poetHRy spam: Candidate Centricity oder einfach nur Bewerbervieh?

Lesezeit: 4 Min. HRRecruiting

Es ist mal wieder Zeit für etwas poetHRy spam. Was passt besser, als den Beitrag aus Wirtschaftspsychologie heute bzw. von Henrik “Zabo” Zaborowski zum Anlass zu nehmen. Beide Artikel stellen der Personalauswahl in Deutschland ein Armutszeugnis aus. So sind bspw. für 88 Prozent der Befragten Tippfehler (!) nach wie vor ein Ausschlussgrund. Und es gibt sogar Personaler, für die die Farbe des verwendeten Briefumschlags und die Art der darauf klebenden Briefmarke in die Beurteilung eines Bewerbers einfließen. Aber auch sonst erlebt man vieles, bei dem man so dermaßen mit dem Kopf schütteln muss, dass die Gefahr eines Schleudertraumas groß ist. Das weiß auch poetHRy spammer Florian Schrodt zu berichten., dessen Passion Personalmarketing und Recruiting sind. In seinem neuesten Versepos fordert er (und das kann man nicht oft genug tun, und Sie sollten gleich damit anfangen!) einfach mal die Kandidatenbrille aufzusetzen. Bühne frei für Florian!

Bitte mal die Kandidatenbrille aufsetzen! Für die Bewerber hat so ein Bewerbungsprozess oftmals kafkaeske Ausmaße. Hürden, Hindernisse und Erschreckendes geben sich die Klinke in die Hand. Dabei sollen doch der Mensch und eine valide Entscheidung im Mittelpunkt stehen und nicht das formale Korsett und/oder Befindlichkeiten. Fazit: Bei so viel Faktor Bauchgefühl bekomme ich Bauchweh. Ein zermürbender Selbstversuch mit Happy End in der wundervollen Schweiz.

Auf der Kandidatenreise fast vor Scham gestorben

Wann habt ihr euch zuletzt beworben?
Bei mir noch nicht so lange her, Fazit:
Bin auf der Kandidatenreise fast vor Scham gestorben.

Kurz gesagt:
Willste dich beruflich neu orientieren,
kannste schnell die Nerven verlieren.
Stellensuche wie im Niemandsland,
die zum Glück doch ein gutes Ende fand.

Aber zurück in die Bewerberhölle ohne Sinn,
wo führt diese Customer Journey denn noch hin?

HR, statt immer nur Getriebener zu sein,
Schaltet lieber mal die Hirne ein.
Da werden ständig immer neue Tools gebucht,
Mensch HR, habt ihr euch daran mal selbst versucht?

Personaler wollen im Kampf um die besten Talente sein,
Ach kommt, steckt die stumpfen Waffen lieber wieder ein.
Statt in den Krieg zu ziehen,
verschafft euch lieber mehr Candidate Centric Disziplin.

Nie davon gehört?
Genau das ist’s, was Bewerber so verstört!
HR-Marketing ist wie Märchenstunde,
Dort schießt man mit dem Eckigen aufs Runde.

Im Bootcamp des Bewerbungsprozesesses wird man gestriezt,
hier mal geduzt, da mal gesiezt,
Das Wörtchen “konsistent”
Ist den meisten Personalern fremd.

Verbindlichkeit ist nur eine Phrase,
Statt Eingemachtem gibt es falscher Hase.
Wie sieht denn nun der nächste Bewerbungsschritt aus?
Aus ihrer Chiffre-Mail (wenn sie mal kommt) wird kein Schuh daraus.

Sie wollen mit mir telefonieren?
Aber kein Wort über Zeit und Inhalt verlieren?
Nennen das Ganze dann Sense of urgency?
Naja so undringend war es wohl noch nie.

Denn das Telefon blieb tagelang stumm.
Dann ist es leider dumm,
Wenn ich gerade beim Bäcker stehe
Und deshalb nicht ans Handy gehe.

Dann haben wir uns Stunden später doch erreicht.
Es hat mir fast das Herz erweicht,
Als ich hörte, dass Sie nur sporadisch können,
Aber mir trotzdem nun höflich 2 Minuten gönnen.

Um schließlich nur nochmal nachzufragen,
Wo eigentlich meine Motivationen lagen.
Dafür gibts doch ein Schreiben zu meiner Motivation
Vielleicht kannten Sie das ja schon?
Klingt plausibel was ich sage,
Danke, aber wie war das nun mit meiner Frage:
Was sollen die Ziele der Stelle sein?
Darauf fiel Ihnen spontan nichts ein:
Man müsste viel zum Besseren gestalten,
Und nicht nur personalerisch verwalten.
Was das heißen mag?
Erzählen wir eventuell vielleicht in einem persönlichen Gespräch, nun aber schönen Tag.

Habe höflich nochmal gefragt.
Darauf hat der Personaler doch glatt gesagt:
Ich weiß nicht, was sie in der Funktion machen sollen.
Und auch gar nicht, was sie wollen.
Die Fragen hier, die stelle ich!
Weshalb er mich auch gleich von der Kandidatenliste strich.

Zum Glück kam der nächste Anruf wenig später,
Kurz zusammengefasst: Mannometer!

Ihr Gehalt passt nicht mit unserem Budget überein –
Dürfte es etwas weniger sein?
Was stellen Sie sich denn vor?
Auf die Antwort wartete ich ganz Ohr.
Solche Interna möchte man lieber nicht verraten –
Ja danke auch du Spaten.

So ging es oftmals munter weiter,
Mal erschreckend und mal heiter.
Von Candidate Experience keine Spur,
Was denken diese Menschen nur?

Eine einzige Bewerbervermeidungsstrategie
Fühle mich wie Bewerbervieh.

Aber warum ich euch davon erzähle
Und Personaler mit Personalerwahnsinn quäle?
Weil hoffen auf Besserung eine Personalertugend ist,
da man ja lieber hofft als misst.

Aber darüber sprechen wir bei anderer Gelegenheit,
denn der Feierabend ist nicht mehr weit.
Ja, meine Geschichte hat ein Happy End,
wie man es eben aus Märchen kennt.

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Moin! Ich bin Henner Knabenreich. Seit 2010 schreibe ich hier über Personalmarketing, Recruiting und Employer Branding. Stets mit einem Augenzwinkern oder den Finger in die Wunde legend. Auf die Recruiting- und Bewerberwelt nehme ich auch als Autor, als Personalmarketing-Coach, als Initiator von Events wie der HR-NIGHT oder als Speaker maßgeblich Einfluss auf die HR-Welt. Sie möchten mich für einen erfrischenden Vortrag buchen, haben Interesse an einem Karriere-Website-Coaching, suchen einen Partner oder Berater für die Umsetzung Ihrer Karriere-Website oder wollen mit bewerberzentrierten Stellenanzeigen punkten? Ob per E-Mail, XING oder LinkedIn - sprechen Sie mich an, ich freue mich auf Sie!
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