07. Juni 2024

Streichen Sie "Wie sind Sie auf uns aufmerksam geworden?" im Bewerbungsformular
Ob „Wie sind Sie auf uns aufmerksam geworden?“, „Wie haben Sie von uns erfahren?“ oder welche Formulierung auch immer: Diese
weiterlesen28. Dezember 2012
Lesezeit: 7 Min. PersonalmarketingRecruiting
Also eigentlich wollte ich heute ja noch schnell einen Jahresrückblick schreiben, aber letztendlich wissen Sie ja selbst, welche Artikel hier für Sie interessant waren, oder? Damit Ihnen nichts entgeht, können Sie diesen Blog übrigens per E-Mail abonnieren (siehe rechte Spalte, da gibt’s direkt unter der Suche ein Eingabefeld, wo Sie Ihre E-Mail-Adresse hinterlegen könnnen und schwuppps! gibt’s die aktuellsten Blogartikel druckfrisch tippfrisch in Ihr E-Mail-Postfach!).
Insofern schenke ich mir das jetzt, höchstens vielleicht noch der Hinweis, dass Sex nicht immer zieht und nicht AGG konforme Stellenanzeigen Personalerherzen scheinbar höher schlagen lassen (zumindest wenn ich mir die Beliebtheit der Artikel des letzten Jahres anschaue). Aber lassen wir das.
Bevor ich Sie also aus diesem ereignisreichen Jahr entlasse, eine schöne Geschichte, die nicht nur zu meinem jüngst erschienenen Whitepaper zu Facebook Karriere-Pages sehr gut passt, sondern auch mal wieder schön zeigt, welche (teilweise dubiosen) Wege so manches Unternehmen einschlägt, wenn es um die Suche nach qualifiziertem Personal und Personalmarketing in der Pflege geht…
Jüngstes Beispiel aus der Rubrik “Braucht eigentlich jedes Unternehmen eine Facebook Karriere-Page” ist heute ein Unternehmen der Pflegebranche. Während sowohl K&S Seniorenresidenzen (die jetzt auch in Spanien Bewerber suchen) als auch GIP – Gesellschaft für medizinische Intensivpflege in Sachen Facebook ganz gut vorlegen und durchaus in dem einen oder anderen Punkt Vorbild für andere Seiten sein können, würde ich in folgendem Beispiel eher nicht davon sprechen. Und das aus verschiedenen Gründen. Rede ist heute von der Facebook Karriereseite der CASA REHA-Gruppe. Das bezieht sich nicht nur auf die Postings selber – diese beschränken sich nämlich mehr oder minder auf Weihnachts- und Adventswünsche und Hinweise zum Gewinnspiel – sondern vielmehr auf das dort angepriesene “Gewinnspiel” und das Bewerbungsformular.
Ja, Sie lesen richtig. Es geht mal wieder um ein Gewinnspiel. Das an sich ist ja nichts Ungewöhnliches. Im Gegenteil, es ist sogar fast schon Standard auf Facebook Karriereseiten. Standard ist auch, dass irgendwelche Produkte, die ein “i” vorne im Namen tragen, verlost werden. Umso schöner und interessanter ist es also doch, wenn man wirklich ein (zumindest auf den ersten Blick) auf die Zielgruppe zugeschnittenes Gewinnspiel findet. Zumal ich das ja immer proklamiere. Insofern kann man CASA REHA also eigentlich nur gratulieren.
Wenn da nicht so ein paar kleine Haken an der Sache wären. Also, worum geht es eigentlich genau? Kommt man auf die Gewinnspiel-App der Seite so steht da zu lesen:
Wir suchen examiniertes Pflegepersonal. Die drei besten Bewerber gewinnen und erhalten zum Start unsere großen CASA REHA Willkommenspakete: 1. Platz 1500,- € 2. Platz 1000,- € 3. Platz 500,- € Spielen Sie bis zum 31. Januar 2013 mit und qualifizieren Sie sich – Beantworten Sie drei Fragen und nennen Sie uns den Besten Grund der Welt, warum Sie die beste Pflegekraft sind!
Abgesehen von der leichten Rechtschreibschwäche kann man sich schon fragen, wie sich die “besten Bewerber” definieren und was es eigentlich zu gewinnen gibt. Geht es darum, die besten Antworten auf folgende Fragen zu finden, nämlich wie viele Betten CASA REHA München Giesing hat, wie der CASA REHA Leitsatz lautet und was ein Dekubitus ist? Oder geht es tatsächlich darum, wer mit den besten Qualifikationen aufwartet? Aufschluss sollten da ja eigentlich die Teilnahmebedingungen geben. Diese öffnen sich im Übrigen in einem Google-Dokument (!). Geben diese aber Aufschluss darüber, was es zu gewinnen gibt und wie sich die besten Bewerber definieren? Mal schauen…
Unter § 1 Teilnahme, Punkt 1, finden sich die Aussage, dass “teilnahmeberechtigt registrierte Mitglieder der Online-Community von Facebook sind, die sich für das Gewinnspiel registrieren“. Aha. Also alle, die nicht bei Facebook sind, dürfen nicht an dem Gewinnspiel teilnehmen. Soso. Nun, immerhin ist die Teilnahme am Gewinnspiel nicht an die Voraussetzung gebunden, Fan der Seite zu sein. Immerhin etwas :-).
Lesen wir weiter:
Unter § 2 Durchführung und Abwicklung, Punkt 1, lesen wir, “dass am 31.1.2013 nach 21.00 Uhr von einer Fach-Jury unter allen Teilnehmern von „MITEINANDER mitmachen“ drei Jobs von CASA REHA München-Giesing verlost werden“. Aha. Drei Jobs also. Hier werden Jobs verlost??? Hm, hieß es nicht, dass Willkommenspakete verlost werden? Was denn nun? Jobs oder Willkommenspakete? Vielleicht finden wir ja doch noch einen Hinweis…
Ah, da, Punkt 4 regelt das ja alles ganz klar und eindeutig: “Das WillkommensPaket (Bonuszahlungen von € 1500,- € 1000 und €500) wird zum Dienstantritt des neuen Jobs ausgezahlt. Wird das Dienstverhältnis in der Probezeit abgebrochen, muss dies aber voll und ganz rückerstattet werden.”
Also, fassen wir noch mal zusammen:
Es erfolgt der Aufruf zu einem Gewinnspiel. Gewinnen kann ich drei Jobs. Plus Bonuszahlungen. Und die muss ich zurückzahlen, falls ich während der Probezeit ausscheide? Hm, seriös ist was anderes…
Schaut man sich die Gewinnspielbedingungen weiter an, so fällt nicht nur auf, dass nie und in keinster Weise darauf hingewiesen wird, dass das Gewinnspiel nicht in Verbindung mit Facebook steht (was Facebook eigentlich gerne hätte), es fällt vielmehr auf, dass hier irgendwelche Gewinnspielbedingungen einfach per Copy & Paste übertragen und nicht richtig angepasst wurden. Und so taucht dann plötzlich der Name “Madison” im Text auf, der in keinerlei Kontext zum Unternehmen steht. Wenn das auch nicht jedem unmittelbar auffällt (mal ganz ehrlich, wer liest sich schon das Kleingedruckte durch), spätestens an dieser Stelle wird’s dann schon fast peinlich:
Klickt man nämlich den dort genannten Link an, gelangt man auf folgende Seite:
Wie man sieht, eigentlich eine Seite, um sich aus einem Newsletter auszutragen.
Merke: Richtiges zuguttenbergen will gelernt sein! Wenn schon klauen, dann richtig.
Besser wäre es aber noch, einen Juristen über solche Texte schauen zu lassen. Denn ich bin mir nicht sicher (ich bin ja auch kein Jurist), ob diese Gewinnspielbedingungen in dieser Form überhaupt koscher sind. Von wegen Job verlosen, Willkommenspaket unter den besten Bewerbern auslosen etc. Auch wenn es bei § 1 unter Punkt 5 heißt, dass “das Gewinnspiel kostenlos ist und die Teilnahme völlig unabhängig von dem Erwerb von Waren und/oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen ist“. Abgesehen davon, dass das eigentlich selbstverständlich sein sollte, würde das also im Umkehrschluss und übersetzt heißen, dass die Teilnahme völlig unabhängig von einer Bewerbung ist?
Es ist schon alles etwas fragwürdig. In den Teilnahmebedingungen steht nichts davon, dass man sich für einen Job bewerben muss. Rein gar nichts. Kann ich also einen Job als examinierte Pflegekraft gewinnen, nur weil ich an dem Preisausschreiben teilnehme? Nun vielleicht. Immerhin schlug Frau von der Leyen ja auch vor, die so genannten Schlecker-Frauen (was für ein Begriff!!!) könnten sich mir nichts, dir nichts als Pflegekraft verdingen. Aber vielleicht gibt es das Gewinnspiel auch aufgrund der Tatsache, dass Frau von der Leyens Idee mächtig daneben ging. Denn irgendwie muss man ja dem Fachkräftemangel in der Pflegebranche paroli bieten…
Keiner weiß es so genau. Aber vielleicht bringt uns ja das Bewerbungsformular, welches auf der Facebookseite integriert wurde (!), dem Ganzen ein Stück näher… Immerhin heißt es ja dort “Der schnellste Weg zum Job”. Also doch nicht per Gewinnspiel, lieber online bewerben? Noch dazu auf Facebook?
Wohl eher nicht. Denn das Bewerbungsformular steht kurz vor dem Abdriften in die Rubrik “Wie Sie es garantiert schaffen, Bewerber zu verprellen“. Anstatt wirklich gemäß dem Motto “der schnellste Weg zum Job” zu handeln und dem Bewerber ein simples Formular zur Verfügung zu stellen, muss dieser sich hier umständlich durch eine Formularwüste klicken, um zum Ziel zu gelangen. Schade. Obwohl. Ich muss meine Aussage revidieren. Eigentlich muss ich nur meine Kontaktdaten angeben und kann die Bewerbung absenden. OHNE weitere Felder ausfüllen zu müssen. Dieses erschließt sich aber nicht auf den ersten Blick. Warum also so kompliziert? Und dass die Eingabe einer E-Mail-Adresse wiederum kein Pflichtfeld darstellt, ist für mich bei einer Online-Bewerbung wiederum nicht nachvollziehbar.
Nun gut, wie auch immer. Es ist manchmal schon merkwürdig, welch seltsame Blüten die Personalmarketingmaßnahmen mancher Unternehmen so treiben. Man erinnere sich bspw. an die Verlosung von MINIS an Bewerber in der IT-Branche oder an die Verlosung einer Maß Bier. Aber dass jetzt schon ganze Jobs verlost werden, die scheinbar nicht mal an eine Bewerbung gekoppelt sein müssen, ruft bei mir ein Kopfschütteln hervor.
Wie auch immer, ich bin gespannt, auf welche Ideen so mancher Arbeitgeber nächstes Jahr so kommen wird und wünsche allen meinen Lesern einen guten Rutsch und tollen Start ins neue Jahr.
2013 geht’s weiter!
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