16. Juli 2025
Faktencheck: Reverse Proxy vs. API für Jobs & Karriereseiten
Lesezeit: 17 Min.
Karriere-WebsitesRecruiting
Die Frage, wie Jobs am besten in die eigene Karriereseite integriert werden, führt oft zu einer grundlegenden technischen Diskussion: Reverse Proxy oder API? Da eine Suche nach “Wie integriere ich die Jobs in meine Karriere-Website?” oder “Was ist besser: Reverse Proxy oder API?” zu keinem befriedigenden Resultat führt und dieses Thema auch in unserem jüngsten Webinar mit Jan Kirchner von der Wollmilchsau aufkam, ist es an der Zeit, dies zu ändern.
Zu diesem Zweck werfe ich einen Blick auf den zu diesem Thema einzigen und viel beachteten Beitrag eines großen Bewerbermanagementsystem (BMS/ATS)-Anbieters. Mein Faktencheck stellt die dort getroffenen Aussagen auf die Probe, prüft, ob die dargestellten Alternativen dem heutigen Stand der Technik entsprechen, und soll eine fundierte Entscheidungsgrundlage schaffen.
Was ist ein Reverse Proxy?
“Reverse Proxy (auch bekannt als SSI “Server side includes”)
Dies ist unter SEO-Gesichtspunkten und Komfort-Aspekten die beste Variante, um das Jobportal der externen Recruiting-Software in die Unternehmens-Homepage einzubinden.” [1]
So heißt es in einem viel beachteten Artikel von rexx Systems, der die Integration von Karriereportalen beleuchtet. Die darin getroffenen Aussagen, insbesondere die Gleichsetzung von Reverse Proxy und Server Side Includes (SSI), erfordern jedoch eine genauere Betrachtung.

Tatsächlich handelt es sich hierbei um zwei unterschiedliche Technologien mit verschiedenen Aufgaben. Ein Reverse Proxy leitet Anfragen weiter, während SSI dazu dient, Inhalte in Webseiten einzubinden.
Aber das nur am Rande. Viel wichtiger als alle technischen Definitionen sind für Unternehmen jedoch die praktischen Auswirkungen und sichtbaren Ergebnisse der beworbenen Methode, bei der ein von rexx fertig gestaltetes Karriereportal unter der Kunden-Domain gespiegelt wird. Und hier zeigen sich in der Praxis die eigentlichen Herausforderungen – von mangelnder Markenkonsistenz über erhebliche Barrieren für Bewerber bis hin zu versteckten SEO- und Recruiting-Nachteilen.
Keine Markenkonsistenz: Probleme des Reverse Proxy-Ansatzes
“Vereinfacht gesagt, werden bei dieser Methode durch den Proxy die Inhalte der Unternehmens-Homepage und der Recruiting-Software zusammengeschnitten. Dabei spiegelt der Proxy die Jobportal-Seite der externen Recruiting-Software so, dass sie zum eigenen Inhalt der Unternehmensseite wird. […] Alle öffentlich sichtbaren Komponenten der Recruiting-Software – von der Stellenanzeige über das Bewerbungsformular bis zum Login-Portal für den Bewerber – sind damit nahtlos in die Unternehmens-Homepage integriert.” [3]
Die Formulierung, ein Reverse Proxy würde Inhalte so “spiegeln”, dass sie nahtlos zum eigenen Inhalt werden, hält einer genaueren Prüfung nicht stand. Der Begriff “Spiegeln” suggeriert eine perfekte 1:1-Kopie Ihrer Webseite. Die Realität ist jedoch eher ein Kompromiss, der vor allem in zwei Punkten problematisch werden kann: bei der User Experience und bei der visuellen Markenführung.
Bruch in der User Experience
Selbst bei optisch ansprechenden Implementierungen gibt es oft klare Signale für den Nutzer, dass er unbemerkt das System gewechselt hat. Das auffälligste Merkmal ist der doppelte Cookie-Banner:
Gerade noch hat ein potenzieller Bewerber auf Ihrer Haupt- oder Karriereseite allen Cookies zugestimmt. Klickt er nun auf den Link zum Stellenportal, erscheint ein weiterer, anders gestalteter Cookie-Banner. Spätestens hier wird klar: “Ich befinde mich auf einer anderen Plattform.” Dieser Bruch im Nutzerfluss stellt eine unnötige Hürde dar.

Die visuelle Markeninkonsistenz
Auch wenn eine optische Annäherung gelingt, wird die ursprüngliche Corporate-Design-Gestaltung selten vollständig übertragen. Details in Typografie, exakten Farbverläufen, Menüstrukturen oder interaktiven Elementen weichen oft deutlich vom Original ab.
Das Ergebnis ist eine Karriereseite bzw. ein Stellenportal, die wie eine „Kopie der Kopie” wirkt – erkennbar ähnlich, aber nicht auf dem gleichen Qualitätsniveau wie die Unternehmens-Website. Unternehmen erhalten eine Karriereseite, die zwar ähnlich aussieht, aber nicht die präzise Markenerfahrung bietet, die Bewerber gewohnt sind.

Technische Inkonsistenz mit Folgen
Noch problematischer kann sich fehlende technische Markenkonsistenz auswirken. Selbst wenn eine Seite für das Auge passabel aussieht, kann die zugrunde liegende technische Struktur oft inkonsistent oder fehlerhaft sein – was sich bspw. in der Header- oder Footer-Navigation zeigen kann.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Unternehmen erhalten mit dieser Methode keinen nahtlosen Teil ihrer eigenen Webseite, sondern bestenfalls eine optisch angenäherte Kopie, die den technischen Standards jedoch nicht genügt. Das Stellenportal wird so der eigenen Arbeitgebermarke nicht gerecht. Stichwort: Signaltheorie!
Vom kritisierten XML-Export zu den Vorteilen einer modernen API-Architektur
Nachdem ich die praktischen Auswirkungen, Risiken und Nebenwirkungen der Reverse-Proxy-Lösung dargestellt habe, ist es wichtig, auch die im Artikel vorgestellten Alternativen zu bewerten. Der Artikel konzentriert sich in seiner Kritik auf den sogenannten „XML-Export/Import“.
“XML-Export/Import & RSS Feed (nicht empfohlen!)
[…] Die XML-Variante wird häufig als angeblich tolle Lösung von Web-Agenturen ins Spiel gebracht…” [1]
Diese Methode stellt eine grundlegende Form des Datenaustauschs dar. Für einen zeitgemäßen und für Unternehmen relevanten Vergleich ist es jedoch entscheidend, auch die moderne Weiterentwicklung zu betrachten: die Integration über eine API-Architektur.
Um diesen wichtigen Unterschied zu verstehen, müssen wir zunächst einmal zwei Begriffe sauber trennen:
- XML (eXtensible Markup Language) ist ein standardisiertes Datenformat. Es ist wie eine universelle Sprache, die sicherstellt, dass verschiedene Computersysteme Daten (wie Stellentitel, Aufgaben oder Anforderungen) eindeutig verstehen können.
- API (Application Programming Interface) ist die eigentliche Schnittstelle. Sie ist das Regelwerk, das festlegt, wie zwei Systeme miteinander kommunizieren. Die API definiert, welche Anfragen gestellt werden können und in welchem Format die Antworten geliefert werden.
Diese Technologien sind keine Gegensätze, sondern Partner: Eine API nutzt ein Datenformat wie XML (oder heute häufiger JSON), um Informationen zu transportieren. Sie ist die Basis für eine flexible, moderne Bewerbungsarchitektur.
Während einige Kritikpunkte am einfachen XML-Export zutreffen mögen, werden sie im Artikel oft auf die moderne API-Integration übertragen, obwohl diese fundamental anders funktioniert. Im Folgenden werde ich daher die häufigsten Mythen und Argumente aufgreifen und sie mit den Vorteilen einer zeitgemäßen API-Lösung vergleichen.
Mythos 1: “Der Nachbau von Komfortfunktionen ist eine Belastung”
“Dazu kommt, dass das Unternehmen alle Komfortfunktionen des externen Jobportals […] auf der Unternehmens-Homepage nachbauen muss: Z.B. den Jobalert […], Such- und Filter-Möglichkeiten, Empfehlungsfunktionen usw.” [1]
Faktencheck: Diese Aussage ignoriert, dass eben genau diese Standard-“Komfortfunktionen” oft eine unterdurchschnittliche User Experience bieten (etwa intransparente Filter, keine Möglichkeit, Filter zurückzusetzen, schlechte Standortsuche und in Summe frustrierende Null-Ergebnisse).

Eng verknüpft mit einer positiven Candidate Experience ist die technische Performance. Auch hier weist die als “komfortabel” beworbene Lösung Schwächen auf.
- Die eingebaute Performance-Bremse: Die beworbene Stellenportal-Lösung lädt standardmäßig alle verfügbaren Jobs (bis zu 100) auf einmal, anstatt sie bei Bedarf nachzuladen (ein entsprechender Screenshot würde hier den Rahmen sprengen). Bei Unternehmen mit vielen Stellen führt dies zu deutlich längeren Ladezeiten als nötig. Insbesondere für mobile Bewerber kann das ein K.o.-Kriterium sein.
- Der Kontrollverlust: Sie sind von der unzureichenden Performance der Anbieter-Lösung abhängig. Eine API-Lösung hingegen ermöglicht das sukzessive Nachladen von Inhalten (“Mehr laden”). So wird die Performance und die UX deutlich verbessert und die Absprungrate kann reduziert werden.
Die Möglichkeit, Funktionen selbst entwickeln zu können, ist also alles andere als eine Belastung.
Es bedeutet vielmehr die Freiheit, es von Anfang an richtig und kandidatenzentriert zu machen.
Dank API-Integration können Sie z. B. intelligente Filter mit Live-Anzeige der Anzahl offener Stellen und eine visuell ansprechende Stellensuche (inkl. Stellenliste) implementieren. Zudem können Sie das sukzessive Nachladen der Jobs sicherstellen. All dies geht weit über die starren Möglichkeiten des Standard-Portals hinaus. Gleiches gilt für ein Job-Abo oder eine Favoritenfunktion.
Mythos 2: “Der Bewerbungsprozess hat immer einen Medienbruch”
“Im Online-Bewerbungsformular steckt zu viel “Intelligenz” der Recruiting-Software, die nicht via XML nachgebaut werden kann. Das führt dazu, dass ein Bewerber nach der Sichtung der via XML eingebetteten Stellenanzeige zum Bewerben auf ein externes Bewerbungs-Formular der Recruiting-Software umgeleitet werden muss …” [1]
Faktencheck: Auch diese Darstellung entspricht nicht der Realität. Das exakte Gegenteil ist der Fall. Eine API-Architektur ermöglicht es, ein maßgeschneidertes, optimiertes und vollständig barrierefreies Bewerbungsformular direkt auf Ihrer Karriereseite zu integrieren. Der Kandidat verlässt zu keinem Zeitpunkt die vertraute Umgebung Ihrer Karriereseite.
Eine nahtlose Candidate Experience ohne jeglichen Medienbruch ist der größte Hebel zur Maximierung Ihrer Conversion Rate.
Mythos 3: “API-Integration bedeutet eine erhebliche Prozessstörung”
“Der XML-Import erfolgt zyklisch […] Ist der Updatezyklus entsprechend groß, ist es für den Recruiter eine erhebliche Prozessstörung, auf die Aktualisierung der Stellenanzeige auf der Homepage zu warten.” [1]
Faktencheck: Diese Darstellung ist irreführend. Das Ziel scheint zu sein, Recruiter bewusst zu verunsichern. Eine moderne API-Architektur verbessert und erleichtert den Prozess erheblich.
Kontrollierte, performanceoptimierte Updates
Richtig ist, dass eine API-basierte Karriereseite die Daten zyklisch, also in regelmäßigen, kurzen Intervallen, abruft. Dies geschieht jedoch nicht aus technischer Rückständigkeit, sondern aus gutem Grund:
- Qualitätssicherung durch Datenanreicherung: Zwischen dem Abruf der Rohdaten aus dem ATS und der Veröffentlichung auf der Karriereseite findet ein entscheidender “Veredelungsprozess” statt. Fehlende, aber essenzielle Informationen (wie exakte Geokoordinaten und vollständige Adressdaten, Einstiegslevel, Fachbereiche etc.) werden im Hintergrund automatisiert ergänzt, harmonisiert und für den Nutzer optisch ansprechend aufbereitet. Dieser Schritt stellt die Auffindbarkeit der Stellenanzeige sicher und sorgt für eine optimale User Experience (UX).
- Performance-Optimierung: Statt jede einzelne Änderung sofort live zu schalten, werden die Daten gebündelt verarbeitet und für maximale Ladegeschwindigkeit optimiert. Dies garantiert eine schnelle Karriereseite für die Bewerber und Ihnen eine bessere Conversion.
Prozess-Erleichterung statt Störung:
Wenn die Rede von einer “erheblichen Prozessstörung” ist, so liegt diese eher in den starren Grenzen eines geschlossenen ATS-Systems, nicht in einer API-Integration. Denn diese sprengt diese Grenzen und ermöglicht Automatisierungen, die die Arbeit von Recruitern massiv erleichtern. Der Recruiter muss sich nicht um die manuelle Eingabe aller SEO-relevanten Daten oder um die Harmonisierung von Kategorien, Bildern oder Icons kümmern – das funktioniert dank API ganz automatisch im Hintergrund.
Kontrollierte Update-Zyklen sind also der Garant für eine qualitativ hochwertige, performante und optimal auffindbare Stellenanzeige, die Recruiter mit den limitierten Bordmitteln eines ATS allein niemals erstellen könnten.
Mythos 4: „API-Integration zerstört das Tracking“
“Zudem werden bei einem XML-Export/Import die Tracking- und Statistikfunktionen der Recruiting-Software unterlaufen. […] Das bedeutet, dass sämtliche Funktionen zur Analyse des Stellenanzeigen-Traffics und der Conversion seitens der Recruiting-Software beim XML-Verfahren nicht mehr funktionieren.” [1]
Faktencheck: Diese Behauptung verdreht die Realität. Sie verlieren nicht das Tracking, Sie gewinnen die vollständige Datenhoheit. Anstatt auf die limitierte Statistik des ATS angewiesen zu sein, ermöglicht eine API-Architektur volle Kontrolle über den gesamten Bewerber-Funnel und ein sauberes Tracking. So können Sie genau analysieren, warum Kandidaten abbrechen, den Return on Investment (ROI) Ihrer Recruiting-Kanäle endlich wirklich messen und den Prozess datengestützt optimieren. Eine Detailtiefe, die ein geschlossenes ATS-System niemals bieten könnte.
Mythos 5: “API-Integration schränkt die Nutzung von ATS-Tools ein und ist unflexibel”
“Bei einer XML-Realisierung […] entfallen wesentliche Mehrwerte, die nicht oder nur mit erheblichem Aufwand kompensierbar sind. Aufgrund der vielfältigen Nachteile ist von einer XML-Import-Lösung zur Darstellung der vom ATS gelieferten Stellenanzeigen […] deutlich abzuraten.” [1]
Faktencheck: Hier wird die Realität mal eben komplett auf den Kopf gestellt. Tatsächlich bietet die API-Architektur ein Höchstmaß an Flexibilität und Unabhängigkeit.
- Absolute Unabhängigkeit vom ATS-Anbieter (kein Vendor Lock-in): Während die Reverse Proxy-Lösung Kunden fest an die starre Lösung bindet, entkoppelt eine API Ihre Karriereseite vollständig vom BMS. Sie können in Zukunft ohne Probleme das Bewerbermanagementsystem wechseln, ohne Ihre teuer entwickelte Karriereseite neu bauen zu müssen. Das spart erhebliche Kosten und Aufwände.
- Möglichkeit, mehrere Systeme zu integrieren: Größere Unternehmen nutzen oft verschiedene Bewerbermanagementsysteme für unterschiedliche Standorte, Länder oder Abteilungen. Nur eine API-Architektur macht es möglich, die Daten aus all diesen Systemen zu harmonisieren und auf einem zentralen, einheitlichen Karriereportal darzustellen – ohne Medienbrüche. Die im Artikel beschriebene Reverse-Proxy-Lösung kann dies nicht leisten.
- Nutzung des ATS-Ökosystems: Die Behauptung, dass erweiterte Tools nicht mehr funktionieren, ist irreführend. Kernfunktionen wie Multiposting oder die Übergabe der Bewerberdaten an das BMS sind in der Regel Backend-Prozesse. Solange das ATS eine saubere API anbietet, bleiben diese Funktionen auch bei einer individuell gestalteten Karriereseite ohne Probleme nutzbar.
Pauschale Vorurteile gegenüber Digitalagenturen
“Aufgrund fehlender technischer Kenntnisse verweigern IT-/Agentur-Dienstleister leider jedoch häufig die Umsetzung von Reverse Proxy Lösungen.” [1]
“Bei den Agenturen ist aber in der Regel das notwendige Verständnis für eine unter Recruiting- und Conversion-Aspekten ideale Umsetzung nicht gegeben.” [1]
Faktencheck: Diese herablassende Pauschalkritik gegenüber Digitalagenturen ist nicht nur unprofessionell, sondern dient offensichtlich auch dazu, von den eigenen Schwächen abzulenken. Die Realität ist deutlich differenzierter:
- Es gibt einen wahren Kern: Ja, eine generalistische Web-Agentur, die den Karrierebereich bei einem Relaunch nur „mitmacht“, besitzt oft nicht die nötige Tiefe im Recruiting und der Candidate Experience.
- Die Ironie: Dieses mangelnde Verständnis für kandidatenzentrierte UX findet sich ironischerweise bei vielen BMS-Anbietern selbst wieder. Ein kurzer Blick auf die unzähligen umständlichen und frustrierenden Standard-Bewerbungsportale in Deutschland belegt dies eindrucksvoll.
- Der eigentliche Unterschied – Beratung vs. Verkauf: Während rexx naturgemäß die eigenen Produkte verkaufen muss, können unabhängige, spezialisierte Agenturen technologieneutral beraten. Ihr Ziel ist es, die für den Kunden und dessen Recruiting-Ziele beste Lösung zu finden, anstatt auf die Grenzen eines einzigen Produktportfolios beschränkt zu sein.

Die Behauptung ist also keine objektive Kritik, sondern der Versuch, unabhängige Berater zu diskreditieren, die im Zweifelsfall eine bessere, flexiblere Lösung oder eine zeitgemäße Form der Umsetzung empfehlen würden.
Die Praxis-Falle: Die Hürden der Reverse Proxy-Integration
Was im zitierten Artikel als simple Lösung dargestellt wird, kann sich in der Praxis oft als komplexes und kostspieliges Unterfangen entpuppen. Ein realer Fall aus der HubSpot Community zeigt dies exemplarisch: Hier scheitert ein Entwickler bei dem Versuch, das angepriesene System per Reverse Proxy zu integrieren, an einer Reihe technischer Hürden wie Domain-Management und SSL-Zertifikaten.
Erfahrene Agenturen raten in der Regel also nicht aus wegen “fehlender technischer Kenntnisse” von diesem Weg ab, sondern aus professioneller Verantwortung, um Kunden genau vor solchen im Beispiel gezeigten kostspieligen Sackgassen zu bewahren.
Der große SEO-Faktencheck: Kontrolle vs. Kannibalisierung
“Dies ist unter SEO-Gesichtspunkten […] die beste Variante, um das Jobportal der externen Recruiting-Software in die Unternehmens-Homepage einzubinden.” [1]
Der Artikel bewirbt seine Lösung als „unter SEO-Gesichtspunkten […] beste Variante“ und stellt die eigene Job-Plattform „finest jobs“ als zusätzlichen Reichweiten-Booster dar. Die Analyse zeigt jedoch, dass diese Versprechen nicht nur irreführend sind, sondern einen fundamentalen Interessenkonflikt verschleiern, der der SEO-Performance der Kunden empfindlich schaden kann.
SEO-Mythos 1: “Die Proxy-Lösung ist die beste Variante für SEO”
„Weist die Unternehmens-Homepage in den Suchmaschinen ein gutes Ranking auf, so wird das auf das Jobportal und die Online-Stellenanzeigen vererbt.“ [1]
Faktencheck: Dieses Argument ist nur bedingt richtig. Richtig ist, dass die Anzeige unter Ihrer Domain oder zumindest unter einer Domain, die Ihren Namen trägt, erscheint. Die Annahme, dies sei ausreichend für eine optimale SEO-Performance, ist jedoch falsch. Zudem konkurriert die eigene Karriereseite häufig mit dem separaten rexx-basierten Stellenportal und der rexx-eigenen Jobbörse „finest jobs“ um dieselben Keywords, wobei das rexx-Portal oft besser rankt und die eigene Seite an Reichweite verliert.
SEO-Mythos 2: “Die eigene Job-Plattform ‚finest jobs‘ bringt zusätzliche Reichweite”
“Die von rexx systems betriebene Jobbörse finest-jobs.com sorgt durch kostenlose Stellenanzeigen für zusätzliche Reichweite Ihrer Stellenangebote, die über die rexx Recruitment Software publiziert werden.” [2]
Faktencheck: Grundsätzlich ist die Aussage erst einmal richtig. Für zusätzliche Reichweite sorgt das Portal und nutzt dafür Tausende Jobs der Kundenunternehmen. Aber was als kostenloser Reichweiten-Booster verkauft wird, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als klarer Nachteil und Angriff auf Ihre Markenhoheit.
SEO-Kannibalisierung: Sie bezahlen Ihren stärksten Konkurrenten
Dass die Stellenanzeigen der Kunden nicht nur auf deren Karriereseiten, sondern parallel auch auf der eigenen Jobbörse „finest jobs” ausgespielt werden, schafft einen direkten Interessenkonflikt: Denn Ihre eigene Karriereseite konkurriert in Google nun um dieselben Suchbegriffe mit dieser Jobbörse. Da die Plattform des Anbieters durch die Bündelung tausender Stellen eine höhere Autorität bei Google aufbaut, gewinnt sie diesen Kampf oft.
Im Klartext: Sie bezahlen mit geringerer Sichtbarkeit und Reichweite dafür, dass Ihr eigener Dienstleister zum stärksten Konkurrenten um den Traffic für Ihre eigenen Stellen wird. Keine schöne Vorstellung, oder?
Bewerber-Kannibalisierung: Die Entführung Ihrer Kandidaten
Beim Bewerbungsformular wird die Problematik noch deutlicher. Standardmäßig wird dem Bewerber neben dem normalen CV-Upload die Option „Mit finest jobs-Profil bewerben” angeboten. Klickt der Nutzer darauf, wird er auf eine Log-in-Seite im Corporate Design von „finest jobs” weitergeleitet.

Das Problem: Ein Interessent, der sich eigentlich bei Ihrem Unternehmen bewerben wollte, landet plötzlich auf einer fremden Plattform. Von Ihrer Arbeitgebermarke ist weit und breit nichts mehr zu sehen. Im Gegenteil: Zusätzliche Navigationspunkte auf dieser Seite lotsen den potenziellen Bewerber aktiv von Ihrem Stellenangebot weg.
Auch wenn diese Standardeinstellung (Default) von Kunden geändert werden kann, zeigt sie klar die dahinterliegende Absicht: Die eigene Plattform wird gezielt in den Bewerbungsprozess der Kunden eingeschleust, um eine direkte Beziehung zum Bewerber aufzubauen. Und das auf Kosten Ihrer (Arbeitgeber-)Markenhoheit.
Barrierefreiheit: Das mögliche Risiko einer standardisierten Lösung
Einer der gravierendsten und meist ignorierten Nachteile einer standardisierten Lösung ist das Problem der nicht vorhandenen Barrierefreiheit (WCAG).
Auch hier müssen Sie sich vollständig auf die technische Umsetzung des Anbieters verlassen und, wenn Sie ihn nicht explizit darauf hinweisen, darauf vertrauen, dass er seine Hausaufgaben gut macht. Sie haben keine Kontrolle darüber, ob die technische Struktur (Überschriften-Hierarchie, ARIA-Labels für Screenreader) den gesetzlichen WCAG-Standards entspricht.
Der kritische Schwachpunkt: das Bewerbungsformular
Besonders problematisch wird es bei den Bewerbungsformularen, die als geschlossenes System geliefert werden. Die Praxis zeigt: Kaum ein Standard-Formular eines ATS-Anbieters ist wirklich barrierefrei. Hier scheitert die Inklusion häufig an technischen Limitierungen, die das Unternehmen bei einer standardisierten Lösung nicht beeinflussen kann.
Die Folge ist eindeutig: Sehbehinderte oder motorisch eingeschränkte Bewerber stoßen auf unüberwindbare Hürden. Eine Bewerbung ist für sie schlicht nicht möglich. Auf diese Weise schließen Sie aktiv einen Teil potenzieller Bewerber aus und setzen sich erheblichen rechtlichen Risiken aus (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)).
Die Lösung: Garantierte Barrierefreiheit durch API-Integration
Achtet ein ATS-Anbieter nicht selbst auf diese sensible Thematik, ist eine API-basierte Architektur die einzige Möglichkeit, dieses Problem zuverlässig zu lösen. Nur hier behalten Sie die volle Kontrolle, um den gesamten Bewerbungsprozess vom ersten bis zum letzten Kontaktpunkt zu 100 % barrierefrei zu gestalten.
Echte Markenkonsistenz bedeutet eben auch, dass alle Bewerber dieselbe hochwertige und zugängliche Erfahrung machen – unabhängig von ihren individuellen Bedürfnissen.

Die Wahl der Technologie ist eine strategische Entscheidung über die eigene digitale Souveränität
Der von mir analysierte Artikel zeigt exemplarisch, wie BMS-Anbieter mit pauschaler Kritik und irreführenden Argumenten ihre eigenen Produkte bewerben und überlegene Alternativen diskreditieren wollen.
Mein Faktencheck soll keineswegs standardisierte Lösungen pauschal verurteilen. Für Unternehmen mit begrenzten Anforderungen und Ressourcen können diese Systeme mit den thematisierten Einschränkungen durchaus geeignet sein.
Mit diesem Artikel geht es mir vielmehr darum, die fachlichen Ungenauigkeiten zu korrigieren, die moderne Weiterentwicklung mit einzubeziehen und mehr Transparenz in diese wichtige Diskussion zu bringen.
Der API-First-Ansatz: Das Fundament für den Recruiting-Erfolg
Eine durchdachte Bewerbungsarchitektur folgt heute einem zentralen Prinzip, das für den Recruiting-Erfolg von entscheidender Bedeutung ist: API-First. Hierbei wird die sichtbare Karriereseite von der dahinterliegenden Datenquelle (dem ATS) entkoppelt.
Diese klare Trennung ist die wesentliche Grundlage, die die im Artikel angepriesene Reverse-Proxy-Lösung nicht bieten kann. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass Sie:
- …die Marken- und Nutzererfahrung vollständig kontrollieren, anstatt sich den Design- und Funktionsgrenzen eines einzelnen Anbieters zu unterwerfen.
- …vollkommen unabhängig bleiben, indem Sie Ihr ATS wechseln oder sogar mehrere Systeme parallel nutzen können, ohne die aufwendig entwickelte Karriereseite neu bauen zu müssen.
- …eine optimale technische Performance, SEO-Struktur, Barrierefreiheit und eine einzigartige Candidate Experience zu gewährleisten, da die volle Kontrolle über den Code bei Ihnen liegt.
Genau dies ist der Kern einer echten Bewerbungsarchitektur: Der Bewerber bleibt durchgängig in einer einzigen optimierten Umgebung, über die Sie die Hoheit haben. Das heißt:
- Kein Medienbruch.
- Keine Design-Inkonsistenzen.
- Keine frustrierenden ATS-Formulare.
- Top Conversion.
Ihre Entscheidung: Kontrolle oder Kompromiss?
Für Entscheider in Personalabteilungen und IT bedeutet das: Seien Sie kritisch und lassen Sie sich nicht von einseitigen Darstellungen beeinflussen. Holen Sie sich unabhängige technische Beratung und priorisieren Sie Lösungen, die Ihnen langfristige Flexibilität bieten und eine herausragende Candidate Experience sicherstellen. Ein Vendor-Lock-in mag kurzfristig bequem erscheinen, behindert aber langfristig Innovation, kann erhebliche, unvorhergesehene Kosten verursachen und Ihren Recruiting-Erfolg schmälern.
Letztlich ist die Wahl der Technologie eine strategische Entscheidung über Ihre eigene digitale Souveränität.
Entscheiden Sie sich für eine offene, flexible Architektur, die Ihnen die Kontrolle über Ihre Arbeitgebermarke und Ihre Candidate Experience gibt? Oder bevorzugen Sie eine geschlossene Lösung, bei der Sie an einen Anbieter gebunden sind, für den Ihr Recruiting-Erfolg zweitrangig ist?
Ich denke, die Antwort ist klar.
Sämtliche Zitate:
[1] rexx systems news: Suchmaschinenoptimierung der Stellenanzeigen für Recruiting Software
[2] rexx systems: finest jobs – kostenlose Stellenanzeigen
[3] rexx Karriereportal Integration via Reverse Proxy
Stefan Dietz
API, Iframe, Widget: So bindest du Jobs richtig in die Karriereseite ein