24. März 2025
15 Jahre personalmarketing2null: Wie aus (m)einem Blog (m)eine Berufung wurde
Lesezeit: 9 Min.
PersonalmarketingRecruiting
Kaum zu glauben, aber wahr: Heute wurde mein Blog personalmarketing2null 15 Jahre alt! Ja, richtig gelesen – seit 15 Jahren schreibe ich hier über alles rund um Employer Branding, Recruiting und Personalmarketing. Damit bin ich der Betreiber des ältesten “inhabergeführten” HR-/Recruiting-Blogs in Deutschland, der sich ausschließlich mit diesen Themen beschäftigt und auf dem nur ich meine Gedanken teile. Und weil ich mir damals nicht hätte träumen lassen, dass ich mal bloggen würde, geschweige denn 15 Jahre durchhalten würde, bin ich heute schon ein bisschen stolz darauf :-)
Klartext mit Haltung statt weichgespültem Einheitsbrei
Authentizität war mir von Anfang an wichtig: Hier schreibe ich, was ich denke – ungefiltert, ohne fremde Autoren und bewusst ohne Werbung. Denn nur so kann ich neutral und unvoreingenommen berichten. Und ja, ich lege auch mal den Finger in die Wunde. Denn wenn wir alle mit dem Strom schwimmen, wird sich nichts bewegen. Wenn wir nicht die Stimme erheben und auf Missstände hinweisen, bleiben wir stehen. Dass ich mir damit nicht immer Freunde und Freude mache, ist nur eine logische Konsequenz. Everybody’s Darling ist schließlich Everybody’s Depp, wie ich immer zu sagen pflege. Das gilt sowohl für meine Persona als auch für Employer Branding, das in den meisten Fällen missverstanden wird.
Gesellschaftspolitische Themen blende ich nicht aus
Ich habe in all den Jahren auch nie einen Hehl daraus gemacht, dass Personalmarketing und Recruiting immer auch in einem gesellschaftspolitischen Kontext stehen. Wer glaubt, vor diesen Themen die Augen verschließen zu können, verkennt die Realität.
Sei es der Klimawandel, der unsere Arbeitswelt und unser Leben grundlegend verändern wird und bei dem Unternehmen bzw. HR und Recruiting einen großen Beitrag leisten könnten, um die drohende Katastrophe abzumildern, seien es die Proteste im Hambacher Forst, die zeigen, wie wichtig den Menschen der Umweltschutz ist, den rückwärtsgewandte Unternehmen und Politiker gerne negieren, oder sei es das Erstarken rechtsextremer Parteien wie der AfD, die bei vielen Jobbörsen als zahlende Kunden willkommen sind (nicht bei allen! ), die mit ihren rechtspopulistischen und menschenfeindlichen Parolen die Gesellschaft spalten und internationale Fachkräfte abschrecken – all diese Themen haben direkte Auswirkungen auf das Recruiting und können von mir nicht ignoriert werden.
Ein Unternehmen, das sich nicht klar positioniert, wenn es um Demokratie, Klimaschutz oder Menschenrechte geht, wird es in Zukunft schwer haben, die besten Talente für sich zu gewinnen und verrät unser aller Zukunft.
Denn auch potenzielle Bewerber wollen wissen, wofür ein Arbeitgeber steht – und nicht nur, was er zahlt oder welche fadenscheinigen Arbeitgebersiegel seine befleckte Brust schmücken. Und ja, manchmal ecke ich mit dieser Haltung an. Aber frei nach Konrad Adenauer: Wer den Finger in die Wunde legt, macht sich angreifbar. Wer aber nicht klar Stellung bezieht, hat in der Aufklärungsarbeit schon längst verloren!
Vom Blogger zum Berater und Fachbuchautor
Was als kleines Experiment begann (eigentlich wollte ich nur ausprobieren, wie Bloggen funktioniert), hat mein Leben komplett verändert. Ich entdeckte meine in der Jugend verloren gegangene Begeisterung für das Schreiben wieder und konnte mit meinen oft polarisierenden, aber unterhaltsamen Artikeln viele Menschen erreichen. So wurde ich auch Kolumnist bei Haufe oder Human Resources Manager.
Und als ich die weltweit erste Studie zu Karriere-Fanpages auf Facebook veröffentlichte, kamen über den Blog plötzlich erste Anfragen von Unternehmen, die meine Expertise schätzten. Dies war letztendlich der Anstoß, mich als Personalmarketing-Berater selbstständig zu machen. Ein Schritt, den ich bis heute nicht bereut habe. Ich, der noch nie vor einem größeren Publikum gesprochen hatte, hielt plötzlich Vorträge vor Hunderten von Menschen! Ich, der als Bewerber für Personalerstellen dutzendfach abgelehnt worden war, saß plötzlich als Berater in den Personalabteilungen von Unternehmen, um sie für eine kandidatenzentrierte und wertschätzende Bewerberansprache zu sensibilisieren.
Autor der weltweit ersten Fachbücher über Karriereseiten und Google for Jobs
Und nach diversen Buchbeiträgen in Herausgeberwerken kam dann endlich mein eigenes Fachbuch heraus. Ohne den Blog wäre es nie zu vielen spannenden Kontakten und bis heute andauernden Freundschaften gekommen, von denen einige schließlich zur Veröffentlichung des weltweit ersten Fachbuchs über Karriereseiten beigetragen haben. Inzwischen habe ich die HR-Welt sogar mit weiteren Büchern beglückt: “Google for Jobs” und der Neuauflage von “Karriere-Websites mit Wow!-Effekt“. Dass mein Buch “Google for Jobs” sogar ins Englische übersetzt wurde, hätte ich mich nie zu träumen gewagt.
HR-Networking: Mehr als nur digitaler Austausch
Mir lag es schon immer am Herzen, die HR-Szene stärker zu vernetzen. So entstand 2012 der “personalblogger“, bei dem sich Personalmarketer aus Deutschland und der Schweiz im Bloggen ausprobieren und ihre Leserschaft erweitern konnten. Einige bekannte Namen sind dabei: Stefan Scheller, Henrik Zaborowski, Jörg Buckmann, Tim Verhoeven, Julia Böttcher, Judith Oldekop, Alexandra Goetze, Stefan Reiser, Stefan Döring, Florian Schrodt und viele andere – viele von ihnen sind inzwischen selbst erfolgreiche Blogger und Autoren. Leider führte die Aktivität eines übereifrigen Hosting-Dienstleisters zum jähen Aus des Blogs.
Das weltweit erste klimaneutrale HR-Event und Wetten gegen den Fachkräftemangel
Aber virtueller Austausch allein reicht nicht. Also wurde ich Veranstalter: Das weltweit erste klimaneutrale HR-Event für “frechmutige Personaler” in Wiesbaden, die “Personaler Late Night” und “Jede Wette, dass..! – Wetten gegen den Fachkräftemangel” folgten. Bei letzterer wurde übrigens mit mir gewettet, dass ich es nicht schaffe, bis zur nächsten Veranstaltung ein Buch zu schreiben. Die Wette habe ich natürlich gewonnen – ich schrieb sogar gleich zwei Bücher! ;-) Die Wettschuld hingegen wurde bis heute noch nicht eingelöst …
Über 20.000 Euro an Spenden kamen bei diesen Veranstaltungen zusammen. Nicht schlecht für einen, der eigentlich nur bloggen wollte, oder? Mit meinem alten Weggefährten Sebastian Sellinat habe ich das Personalerfrühstück aus der Taufe gehoben – eine morgendliche Veranstaltung, die Personalern aus Wiesbaden und Umgebung einen ersten Impuls für den Tag geben sollte.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich an dieser Stelle die HR-NIGHT, die erste After-Party im Umfeld der Zukunft Personal, die sich an das Fachpublikum – nicht an die Aussteller – richtete. Ein Branchenevent, das es bis dahin noch nicht gegeben hatte und das ich von 2015 bis 2019 durchführen durfte. Auch die HR-NIGHT und nachfolgende Veranstaltungen hätte es in dieser Form ohne diesen Blog nie gegeben.
Von der Goldenen Runkelrübe bis zur Frauenzeitschrift Tina
Ein weiteres Highlight war der 2013 gemeinsam mit HR-Barcamp-Miterfinder Jannis Tsalikis ins Leben gerufene Award für schlechtes Personalmarketing: Die Goldene Runkelrübe! Ein Award, der in Unternehmen und Presse viel Staub aufgewirbelt hat, aber leider nach zwei sehr erfolgreichen Jahren mangels Ressourcen eingestellt werden musste.
Meine “Blogger-Karriere” hat mich in all den Jahren an die ungewöhnlichsten Orte geführt. Als Jurymitglied und Laudator beim “Bestatter des Jahres” durfte ich erleben, dass Personalmarketing und Employer Branding auch in dieser Branche ein wichtiges Thema ist. Orte wie Bregenz am Bodensee oder Gargazon in Südtirol habe ich durch Vorträge kennen und lieben gelernt. Weniger erfolgreich war hingegen mein Auftritt auf der Beauty24 in Düsseldorf, wo mir trotz umfangreicher Kampagnen keine 10 Leute zuhörten – offenbar ist ganzheitliche Kosmetik doch wichtiger als ganzheitliches Recruiting. Wer hätte das gedacht? Ein paar Monate später hatte ich bei der Landesverwaltung Düsseldorf allerdings ein deutlich dankbareres und aufmerksameres Publikum.
Und dann war da noch das Interview für die Frauenzeitschrift Tina zum Thema Stellenanzeigen. Ja, Sie lesen richtig – zwischen Kochrezepten und Modetipps gab es plötzlich Henner Knabenreichs Expertise zum Thema Stellenanzeigen. Damit bin ich wohl der einzige HR-Blogger, der es neben der FAZ oder dem Personalmagazin auch in die Tina geschafft hat!
Corona und persönliche Transformation
Mit Corona kam auch für mich eine Zäsur. Nicht nur, dass von jetzt auf gleich Aufträge wegbrachen. Private Umstände führten dazu, dass ich mein Leben hinterfragte und Meditation, Spiritualität und Positive Psychologie für mich entdeckte. Ich setzte meine Prioritäten neu, hörte mehr auf meinen Körper und reduzierte die Frequenz meiner Blogbeiträge.
Diese persönliche Transformation hat auch meine Sicht aufs Recruiting verändert. Die Erkenntnisse aus der Positiven Psychologie fließen seitdem regelmäßig in meine Blogartikel und meine Beratung ein. Denn ich bin überzeugt:
Ein ganzheitlicher Ansatz im Recruiting, der nicht nur die fachlichen, sondern auch die emotionalen und psychologischen Bedürfnisse der Kandidaten berücksichtigt, ist der Schlüssel zum Erfolg.
Viele Erkenntnisse aus der Persönlichkeitsentwicklung inspirieren mich auch in meiner Arbeit und beim Schreiben von Blogbeiträgen. So kann ich zumindest indirekt Einfluss nehmen – auf ein Recruiting, in dem der Mensch als Mensch und nicht als Humanressource gesehen wird.
Was sich (nicht) geändert hat
Wenn ich zurückblicke, frage ich mich manchmal: Was hat sich in 15 Jahren Recruiting eigentlich verändert? Einerseits erschreckend wenig. Andererseits ist das Bewusstsein gewachsen, dass etwas passieren muss und ein “Weiter so” nicht funktioniert. Allerdings mangelt es vielerorts am richtigen Mindset im Recruiting.
Der “Bewerber als lästiger Bittsteller” und der “Bewerber als Erfüllungsgehilfe der Personalabteilung” ist in vielen Unternehmen – auch bei denen, die große Probleme haben, Mitarbeiter zu gewinnen – gelebtes Motto.
Ich sage immer: Bevor man sich auf den neuesten Social-Media-Trend oder ins KI-Abenteuer stürzt, erst mal die Hausaufgaben machen! Was nützt einem TikTok oder Snapchat, wenn die Stellenanzeigen langweilig, die Karriereseite unübersichtlich und der Bewerbungsprozess eine Qual ist? Genau – nichts!
Mein Credo bleibt daher: Den Bewerber in den Mittelpunkt stellen. Wertschätzung zeigen. Transparenz bieten. Und bitte, bitte keine 08/15-Floskeln wie “Bei uns steht der Mitarbeiter im Mittelpunkt” oder “Wir bieten einen Obstkorb und eine Kaffeeflat”!
Die nächsten 15 Jahre
15 Jahre personalmarketing2null.de sind eine lange Zeit. Aber auch wenn die Frequenz hier im Blog etwas abgenommen hat, bin ich noch lange nicht am Ende. Denn es gibt immer noch viel zu tun, den Status quo zu hinterfragen und sich für eine bessere Bewerberwelt einzusetzen. Das tue ich auch auf dem Blog der Karriereseiten-Manufaktur, wo ich als (von Kunden so titulierter) Karriereseiten-Guru ausschließlich über Karriereseiten schreibe. Auch das ist in dieser Form einzigartig. Aber es bin eben nicht nur ich, der einzigartig ist, es sind auch die meisten meiner Ideen.
Und so werde ich als Recruiting-Aktivist und selbst ernannter “Arbeitgebermarkenauftrittsoptimierer” auch weiterhin den Finger in die Wunde legen, wenn nötig. Natürlich mit einem Augenzwinkern – aber in der Sache klar und deutlich.
Auf die nächsten 15 Jahre! Und danke, dass Sie diesen Weg all die Jahre mit mir gegangen sind!