Keine Jobs für die AfD: Sollten Stellenbörsen rechtsextreme Parteien unterstützen?

Lesezeit: 19 Min. RecruitingStellenanzeigen

Jobs der AfD sind heute auf deutschen Jobbörsen problemlos zu finden. Vor fünf Jahren stellte ich die Frage: Dürfen kommerzielle Plattformen eine vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestufte Partei unterstützen? Die Antwort war damals schon unbequem. Nach den Correctiv-Enthüllungen über Remigration, der zunehmenden Normalisierung von AfD-Narrativen, der nachgewiesenen Beschäftigung von Personen aus rechtsextremen Organisationen in AfD-Fraktionen und einem Höchststand rechtsextremer Straftaten ist sie heute brisanter denn je. Also habe ich erneut nachgefragt – u. a. bei StepStone, Indeed, der Bundesagentur für Arbeit, XING und anderen, ob sie Stellenangebote der AfD veröffentlichen. Das Ergebnis: Während einige Plattformen dem Rechtsextremismus klare Kante zeigen, verstecken sich andere hinter Allgemeinplätzen wie “Vielfalt” und “Neutralität”.

Doch was bedeutet Vielfalt, wenn es um eine Partei geht, die genau diese mit aller Macht bekämpft?

Sollten Stellenportale Jobs der AfD veröffentlichen? Ein Blick auf die Fakten

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns zunächst einmal anschauen, was für eine Partei die AfD tatsächlich ist. Diese Fakten ermöglichen eine objektive Einschätzung darüber, ob Jobportale ihre Infrastruktur für Stellenanzeigen dieser Partei bereitstellen sollten oder nicht. Die folgenden Zahlen und Belege zeigen eindeutig, dass die AfD nicht einfach nur irgendeine demokratische Partei mit kontroversen Positionen ist, sondern eine gesichert rechtsextremistische Organisation, die unsere Demokratie aktiv bekämpft.

AfD gesichert rechtsextrem

Die Fakten sprechen eine klare Sprache: Die AfD ist nicht nur bundesweit als gesichert rechtsextremistisch eingestuft, auch die Landesämter für Verfassungsschutz stufen die AfD-Landesverbände in Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg als gesichert rechtsextremistisch ein. Die Landesverbände Bayern, Bremen, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hessen werden als Verdachtsfälle beobachtet. Andere Landesämter äußern sich nicht öffentlich, ob sie ihren jeweiligen AfD-Landesverband beobachten.

Mehr als 100 Personen aus rechtsextremen Organisationen haben einen Job bei der AfD

Die Einstufung durch den Verfassungsschutz erhält durch Recherchen des Bayerischen Rundfunks zusätzliche Brisanz. Demzufolge beschäftigt die AfD-Fraktion mehr als einhundert Mitarbeiter, die in von deutschen Verfassungsschutzämtern als rechtsextrem eingestuften Organisationen aktiv sind. Unter ihnen befinden sich Aktivisten aus dem Umfeld der “Identitären Bewegung”, ideologische Vordenker aus der “Neuen Rechten” und mehrere Neonazis.

Die Personen werden namentlich in Verfassungsschutzberichten erwähnt, haben Führungspositionen in beobachteten Organisationen inne oder traten als Referenten beim als rechtsextremistisch eingestuften Institut für Staatspolitik (IfS) auf.

Mehr als 120 Millionen Euro kostet den Steuerzahler die rechtsextremen Bestrebungen

Besonders fatal ist, dass die AfD über 120 Millionen Euro an Steuergeldern erhält, wie Recherchen der Amadeu-Antonio-Stiftung zeigen. Gelder, die die demokratiefeindlichen Bestrebungen der Partei finanzieren: Davon allein 47,2 Millionen Euro für Mitarbeitergehälter, so die Recherche. Ein erheblicher Teil dieser Gelder fließt an Mitarbeiter, die in vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Organisationen aktiv sind.

Zwar verstößt die Anstellung bekannter Rechtsextremer gegen eine parteiinterne “Unvereinbarkeitsliste”, die eine Zusammenarbeit mit rechtsextremen Organisationen, wie bspw. “Identitäre Bewegung”, “Die Heimat” (ehemals NPD) oder “Freie Sachsen” untersagt, doch diese Liste gilt ganz offensichtlich nur auf dem Papier.

Kriminalität in den eigenen Reihen: 28 verurteilte Mandatsträger

Die Gewaltaffinität der AfD zeigt sich nicht nur in ihrem Umfeld, sondern auch innerhalb der Partei selbst. Laut CORRECTIV wurden in den vergangenen Jahren mindestens 28 Mandatsträger oder Mitarbeiter auf Kreis-, Landes- und Bundesebene erstinstanzlich verurteilt oder mit einem Strafbefehl belegt. Von diesen sind 14 Personen weiterhin im Amt. Die Partei toleriert also ganz offensichtlich Kriminelle in ihren Reihen.

“Ich behalte mein Personal, so wie es ist.” Quelle

Auch die Deliktstruktur kann sich sehen lassen. Dazu gehören gefährliche Körperverletzung, verbale Gewalt (Volksverhetzung, Beleidigung, Bedrohung), unerlaubter Waffenbesitz oder die Verwendung verfassungswidriger Symbole.

Dies sind beileibe keine bedauerlichen Einzelfälle, sondern sie dokumentieren anschaulich das Gewaltpotenzial der AfD. Verurteilte Gewalttäter erhalten weiterhin öffentliche Gelder. Fehlende Konsequenzen fördern die weitere Radikalisierung.

Der Brandstiftereffekt: Deutlicher Anstieg rechter Straftaten

Doch die Gewaltaffinität der AfD endet nicht an den Parteigrenzen, sondern wirkt zunehmend nach außen. So wurden laut Verfassungsschutzbericht (S. 8) im Jahr 2023 insgesamt 25.660 Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund registriert. Im Jahr 2024 stieg diese Zahl auf 37.835 – ein Anstieg um rund 48 Prozent gegenüber dem Vorjahr und der höchste Stand seit Einführung der Statistik im Jahr 2001. 

Auch die Zahl der rechtsmotivierten Gewaltdelikte ist deutlich gestiegen: Das BKA verzeichnete 2024 1.488 Gewalttaten (2023: 1.148), also rund vier pro Tag. Dazu zählen auch sechs versuchte Tötungsdelikte.

Die Rechtsextremismus-Expertin Martina Renner spricht von einer alarmierenden Entwicklung und weist darauf hin, dass die Zahl rechtsextremer Straftaten “in den vergangenen Jahren kontinuierlich um 20 bis 25 Prozent gestiegen sei”.

Zunehmend Angriffe mit rechtem, rassistischen oder antisemitischen Hintergrund

Auch die beim VBRG (Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt) organisierten Opferberatungsstellen haben Zahlen zum Ausmaß rechter, rassistischer und antisemitisch motivierter Gewalt.veröffentlicht. Demnach wurden im Jahr 2024 in zwölf von 16 Bundesländern insgesamt 3.453 Angriffe mit einem rechten, rassistischen oder antisemitischen Hintergrund registriert, bei denen 4.681 Menschen direkt betroffen waren.

Das bedeutet, dass täglich durchschnittlich zwölf Menschen Opfer rechter, rassistischer oder antisemitischer Gewalt werden. Mehr als die Hälfte aller Angriffe ist rassistisch motiviert. Besonders alarmierend ist der Anstieg von Angriffen auf sogenannte politische Gegner um mehr als zwei Drittel im Vergleich zum Vorjahr.

Die Beratungsstellen stellen außerdem wiederholt eine massive Untererfassung rechter Gewalt durch die Strafverfolgungsbehörden fest, selbst bei schweren Gewalttaten.

Tatmotive rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt - Quelle VBRG

Ein Zusammenhang zwischen dem Erstarken der AfD und zunehmender rechter Gewalt wird auch durch den Verfasssungsschutzbericht (S. 18) und empirische Forschung gestützt. So stieg bspw. das rechtsextremistische Personenpotenzial allein in der AfD von 10.200 Rechtsextremen im Jahr 2022 auf 20.000. Das ist eine Steigerung von nahezu 100 %.  

Rechtsextremismuspotenzial der AfD - Quelle Verfassungsschutzbericht 2024

Studien belegen das Gewaltpotenzial

Diverse Studien zeigen, wie populistische Rhetorik das gesellschaftliche Klima anheizt. So belegt die im Fachjournal PNAS (2023) veröffentlichte Untersuchung “Hate crime supporters are found across age, gender, and income groups and are susceptible to violent political appeals” u. a., dass rund ein Fünftel der Bevölkerung Gewalt gegen Geflüchtete befürwortet – und Kandidaten bevorzugt, die Schusswaffengewalt gegen Geflüchtete rechtfertigen.

Die Studie “The Illusion of Radical Right Partisan Stability: How Party Positioning Affects Radical Right Voting in Germany” zeigt, dass AfD-Wähler besonders stark auf migrationsfeindliche Botschaften reagieren.

Auch die Studie “Mitte, rechtsaußen oder rechtsdraußen? Bericht zu den Einstellungen der AfD-Anhängerschaft in der Mitte-Studie 2022/23” belegt die fortschreitende Radikalisierung der AfD-Anhängerschaft: Mehr als die Hälfte von ihnen billigt Gewalt zumindest teilweise, 21 Prozent vertreten ein geschlossen rechtsextremes Weltbild und neun von zehn zeigen fremdenfeindliche oder national-chauvinistische Einstellungen.

Die Studie Fanning the Flames of Hate: Social Media and Hate Crime wiederum zeigt, dass in Regionen mit hoher Online-Mobilisierung durch rechte Parteien und Akteure mehr Hassgewalt und fremdenfeindliche Übergriffe auftreten.

All diese Studien zeigen eines deutlich:

Die populistischen Parolen der AfD senken die Hemmschwelle für Gewalt und verschieben die Grenzen des Sag- und Machbaren mitten in die Gesellschaft hinein.

Deutlicher Anstieg rechter Angriffe in AfD-regiertem Landkreis

Wie das dann in der traurigen Realität aussieht, zeigt z. B. der thüringische Landkreis Sonneberg. Dort wurde im Juni 2023 erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik ein Politiker der Thüringer AfD, die als gesichert rechtsextrem eingestuft wird, zum Landrat gewählt. Die Opferberatungsstelle ezra dokumentierte anschließend einen deutlichen Anstieg rechter Angriffe – von vier im Jahr 2022 auf zwanzig im Jahr 2023, also eine Verfünffachung.

Auch in Sachsen, Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern ist ein Anstieg rechtsextremer Straftaten zu verzeichnen.

Was in Sonneberg und anderen AfD-Hochburgen geschieht, kann sich prinzipiell in jedem Landkreis und jedem Bundesland wiederholen, in dem die AfD kommunal oder regional an Einfluss gewinnt.

Demokratiefeindlichkeit in Zitaten

Die verfassungsfeindliche Ausrichtung der AfD zeigt sich nicht nur in Einstufungen, sondern auch in konkreten Aussagen ihrer Funktionäre. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat zahlreiche öffentlich nachvollziehbare Belege für die völkisch-nationalistische, rassistische und antidemokratische – kurz: verfassungsfeindliche – Ausrichtung der AfD zusammengestellt.

Ein weiteres Dokument, das die verfassungsfeindliche Ausrichtung der AfD veranschaulicht, ist eine rund 400 Seiten starke Analyse der Redebeiträge der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag mit dem Titel: “Aus Worten werden Taten“. Dafür wurden 21.880 Seiten Plenarprotokolle aus der Legislaturperiode von 2018 bis 2023 ausgewertet. Das Ergebnis:

“Die AfD-Fraktion vertritt ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild”.

So lautet das Fazit des rechtspolitischen Sprechers der Grünen-Fraktion. Demnach sei nicht nur einzelne Abgeordnete, sondern die Gesamtfraktion “nachweisbar verfassungsfeindlich“.

Was bedeutet “Remigration”?

Eigentlich bezeichnet Remigration (Rückwanderung) die Rückkehr von Migranten in ihr Herkunftsland bzw. an den Ausgangsort ihrer Migration. Im Sinne des von Martin Sellner entwickelten Konzepts wird Remigration von rechtsextremen Akteuren aber als politisches Programm verstanden, das auf die massenhafte Rückführung oder Ausgrenzung von Menschen mit Migrationshintergrund abzielt – auch solcher mit deutscher Staatsbürgerschaft. Ziel ist eine vermeintlich ethnisch “reine” oder “homogene” Gesellschaft. Bereits im Jahr 2018 schrieb der rechtskräftig verurteilte, rechtsextreme deutsche AfD-Politiker Björn Höcke in seinem Buch “Nie zweimal in den selben Fluss” von einem “großangelegten Remigrationsprojekt”, bei dem man “nicht um eine Politik der wohltemperierten Grausamkeit herumkomme“.

Bundesverwaltungsgericht: Remigrationsbegriff verstößt gegen die Menschenwürde und den Gleichheitsgrundsatz

Das Bundesverwaltungsgericht bewertet dieses Konzept in seinem “Compact-Urteil” (BVerwG 6 A 4.24) als menschenwürdewidrig, da es gegen die Menschenwürde (Art. 1 GG) und den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) verstößt. Es behandelt deutsche Staatsangehörige mit Migrationshintergrund nicht egalitär und zielt darauf ab, sie durch “Anpassungsdruck” und “maßgeschneiderte Gesetze” zu vertreiben. Zudem verletzt es das Demokratieprinzip (Art. 20 GG), da es darauf abzielt, einer Gruppe von Bürgern die gleichberechtigte politische Teilhabe zu entziehen. “Remigration” ist somit keine legitime Migrationspolitik, sondern ein mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unvereinbares Konzept, das gegen zentrale Verfassungsgrundsätze gerichtet ist.

Warum ich Ihnen all diese Zahlen und Fakten präsentiere? Um Ihnen zu zeigen, was für eine Partei die AfD ist und welchen Schaden sie unserer Demokratie zufügt. Und um die Frage zu stellen:

Sollten Stellenbörsen vor dem Hintergrund der genannten Fakten eigentlich Jobs der AfD veröffentlichen?

Jobs für die AfD: Stellenportale zwischen klarer Kante und Ausweichmanövern

Fünf Jahre nach meinem ersten Artikel zum Thema habe ich daher erneut nachgefragt: Wie gehen deutsche Jobbörsen mit Stellenanzeigen der AfD um? Die Antworten offenbaren eine bemerkenswerte Diskrepanz zwischen jenen, die eine klare Position beziehen, und jenen, die sich hinter Neutralitätsbegriffen verstecken.

Klare Kante: Plattformen, die sich gegen eine Veröffentlichung positionieren

Einige Plattformen haben erkannt, dass es in Zeiten gesichert rechtsextremistischer Bestrebungen keine neutrale Position geben kann. Dazu gehören StepStone, XING, der Stellenmarkt der ZEIT, Jobware, kimeta und nach einem dezenten Hinweis stellenanzeigen.de sowie andere Jobbörsen der Tenhil Gruppe.

StepStone

StepStone zeigt seit Jahren konsequente Haltung und sagt Nein zu Stellenanzeigend der AfD. Ein Sprecher erklärt:

“Stepstone veröffentlicht bereits seit Anfang 2021 keinerlei Stellenanzeigen der AfD. Das umfasst jegliche Jobs auf Bundes-, Regional- als auch Kommunalebene. Bei Stepstone fühlen wir uns der demokratischen Grundordnung verpflichtet, leben diese und setzen uns jeden Tag für sie ein. Vielfalt und Multikulturalität gehören zu den Grundsätzen der Unternehmenskultur.”

Bemerkenswert: StepStone hat offenbar nach meinem Artikel von 2020 die Notbremse gezogen und seine Position überdacht. Ein positives Beispiel dafür, dass kritische Auseinandersetzung Veränderung bewirken kann.

XING

XING verfolgt einen pragmatischen Ansatz und veröffentlicht grundsätzlich keine Stellenanzeigen einer politischen Partei:

“XING ist ein weltoffenes, internationales Unternehmen, dem demokratische Werte und Prinzipien wie freie Meinungsäußerung sehr wichtig sind. Bereits vor vielen Jahren haben wir entschieden, keine Veröffentlichung von Stellenanzeigen politischer Parteien auf der Plattform zu erlauben. Das gilt weiterhin und betrifft sämtliche Parteien in Deutschland.”

Zeit/academics

Der Stellenmarkt der Zeit (academics) setzt auf manuelle Prüfung und weist darauf hin, dass Stellenanzeigen der AfD bisher nicht veröffentlicht wurden:

“Für die Veröffentlichung von Stellenanzeigen im ZEIT Stellenmarkt und bei academics gelten klare Regeln und Prüfprozesse. Wir behalten uns auch vor, Anzeigen abzulehnen. Es gibt keine automatisierte Veröffentlichung […] jeder Kunde und jede Anzeige werden von unserem Ad-Management betreut und geprüft. Stellenanzeigen der AfD wurden in unseren Portalen bislang nicht veröffentlicht.”

Stellenanzeigen.de

Stellenanzeigen.de (TENHIL-Gruppe) handelt auf Basis der Verfassungsschutz-Einstufungen und sperrt Stellenanzeigend der AfD:

“Grundsätzlich gilt bei uns: Wir veröffentlichen keine politischen Anzeigen, sobald eine Partei oder Fraktion vom Bundes- oder Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird. Daher haben wir bereits in der Vergangenheit Anzeigen entsprechender AfD-Fraktionen konsequent gesperrt. Nachdem nun auch die AfD-Fraktion in Hessen als gesichert rechtsextrem eingestuft wurde, haben wir entschieden, auch deren Anzeigen nicht mehr zu veröffentlichen.”

Tatsächlich wurde die entsprechende AfD-Stellenanzeige nach meiner Anfrage offline genommen.

Jobware

Jobware schließt eine Veröffentlichung von Stellenanzeigen der AfD grundsätzlich aus, weist aber darauf hin, dass Irrläufer nicht vollkommen ausgeschlossen werden können. Allerdings macht das Unternehmen aus Paderborn seine Haltung vor allem durch Taten deutlich:

“Sollte uns heute eine Stellenanzeige der AfD übermittelt werden, würden wir diese nicht veröffentlichen. Gleichwohl lässt sich nicht vollständig ausschließen, dass über Drittanbieter oder automatisierte Feeds verdeckte Anzeigen unsere Sicherheitsmechanismen umgehen. Da Jobware weder ein Parteibetrieb noch eine staatliche Kontrollinstanz ist, können derartige Einzelfälle nicht gänzlich ausgeschlossen werden.

Unsere Haltung zeigt sich jedoch vor allem in unserer Unternehmenskultur: Wir beschäftigen Menschen unterschiedlichster Herkunft, Religion und sexueller Orientierung – darunter Migranten aus Pakistan, Indien und der Ukraine – und unterstützen sie aktiv bei ihrer Integration, beispielsweise durch Hilfe bei der Wohnungssuche und die Vermittlung von Deutschkursen.”

Kimeta

Kimeta, Deutschlands erste KI-gestützte Jobsuchmaschine (KI steht für „Künstliche Intelligenz“, Meta für „Metasuche“), hat ihren kompromisslosen Ansatz bis heute nicht geändert und veröffentlicht keine Jobs der AfD.

“Die AfD als Partei ist bei kimeta und bei allen Partnerportalen auf der Blacklist. Im Crawling werden Stellenanzeigen der AfD nicht in unseren organischen Index aufgenommen. Des Weiteren wird der Begriff “afd” bei Suchanfragen nicht berücksichtigt.”

Genauso sollte es sein.

Wer Jobs der AfD veröffentlicht und sich hinter Neutralität verschanzt

Andere Jobbörsen verstecken sich hinter Allgemeinplätzen und verweisen auf ihre “Neutralität” – als wäre Neutralität gegenüber Verfassungsfeinden eine vertretbare Position.

Indeed sagt “Ja” zu Jobs der AfD

Indeed veröffentlicht weiterhin Jobs der AfD. Man gibt sich betont neutral und verweist auf automatisierte Prozesse:

“Indeed ist eine Jobplattform, die unter anderem Stellenanzeigen aus dem Internet aggregiert. Dazu zählen gelegentlich auch Stellenanzeigen der AFD. Diese Anzeigen gelangen in der Regel über automatisierte Prozesse auf unsere Plattform. […] Unser Qualitätsmanagement arbeitet kontinuierlich daran, sicherzustellen, dass alle Inhalte unseren strengen Richtlinien entsprechen und keine diskriminierenden Inhalte enthalten, die gegen Gesetze wie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoßen. Wir konzentrieren uns dabei ausschließlich auf den Inhalt der Anzeige – unabhängig vom Arbeitgeber. Anzeigen, die gegen diese Grundsätze verstoßen, werden von unserer Plattform entfernt. Bei wiederholten Verstößen kann auch die Quelle der Anzeige gesperrt werden.”

Was übersehen wird: Es geht nicht um Verstöße gegen das AGG, selbst die AfD schreibt ihre Stellenanzeigen AGG-konform aus. Es geht um Verstöße gegen Menschenrechte und Demokratie. Auf die Frage, ob Indeed eine klare Haltung gegen extremistische Inhalte bezieht, weicht die Plattform aus:

“Indeed verzichtet auf eine parteipolitische Positionierung. Wir konzentrieren uns auf die Identifikation von Stellenanzeigen, die gegen unsere Richtlinien und die gesetzlichen Vorgaben verstoßen, und unser gesellschaftliches Engagement für eine gerechtere Arbeitswelt.”

Indeed verweist dann auf die Zusammenarbeit mit Tent Partnership for Refugees und die gemeinsame Durchführung von Jobmessen für Geflüchtete. Das alles geschehe vor dem Hintergrund des Indeed-Leitmotivs “We help all people get jobs“. Die kognitive Dissonanz ist bemerkenswert: Einerseits Geflüchtete unterstützen, andererseits einer Partei Reichweite geben, die Pläne zur Massenabschiebung und “Remigration” dieser Menschen verfolgt.

Tatsächlich finden sich aktuell (Stand 30.10.2025) AfD-Stellenanzeigen auf Indeed – die Plattform veröffentlicht also weiterhin Jobs der als gesichert rechtsextremistisch eingestuften Partei.

Jobbörse.de schließt eine Veröffentlichung von AfD-Stellenanzeigen nicht aus

Jobbörse.de formuliert ähnlich vage:

“jobbörse.de versteht sich als offene Plattform für die Veröffentlichung von Stellenanzeigen und verfolgt dabei eine neutrale Grundhaltung. Unser Ziel ist es, Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern unterschiedlicher Branchen die Möglichkeit zu geben, ihre vakanten Positionen sichtbar zu machen und passende Bewerberinnen und Bewerber zu erreichen.

Gleichzeitig sind wir an geltendes Recht sowie an unsere eigenen Plattformrichtlinien gebunden. Dies bedeutet, dass von uns jede Stellenanzeige – unabhängig vom Inserenten – vor der Veröffentlichung auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen und unserer redaktionellen Standards geprüft wird. Anzeigen, die diesen Anforderungen nicht entsprechen, werden nicht freigeschaltet. Auf diese Weise stellen wir sicher, dass jobbörse.de allen Beteiligten einen professionellen, rechtssicheren und diskriminierungsfreien Rahmen bietet, ohne dabei eine parteipolitische Position einzunehmen.”

Das klingt professionell, verschleiert aber die zentrale Frage: Ist Neutralität gegenüber Demokratiefeinden wirklich neutral – oder de facto Unterstützung?

Stellenanzeigen der AfD: Der Sonderfall Bundesagentur für Arbeit

Die Bundesagentur für Arbeit steht vor einem Dilemma. Als öffentliche Institution ist sie an rechtliche Vorgaben gebunden:

“Von der Vermittlung – und damit auch von ihrer Stellenbörse im Internet – ausschließen kann die Bundesagentur für Arbeit nur Stellen, die gegen ein Gesetz oder die guten Sitten verstoßen. Das ist eine gesetzliche Vorgabe. Stellenanzeigen von Parteien können wir daher nicht generell von der Vermittlung ausschließen. Das gesetzlich verankerte Neutralitätsgebot und der Gleichbehandlungsgrundsatz lässt zudem einen Ausschluss einzelner Parteien nicht zu – es sei denn eine Partei wird vom Bundesverfassungsgericht verboten.”

Gleichzeitig distanziert sich die Behörde klar:

“Als Bundesagentur für Arbeit distanzieren wir uns von jeglichem Extremismus. Alle unseren Beschäftigten sind bei ihrer Aufgabenwahrnehmung nicht nur zur staatlichen Neutralität verpflichtet, sondern auch dazu, für unsere freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten.”

Die BA sitzt in der Zwickmühle: Rechtlich gebunden, politisch distanziert. Ihre Kooperationspartner sind allerdings frei, AfD-Stellenanzeigen nicht anzuzeigen – ein Hinweis darauf, dass es Handlungsspielräume gibt.

Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet (fadenscheinige) Gründe.

Die Beispiele zeigen: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Plattformen, die sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sind, finden Wege, keine Stellenanzeigen der AfD zu veröffentlichen. Jene, die sich hinter “Neutralität” und “automatisierten Prozessen” verstecken und Jobs der AfD veröffentlichen, stellen de facto Infrastruktur für eine verfassungsfeindliche Partei bereit.

Zum Zeitpunkt der Recherche (30.10.2025) sind Stellenangebote der AfD bei diversen weiteren Jobbörsen zu finden.

Jobs der AfD bei indeed, JobNinja, Beck Stellenmarkt

Wenn “Vielfalt” zur leeren Phrase wird

Lassen wir die Fakten noch einmal nebeneinander stehen:

Die AfD ist eine Partei,

  • die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wurde
  • in deren Reihen über 100 Mitarbeiter aus rechtsextremen Organisationen und 28 verurteilte Mandatsträger arbeiten
  • die ein ethnisch-abstammungsmäßiges Volksverständnis vertritt, das Menschen aufgrund ihrer Herkunft die Gleichwertigkeit abspricht
  • deren Aufstieg nachweislich mit einem dramatischen Anstieg rechtsextremer Gewalt einhergeht
  • die Pläne zur sogenannten “Remigration” entwickelt, die auch deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund betreffen würden

Und nun die Selbstdarstellung jener Plattformen, die weiterhin AfD-Stellenanzeigen veröffentlichen oder über automatisierte Prozesse zulassen:

Sie werben mit Engagement für “eine gerechtere Arbeitswelt”, unterstützen Geflüchtete bei der Jobsuche, versprechen einen “diskriminierungsfreien Rahmen” und betonen ihre Werte wie Vielfalt und Gleichberechtigung.

Wie passt das zusammen?

Wie kann eine Plattform einerseits Geflüchtete bei der Jobsuche unterstützen, andererseits aber gleichzeitig einer Partei Reichweite geben, die genau diese Menschen als “Scheinasylanten” diffamiert und ihre “Remigration” plant?

Wie kann eine Plattform einen “diskriminierungsfreien Rahmen” versprechen, während sie Stellenanzeigen einer Partei veröffentlicht, die auf einem Menschenbild basiert, das ganze Bevölkerungsgruppen systematisch diskriminiert und entrechtet?

Die unbequeme Wahrheit lautet: Diese Positionen sind nicht miteinander vereinbar.

Neutralität als Feigenblatt

“Wir konzentrieren uns ausschließlich auf den Inhalt der Anzeige – unabhängig vom Arbeitgeber”: Dieses Argument kehrt in den ausweichenden Antworten der Plattformen wieder und verschleiert einen grundlegenden Denkfehler. Es suggeriert, eine Stellenanzeige existiere im luftleeren Raum, losgelöst von der Organisation, die sie schaltet.

  • Jede veröffentlichte AfD-Stellenanzeige stärkt die Rekrutierungsfähigkeit einer verfassungsfeindlichen Partei
  • Jede geschaltete Anzeige erhöht die Sichtbarkeit und Normalisierung der AfD im öffentlichen Raum
  • Jede bereitgestellte Infrastruktur hilft beim Aufbau von Personal, das an der Demontage der Demokratie arbeitet

Die Frage ist nicht, ob eine einzelne Stellenanzeige formell gegen das AGG verstößt. Die Frage ist:

Welche Rolle spielt eine Jobbörse in einer Demokratie, die die AfD abschaffen will?

Wer sich nicht klar gegen Rechtsextremismus positioniert, positioniert sich durch sein Schweigen oder seine Taten.

Wer Infrastruktur für eine demokratiefeindliche Partei bereitstellt – und sei es “nur” eine Stellenbörse – trägt zu deren Funktionsfähigkeit bei.

Das ist keine Neutralität. Das ist eine (falsche) Entscheidung.

Ein klare Haltung ist möglich

StepStone, XING, Kimeta und andere beweisen es: Eine klare Haltung ist möglich. So hat StepStone 2021 die Notbremse gezogen und seither keine einzige AfD-Stellenanzeige mehr veröffentlicht – “auf Bundes-, Regional- als auch auf Kommunalebene”. Die Begründung: “Bei StepStone fühlen wir uns der demokratischen Grundordnung verpflichtet, leben diese und setzen uns jeden Tag für sie ein.”

Kimeta hat technische Lösungen implementiert: AfD-Anzeigen werden nicht indiziert, die Suche nach dem Begriff liefert keine Ergebnisse.

Das ist keine parteipolitische Positionierung. Das ist die Verteidigung der Grundlagen, auf denen unser Zusammenleben basiert.

Vielfalt als Marketingversprechen oder gelebte Haltung?

Begriffe wie “Vielfalt” und “Diskriminierungsfreiheit” durchziehen die Unternehmenskommunikation vieler Plattformen. Doch diese Werte werden zur hohlen Phrase, wenn sie nicht konsequent umgesetzt werden.

Vielfalt bedeutet nicht nur, Menschen unterschiedlicher Herkunft einzustellen. Vielfalt bedeutet auch, jene nicht zu unterstützen, die Vielfalt bekämpfen.

Diskriminierungsfreiheit bedeutet nicht nur, AGG-konforme Stellenanzeigen zu prüfen. Diskriminierungsfreiheit bedeutet auch, keine Plattform für Organisationen zu sein, deren Grundhaltung auf Diskriminierung basiert.

Wer diese Werte ernst nimmt, muss handeln.

Wer sie nur als Marketingversprechen nutzt, macht sich unglaubwürdig.

Vielfalt bedeutet nicht nur, Menschen unterschiedlicher Herkunft einzustellen. Vielfalt bedeutet auch, jene nicht zu unterstützen, die Vielfalt bekämpfen.

Die Wahrheit ist unbequem, aber eindeutig:

Jobbörsen, die Stellenanzeigen der AfD veröffentlichen, können nicht gleichzeitig glaubwürdig für Vielfalt, Gleichberechtigung und eine diskriminierungsfreie Arbeitswelt stehen.

Die Zeit der Ausflüchte ist vorbei.

Unternehmen zeigen klare Kante und sagen nein zur AfD

Während große Jobbörsen noch über “Neutralität” diskutieren, haben einzelne Arbeitgeber längst eine Entscheidung getroffen: Sie zeigen in ihren Stellenanzeigen klare Haltung gegen Rechtsextremismus und schließen AfD-Sympathisanten explizit aus.

Wenn Stellenanzeigen zu Bekenntnissen werden

Bei meiner Recherche habe ich auch Lichtblicke erlebt: Unternehmen, die ihre Stellenausschreibungen um unmissverständliche Formulierungen wie diese ergänzen:

“In unserem Unternehmen haben Rassismus, Diskriminierung und Demokratiefeindlichkeit keinen Platz. Anhänger der AfD und ähnlicher Gruppierungen bitten wir von einer Bewerbung abzusehen.”

“Wir bitten Antidemokrat*innen von einer Bewerbung abzusehen.”

“No Place for Homophobia, Fascism, Sexism, Racism, Hate, AfD.”

Solche oder ähnliche Passagen sind in Stellenanzeigen kein Einzelfall. Aber es sind noch viel zu wenig. Egal, welcher Branche oder wie groß das Unternehmen ist, wer auf diese Weise klare Kante gegen rechte Hetze zeigt, betreibt keine bloße Symbolpolitik, sondern zeigt gelebte Unternehmenskultur.

Mehr als Worte: Haltung als Arbeitgebermarke

Diese Unternehmen haben es verstanden. Ihre Positionierung gegen Rechtsextremismus ist kein politisches Statement, sondern ein Bekenntnis zu den Werten, die ihre Belegschaft täglich lebt.

Wer in diversen Teams arbeitet, wer Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Ländern, Kulturen und mit unterschiedlichen Biografien schätzt, für den ist die Abgrenzung zur AfD keine politische Frage, sondern eine Selbstverständlichkeit.

Schließlich ist kein Unternehmen verpflichtet, Menschen einzustellen, deren Werte nicht zu denen der Organisation passen.

Vorbilder für eine Branche

Während sich Jobbörsen hinter Neutralität verschanzen, zeigen diese Arbeitgeber, was möglich ist. Sie beweisen:

Man kann eine klare Position beziehen, wenn man dies wirklich will.

Die Frage bleibt: Wenn einzelne Unternehmen den Mut haben, sich klar zu positionieren – warum fehlt er dann den großen Plattformen, die sich doch so gerne als Vorreiter für Vielfalt und Chancengleichheit inszenieren?

 

Kommentare (2)

Christine Stock

Danke für diesen ausführlichen Überblick und die gute Recherche in der Vorarbeit!

personalmarketing2null

Gern geschehen und vielen Dank zurück!

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Moin! Ich bin Henner Knabenreich. Als Recruiting-Aktivist und Arbeitgebermarkenauftrittsoptimierer helfe ich Unternehmen, mit einer wertschätzenden und menschenzentrierten Ansprache passende Mitarbeiter zu finden. Mein Fokus: Karriereseiten, Stellenanzeigen und eine Bewerbungsarchitektur, die aus Interessenten Bewerber macht. Mein Wissen teile ich auch als Speaker, Personalmarketing-Coach, Berater und als Fachbuchautor der weltweit ersten Bücher über Karriereseiten und Google for Jobs. Ich hinterfrage den Status quo, lege gern den Finger in die Wunde und sage, was ich denke – und nicht, was alle hören wollen. Sie möchten mich für einen erfrischenden Vortrag buchen, eine wirklich funktionierende Karriereseite aufbauen, suchen einen Sparringspartner für Employer Branding oder wollen mit bewerberzentrierten Stellenanzeigen punkten? Dann kontaktieren Sie mich gern per E-Mail oder LinkedIn – ich freue mich auf Sie!
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