergefängnisse der CIA, rassistische Grundtendenzen in der Bevölkerung der USA oder das aktuelle Gebaren der Regierung um Trump im Übrigen nicht wesentlich sympathischer. Aber hilft der Diskussion einer pauschale China Kontra-Position? Das mag jeder für sich selbst entscheiden, so lange damit nicht Überheblichkeit und Doppelmoral einhergehen. Wer boykottieren mag, der kann das tun (müsste konsequenterweise aber auch auf 80% seiner Güter, insbesondere im Elektronikbereich verzichten). Sich jetzt an TikTok auszulassen und die App zu deinstallieren, ist in etwa so, als wenn man bei der nächsten Bestellung beim Asia-Lieferservice auf die Glückskekse verzichtet, um die entsprechende Industrie zu schädigen. Nochmal zusammengefasst: Es geht mir nicht darum Unrecht schönzureden. Aber ich finde es nicht gut, dass wir (und den Tendenzen unterliegen wir alle) lieber zur Spaltung der Weltgemeinschaft beitragen und mit neuen/alten Feindbildern arbeiten, als zu verstehen, was uns eint und was wir gemeinsam erreichen können.
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Moin! Ich bin Henner Knabenreich. Seit 2010 schreibe ich hier über Personalmarketing, Recruiting und Employer Branding. Stets mit einem Augenzwinkern oder den Finger in die Wunde legend. Auf die Recruiting- und Bewerberwelt nehme ich auch als Autor, als Personalmarketing-Coach, als Initiator von Events wie der HR-NIGHT oder als Speaker maßgeblich Einfluss auf die HR-Welt. Sie möchten mich für einen erfrischenden Vortrag buchen, haben Interesse an einem Karriere-Website-Coaching, suchen einen Partner oder Berater für die Umsetzung Ihrer Karriere-Website oder wollen mit bewerberzentrierten Stellenanzeigen punkten? Ob per E-Mail, XING oder LinkedIn - sprechen Sie mich an, ich freue mich auf Sie!
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