23. Mai 2013
Fighting against Employer Branding-Rap – Handwerk und BASF mit neuen Recruiting-Videos
Lesezeit: 4 Min.
Employer BrandingRecruiting
Es ist ja nun wahrlich reichlich durchgenudelt worden das Thema Recruiting-Videos (die ja eigentlich nicht wirklich welche sind). Nichtsdestotrotz wird immer wieder versucht, die Generation Why mit platten dummdreisten Pseudo-Gangsta-Raps für ein Praktikum oder eine Ausbildung zu begeistern. Neulich las ich sogar in einem Online-Magazin, man würde mit solcherart produzierten Employer Branding-Videos bei der Jugend punkten. Ernsthaft!
Nun, in einem Bericht, wo von so genanntem Facebook-Recruiting die Rede ist, das – Zitat: “meint, dass immer mehr Firmen junge Bewerber, insbesondere Praktikanten, aktiv über ihre sozialen Netzwerke wie Facebook, Xing, LinkedIn oder Google+ ansprechen” – oder wo Recruiting-Videos mit Mitarbeiter-Testimonials als Trend für 2013 ausgerufen werden (waren die nicht schon tot?), wundert es mich dann auch nicht, solche Zeilen zu lesen:
“Mittlerweile haben auch die Spardabank, Edeka, McDonald’s und weitere Unternehmen Recruitingvideos, in denen gesungen, gerapped und getanzt wird. Die Clips richten sich insbesondere an Berufseinsteiger. Aktuelle Auszubildende werben mit selbstverfassten Songtexten für einen Start im Unternehmen als Praktikant oder Azubi. Passend zur Musik haben die Jugendlichen Choreografien eingeübt und ermuntigen die Zuschauer, sich ebenfalls zu bewerben. JobTV24 rät Unternehmen dazu, sich über die möglichen Konsequenzen eines atypischen Videos bewusst zu sein und gegebenenfalls auch mit negativer Kritik umzugehen.”
Diese Videos ermuntigen (steht da) also die Zuschauer, sich aufgrund dieser Videos zu bewerben. Soso. Zwar rät JobTV24 Unternehmen dazu, sich über die möglichen Konsequenzen eines “atypischen” Videos bewusst zu sein und “gegebenenfalls auch mit negativer Kritik umzugehen”, aber genau diese Aussage impliziert ja, dass man zu diesen Videos rät. Sie quasi als Must-have propagiert. Hm. Nun, eins ist klar. Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Das ist klar. Wobei ich stark davon ausgehe, dass ein Fisch nicht wirklich mehr Herr der Lage ist, zu beurteilen, ob der Köder schmeckt, wenn er sich im Todeskampf windet. Aber vielleicht ist ja genau das der Trick: Dem Vertreter der jugendlichen Zielgruppe ist gar nicht mehr bewusst, was er da eigentlich konsumiert. Klar, nach Germany’s Next Top Moppel, Deutschland sucht den Superstar, Britt, Olli Geissen, den Geissens und den Auswanderern und wie all diese volksverdummenden Sendeformate alle heißen, wundert es einen auch nicht.
Im Artikel heißt es übrigens auch (in Bezug auf selbstgedrehte Videos): “Allzuviel Improvisation kann jedoch potenzielle Bewerber auch abschrecken und Kratzer am Firmenimage verursachen.” Stellt sich nur die Frage, was die größeren Kratzer verursacht. Rap oder Do it yourself?
Azubi-Rap: Mach’ keinen Fehler!
Wie auch immer. Auch Scholz & Friends ist scheinbar den Empfehlungen von JobTV24 gefolgt und hat folgerichtig folgendes Recruiting-Video produziert:
Ich find’s herrlich. Einfach wunderbar auf die Schippe genommen, Sparda lässt grüßen! Eins bleibt aber trotzdem auf der Strecke. Eine klare Aussage, warum man sich gerade für eine Ausbildung als Handwerker entscheiden soll. Von einer Minute für den Werbeclip gehen 45 Sekunden für die Verarsche drauf. Bleiben 15 Sekunden für die Aussage “Mach keinen Fehler. Mach ein Handwerk”. Nun denn. Schade. Potenzial verschenkt.
Besser, Scholz & Friends hätte sich vorher ein wenig Schützenhilfe bei BASF geholt. Die haben nämlich einmal haarklein die Welt der Recruiting- oder Employer-Branding-oder-wie-auch-immer-wir-sie-jetzt-nennen-wollen-Videos (wie wäre es mit Arbeitgebervideos? So zumindest nennt man sie bei BASF) analysiert. Herausgekommen ist dabei Folgendes:
Arbeitgebervideos im Fokus

Sehr charmant gemacht, wie ich finde. Und natürlich macht man solch eine Analyse nicht ohne Grund. Und so kam dann natürlich noch ein unterhaltsames Filmchen dabei heraus, mit dem ganz nebenbei auch noch auf die Suche nach einem Praktikanten für Personalmarketing und Social Media geht. Einziger Wermutstropfen für Bewerber: BASF arbeitet mit dem SAP E-Recruitingsystem. Und das stellt einen – das wissen wir alle – auf eine harte Geduldsprobe.
Die Reaktionen sprechen für sich: “Das ist mit Abstand das Beste und humorvollste Recruitment Video was ich je gesehen habe. Großes Lob an der Stelle!” heißt es auf Youtube. Oder: “Finde ich wirklich SEHR gelungen, was Zielgruppenadäquanz betrifft. Und wenn man bedenkt, dass viele (BMW, Edeka, MCD) schon richtig an sowas gescheitert sind, muss man umso mehr den Hut ziehen.”
Jupp, stimmt! Im Übrigen auch ein interessanter Ansatz, dass BASF den Film in Serie bringen will. Das hat mir Franziska Franke (Personalmarketing bei BASF) verraten. Er ist absichtlich modular aufgebaut und enthält keine teuer zu drehenden Sequenzen mit gefilmten Personen, damit er in Zukunft an neue Stellen angepasst werden kann. Wenn man so will, also eine neue Stellenanzeige 2.0. Auf jeden Fall aber ein echtes Recruiting-Video. Ich freu mich auf die Fortsetzungen.
Und bin gespannt, wann uns das nächste Employer-Branding-Recruiting-Rap-Video zum Weinen bringen wird.
personalmarketing2null
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Christoph Athanas
Employer Branding