13. Oktober 2013
Vergesst Facebook! Von Vertrauen, Feingefühl und der Interaktion auf Facebook-Karriereseiten
Lesezeit: 19 Min. PersonalmarketingRecruitingSocial Media
FREUNDE. Wie gefällt Ihnen die Anrede? Ich glaube, ich werde das mal so beibehalten. Vielleicht fange ich sogar jeden Satz damit an :-). Was es mit diesem “FREUNDE” auf sich hat, in welchem Kontext das mit Facebook Karriereseiten steht und warum ich Ihnen empfehle, Facebook zu vergessen, lesen Sie weiter unten (vorausgesetzt natürlich, Sie lesen überhaupt weiter. Das wiederum würde ich empfehlen, denn sonst würden Sie nie die Auflösung erfahren). Also, FREUNDE!
Frisch von der Social Media Recruiting Conference aus Hamburg zurück – großes Kompliment an Veranstalter und Partner – war ein schönes Event, hat Spaß gemacht (erste Essenzen sind hier nachzulesen), will ich mich aus gegebenem Anlass mal wieder dem Thema Karriere-Fanpages auf Facebook widmen und einen Beweis dafür abliefern, dass man sehr wohl mit Steinen werfen kann, wenn man im Glashaus sitzt. Aber eins nach dem anderen. Als mich Stefan Person von Personal Inform im Mai ansprach, ob ich nicht einen Beitrag zur Social Media Recruiting Conference abliefern möchte, habe ich natürlich sofort zugesagt. Als er mir sagte, es solle um Facebook Karriereseiten gehen, dachte ich mir so: Facebook? Ist doch Scheißdreck! Zumindest ansatzweise. Schließlich wollte ich mich zu dem Zeitpunkt von meiner eigenen Facebook-Seite trennen. Sie bspw. bei eBay verkaufen. Sofort Kaufen für 10.000 Euro. Das erschien mir ein angemessener und fairer Preis. Inklusive Fans und Nutzung des dahinter liegenden Content Management Systems natürlich. Das habe ich dann aber doch (noch) nicht. Aber aufmerksame Besucher meiner Seite werden festgestellt haben, dass ich seit dem dort genau das mache, was so viele Unternehmen auf Facebook machen. Nämlich nichts. Und das seit Juni. Und vorher nur sporadisch. Also Business as usual quasi. Warum? Nun, das hat verschiedene Gründe: Facebooksättigungserscheinungen, Ressourcenprobleme, Priorisierung anderer Dinge. Also all das, wovon andere Facebookseitenbetreiber auch betroffen sind.
So weit, so gut. Ich habe mich natürlich trotzdem des Themas angenommen. Der frechmutige Blogger-Kollege Buckmann aus der Schweiz hat das Ganze auch wunderbar in Bildern festgehalten. Vielen Dank, lieber Jörg!
Ganz einfach aus dem Grund, weil ich einfach sehen wollte, ob mich meine gefühlten Eindrücke, die ich in den vergangenen Monaten gesammelt habe, nicht vielleicht doch getäuscht haben. Aber auch, um zu sehen, ob der von mir vor gut einem Jahr gewagte Blick “in die Glaskugel” aufgegangen ist. Hätte ja sein können, dass ich mich geirrt habe und das Thema Social Media – also Facebook – wirklich in den Personalabteilungen angekommen ist. Damit meine ich jetzt nicht diesen hier schon beschriebenen faulen Zauber, sondern die ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema. Bzw. dem “Ausleben” des selbigen und der Verankerung in den Unternehmen. Ich möchte Ihnen jetzt hier und heute nur ein paar Zahlen präsentieren – auf der eigens zur SMRC eingerichteten Facebook-Vortragsseite finden Sie weitere Infos.
Schaut man sich einmal die Entwicklung der Karriereseiten an, so kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Von kleinen unschuldigen 23 Seiten (mit gerade einmal 13.300 Fans) im Jahr 2010 sind wir innerhalb von drei Jahren auf über 340 Seiten (mit mehr als 1,8 Millionen (!) Fans – die sich allerdings zeitgleich auf mehreren Seiten tummeln) gewachsen.
Ein exorbitantes Wachstum von 13.784 Prozent! Sen-sa-tio-nell!!! Sa-gen-haft!!! Diese Zahlen zeigen ganz deutlich, dass KEIN Weg mehr an Facebook vorbei geht. Außerdem tummeln sich bei Facebook pro Monat die Hälfte aller deutschen Internetnutzer (19 Millionen sind es angeblich täglich), über 50 Prozent davon entsprechen wiederum der heiß begehrten “Zielgruppe” der 18 – 34-jährigen. Facebook ist also eine wahre Goldgrube für Recruiter (bevor jetzt alle vorschnell aufhören zu lesen und rasch noch eine Facebook-Seite einrichten – dieses war nicht ernst gemeint! Bitte, lesen Sie weiter!).
Nicht Unternehmen kommunizieren, Menschen kommunizieren
Fangen wir ganz von vorne an. Nicht bei Adam & Eva. Auch nicht in der Steinzeit. Auch wenn es bei Social Media letztendlich genau ums gleiche geht: Um Menschen. Genauer die Interaktion unter selbigen. Sagt ja irgendwo schon der Name. Überrascht? Vorteil von sozialen Netzwerken (auch Facebook ist ein solches, sogar noch dazu ein PRIVATES soziales Netzwerk) ist die Interaktion, der Dialog unter Menschen. Die Verlagerung der Trivialitäten eines Stammtischgesprächs ins Neuland Internetz. In diesem speziellen Fall geht es also um Sie als Unternehmensvertreter (aber eben nur als UnternehmensVERTRETER, nicht als UNTERNEHMEN selbst!) und im Idealfall potenzielle Mitarbeiter von morgen respektive Interessenten und auch Mitarbeiter. Nennen wir das Ganze der Einfachheit halber Community. Es geht also darum, dass Sie als Mensch (der Sie hoffentlich sind – also im Sinne von Mensch) mit anderen Menschen interagieren. Nach Wikipedia (gehört übrigens mit seinen von einer riesengroßen Community erstellten Beiträgen selbst zum Social Web) bezeichnet Soziale Interaktion im Übrigen “das wechselseitig aufeinander bezogene Handeln von Akteuren, also das Geschehen zwischen Personen, die aufeinander reagieren, einander beeinflussen und steuern.” Betonung auf wechselseitig und aufeinander reagieren. So wie im richtigen Leben. Nur halt über diese komische Plattform.
Damit es überhaupt soweit kommt, müssen Sie diese aber erst mal für sich aufschließen. Sie müssen Vertrauen aufbauen. Das gelingt Ihnen mit Authentizität, Nähe, und relevanten, glaubwürdigen Inhalten. Vertrauen und Relevanz sind die Währungen in Social Media! Lässt sich ohne Feingefühl, Empathie und Nähe Vertrauen aufbauen? Lässt sich ohne überzeugendes Engagement, ohne den Einsatz von Herzblut und Leidenschaft Vertrauen aufbauen? Lässt sich ein nachhaltiger Erfolg im Social Web (dort eingeschlossen Facebook) ohne Vertrauen und Relevanz erzielen? Wohl kaum. Der Erfolg in Social Media kommt nicht über Nacht! Es ist nicht damit getan, einfach nur eine Facebook-Seite einzurichten und Fans um sich zu versammeln – diese idealerweise generiert über schwachsinnige Einkaufstouren in entsprechenden Portalen (oder gleich in Bangladesh – hier ist übrigens nach den ganzen Unfällen in Textilfabriken und dem damit einhergehenden Imageschwund einer ganzen Branche ein klarer Trend zu erkennen – nämlich hin zu Klickfabriken. Hier sind die Arbeitsbedingungen deutlich menschenwürdiger. Wenn auch das ewige auf den Like-Button-klicken ein wenig an Fließbandarbeit erinnert. Aber ich will nicht abschweifen…) bzw. über mindestens genauso schwachsinnige Gewinnspiele.
Schaut man sich mal auf den Facebook Karriereseiten um (das habe ich u. a. auch mit freundlicher Unterstützung von fanpagekarma, einem Tool, mit dem Sie idiotensicher Ihre eigene Facebook-Seite und auch die Ihrer Mitbewerber auswerten können), so findet man eines nur selten. Nämlich – ich will das jetzt mal so technisch nennen – “vertrauensfördernde Maßnahmen”. So weiß man im Großteil der Fälle nicht, mit wem man es eigentlich auf der Seite zu tun hat, wie folgendes Beispiel schön illustriert:
Eine Teamvorstellung mit Namensnennung findet sich bspw. nur auf 52 (von 201) Seiten. Es kommt noch kruder. Von diesen 52 Seiten, auf denen das Team vorgestellt wird, treten die Team-Mitglieder nur auf 21 Seiten als “Absender” der Posts oder Kommentare in Erscheinung. Und als Krönung des Ganzen gibt es dann noch Seiten, auf denen zwar kein Team (in welcher Form auch immer) vorgestellt wird, dann aber auf einmal ein “fs vom XY-Karriereseitenteam” antwortet (ich vergaß die Seiten zu erwähnen, auf denen zwar eine Teamvorstellung erfolgt, als Absender aber auf einmal ganz andere Personen ins Spiel kommen). WTF? Nun gut, man muss diesen Seiten zu Gute halten, dass man es wenigstens versucht. Denn auf 138 Seiten macht man sich gar nicht erst die Mühe. Wozu auch. Übrigens, abgesehen davon, dass viele Nutzer starke Vorbehalte gegenüber solchen Karriereseiten haben, so ist auch interessant zu sehen, warum. Vielen erscheint das Ganze einfach nur als wenig überzeugende Marketingmaßnahme (womit sie in den meisten Fällen durchaus Recht haben), andere halten Facebook nicht als das geeignete Medium, um mit Personalern in Kontakt zu treten (interessant auch, dass viele glauben, der böse Personaler könne dann das eigene Profil ausspionieren. Klar, kann er. Aber auch nur, wenn die Privatsphäre-Einstellung nicht angepasst wurde, ihr Dummbatzen!). Und mal ganz ehrlich, wenn Unternehmen es nicht schaffen, nach den Regeln des Netzwerks spielen zu wollen (im Gegenteil, dem Medium Facebook ihren Habitus versuchen aufzustülpen), dann darf man sich nicht verwundern, dass selbst diejenigen, die sich durch ein “Like” bereit erklärt haben, Fan einer Seite zu werden, zurück halten. Bevor ich darauf näher eingehe, ein paar weitere Erkenntnisse:
- Auf 11 von 201 Seiten ist die Wall für Userposts gesperrt. Man darf sich schon fragen, warum Unternehmen wie die Deutsche Bank, Boston Consulting oder auch der Dauerbrenner Booz überhaupt auf Facebook sind, wenn sie auf Dialog ohnehin keinen Wert legen.
- Auf 129 Seiten immerhin schafft man es, die User über das “Du” anzusprechen. Allerdings locken die Inhalte der Posts in den wenigsten Fällen den User hinterm Ofen hervor. Selbst auf Seiten mit mehreren Tausend Nutzern reicht es in den meisten Fällen nur für ein paar schlappe Likes.
- Auf 27 Seiten (dazu gehören bevorzugt auch die, die einen Dialog sowieso nicht wollen) findet man das “Sie” in der Anrede. Sie auf Facebook ist ungefähr so wie ein Geschlechtsakt im Beichtstuhl – kurz: passt nicht so recht zusammen.
- Wenn man nicht so richtig weiß, wie man die Community ansprechen soll, macht man es einfach gar nicht. Bleibt also bewusst neutral in der Ansprache. Wobei man dann gar nicht mehr von Ansprache reden kann.
- Manche retten sich dann, in dem sie jedem (wirklich jedem) Post ein “FREUNDE.” oder “Liebe Facebook-Freunde” voran stellen. Mal kann man das mit Sicherheit machen. Aber jedes Mal? FREUNDE. Ich bitte Sie!
Nun ja, wie auch immer. Es ist wirklich kaum verwunderlich, wenn Ihre “Fans” kaum motiviert sind, sich in irgendeiner Form an einem “Dialog” zu beteiligen, wenn die Inhalte keinen Hund hinterm Ofen vor respektive aus dem Körbchen locken, oder?
So findet sich auf 146 Seiten (von 343) nicht ein Userpost. Nicht einer (damit sind jetzt nicht Kommentare gemeint, sondern Posts, die ein User auf der Wall hinterlassen kann – sofern Sie das gestatten, natürlich). Tja, und wenn sich dann doch mal einer erbarmt und eine Frage stellt (es gibt also in der Tat ernsthaft an Ihrem Unternehmen interessierte Bewerber), so werden diese auf 57 Seiten schlichtweg ignoriert. Stellt sich dann (nicht zum ersten und auch nicht zum letzten Mal) die Frage: Liebe Unternehmen, warum seid ihr eigentlich mit einer Arbeitgeber-Präsenz auf Facebook vertreten? Auch dass tatsächlich nur auf 53 Seiten auf alle Anfragen eingegangen wird, zeigen solche Daten das Ausmaß dessen, welchen Stellenwert letztendlich das so genannte “Social Media Personalmarketing” in den Unternehmen einnimmt. Nämlich kaum einen.
Dialog auf Facebook? Überbewertet!
Das zeigen auch sehr schön die Reaktionszeiten der Unternehmen auf Anfragen/Kommentare der User. Im Schnitt werden diese innerhalb von 26 Stunden beantwortet. Das an sich ist okay. Gemäß verschiedener Aussagen werden Antworten innerhalb von 24 Stunden erwartet. Wir liegen also nur knapp darüber. Schaut man sich das Ganze aber mal im Detail an, so wird auch hier offenbar, dass echter Dialog auf Facebook mühsam ist. Zwar erfolgen auf 18 Karriereseiten die Antworten innerhalb von einer Stunde und auf 82 Seiten innerhalb 24 Stunden. Nichtsdestotrotz dauert es auf 20 Seiten auch deutlich länger, unter Umständen auch schon mal 10 Tage. Von Dialog kann da bei aller Liebe und mit allen Augen (inklusive der Hühner-) nicht die Rede sein.
Ich muss jetzt aber auch mal eine Lanze für die Unternehmen brechen, die nicht auf wie immer geartete Userposts oder Kommentare antworten. Mal ganz ehrlich unter uns: Was ist Facebook? Facebook ist eine Plattform, wo jeder zum Selbstdarsteller werden kann. Man postet verwackelte Urlaubsfotos, seinen Neugeborenen, Partybilder, frisch gekochtes (oder gerade verzehrtes) Essen oder was auch immer und belästigt uns mit als Lebensweisheiten getarnten trivialen Dingen, die so trivial sind, dass sie schon gar nicht mehr den Begriff trivial verdienen. So trivial sind die. Auch die Rechtschreibung spielt auf Facebook keine Rolle mehr. Es muss alles immer ganz schnell gehen, schließlich geht es um Echtzeitkommunikation. Abkürzungen und kleinschreibg. sind also an d. tagesordng. Und genau diese User sind auch die, die bei Ihnen an die Unternehmensseite posten. Und genau so. Und im Zweifelsfall dann mit Profilfotos, die Männlein oder Weiblein im Bikini (das wohl eher bei Weiblein) oder Badehose zeigen. Oder in sonstigen zweifelhaften Posen. Und die stellen eine Anfrage bei Ihnen als Bewerber. Oder beschweren sich über nicht funktionierende Bewerbermanagementsysteme (im Prinzip durchaus zu Recht, aber auch hier macht – wie so oft im Leben – der Ton die Musik (dazu weiter unten ein hübsches Beispiel)). Ich meine, hier offenbart sich für Sie auch eine echte Chance: Sie können all die Knallköppe und Grenzdebilen schon mal aussortieren und für eine Absage vormerken (wird nur immer schwerer, weil sich die Nutzer zunehmend Profilnamen à la Miss Sunshine, Reiner Em aus En oder Dick Darm geben (das führt dann zu putzigen Ansprachen à la “Liebe Miss Sunshine” “Lieber Reiner Em aus En” und dergleichen).
Aber mal ganz im Ernst – was sich auf Facebook tummelt, hat oftmals einen Intellekt einer Kakerlake (wobei ich einer Kakerlake jetzt hier vielleicht auch Unrecht tue). Auch keine Seltenheit sind ja die, die nach aktuellen Jobs fragen. Und die dann auf die Karriere-Website geschickt werden (worauf sie ja von selbst hätten kommen können). Ist die Frage, ob man für diese Nutzer wirklich eine Facebookseite braucht. Respektive ob man diese dann als Bewerber haben möchte. Ein durchaus geachtetes Mitglied der Personalmarketingexperten-Gesellschaft wagte vor Kurzem einmal den Vergleich der Facebook-Nutzer auf Karriereseiten mit den Zuschauern von Hartz-IV- respektive Unterschichtenfernsehsendern. Und irgendwie hat er da zumindest in vielen Fällen recht. Ausnahmen bestätigen hier leider nicht die Regel, sind aber durchaus auch vorhanden. Und wenn Sie da dann keine Lust haben zu antworten, solche User sogar ignorieren, ja dann, lieber Leser, dann kann ich das voll und ganz verstehen. Wobei Sie sich das selber eingebrockt haben. Denn wer sagt denn, dass Sie auf Facebook vertreten sein müssen? Sehen Sie.
Ah ja, aber wenn Sie es dann doch sind, dann sollten Sie auch auf Posts eingestellt sein, die vielleicht nicht so ganz ins Heile-Welt-der-Top-Arbeitgeber-Bild passen. Und dann sollten Sie über ein gehöriges Maß an Feingefühl und Empathie oder auch Schlagfertigkeit verfügen, wie nachfolgende Beispiele verdeutlichen mögen.
Während man in folgendem Fall dringend den Verantwortlichen austauschen oder aber wenigstens zur Rechenschaft ziehen sollte (das mindeste wäre eine Entschuldigung!)…
Ziemlich “billig”, so auf einen Post zu reagieren. Setzen, 6! Ein anderes Beispiel zeigt nicht nur, mit welchen Inhalten Sie auch konfrontiert werden (können), sondern auch, wie man damit souverän umgeht:
Klasse gekontert und Humor bewiesen. Ein Nutzer bringt es wirklich auf den Punkt: “Während die Marketing Jungs bei anderen Firmen noch auf dem Baum schlafen, sind die Jungs und Mädels bei Soennecken scheinbar richtig auf Scheibe und haben es verstanden, wie man selbst hier mit der richtigen Antwort Punkten kann. Hoffe es nehmen sich auch mal andere Firmen ein Beispiel daran, anstatt immer nur alles zu löschen oder zu ignorieren.” Dem ist nichts hinzuzufügen.
Wo waren wir stehen geblieben? Richtig, die Sache mit dem Dialog und den Antwortzeiten. Auch wenn Social Media Kommunikation in Echtzeit ist, so ist es einfach so, dass man nicht rund um die Uhr für seine Fans da sein kann (ich sage mal so, der jenige, der das mit Haut und Haar lebt und voll drin aufgeht (das sind also genau die, die diesen Job machen sollten und nicht irgendwelche, die quasi qua ihrer Aufgabe in diesen Job gezwungen werden) ist das per se). Warum sollte man das also nicht als Servicezeiten kommunizieren? Wobei “kommunizieren” das Stichwort ist. Sie sind eben nur Montags bis Freitags von 9.00 bis 19.00 Uhr für ihre Fans da und am Wochenende nicht?
Dann lassen Sie das Ihre Fans wissen. Ist doch kein Problem. Die werden Verständnis dafür haben (ob sie sich daran halten werden, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Doch auch hier gilt: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Wobei wir dann hier auch wieder bei der Kakerlake wären…). Ach ja, und wenn Sie dabei sind, die Servicezeiten gut lesbar zu platzieren, so vergessen Sie nicht das Impressum. Wir leben hier in Deutschland. Da gilt das Telemediengesetz. Insbesondere Paragraf 5 sollten Sie sich aufs Schlüsselbein tätowieren oder wenigstens einmal vor Augen halten. Und das sagt ganz klar, dass geschäftliche Web-Präsenzen ein Impressum benötigen. Und das muss einfach zu erkennen und unmittelbar erreichbar sein! Egal, ob mobil oder per Desktop. Ein Impressum ausschließlich im Tab reicht also nicht aus. So, wie im Screenshot oberhalb gezeigt, ist’s richtig (auch wenn eine andere Handlungsempfehlung durchs Web geistert. Probieren Sie die mal aus, Sie werden feststellen, dass das Käse ist). Nun raten Sie mal, wie viel Unternehmensseiten gar kein Impressum auf ihrer Seite haben (also wirklich gar keins, nicht mal im Tab)? Sage und schreibe 57 (von 201) Seiten sind es. Und das ist mit Nichten und Neffen ein Kavaliersdelikt. Es gibt ganze Industrien, die sich darauf spezialisiert haben, solche Facebookseiten-Betreiber abzumahnen. Diese sitzen übrigens in Deutschland und nicht in Bangladesh und haben mit Sicherheit menschenwürdigere Arbeitsverhältnisse. Wobei die Betreiber solcher Kanzleien natürlich nicht menschenwürdig sind. Das sind einfach nur geldgeile Schmarotzer, die mit der Unwissenheit anderer Schindluder treiben. Gut, das sind Investmentbanker oder Nahrungsmittelkonzerne auch, aber das ist ein anderes Kapitel.
Wo wir gerade bei Rechten und Regeln sind. Auch Facebook lässt sich immer wieder etwas Hübsches einfallen, um seine User in den Wahnsinn respektive in die Regel-Falle tappen zu lassen. Zum Beispiel gilt das auch für die Titelbilder, die zunehmend dazu missbraucht werden, umfassende Infos darauf bereitzustellen. Ganze Texte sind darauf zu sehen. Dabei heißt es ja bewusst “Titelbild”. Mit Betonung auf BILD. Heißt also, den Nutzer mit emotionalem Bild abzuholen, oder mit dem Team (das eine schließt das andere nicht aus, im Gegenteil), vielleicht noch mit ein, zwei kurzen (!) Textzeilen drin – das war’s. Warum? Das Titelbild soll Ihren Fans eine Botschaft übermitteln. Wie Jan Firsching von Futurebiz ganz richtig sagt: “Eine Botschaft abseits von Flyern und Werbeplakaten. Links in Titelbildern sind sinnfrei, da sie nicht klickbar sind. Für Links gibt es den Infobereich. Die Optik eines Titelbildes wird durch Links, Telefonnummern und Email-Adressen geschädigt. Auch auf irgendwelche Gütesiegel und Auszeichnungen vergangener Tage kann verzichtet werden. Sie stören das Bild und verbessern es nicht.” Wo er Recht hat, hat er Recht. Also verzichten Sie auf Ihre Top-Arbeitgeber-Siegel etc. pp. Ist nur peinlich, wenn Sie auf Ihrer Facebook-Seite genau den gegenteiligen Eindruck vermitteln ;-).
Tja, wenn Sie sich dann doch nicht davon abhalten lassen, eine Facebook Karriereseite einzurichten, überlegen Sie welchen Mehrwert Sie bieten können und wen oder was Sie eigentlich mit der Facebook-Seite erreichen wollen. Bitte überlegen Sie sich gut, ob sich das Engagement auf Facebook lohnt. Machen Sie sich Gedanken darüber, ob Sie die Zielgruppe dort überhaupt erreichen. Und wenn Sie sie erreichen, wie Sie sie für sie begeistern können. Prüfen Sie,
- ob die Unternehmenskultur einen glaubhaften Auftritt möglich macht (das ist zum Beispiel nicht der Fall, wenn schon die interne Kommunikation nicht bei Ihnen klappt – wie soll es dann klappen, wenn man sich auch noch nach außen öffnen und dann tun muss, was man ohnehin nicht kann? Auch wenn die Nutzung des Internet während der Arbeitszeit untersagt ist, vergessen Sie Facebook. Das Gleiche gilt, wenn Sie ein stockkonservatives Unternehmen sind, in dem sich die Mitarbeiter selbst nach mehrjähriger Firmenzugehörigkeit immer noch siezen),
- ob das notwendige Know-how im Umgang mit Facebook vorhanden ist (es ist grob fahrlässig, jemanden damit zu betrauen, der sich nur wegen dieses Vorhabens dort angemeldet hat. Ebenso ist der Einsatz von Agenturen tabu, auch wenn die das Know-how mitbringen. Sie als authentischen Arbeitgeber darstellen, können die nicht),
- ob Sie ausreichend Ressourcen zur Verfügung haben: Personal, Zeit, Inhalt (Inhalte heißt nicht, die weichgespülten Meldungen Ihrer Website per Copy & Paste einzufügen, sondern regelmäßig relevanten Content bereitstellen zu können. Auch ist das “Bespaßen” der Community nicht innerhalb von 5 Minuten am Tag geleistet),
- ob Sie Inhalte spielen können, die Ihrer Zielgruppe einen Mehrwert (Betonung auf Mehrwert) bieten und Sie es verstehen, Ihre Zielgruppe abzuholen (heißt, Sie mir Ihrer Ansprache an der richtigen Stelle zu packen und für sich zu begeistern. Ich sag nur: “FREUNDE”.
Für mehr Infos verweise ich auf mein Whitepaper zum Für und Wider von Facebook Karriereseiten, welches nach wie vor Gültigkeit hat. Ach, was sage ich. Mehr Gültigkeit als zuvor. Denn eins lässt sich auch feststellen: Die “Lust an Facebook” bei deutschen Arbeitgebern lässt nach. Klar, es werden immer mehr Seiten. Auf der anderen Seite haben aber auch diverse Arbeitgeber Facebook den Rücken gekehrt und die Seiten vom Netz genommen (Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung). Auch lässt sich erkennen, dass Karriere-Fanpages, die vor einiger Zeit (auch von mir) noch in den Himmel und über den grünen Klee gelobt wurden, nun aufgrund mangelnden Engagements keine nennenswerte Rolle mehr spielen bzw. dort nur noch “Dienst nach Vorschrift” gemacht wird (das wiederum wird wahrscheinlich eher daran liegen, dass den Verantwortlichen gesagt wurde, die Seite läuft ja, halten Se mal den Ball flach).
So, und wenn Sie jetzt nicht mehr so richtig wissen, wo Sie wirklich gerade mit Ihrem Unternehmen stehen, so empfehle ich Ihnen, den Social Media Quick Check einmal auszuprobieren. Dieses Tool ermöglicht Ihnen eine erste Bestandsaufnahme und wird Ihnen im Zweifelsfall zeigen, dass erst noch so einige Hausaufgaben zu machen sind, bevor Sie als Personalmarketing-Verantwortlicher als Einzelkämpfer den Sprung ins bitterkalte Facebook-Wasser zu wagen (apropos Hausaufgabe. Bevor Sie sich auf Facebook stürzen, sollten Sie erst einmal selbige machen. Also erst mal die klassische Website pimpen und auch sonst schauen, ob wirklich alle Potenziale in der “klassischen” Kommunikation ausgeschöpft werden).
Kurz noch einmal zurück zur SMRC. Von den gut 50 Anwesenden verfügten ca. 20 über eine Karriereseite auf Facebook (zumindest meldeten sich ungefähr so viele auf meine Frage). Als ich fragte, wer denn glaube, dass eine Facebook Karriereseite essentiell für seine Personalmarketing-Strategie sei, meldeten sich gerade noch zwei (ich persönlich hatte ja mit null gerechnet, bzw. darauf gehofft :-)).
Meine ganz klare Empfehlung zum Schluss lautet: Vergessen Sie Facebook ! Insbesondere dann, wenn Sie es ohnehin nicht ernst meinen. Auch für alle anderen gilt: Es gibt andere Plattformen, die Ihnen wesentlich mehr Möglichkeiten bieten, als das Facebook jemals kann. Und bei der Sie sich in keine Abhängigkeiten begeben. Denn denen sind Sie bei Facebook zwangsläufig und immer wieder ausgesetzt. Unabhängig davon, wie gut es Ihnen gelingt, Inhalte bereitzustellen – ob diese Ihre Zielgruppe erreichen, ist auch immer ein Kampf gegen Facebook und seine undurchsichtigen Algorithmen. Wenn ich so sehe, welch Mühe sich manche Seitenbetreiber sich geben und diese Inhalte dann nur bei einem Bruchteil der Fans ankommen, dann kommen mir fast die Tränen. Stellen Sie sich mal vor, all dieser Content würde nicht nur die User auf Facebook, sondern quasi alle, die Google als Suchmaschine nutzten (also quasi alle Internetnutzer) erreichen. Wäre das nicht großartig?
Anmerkung zum Schluss. Die Seiten wurden sowohl mit dem Tool fanpagekarma als auch händisch ausgewertet. Während mit fanpagekarma 343 Karriereseiten ausgewertet wurden, erfolgte die händische Auswertung für die SMRC auf Basis von 201 rein willkürlich ausgewählten Seiten. Die Zahlen sind zwar nur eine Bestandsaufnahme, vergleicht man sie aber mit Erhebungen zu anderen Zeitpunkten, so ist eine Tendenz klar erkennbar und nicht zu leugnen.
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