24. Februar 2017

Jack the Ripper im Recruiting: Bewerber, die auf Blutorgien starren
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Lesezeit: 4 Min. Employer BrandingRecruiting
Stellen Sie sich vor, Sie hätten alles Budget der Welt. Also zumindest ein so großes Budget, dass Sie es mal so richtig ordentlich verbrennen und auf einen Schlag zig Millionen potenzielle Bewerber erreichen könnten. Gut, die Bahn hat es seinerzeit mal versucht und sich zur Prime-Time mit ihren Recruiting-Spots teure Werbezeit gekauft. Was Peak Games aus Istanbul (Peak ist einer der größten Spiele-Hersteller weltweit) jetzt aber binnen weniger Minuten erreicht hat, sprengt in Sachen Personalmarketing-Kampagne wohl alles bisher da gewesene.
Montagabend, 21.30 Uhr. Zeitgleich auf 41 Fernsehsendern flimmert ein und derselbe Werbespot über die Mattscheiben. Wohin man auch schaltet, es gibt kein Entkommen. Ein Recruiting-Clip des Unternehmens Peak hat für drei Minuten die Türkei fest im Griff. Zunächst werden die Zuschauer von einem typischen, austauschbaren Werbefilmchen eines Versicherungsunternehmens gelangweilt. Scheinbar zumindest. Denn gerade in dem Moment, wo man sich anschickt, die Unterbrechung als willkommene Pinkelpause zu nutzen, wandelt sich das Bild. Was aussieht, wie ein großflächiger Cyberangriff auf die türkischen Fernsehstationen, entpuppt sich als clever inszenierter Recruiting-Clip. Millionen Fernsehzuschauer werden Zeuge, wie sich zu einem dynamischen Soundtrack eine DOS-Eingabemaske nach und nach mit Code füllt.
package main
import “gopkg.in/who.v1”
func main() {
team :=
Was als “Cyberangriff” über die Fernsehschirme flimmert, ist nichts anderes als eine Stellenanzeige, eine Aufforderung, sich zu bewerben. Allerdings nicht so 0815, wie man es sonst so kennt, sondern mit jeder Menge Inbrunst und Emotion (schon faszinierend, wie man über eine dröge Eingabemaske Emotionen darstellen kann. Mehr Emotionen als mit so manchem “typischen” Recruiting-Video): “Wach auf“, heißt es da “Gemeinsam werden wir die Welt verändern.” Gesucht werden “Diejenigen, die nicht zufrieden sind” (zumindest in Deutschland sind das laut Gallup wohl eine ganze Menge ;)), “Diejenigen, die sich ihrer Fehler nicht schämen“, “Diejenigen, die fragen: “Wie wird Arbeit besser gemacht?“, “Die, die träumen, diejenigen, die die Grenzen ihrer Träume nicht kennen“, “Diejenigen, die sagen: “Das Gute ist der Feind des Perfekten.“, “Diejenigen, die ihre sichere Welt verlassen wollen“, “Die, die es wagen, sich zu ändern“. Oder anders gesagt: Peak sucht Menschen mit Leidenschaft, Menschen, die Bock haben auf Neues und Sinnvolles.
Soweit, so gut. An der Botschaft geht kein Weg vorbei, es gibt kein Entrinnen. Wahnsinn. Eine Reichweite, die anderweitig so nie möglich wäre. Nicht über Social Media. Nicht über Facebook. Nicht über Instagram. Nicht über TikTok. Innerhalb weniger Minuten landet Peak mit dem Hashtag #Peak auch in den Worldwide Trending Topics auf Platz 1! Auf diese Weise hat das Unternehmen eine Aufmerksamkeit als Arbeitgeber bekommen, die es in der Form so wohl nie zuvor gegeben hat. Wahrscheinlich geht es Ihnen nun so, wie bis vor wenigen Stunden Millionen Türken auch: Sie fragen sich who the fuck is Peak?
Und genauso geht es reichlich Hidden Champions in Deutschland auch. Es gibt so viele Weltmarktführer und keiner kennt sie. Deswegen heißen sie ja auch hidden: Weil sie sich gut vor ihren Bewerbern verstecken. Aber zurück zu Peak: Peak Games wurde 2010 in Istanbul gegründet und ist einer der weltweit größten Entwickler von mobilen Spiele-Anwendungen. Mehr als 300 Millionen Menschen in 193 Ländern nutzen die Produkte. Seit 2017 gehört Peak zu Zynga. Sie wissen schon, Farmville und so. Das Spiel “Toy Blast” ist eines der 10 meistgespielten Spiele in den USA.
Was ich mich dann allerdings frage: Wenn Peak doch mit seinen Spielen weltweit auf Millionen Smartphones vertreten ist und Millionen Menschen die Spiele spielen – warum werden die Jobs dann nicht in den Spielen bzw. in den Apps beworben? Ich bin ja kein Gamer (war ich nie, werde ich nie), aber wenn man schon die gesamte Türkei mit einem Werbespot “hackt”, warum “hackt” man dann nicht die Spiele? Da ist Tinder cleverer und ich warte immer noch, dass die Deutsche Bahn, deren DB Navigator auch auf Millionen Smartphones verewigt ist, diesem Beispiel folgt. Aber zurück in die Türkei. Denn da ist nach diesem erfolgreichen Coup, wo das ganze Land über diesen einen Arbeitgeber spricht, den zuvor k(aum)einer kannte, noch kein Ende der Aufregung in Sicht.
Denn bei all der Begeisterung für den Werbespot, den Peak da in Auftrag gegeben hat, hat man eine klitzekleine Kleinigkeit übersehen: Das komplette Video – nebst treibenden Soundtrack – ist nahezu 1:1 kopiert. Ein Werbespot, der 2017 für die Sicherheitssysteme von Audi in Schweden warb, stand Pate. Das Ganze hat nun also ein (social) mediales und wohl auch teures Nachspiel (vor Gericht). Eins ist Peak aber weiterhin gewiss. Jede Menge Aufmerksamkeit, weit über die Schaltung des Recruiting-Clips hinaus. Und jede Menge Bewerbungen von Menschen, die das Unternehmen bisher nicht als Arbeitgeber auf dem Schirm hatten und die es wagen, sich zu verändern.
Vielen Dank @altancorekci an für den Tipp!
24. Februar 2017
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Johannes Mattern