26. April 2013
McMoments – Employer Branding-Fastfood made in Austria
Lesezeit: 7 Min. Employer BrandingKarriere-Websites
Ruhig geworden hier im Blog. Das liegt nicht daran, dass ich keine Lust mehr hätte zu bloggen. Im Gegenteil, das Bloggen ist meine große Leidenschaft. Aber zum einen stecke ich gerade in einem großen Karriere-Website-Projekt, zum anderen gehe ich ja nun auch schon stramm auf die 50 zu. Und die Tatsache, zum alten Sack zu mutieren, muss man – also ich – erst einmal verdauen. So habe ich mich rund um meinen 45. für ein paar Tage ausgeklinkt und mich ans traumhafte Gestade des Bodensees in Bregenz begeben. Ein Traum, sage ich Ihnen. Eine Reise lohnt immer, auch außerhalb der Festspielsaison. Und wie das immer so ist, wenn ich unterwegs bin – unterbewusst bin ich immer auf der Suche nach Input zu Personalmarketing oder Employer Branding, der sich für einen Blogartikel eignet. Einer wurde mir auf dem Silbertablett im Österreichischen Unterschichtenfernsehen (RTL gibt’s da auch) präsentiert und kam von McDonald’s. Der eine oder andere wird da jetzt ein Dejà-vu-Erlebnis haben. Gab es hier doch schon mal eine schöne Geschichte zum Thema.
Aber fangen wir ganz von vorne an. Nein, nicht bei Adam & Eva. Auch nicht beim Urknall. Sondern beim Auslöser dieses Blogartikels.
Ich lag (oder saß, so genau weiß ich es nicht mehr) nach einer ausgedehnten Wanderung auf und um den Pfänder (das ist Bregenz’ Hausberg mit toller Sicht auf die Alpen und den Bodensee – ja, den kann man auch per Seilbahn erreichen, aber hey, das ist was für Mädchen!) auf der Couch und ließ mich von oben erwähntem Hartz-IV-Sender berieseln (wie heißt das eigentlich in Österreich?) als ich plötzlich durch diesen Spot aufschreckte:
Über den Inhalt dieses “Employer Branding”-Videos will ich mich jetzt gar nicht äußern. Das hat personalblogger Sebastian Manhart in seinem Personalmarketingblog unlängst getan. Mich interessiert natürlich viel mehr, was mich erwartet, wenn ich denn der Aufforderung folge, mich bei McMoments.at zu bewerben. Mach ich doch gerne! Und da ich mich gerade nicht am Rechner befinde, sondern das Smartphone in greifbarer Nähe liegt, gehe ich natürlich diesen naheliegenden Weg. Sie dürfen raten, was einen potenziellen Bewerber erwartet.
Richtich!
Das Ganze wird auch nicht besser, wenn man das Smartphone dreht. Die Seite bleibt unübersichtlich, kaum navigierbar und man fragt sich schon jetzt: WTF?? Und das zu Recht. Aber für den ersten Eindruck reichte mir das. Das würde ich mir nach der Auszeit einmal in Ruhe auf dem Rechner anschauen. Und zwar richtig. Gesagt getan. Hier das Ganze dann also mal in groß:
Das Ganze wird auch auf einem großen Bildschirm nicht besser. Nutzerfreundlichkeit? Wird überbewertet.
Bevor ich weitermache: Die Idee an sich ist nett gedacht. Wir stellen einfach mal gaaanz viele McDonald’s-Mitarbeiter aus ganz vielen verschiedenen Filialen bzw. aus der Firmenzentrale vor. Mit jeder Menge Videotestimonials und Bildchen, die Infos zu den Mitarbeiter enthalten. So kann man sich als Bewerber ein umfassendes Bild von den verschiedenen Charakteren machen, die bei McDonalds Österreich arbeiten. Das an sich findet meine Anerkennung. Ja, wirklich. Auch wenn Sie sich verdutzt die Augen reiben. Aber bei mir liegt eben immer ein ganz wesentlicher Fokus auf der “Benutzbarkeit” einer Website. Denn, so meine Devise, was nützt die schönste Karriere-Website, wenn ich sie nicht nutzen kann.
Oder sagen wir: nicht sinnvoll. Denn wie heißt es so schön im Spot? Jetzt bewerben. Und was findet sich auf der Website gleich dutzendfach?
Genau. Die Aufforderung, sich zu bewerben. “Hier bekommt jeder die gleiche Chance! Komm in unser Team! Wir suchen dich!” heißt es da. Was also macht der arme Bewerber, der sich tatsächlich mit dem Gedanken trägt, ein Teil des Teams zu werden? Er klickt. Und genau das machen wir auch. Stopp! Vorher nutzen wir aber das einzige als solches erkennbare interaktive Element, einen Filter, mit dem man die Storys nach Positionen auswählen kann. Man kann dort zwischen Crew, Crewtrainer, Lehrling, McCafé und Restaurantmanagement wählen.
Ich wollte immer schon mal Crewtrainer werden. Daher wähle ich diese Option. Nach einer gewissen Ladezeit werden mir dann diverse potenzielle Kollegen nebst Hinweis “Bewirb dich jetzt” angezeigt. Klar, mache ich doch gerne!
Hürdenlauf zum Job bei McDonald’s Österreich
Was passiert?
Es erscheint ein Pop-up. Das an sich ist schon, naja sagen wir mal, suboptimal. Viel suboptimaler erscheint mir aber die Tatsache, dass meine Traumposition, der Crewtrainer, dort gar nicht erscheint. Was also wähle ich aus? Eine Arbeitsstelle als Restaurant Mitarbeiter, eine Teilzeitstelle als Student, eine Lehrausbildung, eine Karriere im Restaurant Management oder eine Postion im Head Office? Ich gehe nach dem Ausschlussprinzip und entscheide mich für Restaurant Management. Mal sehen, ob ich richtig liege :-)
Bingo! (nur ganz am Rande – aber wirklich nur am Rande – sei hier erwähnt, dass es eigentlich überhaupt keine Rolle spielt, welche Option ich auswähle. Ich lande immer auf dem gleichen Formular…WTF?!!)
Klicke ich auf die Position “entfaltet” sich die Stellenbeschreibung. Bis auf ein paar Rechtschreibfehler gefällt mir das Ganze recht gut. Blöd aber, dass die Stelle auf die Art, wie sie hier eingebettet wird, garantiert von Suchmaschinen nicht aufgefunden werden kann. Wozu auch.
Ein weiterer Klick auf “Jetzt bewerben” führt mich auf eine Zwischenseite, wo ich die gewünschte Stelle bzw. den gewünschten Einsatzort auswählen kann. Ich entscheide mich für die Mozart-Stadt Salzburg und klicke abermals auf “Bewerben”.
Nun öffnet sich die Bewerbermaske. Hier kann ich nun meine Kontaktdaten einpflegen. Ein wiederholtes Mal werde ich gefragt, wie ich auf McDonalds aufmerksam geworden bin. Den Schritt kann ich nicht umgehen, da (nicht als solches gekennzeichnetes) Pflichtfeld. Nach Klick auf “Weiter” geht es weiter mit der Abfrage. Geburtsdatum als Pflichtfeld. Hm. Ansteckende Krankheiten. Stirnrunzel. Nun gut, wenigstens kein Pflichtfeld. Okay. Klick auf “Weiter”. Ah, hier habe ich die Möglichkeit, ein Bewerbungsfoto hochzuladen, ein Anschreiben zu hinterlegen und Anhänge hochzuladen. Muss ich aber nicht. Selbst wenn ich es täte, wäre der Prozess nicht abgeschlossen. Nein. Man muss sich durch weitere Schritte quälen. Auch wenn ich keine Daten beim Werdegang hinterlegen möchte (habe ich ja schon im angehängten Lebenslauf), muss ich mich durch diese Seite klicken. Und “Weiter”.
Als nächstes dann die Rubrik “Angestrebte Tätigkeit”. Und “Weiter”. Hier kommt dann noch ein Fragebogen. Fragt sich, auf welche Frage man da wie antworten soll?
Und noch zwei weitere Klicks sind erforderlich, bis der Bewerber die Bewerbung absenden kann. Macht in Summe 14 Klicks vom Klick auf “Bewirb dich hier” auf der McMoments-Website bis hin zum “Bewerben absenden”-Button. 14. In Worten v-i-e-r-z-e-h-n. Ein weiteres schönes Praxisbeispiel in der Rubrik “Wie Sie es garantiert schaffen, Ihre Bewerber zu verprellen“.
Die Sache mit der Beratungsresistenz
Sorry, ich kann da nur mit dem Kopf schütteln. Aus eigener Beratungspraxis weiß ich, wie beratungsresistent viele Menschen sind. Aber ich verstehe es nicht, liebe Personaler. Ihr jammert, dass ihr keine Bewerber findet. Und dann findet ein Bewerber zu euch und ihr lasst euch alle möglichen Tricks und Kniffe einfallen, diesen mühsam auf euch aufmerksam gewordenen Bewerber wieder zu verprellen?
Warum macht ihr so etwas? Glaubt ihr wirklich, ihr könnt euch das in Zeiten des Fachkräftemangels leisten? Wo der Wettbewerber feixend an der nächsten Ecke steht und nur darauf wartet, dass ihr so handelt (wahrscheinlich müsst ihr euch aber auch keine Sorgen machen, weil der genau den gleichen Fehler macht)?
Warum, liebe Personaler, macht ihr es euren Bewerber immer wieder so schwer? Versetzt euch einfach mal in die Lage eines Bewerbers und spielt so einen Bewerbungsprozess durch. Ich wette, ihr beißt in die Tischplatte… Großartig anders kann man da nicht reagieren. Und vergesst nie: Der nächste Arbeitgeber ist nur einen Mausklick entfernt.
Ach, und wer nun der Meinung ist, dass die eigentliche McDonalds-Österreich-Karriere-Website einen besseren Weg darstellt, um zum Ziel zu kommen, der sei gewarnt. Diese Website ist ein noch viel größeres Desaster. Wie seinerzeit schon auf dem Xeit-Blog nachzulesen war, vergraulen die ausschließlich flashbasierten “speziell komplizierten Navigations-Mechanismen” wie auf der McCampus-Seite den Nutzer.
Dabei geht es doch ums schöne Gegenteil: Eine Karriere-Website muss den User (Ihren potenziellen Bewerber!) abholen und ansprechen. Der Nutzer muss sich einfach und schnell zurecht finden – und das tut er weder auf der McMoments- noch auf der McCampus-Seite. Da kann man noch so viel Budget fürs Employer Branding verschwenden, so wird das nix mit dem Bewerber.
Apropos Budget: Ich weiß, dass das oftmals kriegsentscheidend ist, wenn es darum geht, bestimmte Features noch umsetzen zu können oder Prozesse zu optimieren. Aber mal ganz ehrlich: Wer Millionen von Euro für schlechte Werbung verbrennt, sollte die wenigen Tausend Euro, die es zur Optimierung braucht, locker übrig haben. Manche sprechen da gar von Peanuts. Aber so wird dann wahrscheinlich auf hohem Niveau über die ausbleibenden Bewerber gejammert.
Da bleibt mir abschließend nur noch zu sagen: I was lovin’ it!