02. Februar 2011
Willkommen bei McDonald’s – Ihre Bewerbung bitte!
Lesezeit: 6 Min. AusbildungsmarketingKarriere-WebsitesPersonalmarketing
Momentan reden ja alle über die Azubi-Recruiting-Kampagne von McDonald’s. Die ist wirklich sympathisch gemacht und toll umgesetzt. Auch ich muss sagen, wow, tolle Sache, so einen Personalmarketing-, respektive Ausbildungsmarketing-Etat, gibt’s nicht alle Tage. Was aber ist das Ziel dieser Kampagne? Der geneigte Leser darf dreimal raten. Nein, es ist nicht, beim nächsten McDoof rein zu laufen und sich das SV Wehen Wiesbaden-Menü schmecken zu lassen (kein Witz, das gibt’s wirklich, wird aber den Club wohl kaum vorm weiteren Abstieg schützen), es ist vielmehr die Bewerbung bzw. es sind möglichst viele Bewerbungen von potenziellen Azubis in den verschiedenen Bereichen.
McDonald’s will dieses Jahr nämlich 2000 Stellen neu besetzen, davon alleine 1000 mit Azubis! Was also macht der clevere Schüler von heute? Er geht entweder in die nächstbeste McDonald’s-Filiale, bestellt einen Burger seiner Wahl und fragt zaghaft nach einem Ausbildungsplatz. Oder aber – so ganz in gewünschter “Generation Y” (Hüstel)-Manier, er klickt sich durch die sperrigen Pfade des Internets bzw. in die vor Hindernissen nur so strotzende Website des goldenen M. Also schauen wir uns die doch mal in Ruhe an:
So. Mit viel Glück und Geduld findet der (noch) geneigte Bewerber also den Link zur Jobs & Karriere-Sektion (ich habe die Bereiche für all diejenigen markiert, die den Link nicht auf den ersten Blick erfassen können). Wir erinnern uns: McDonald’s sucht Azubis. Gibt ein millionenschweres Budget dafür aus. Und lässt sie im Regen stehen? Schauen wir mal weiter. Wie ist das eigentlich, wenn man als Internutzer kein Javascript aktiviert bzw. nicht den aktuellsten Flashplayer installiert hat? Gibt’s nicht? Gibt’s doch! Und was sehe ich?
Wie wir sehen, sehen wir – nix! Muss das so sein? Nein, definitiv nicht. Klar, kann ich als Konzepter und Umsetzer solch einer Website davon ausgehen, dass alle Welt Flash & Co. installiert hat. Sicher ist das aber nicht. Ergo sollte die Seite so umgesetzt sein, dass zumindest die wesentlichen Inhalte auch ohne entsprechende Plug-Ins zu erfassen sind (Stichwort Barrierefreiheit!). Gut, aber seien wir doch mal nicht so kleinlich :-). Ich kann ja auch, wie im Spot beschrieben, direkt über http://www.mcdonalds.de/ausbildung die Seite aufrufen. Und dann hat die Seite doch bestimmt mehr zu bieten, oder? Ja, hat sie. Aber ohne Flash bekomme ich davon nichts zu sehen. Aber auch mit Flash bietet sich dem Otto-Normal-User (Bildschirmauflösung 1024 x 768 Pixel) nach Durchlaufen eines zusammengeschnittenen Making-of-Spots in etwa folgendes Bild:
Hier lassen sich die nicht ganz unwesentlichen Navigationselemente am unteren Bildschirmrand nur erahnen. Weiter herunterscrollen? Fehlanzeige. Nun, auch da sagen wir mal Schwamm drüber, kann sich doch jeder User einen iMac anschaffen, wenn er alle Inhalte sehen will. Also wirklich :-). Kommen wir zurück auf das Wesentliche. Wir erinnern uns: McDonald’s will mit dieser aufsehenerregenden und toll umgesetzten Imagekampagne Bewerbungen generieren. Ein hehres Ziel, aber wieso wird es potenziellen Azubis dann so schwer gemacht??
Der steinige Weg zur McDonalds-Bewerbung
Der arme potenzielle Azubi muss sich zig mal durch irgendwelche Formulare klicken, bis er am Ziel seiner Träume und McD selbst am Ziel der Bemühungen seiner Kampagne ist. Wie das geht, demonstriere ich einmal in 7 Schritten:
Warum wird es dem Bewerber denn so schwer gemacht?? Es geht doch einfacher!!! Klar, kann ich auf der ersten Seite (Bild Schritt 1 oben) auch den Link zur Jobbörse anklicken, wenn ich den denn finde. Machen aber wohl die wenigsten Schüler. Die wollen sich ja doch erst einmal über den potenziellen Arbeitgeber informieren.
Und dann sollte man ihnen den Zugang zu Informationen möglichst einfach machen. Das ist aber bei dieser Karriereseite definitiv nicht der Fall. Insbesondere die dynamischen Navigationselemente stellen den Bewerber vor eine echte Herausforderung und verlangen viel Geduld ab. Und wir erinnern uns: Zielgruppe Azubis. Immer noch. Die haben trotz all dem Hype um die Generation Y die Benutzung einer Website-Oberfläche nicht mit der Muttermilch aufgesogen. Ist so. Aber abgesehen davon: Warum wird an dieser Stelle nicht weiter gedacht und schon auf der Startseite eine Stellenbörse mit dynamischer Jobergebnisanzeige oder wenigstens im Nachgang ein nutzerfreundlicheres und zielgruppenorientiertes Formular angeboten?
Ist doch klar, dass ich kein Rentner bin, wenn ich mich als Azubi bewerbe. Ist doch klar, dass ich Vollzeit arbeite, wenn ich mich als Azubi bewerbe. Ist doch klar, dass ich als Azubi keine Sonderwünsche äußern kann, was meine Schichten angeht, schließlich gibt’s das Jugendarbeitsschutzgesetz. Ist doch klar, dass ich mich nicht auf einen Ferienjob bewerbe, wenn ich Azubi bei McDonalds werden will. Und darum geht es doch (wohlgemerkt, ich habe schon ziemlich zu Anfang angegeben, dass ich mich auf einen bestimmten Ausbildungsplatz bewerben möchte. Die folgenden Abfragen sind also überflüssig. Zudem besteht die Möglichkeit, weitere Bewerbungsunterlagen als Anhang mit mitzusenden. Auch die Frage nach Motivation etc. ist an dieser Stelle somit überflüssig, stelle ich diese doch im Anschreiben dar)!
Von wegen: “Mach deinen Weg!”
Ganz ehrlich, wenn ich Azubi wäre, käme ich mir deutlich verarscht vor, wenn mir jemand den Weg zur Bewerbung so schwer macht. Von wegen: “Mach deinen Weg!” Natürlich ist so ein Bewerbungsformular kein Einzelfall. Leider. Mitnichten. Wie Arbeitgeber Talente abschrecken, dazu haben an anderer Stelle schon Armin Trost und viele Kommentatoren (mittlerweile, Stand heute, 55!) ihre Meinung kundgetan. Aber warum ist denn das so? Warum wird nicht mehr nachgedacht, wenn solche Bewerbungsformulare konzipiert werden? Warum werden Tausende von Euro in eine schick anmutende Karriere-Website investiert, deren Inhalte sich aber auf den ersten Blick nicht erschließen lassen und die Benutzung erst erlernt werden muss? Natürlich ist die McDonalds-Karrierewebsite schick gemacht und vermittelt durch die übergroßen Mitarbeiterportraits Emotionen. Aber was nützt mir das als Bewerber, wenn sich mir wichtige Informationen unter Umständen nicht erschließen? Wie man es besser machen könnte, verrate ich gerne. Vertrauen Sie einfach auf meine jahrelange Erfahrung :-).
Ich bezweifele nicht, dass McD mit seiner Kampagne und auch über die Karriere-Website entsprechende Bewerbungen generiert. Ebenso bin ich aber davon überzeugt, dass sich sowohl Qualität als auch Quantität der Bewerbungen mit einer besseren Usability und entsprechend gestalteten Online-Formularen steigern lässt.
Warum also werden Millionen in die Hand genommen für eine Recruiting-Image-Kampagne, wenn doch alles wieder zunichte gemacht wird durch einen umständlichen, undurchsichtigen und abschreckenden Bewerbungsprozess? Ich verstehe es nicht. Jemand da draußen, der mir das erklären kann?
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Jochen Lecdimaec
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Birgit
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Personalmarketing unter Wettbewerbsperspektiven - Human Resource-Blog
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