20. November 2024
Mehr Gehaltstransparenz, bitte! Gehaltsangaben nur in 21 % der Stellenanzeigen
Lesezeit: 14 Min. HRRecruitingStellenanzeigen
In Deutschland spricht man nicht übers Gehalt. Weder im Job noch im Privaten. Und schon gar nicht in Stellenanzeigen. Gehaltstransparenz durch Gehaltsangaben in Stellenanzeigen oder auf der Karriereseite: Fehlanzeige! Oder? Immerhin zeigen aktuelle Zahlen, dass sich hier etwas bewegt. Wenn auch nur langsam. Dabei profitieren Unternehmen von mehr Transparenz vor dem Vorstellungsgespräch: von einem effizienteren Recruiting, von mehr und passenderen Bewerbungen und von positiven Auswirkungen auf ihre Arbeitgebermarke. Und dank der EU-Entgelttransparenzrichtlinie kommt nun spätestens 2026 noch einmal mehr Bewegung ins Thema.
Intransparenter Gehaltspoker statt Gehaltstransparenz
Abgesehen davon, dass seit Jahren praktisch in jeder Studie, in der Jobsuchende nach den gewünschten Angaben in Stellenanzeigen befragt werden, das Gehalt ganz oben steht und Gehaltsangaben nachweislich die Conversion deutlich steigern können, hält die Mehrheit an ihrer Geheimhaltungspolitik fest und setzt auf einen unfairen und intransparenten Gehaltspoker mit den Bewerbern, die meist den Kürzeren ziehen.
Laut der StepStone-Studie Gehaltstransparenz in Deutschland …
… würden sich 89 % der Befragten eher auf eine Stelle bewerben, wenn das Gehalt oder zumindest eine Gehaltsspanne von vornherein kommuniziert wird.
… haben rund 60 % der Befragten sogar schon auf eine Bewerbung für eine eigentlich passende Stelle verzichtet, weil keine Angaben zum Gehalt gemacht wurden.
… befürworten rund 86 % der Befragten eine generelle Gehaltstransparenz, also öffentlich einsehbare Gehälter.
Während die meisten Unternehmen neben einem Formularfeld wie “Wie sind Sie auf uns aufmerksam geworden?” und der Abfrage der Gehaltsvorstellung zusätzliche (unnötige!!) Hürden in ihrem Bewerbungsprozess errichten und damit das Risiko von Bewerbungsabbrüchen oder unpassenden Bewerbungen erhöhen, gibt es durchaus – wenn auch wenige – Unternehmen, die die Zeichen der Zeit erkannt haben und bereits seit einigen Jahren transparent mit ihren Gehältern umgehen und von mehr passenden Bewerbungen profitieren.
Unternehmen geizen mit Gehaltsangaben
Eine Untersuchung in Kooperation mit index Marktforschung brachte 2020 das traurige Bild zutage, dass lediglich 11,6 Prozent der untersuchten Stellenanzeigen Angaben zum Gehalt enthielten. Die transparenteste Branche war seinerzeit Transport, Verkehr, Logistik, Lager.
- Transport, Verkehr, Logistik: 19,7 %
- Gesundheit, Medizin, Soziales: 17,7 %
- Vertrieb/Verkauf: 14,9 %
- Bauwesen/Handwerk/Umwelt: 14,8 %
- Wissenschaft: 8,6 %
Absolutes Schlusslicht stellte die Berufsgruppe Hotel/Gastgewerbe dar: Lediglich in 0,7 % der Stellenanzeigen wurde hier das Gehalt genannt. Und, so fragte ich seinerzeit, da wundert sich die Hotellerie/Gastronomie ernsthaft über einen Mangel an Bewerbungen?
Nur ein Fünftel der Unternehmen macht Gehaltsangaben in Stellenanzeigen
Vier Jahre später hat sich das Bild ein wenig geändert. Wieder hat index Resarch Stellenanzeigen nach Gehaltsangaben durchforstet. Und in der Tat ist in den letzten Jahren ein wenig Bewegung ist die Sache gekommen, wohl auch dank Google, mit dessen Lösung Google for Jobs die Gehaltstransparenz zum Schrecken der Unternehmen wurde, dank StepStone mit seiner Gehaltstransparenzoffensive, dank anderer Portale und Jobbörsen und natürlich auch dank der Auswüchse des sogenannten „Fachkräftemangels“. Von der EU-Entgelttransparenzrichtlinie, die für mehr Transparenz und eine gerechtere Entlohnung sorgen soll, war da noch gar nicht die Rede. Tatsächlich ist ein Umdenken in den Unternehmen spürbar und messbar, wie die jüngsten index-Daten zeigen.
Mehr Gehaltstransparenz als vor 4 Jahren
So wurden in den ersten 9 Monaten dieses Jahres in 21 Prozent der Stellenanzeigen ein konkretes Gehalt oder zumindest eine Gehaltsspanne genannt. Das sind im Verhältnis zur damaligen Untersuchung also immerhin fast 10 Prozentpunkte mehr. Allerdings wurden 2020 “nur” 196 Printmedien, 248 Jobbörsen und das Stellenportal der Bundesagentur für Arbeit nach Angaben durchforstet, 2024 umfassten die analysierten Quellen 197 Printmedien, 304 Jobbörsen, das Stellenportal der Bundesagentur für Arbeit und darüber hinaus 650.000 Unternehmenswebsites.
Gehaltstransparenz vor allem im gewerblichen und Arbeiterbereich
Auch wenn ein direkter Vergleich nicht möglich ist, so lässt sich doch ein zwar im Schneckentempo voranschreitender, aber dennoch spürbarer Trend zu mehr Gehaltstransparenz feststellen – auch wenn dies vor allem den Bereich der ungelernten, gewerblichen und sonstigen Fachkräfte betrifft. Klar, der Mindestlohn lässt grüßen, den kann man veröffentlichen. Auch bei den Ausbildungsvergütungen ist man nicht sonderlich zugeknöpft. Vor allem aber auf den oberen Ebenen sind Gehaltsangaben eher spärlich, was vor dem Hintergrund intransparenter Gehaltsstrukturen nicht weiter verwundert.
Transport und Logistik mit den meisten Gehaltsangaben, Gesundheit, Medizin, Soziales nur noch auf Platz 5
Spitzenreiter ist auch diesmal der Bereich Transport und Logistik. Die ersten 5 Plätze im Überblick:
- Transport, Verkehr, Logistik: 34,3 %
- Bauwesen, Handwerk, Umwelt: 27,7 %
- Hotellerie/Gastronomie: 22,1 %
- Einkauf/Materialwirtschaft: 21,5 %
- Gesundheit, Medizin, Soziales: 20,7 %
Einerseits überraschend, andererseits aber auch nicht: Während das Gastgewerbe in der vorigen Analyse fast nicht spürbar war, steht es heute an dritter Stelle. Klar, damals wurden viele Menschen aus der Gastro in andere Branchen vertrieben, wo sie teilweise sowohl bessere Bezahlung als auch bessere Arbeitsbedingungen vorfanden. Bis heute hat sich die Branche weder vom Corona-Schock erholt, noch hat sie das, was sie in all den Jahren zuvor verbockt hat, wiedergutmachen können.
Medizin, Gesundheit, Soziales: Trotz Fachkräftemangel gibt man sich in Sachen Gehalt eher zugeknöpft
Und obwohl auch der Bereich Medizin, Gesundheit, Soziales auf einen in den letzten Jahren gewachsenen Scherbenhaufen blickt und die Branche wie kaum eine andere von echtem Fachkräftemangel (aber primär oft eher widrigen Arbeitsbedingungen) betroffen ist, ist der Anteil der Stellenanzeigen mit Gehaltsangaben zwar gestiegen, aber im Verhältnis zu anderen ins Hintertreffen geraten. Ironie des Schicksals. Diese Gruppe landet (nach Einkauf/Materialwirtschaft) auf einem beschämenden 5. Platz.
Auch die Kollegen von der Wollmilchsau wollten wissen, wie viele Stellenanzeigen eine konkrete Gehaltsangabe in Euro enthalten. Dazu untersuchten sie allerdings ausschließlich das Stellenportal der BA. Das Ergebnis: Nur rund 12 % der Stellenanzeigen vermitteln so etwas wie Gehaltstransparenz. Dabei handelt es sich in den meisten Fällen eher um Tarifangaben als um konkrete Gehaltsangaben.
Fachkräftemangel oder mangelnde Einstellung?
Wieder einmal zeigt sich, dass eine der am stärksten vom Fachkräftemangel betroffenen Branchen längst nicht alle Hebel in Bewegung setzt, um bei potenziellen Bewerbern zu punkten. Aber, und das ist nichts Neues, in den meisten Unternehmen gilt ohnehin die Devise: Eigentlich wollen wir gar keine Bewerber, Stichwort: Bewerbervermeidungsstrategie. Anders lassen sich lieblos gestaltete Stellenanzeigen, Karriereseiten und nicht durchdachte Bewerbungsarchitekturen, Zwangsregistrierungen und Bewerbungsformulare, die in ihrem Umfang einem Einbürgerungstest gleichen, kaum erklären.
Gehaltstransparenz, Entgelttransparenz, Lohntransparenz – was ist denn nun richtig?
Grundsätzlich beziehen sich alle drei Begriffe auf die Offenlegung der Vergütung, wobei Gehaltstransparenz auf feste Monatsgehälter, Lohntransparenz auf Stundenlöhne und Entgelttransparenz auf alle Formen der Vergütung einschließlich Boni und Sozialleistungen abzielt. Im Recruiting-Kontext ist jedoch vor allem der Begriff Gehaltstransparenz relevant und am geläufigsten, da Interessenten durch die Gehaltsangaben in Stellenanzeigen schon vor dem Absenden ihrer Bewerbung eine klare Vorstellung von der Vergütung erhalten.
Gute Argumente für mehr Gehaltstransparenz auf Karriereseiten und in Stellenanzeigen
Abgesehen davon, dass mit der EU-Entgelttransparenzrichtlinie demnächst ein anderer Wind wehen wird und Unternehmen endlich ihre Gehälter offenlegen müssen, gibt es natürlich auch schon jetzt viele gute Argumente für mehr Gehaltstransparenz: Man weiß, woran man ist und bewirbt sich oder eben nicht. Logisch, dass das im wahrsten Sinne des Wortes auch positiv auf die Arbeitgebermarke, den Bewerbungseingang und den Einsatz von Ressourcen im Recruiting einzahlt.
Die Argumente im Einzelnen:
Transparenz & Fairness
Transparenz ist Wertschätzung (nach innen und außen)
Natürlich schafft Gehaltstransparenz Wertschätzung. Auf Seiten der potenziellen Bewerber ebenso wie auf Seiten der aktuellen Mitarbeiter. Immer vorausgesetzt, Sie zahlen faire und nachvollziehbare Gehälter natürlich. Und ohnehin ist das mit dem Thema Wertschätzung im Recruiting so eine Sache …
Kommunikation auf Augenhöhe
Ja! Hier wird niemand mehr über den Tisch gezogen. Beide Seiten sind gleichberechtigt und begegnen sich auf Augenhöhe!
Keine Ungleichbehandlung mehr, kein Gender oder Migration Pay Gap
Nach wie vor ist die ungleiche Bezahlung – insbesondere zwischen Frauen und Männern, der sogenannte Gender Pay Gap ein Riesenthema bei uns. Würden Unternehmen mehr Gehaltstransparenz wagen, wäre das Thema mit einem Schlag Geschichte. Gleiches gilt auch in Bezug auf den Migration Pay Gap (Immigrant Wage Gap): Nicht nur aufgrund des Geschlechts werden Menschen bei der Entlohnung in manchen Unternehmen ungleich behandelt. Ein ähnliches Problem haben z. B. auch Beschäftigte mit Migrationshintergrund oder ausländische Arbeitskräfte. Stichwort: Lohndumping.
Entwicklungspotenzial kann durch eine Gehaltsspanne dargestellt werden
Wie gesagt, geht es nach Bewerbern, so müssen es ja nicht einmal absolute Zahlen sein, eine Gehaltsspanne wird schon als großer Fortschritt empfunden und zeigt an, wo man bei guter Qualifikation landen kann.
Positive Effekte für Bewerber und die Candidate Experience
Positive Selbstselektion der Bewerber
Natürlich führt die Gehaltsangabe in Stellenanzeigen zu einer (positiven) Selbstselektion der Bewerber! Wenn jemand 85.000 Euro verdienen will, er aber weiß, dass er nur 60.000 verdienen wird (und Gehalt über alles stellt), wird er sich gar nicht erst bei Ihnen bewerben.
Gehaltsangabe baut Misstrauen von Bewerbern ab (und Vertrauen auf)
Die Unsicherheit bei Gehaltsverhandlungen und mangelnde Fairness seitens der Arbeitgeber führt vor allem bei weiblichen Bewerbern dazu, dass diese sich schlechter „verkaufen“ und in der Folge deutlich schlechter verdienen, als der männliche Gegenpart – Stichwort Gender Pay Gap. Mit dem wäre ein für alle Mal Schluss! Ebenso mit dem Migration Pay Gap, der ausländische Fachkräfte benachteiligt. Gehaltstransparenz baut also Misstrauen ab und Vertrauen auf. Mit positiven Auswirkungen für Recruiting und Employer Branding natürlich!
Endlich echte Zahlen! (keine Bewertungen, Erfahrungen oder Benchmarks)
Es gibt kein Stochern im Nebel mehr, “Gehaltsprognosen”, wie sie bspw. StepStone nutzt, oder auch aus externen Portalen aggregierte Daten wie bei Google for Jobs sind damit quasi obsolet. Die Katze wurde aus dem Sack gelassen! Die neu gewonnene Gehaltstransparenz sorgt für ein Recruiting auf Augenhöhe und ermöglicht echte Wertschätzung!
Positive Auswirkungen auf die Candidate Experience
Wenn potenzielle Bewerber nicht mehr gezwungen sind, ihre Gehaltsvorstellung im Bewerbungsformular anzugeben, wird natürlich auch die Candidate Experience verbessert: Schließlich ist dann auch der ewige “Lohnpoker” Geschichte, wenn die Angabe eines Gehaltswunsches entfällt. Ebenso entfällt die oftmals peinliche Gehaltsverhandlung, die in der Regel keinesfalls auf Augenhöhe geführt wird (in der Regel gilt es viel mehr, den Bewerber möglichst billig einzukaufen. Oder anders gesagt: abzuzocken. Stichwort: Gender Pay Gap, Migration Pay Gap.
Motivator für Bewerber
Logisch, dass die Angabe des Gehalts ein klarer Motivator ist, sich zu bewerben! Auch, wenn Geld allein nicht glücklich macht. Und selbst, wenn Sie nur Mindestlohn zahlen, dies aber transparent machen, werden aus Interessenten Bewerber!
Effizienz im Recruiting-Prozess
Zeitersparnis für Recruiter (und Bewerber)
Ich als Bewerber erspare mir die Zeit bei einem Unternehmen, welches ohnehin nicht meinen Gehaltsvorstellungen entspricht. Ich als Recruiter erspare mir die Zeit, unpassende Bewerbungen zu sichten.
Filter für qualitativ passende Bewerber
Es bewerben sich nur diejenigen, die sich bewerben wollen und für die das Gehalt angemessen erscheint.
Alle anderen bewerben sich nicht, was Ihnen viel Arbeit im Recruiting erspart.
Utopische Gehaltsvorstellungen als Arbeitgeber ausschließen
Auch ein wichtiger Punkt, der oben schon genannt wurde: Dank Gehaltstransparenz kann ich Bewerbungen von Kandidaten mit (vielleicht für die Verhältnisse des Unternehmens) utopischen Gehaltsvorstellungen vermeiden.
Kein Rumgedruckse mehr
Ja! Natürlich gibt’s kein Rumgedruckse mehr, wenn klipp und klar gesagt wird, was man verdienen wird und ein Bewerber sich konkludent darauf einlässt, wenn er sich bewirbt. Das fördert schnelle Entscheidungen – für beide Seiten!
Gehaltsnennung erst im Vorstellungsgespräch: zu spät!
Denn um überhaupt jemanden im Vorstellungsgespräch sitzen zu haben, müsste sich erst einmal jemand bewerben. Wenn Bewerbungen aber aufgrund fehlender Gehaltstransparenz ausbleiben, tja, dann hat sich das Thema ohnehin erledigt.
Mehr Zeit im Vorstellungsgespräch
Klar, entfällt die lästige Gehaltsverhandlung, bleibt mehr Zeit für wichtige Infos rund um den Job und zum Kennenlernen. Und das Kennenlernen fällt umso leichter, wenn man seinem Gegenüber vertrauen kann.
Kostenersparnis durch weniger Vorstellungsgespräche, weniger Anzeigenschaltung
Dank weniger Vorstellungsgespräche, die Sie als Recruiter mit unpassenden Kandidaten führen müssen, sparen Sie Zeit und Ressourcen und damit Geld. Möglicherweise müssen Sie sogar weniger Stellenanzeigen schalten, weil Sie Ihre Schäfchen dank Gehaltstransparenz schneller ins Trockene bringen.
Gehaltsverhandlungen werden erleichtert (bzw. können entfallen)
Wird das konkrete Gehalt genannt, so kann die Gehaltsverhandlung entfallen. Wird eine Gehaltsspanne genannt, so gibt es auch hier keine bösen Überraschungen. Auch entfallen Gehaltsverhandlungen nach “Verhandlungsstärke” und damit unfaires Gefälle zwischen einzelnen Mitarbeitern. Als Kandidat erhält man durch konkrete Zahlen eine realistische Gehaltseinschätzung. Verhandlungsängste werden vermieden, die Chance, zusammenzukommen, wird ungleich größer.
Optimierungspotenziale für Unternehmen
Optimierungspotenzial identifizieren
Natürlich kann man anhand der Reaktionen auch erkennen, ob das Gehalt überhaupt marktfähig ist und ggf. nachsteuern sollte. Man kann natürlich auch warten, bis man schwarz wird, bis sich ein Dummer findet, der sich auf den Lohnpoker einlässt und lässt die Stelle so lange unbesetzt (was mitunter sehr viel Geld kostet, Stichwort Cost of Vacancy).
Option für Benchmarks (Konkurrenzanalyse)
Letztendlich können Sie auch dahingehen und die Stellenanzeigen des Wettbewerbs auswerten, um daraus dann „Ihr“ Gehalt abzuleiten. Ob das der richtige Schritt ist, wage ich allerdings zu bezweifeln.
Employer Branding und Wettbewerbsvorteile
Gut fürs Employer Branding – Gehaltstransparenz schärft das Arbeitgeberprofil
Natürlich zahlt Gehaltstransparenz in Stellenanzeigen und auf der Karriereseite auch positiv auf die Arbeitgebermarke ein. Deutlich positiver im Übrigen als bunte Bildchen oder ein lustiger Claim, der die EVP verkörpern soll. Tatsächlich hat Gehaltstransparenz unmittelbare Auswirkungen auf den Bewerbungseingang, was man von austauschbaren Bildchen und von Agentur gepimpten Eh-Vau-Pehs definitiv nicht behaupten kann. Sorry, folks.
Mehr Bewerbungen bei Angabe des Gehalts
Die Erfahrung zeigt, dass Unternehmen, die ihre Gehälter transparent nach außen kommunizieren, mehr Bewerbungen verzeichnen (siehe dazu auch die o. g. Studienergebnisse).
Jede Menge Argumente also, die für mehr Gehaltstransparenz in Stellenanzeigen (und auf Karriereseiten) sprechen.
Wenn Sie sich immer noch dagegen sträuben, dürfen Sie sich nicht wundern, wenn die heiß ersehnten Bewerbungen ausbleiben.
Aber vielleicht ist das ja ohnehin dank EU-Entgelttransparenzrichtlinie bald Geschichte? Lassen Sie uns auch hier noch einen kurzen Blick drauf werfen.
Gehaltstransparenz im Kontext der EU-Entgelttransparenzrichtlinie
Ich hoffe, dass Ihnen die Vorteile transparenter Gehaltsangaben in Stellenanzeigen deutlich geworden sind:
- Gehaltstransparenz schafft Vertrauen und Klarheit für Bewerber,
- reduziert das Risiko von Missverständnissen oder Frustration im späteren Bewerbungsprozess,
- sorgt für mehr und passende Bewerber,
- schneller besetzte Stellen.
Stichtag: 7. Juni 2026
Insbesondere die geplante EU-Entgelttransparenzrichtlinie, die am 7. Juni 2026 in Kraft treten soll, sollte ein Anreiz für Unternehmen sein, Gehaltsinformationen direkt zu kommunizieren – und zwar so früh wie möglich: im Selbstselektionsprozess.
Vom Aprilscherz (fast) zur Realität
Fun Fact am Rande: Im April 2019 schrieb ich einen Blogartikel über das “Stellenanzeigentransparenzgesetz” (StAnzTransG). Ich freue mich sehr, dass der Grundgedanke meines damaligen Aprilscherzes mit der EU-Entgelttransparenzrichtlinie nun ein Stück weit Realität geworden ist.
Ziel der EU-Entgelttransparenzrichtlinie ist es, durch mehr Lohntransparenz eine gerechte Entlohnung zu gewährleisten. Die Richtlinie schreibt u. a. vor, dass Unternehmen ihre Gehaltsstrukturen offenlegen müssen. So sollen Gehälter innerhalb eines Unternehmens nicht nur einheitlicher und gerechter werden, sondern sichergestellt werden, dass Bewerber bereits im Vorfeld wissen, was sie gehaltstechnisch erwarten können. Okay, so weit verstanden. Aber was sagt denn nun die EU-Entgelttransparenzrichtlinie eigentlich genau? Einiges, aber interessant in unserem Kontext ist vor allem das hier, Artikel 5. Und der besagt:
Entgelttransparenz vor der Beschäftigung
Stellenbewerber haben das Recht, vom künftigen Arbeitgeber Informationen über Folgendes zu erhalten:
a) das auf objektiven, geschlechtsneutralen Kriterien beruhende Einstiegsentgelt für die betreffende Stelle oder dessen Spanne; und
b) gegebenenfalls die einschlägigen Bestimmungen des Tarifvertrags, den der Arbeitgeber in Bezug auf die Stelle anwendet.
Diese Informationen sind in einer Weise bereitzustellen, dass fundierte und transparente Verhandlungen über das Entgelt gewährleistet werden, wie beispielsweise in einer veröffentlichten Stellenausschreibung, vor dem Vorstellungsgespräch oder auf andere Weise.
Auf gut Deutsch also:
Das Gehalt muss nicht in der Stellenanzeige genannt werden (sollte aber)
Das Gehalt/die Gehaltsspanne muss bereits im Vorfeld genannt werden. Das bedeutet aber nicht zwingend, dass das Gehalt bzw. eine Gehaltsspanne bereits in der Stellenanzeige genannt werden muss. Es muss lediglich in irgendeiner Form vor dem Vorstellungsgespräch das Einstiegsgehalt oder die Gehaltsspanne kommuniziert werden. Also bspw. in einer entsprechenden E-Mail.
Allerdings ist es vor dem Hintergrund der in diesem Artikel großflächig ausgerollten Argumente wohl wenig zielführend, weiterhin blinde Kuh mit dem potenziellen Bewerber zu spielen – meinen Sie nicht auch?
Falls Ihnen Contra-Argumente fehlen, die allerdings eher Scheinargumente sind, bitte schön!
Studie zur Entgelttransparenz – jetzt teilnehmen!
Wenn Ihnen das Thema Entgelttransparenz ebenso am Herzen liegt, wie mir, möchte ich Sie abschließend noch um einen Gefallen bitten, der sich für Sie auszahlt: Die Teilnahme an der Umfrage beschert Ihnen nämlich jede Menge wertvolle Erkenntnisse. Und da ohnehin bald Weihnachten ist und die Bescherung ansteht, passt das doch ganz gut ;-)
Die Fachhochschule Dortmund und Philipp Schuch von gradar möchten von Ihnen nämlich wissen,
- wie gut Ihre Organisation auf die Einhaltung der EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz vorbereitet ist,
- welche Herausforderungen die Implementierung transparenter Entgeltstrukturen erschweren und
- welche Faktoren zur Umsetzung von Entgelttransparenzpraktiken beitragen können.
👉🏼 Hier geht’s direkt zur Umfrage