21. Februar 2018
Was bedeutet das Jameda-Urteil für Arbeitgeberbewertungsportale?
Lesezeit: 3 Min.
Personalmarketing
Was haben Jameda, Holidaycheck und kununu gemeinsam? Richtig, alle drei sind Bewertungsportale. Und alle drei gehören zu Burda Digital. Und bei allen Plattformen hat der Bewertete keinen Einfluss darauf, ob er dort erscheint, oder nicht – und wie er bewertet wird. Jammern und klagen (gegen unberechtigte Bewertungen) half bis dato wenig. Nun gibt es ein Urteil des BGH, das einiges ändern könnte.
Was war geschehen? Achtung, in den nachfolgenden 1311 Zeichen (inkl. Leer-) geht es nicht um Personalmarketing, nichtsdestotrotz sind diese Infos fürs Verstehen wichtig. Also tapfer sein!
Klage wegen ungerechter Behandlung und Verletzung des Persönlichkeitsrechts
Eine Ärztin klagte gegen die Ärtztebewertungsplattform Jameda, weil sie dort gegen ihren Willen mit ihrem Namen, ihrem akademischen Grad, ihrer Fachrichtung und ihrer Praxis aufgeführt wurde und darüber hinaus auch überwiegend schlechte Bewertungen erhielt. Wenn man das Profil abrief, wurden zudem weitere Ärzte mit demselben Fachbereich und einer Praxis in der Nähe der Ärztin angezeigt. Hierbei handelt es sich um die Einblendung von Werbung zahlender Kunden des Portals. Dargestellt wird neben der Note des jeweiligen anderen Arztes die jeweilige Distanz zwischen dessen Praxis und der Praxis der Klägerin. Bei Ärzten, die sich auf Jameda kostenpflichtig registriert und ein Premium-Paket gebucht haben, werden keine Konkurrenten auf dem Profil angezeigt. Jameda wirbt bei Ärzten für ihre „Serviceleistungen“ damit, dass die Profile zahlender Kunden deutlich häufiger aufgerufen würden. “Gleichzeitig erziele der zahlende Kunde durch die Einblendung seines individualisierten Profils auf den Profilen der Nichtzahler eine zusätzliche Aufmerksamkeit bei den Nutzern. Ein „Premium-Eintrag“ steigere zudem die Auffindbarkeit über Google“. Die Ärztin fühlte sich durch das Geschäftsmodell von Jameda ungerecht behandelt und sah darüber hinaus ihr Persönlichkeitsrecht verletzt, weswegen sie gegen Jameda klagte.
Der Bundesgerichtshof urteilte nun, ihr Eintrag müsse gelöscht werden, da die Informationen nicht neutral vermittelt würden. Mit seiner Bewertungs- und Anzeigepraxis (und den eingeblendeten Premium-Profilen) verlasse Jameda seine Stellung als neutraler Informationsmittler, so die Begründung (AZ: VI ZR 30/17). In der Folge bedeutet das aber nicht das Ende des Geschäftsmodells findiger Bewertungsplattformbetreiber. Der BGH betont in seiner Begründung allerdings die Rolle als neutraler Informationsvermittler. Bei Jameda sieht er diese Funktion aufgrund des Werbegeschäfts und der Präsentation zahlender Kunden als nicht mehr gewährleistet an.
Was bedeutet das Jameda-Urteil für kununu?
Zwar listet kununu nicht alle in Deutschland existierenden Arbeitgeber auf (die Einträge speisen sich nach wie vor aus den Einträgen der Nutzer, bei Jameda hingegen werden alle niedergelassenen Ärtzte gelistet), das Geschäftsmodell ist aber im Grunde das gleiche. Auf Arbeitgeberprofilen, die nicht bezahlt werden, bekommt der Nutzer die Arbeitgeber mit Employer Branding-Profil (sowie weitere Werbung) eingeblendet, bevor er zu den eigentlichen Bewertungen vorstoßen kann. Umgekehrt werden auf bezahlten Profilen keine “Wettbewerber” (und Werbebanner) angezeigt. Insofern haben wir hier nach meinem Verständnis also die gleiche Sachlage. Lediglich die Distanz zwischen den einzelnen Unternehmen wird auf kununu (noch) nicht angezeigt. Hier könnte man sich in Wien mal ein Beispiel an Google Jobs nehmen, wo man sich Jobs in der Nähe seines Wohnortes anzeigen lassen kann (inkl. Google Maps-Anzeige, versteht sich).
Während das BGH nun die Löschung der Daten der betroffenen Ärztin fordert (die im Übrigen nicht mehr praktiziert), ist Jameda einen anderen Schritt gegangen und hat “mit sofortiger Wirkung die Anzeigen zur weiteren rechtmäßigen und vollständigen Listung von Ärzten entsprechend angepasst“. Eine Löschung der Ärzteprofile indes sei nach wie vor nicht möglich, so die offizielle Stellungnahme von Jameda.
Auch bei kununu sieht man das Ganze (noch) recht gelassen: “Die Transparenz, die kununu schafft, ist für den Arbeitsmarkt höchst relevant. Wir glauben, dass das aktuelle Urteil des BGH speziell auf Ärzteplattformen bezogen und daher nicht auf uns in dieser Form übertragbar ist. Selbstverständlich werden wir das aber überprüfen, sobald die schriftliche Begründung des Urteils vorliegt“, heißt es auf Nachfrage in einer ersten Stellungnahme.
Ob Ärzte- oder Arbeitgeberplattform – beide schaffen (mehr oder weniger) Transparenz, auch das Geschäftsmodell ist das gleiche. Insofern bin ich gespannt, was das für kununu – und die Kunden mit Employer Branding-Profil – bedeuten wird. Es bleibt also spannend!
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Marcel Rütten