23. November 2023

Absolventen oder Absolvierende? Über die richtige Ansprache auf Karriereseiten
Schaut man sich so manche Karriereseiten an, so findet man immer häufiger auch den Begriff “Absolvierende” als Menüpunkt in der
weiterlesen23. Oktober 2019
Lesezeit: 7 Min. PersonalmarketingRecruitingStellenanzeigen
Kaufmann oder Kauffrau? Oder besser gleich Kaufmensch? Summa summarum war es doch trotz AGG eigentlich eine ganz schöne Zeit für Menschen, die sich um Personalbeschaffung (aka Recruiting) kümmern. Dann erschütterte ein denkwürdiges Urteil, dessen Ausmaße wohl noch keiner so richtig abschätzen kann, erdbebengleich die Recruiting- und Bewerberwelt. Plötzlich prangte da neben dem wohlbekannten m und w ein weiterer Buchstabe. Ein d. Ein x. Ein i. Ein a. Oder gar eine Buchstabenkombination: gn. Recruiter waren ratlos, wie sie handeln sollten, potenzielle Bewerber waren verwirrt, weil sie mit den zusätzlichen Kürzeln nichts anzufangen wussten. Nun treibt das “dritte Geschlecht” in Stellenanzeigen besonders merkwürdige Blüten.
Dank verunsicherter Recruiter und krampfhaft auch um “Gleichberechtigung” oder sogar “Diversität” in der deutschen Sprache Kämpfende, werden Texte nicht nur zunehmend unleserlicher, nein, die Sprache wird im wahrsten Sinne des Wortes entmannt. Während dieses beim Kaufmann noch gelingen mag (da gibt’s dann die Kauffrau, aber so einfach ist das auch nicht, siehe unten), wird das bei “Buhmann”, “Mannschaft”, “seinen Mann stehen”, “Flachmann”, “Strahlemann”, “Vaterland” oder “Vater Rhein” schon schwieriger. Trotzdem wird es auf Biegen und Brechen versucht.
Während das bereits vor dem o. g. Urteil schon schwierig bis unmöglich war (aus einer Krankenschwester oder einer Empfangsdame wird ebenso wenig ein Mann, wenn man dieser ein “m/w” hinzufügt, wie aus einem Kaufmann eine Kauffrau, wenn man diesem ein “w/m” hinzufügt), führt nun die Anerkennung eines dritten Geschlechts zu zunehmender Verwirrung auf beiden Seiten: Recruiter und Bewerber. Dabei bezieht sich das Entscheidung der Richter (und -innen natürlich) ausschließlich auf den Eintrag ins Personenstandsregister. Ausdruck dieser Verwirrung sind Suchanfragen wie diese, die die nach Aufklärung dürstenden Besucher auf meinen Blog führen:
“m/w/d bedeutung”, “w/m/d”, “geschlechter m/w/d”, “stellenausschreibung m/w/d”, “geschlecht d”, “m/w/d geschlechter”, “geschlecht m w d”, “männlich weiblich d”, “was bedeutet m/w/d”, “was heißt m/w/d”, “stellenanzeigen m/w/d”, “m w div bedeutung”, “(w/m/d)”, “stellenanzeige m/w/d bedeutung”, “m w d geschlecht”, “geschlecht m/w/d bedeutung”, “m/w/d pflicht”, “männlich weiblich divers stellenanzeigen”, “geschlechtsangabe d”, “stellenanzeige m/w/d”, “stellenausschreibung m w d”, “w/m/d bedeutung”, “geschlecht m/w/d”, “divers in stellenanzeigen”, “drittes geschlecht bei stellenausschreibungen”, “m/w/x bedeutung”, “stellenausschreibung + m/w/d + bedeutung”, “m/w/d bedeutung stellenanzeige”, “was ist m/w/d”, “männlich weiblich d was heißt d”, “stellenausschreibung mwd pflicht”, “abkürzung männlich weiblich d”, “was bedeutet mwd bei stellenausschreibung”, “männlich, weiblich, d” usw. usf.
Recruiter fragen sich, ob dieses “d” denn nun verpflichtend sei (nein, nein und nochmals nein!!!), Bewerber fragen sich, was es mit dem ominösen “d” wohl auf sich hat. Sie sind verwirrt. Sie sind verloren. Ich möchte nicht wissen, wie viele dabei sind, die sich sagen, “ah, okay, männlich, weiß, deutsch, als Frau oder Ausländer habe ich da ohnehin keine Chance!”
Um Gleichstellung Beflissene versuchen das Geschlecht schon länger und jetzt erst recht möglichst ganz zu vermeiden. Und so werden aus Studenten Studierende, aus Mitarbeitern Mitarbeitende, aus Kollegen die Belegschaft, aus der Mannschaft das Team, aus Bewerbern Bewerbende usw. usf. Abgesehen davon, dass das Ganze in vielen Fällen einfach grammatikalischer Unsinn ist (so gibt es bspw. sehr wohl einen toten Studenten, aber kaum einen toten Studierenden, denn wer tot ist, kann nun mal nicht mehr studieren), führt das zu einer leblosen, distanzierten Sprache. Und zu einer absolut übertriebenen Political Correctness. Besonders heraussticht das dann bei Begriffen wie dem bereits o. g. Kaufmann. Der dann plötzlich sowohl männlich wie auch weiblich oder sogar geschlechtslos sein kann. Wohin das Ganze dann führt, zeigen exemplarisch die beiden nachfolgenden Beispiele.
Ganz offensichtlich zeigt das nachfolgende Bild eine Frau. Ich weiß nicht, wie es Ihnen ergeht, aber zumindest bei mir erweckt das Bild diesen Eindruck. Vorgestellt wird auf dieser Karriere-Website und in dem Video aber der Beruf des Kaufmanns. Natürlich m/w/d, klar. Was an sich Unsinn ist, weil ein Mann doch in aller Regel männlich ist. Eine wirklich krasse Bild-Text-Schere, bei der ich mich frage, warum man hier so agiert.
Wäre es nicht naheliegend, mit diesem Bild nicht den Kaufmann anzusprechen, sondern die Kauffrau? Also Kauffrau im Einzelhandel? Überhaupt, was soll dieser Unsinn? Ist es wirklich so schwierig, in diesem einen Falle (Berufsbezeichnungen, die den Kaufmann in sich tragen, gibt’s nun wirklich nicht so viele), beide Geschlechter anzusprechen? Also Kauffrau und Kaufmann? Etwa wie hier:
Während dieses Beispiel schon sehr schön zeigt, wohin uns dieser Unsinn führt, schießt das nachfolgende den Vogel ab. Hier ist es kein Kaufmann, auch keine Kauffrau, die gesucht wird. In diesem Beispiel wollte man offenbar besonders kreativ sein oder sich gegen alle Eventualitäten schützen. Oder beides. Und so kreierte man eine vollkommen neue Spezies, den Kaufmensch.
Ob der Verfasser wusste, dass es eine Petition gab, in der gefordert wurde, den Begriff “Kaufmann” im HGB durch den Begriff “Kauffrau” zu ergänzen (die übrigens nur 10 Unterzeichner fand – was den Stellenwert dieser Frage m. E. überdeutlich zeigt – und gnadenlos scheiterte)? Was es auch gewesen sein mag, er scheitert dennoch an der “m/w/d”-Klippe, heißt es doch, dass ein “Kaufmensch für Bürokommunikation (Vollzeit, unbefristet) (m/w/d)” gesucht werde. Und als Qualifikation werden explizit “kaufmännische Kenntnisse” gefordert. Da waren alle Bemühungen um eine genderneutrale Ansprache also für die Katz (oder den Kater).
Was wohl auch besser ist, denn ein “Kaufmensch” ist nach Definition des “Allgemeinen Fremdwörter-Handbuchs für Teutsche, worin zur Verständigung, Ausscheidung und Würdigung der teutschen Schriften und in der Kunst- und Umgangssprache vorkommenden fremdartigen Wörter, Ausdrücke, Namen und Redensarten Anleitung gegeben wird” aus dem Jahre 1819, herausgegeben von Pfarrer Josef-Friederich Heigelin, ein schwarzer Leibeigener bzw. eine Erklärung für Neger. Ob dem Verfasser diese Definition bekannt war? Ich vermute nicht. Aber auch unabhängig davon ist der Begriff “Kaufmensch” unglücklich gewählt. Einfach, weil kein Mensch nach diesem Begriff googelt. Und wenn er es doch täte, würde er kaum fündig werden, weil der “Kaufmensch” für viele Algorithmen gar nicht existiert und insofern von einer Vielzahl von Suchmaschinen und Jobbörsen niemals ausgespuckt würde.
Werfen wir nun noch einen Blick auf die Bedeutung des Begriffs Kaufmann. Gemäß Duden ist ein Kaufmann jemand, “der [eine kaufmännische Lehre abgeschlossen hat und] beruflich Handel, Kauf und Verkauf betreibt”. Im Duden findet sich sogar eine Kaufmännin, diese ist aber nicht etwa eine Kauffrau, also jemand, die eine “kauffrauliche” Lehre abgeschlossen hat (richtig wäre, wenn es denn überhaupt richtig wäre, eigentlich kauffrau-isch, denn es heißt ja auch nicht kauf-männlich), sondern die Frau eines Kaufmanns. Und nun wird es besonders interessant: Beim Duden findet sich nämlich auch die Definition für eine Kauffrau. Und das ist “eine Frau, die [eine kaufmännische Lehre abgeschlossen hat und] beruflich Handel, Kauf und Verkauf betreibt”. Der Kaufmann selbst wird im HGB definiert.
Und wenn wir uns die Begründung auf die Ablehnung der o. g. Petition anschauen, so mag das auf der einen Seite die Augen öffnen, auf der anderen Seite hoffentlich bei der Formulierung von Stellenbezeichnungen hilfreich sein. Da heißt es nämlich:
“Bei dem „Kaufmann“ handelt es sich um einen zentralen Begriff der Rechtsordnung, der sich, wenn überhaupt, nur sehr schwer durch eine neue und ungewöhnliche Terminologie ersetzen ließe. Es handelt sich auch weniger um die Bezeichnung einer Person als vielmehr um einen Rechtsbegriff.”
Puh, ganz schön kompliziert, oder? Wie wäre es also, wenn wir die Kirche im Dorf ließen und uns darauf besinnen, dass es sich bei Berufsbezeichnungen eben um Berufsbezeichnungen oder sogar in manchen Fällen – wie in diesem – um Rechtsbegriffe handelt.
Lassen wir also bitte das “d”, “x”, “i”, “a” oder “gn”. Eine alle Geschlechter adressierende Form erreichen Sie durch die Berufsbezeichnung, ergänzt um einen Asterisk, der wiederum darauf verweist, dass selbstverständlich alle Geschlechter willkommen sind. Im Falle des Kaufmanns, also der Kauffrau – also des Kaufmenschen – funktioniert das auch sehr gut. In etwa so:
Kauffrau/Kaufmann*.
*Dein Geschlecht ist uns ehrlich gesagt vollkommen egal. Hauptsache, du passt zu uns und brennst für deinen Job.
Fertig. So einfach kann das gehen. Das funktioniert sogar umgekehrt sehr gut, also mit einem “weiblichen” Jobtitel. Auf diese Weise transportieren Sie die Aussage, dass jeder bei Ihnen unabhängig vom Geschlecht herzlich willkommen ist (was unter uns gesagt, selbstverständlich sein sollte), mit Sicherheit besser, als mit irgendwelchen Buchstabenkürzeln, die beim Bewerber vor allem für eins sorgen: Verunsicherung und Verwirrung. Insbesondere dann, wenn die restlichen Inhalte Ihrer Stellenanzeige nichts von dieser vermeintlichen Diversität widerspiegeln.
Lesen Sie hier weiter:
Warum Sie aufs Gendern im Recruiting verzichten sollten
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Seitdem ich diesen Blog betreibe, immerhin seit 2010, schreibe ich darüber, wie wichtig der Jobtitel (oder auch Stellentitel) für den
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Marco De Micheli, hrmbooks.ch
Henner Knabenreich
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