07. Juni 2024

Streichen Sie "Wie sind Sie auf uns aufmerksam geworden?" im Bewerbungsformular
Ob „Wie sind Sie auf uns aufmerksam geworden?“, „Wie haben Sie von uns erfahren?“ oder welche Formulierung auch immer: Diese
weiterlesen09. Juli 2012
Lesezeit: 6 Min. Ausbildungsmarketing
Vor einigen Tagen wurde einer meiner Beiträge dahingehend kommentiert, wo denn meine kritische Perspektive bleibe. Bitte sehr, lieber Christoph! Wobei es mir wirklich schwer fällt, in welche Richtung ich heute schießen ich heute Transparenz schaffen soll. Ist es das (was eigentlich längst überfällig war) “Employer Branding-Video” von Bayer (das sind die, die im Schatten von und in Kooperation mit Monsanto als größter europäischer Anbieter von gentechnisch verändertem Saatgut und den zugehörigen Pestiziden dafür sorgen, dass unser (noch) grüner Planet noch früher ins Gras beißen wird), die definitiv beim schlimmsten Recruiting-Video ever (nein, das ist NICHT der BMW Praktikum-Rap, das ist “Oh, happy Day” von Ernst & Young. DAS Fremdschäm-Video schlechthin, auf das ich dank eines großartigen Spiegel-Artikels über die vermeintlich schlechtesten Recruiting-Videos aufmerksam wurde) abgekupfert haben?
Oder ist es das neueste Gewinnspiel auf der Karstast Karriere-Fanpage? Unter dem Motto “100 % Du” soll man dann noch mehr Infos von sich preisgeben, als Facebook sowieso schon an Daten von einem erfasst und kann ein Fotoshooting für Bewerbungsfotos gewinnen. Immerhin kein iPad. Die Reaktion lässt bis dato übrigens stark zu wünschen übrig. Nun, dank dieses Blogartikels wird sich die Popularität mit Sicherheit rasant erhöhen. Mache ich doch gerne ;-)!
Nein, dieses mal soll es um eine Kampagne des Zentralverbandes Sanitär Heizung Klima gehen. Ein lobenswerter Ansatz ist es ja, dass die verzweifelt um die jungen Fachkräfte buhlenden Unternehmen sich mit entsprechenden Berufsinformationsseiten auf sich und die Berufe aufmerksam machen. Aber wie immer geht es nicht um das OB, sondern um das WIE.
Rufen wir also einmal die Website “Volles Rohr Zukunft” auf:
Gegen einen One- oder auch Single-Pager an sich ist ja nichts einzuwenden. Aber horizontales Scrollen? Schon sehr gewöhnungsbedürftig. Auch ist die Nutzerführung auf der Seite alles andere als intuitiv. Abgesehen davon, dass natürlich auch die Inhalte nur horizontal und nicht vertikal zu erfassen bzw. betrachten sind (auch werden die Inhalte bzw. hinterlegten Grafiken nicht kontinuierlich angezeigt. So fehlt bspw. beim nachfolgenden Video das Bild auf der Startseite. Es wollte partout, auch mit Engelszungen und auf Knien angefleht, nicht laden…).
Alleine für die Aufbereitung und mangelhafte Nutzerführung bekäme diese Seite ein glattes “Mangelhaft” von mir. Aber das ist nicht der eigentliche Stein des Anstoßes, der diesen Blogartikel nachgerade provoziert.
Vielmehr ist es der so genannte Bewerbungs-Generator. Meine erste Reaktion: WTF?? Meine zweite im Übrigen auch. Aber schauen wir uns den Bewerbungs-Generator mal genauer an. Übrigens, wer jetzt denkt, dass es sich bei einem Bewerbungs-Generator eben um einen solchen handelt, liegt genau richtig.
Toll, oder? Da hat das Handwerk nicht nur mit Nachwuchssorgen zu kämpfen, sondern auch mit – drücken wir es mal vorsichtig aus – faulen und aufgrund von Social Media in Bezug auf die Rechtschreibfähigkeiten arg verkümmerten Jugendlichen. Was liegt da näher, diese Problematik proaktiv anzugehen und Bewerbungen à la Schema F zu ermöglichen – Bewerbungs-Generator sei Dank :-)
Da heißt es dann sehr schön: “Unser Bewerbungs-Generator führt dich in vier Schritten zu deinem persönlichen Bewerbungsschreiben”. Stellt sich mir die Frage: Wie persönlich kann ein standardisiertes Anschreiben eigentlich sein. Bzw. ist das Ganze nicht ein Widerspruch an sich? Persönlich und standardisiert?
Wie auch immer, in Schritt 1 wähle ich den jeweiligen Ausbildungsberuf, in Schritt 2 gebe ich meine Kontaktdaten ein (auch das Alter ist ein Pflichtfeld, Stichwort AGG), in Schritt 3 gebe ich die Schule, den (eventuellen) Abschluss sowie ggf. absolvierte Praktika ein, in Schritt 4 gebe ich Hobby und Lieblingsschulfächer ein und zum Abschluss erhalte ich dann… Ja, was eigentlich?
Bewerbung um einen Ausbildungsplatz zum Klempner
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit bewerbe ich mich um einen Ausbildungsplatz zum Klempner. Ihr Ausbildungsprogramm sowie Ihr Ruf als erfolgreiches Unternehmen haben mein Interesse geweckt.
Ich bin 18 Jahre alt. und besuche zur Zeit [bitte Eingabe prüfen]. Die Fächer [bitte Eingabe prüfen] begeistern mich sehr. Zu meinen Hobbys zählen [bitte Eingabe prüfen].
Das weite und interessante Betätigungsfeld des Klempners reizt mich sehr. Die Verarbeitung unterschiedlicher Bleche und Metalle finde ich ebenso spannend wie den Umgang mit modernen Maschinen. Umweltschutz und Kundenorientierung sind mir dabei sehr wichtig. Die Kombination aus Werkstatt und Montage am Bau verspricht einen abwechslungsreichen Berufsalltag.
Ich bringe große Motivation sowie die notwendige Sorgfalt für den Beruf des Klempners mit. Zudem bin ich eine offene und kontaktfreudige Person, die sich gerne neuen Herausforderungen stellt.
Über eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch würde ich mich sehr freuen.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
(Quelle: Bewerbungs-Generator von Volles-Rohr-Zukunft)
Abgesehen davon, dass ich nicht weiß, was mit meinen Daten passiert (ein Hinweis dazu fehlt vollständig), ist es schon irgendwie lustig. Ich beschäftige mich schon seit 2003 mit dem Thema Online-Recruiting. Und während in der Anfangsphase des E-Recruitings kritische Bewerber bemäkelten, dass bei den Online-Bewerbungsformularen die Kreativität beim Anschreiben auf der Strecke bleibe, sorgt man heute fast 10 Jahre später mit Bewerbungs-Generator für absolute Gleichförmigkeit. Wird also die Bewerbung bei Gas-Wasser-Scheiße-Unternehmen (tschuldigung, das kommt nicht von mir, das kommt von Werner) demnächst überall gleich ausfallen?
Ist es wirklich Sinn und Zweck, Bewerber zu “entmündigen” und sie von jeglicher Selbstständigkeit zu entbinden? Ist es das, was die Generation Z wirklich will? Nun ja, die suchenden Unternehmen atmen wahrscheinlich auf und freuen sich, dass sie überhaupt Bewerbungen bekommen. Voraussetzung wäre allerdings, dass die Seite entsprechend kommuniziert wird. Und wer soll das tun? Der Berufsberater beim Arbeitsamt? Wohl kaum. Der Berufsorientierungsunterricht in der Schule? Glücklich der, dessen Schule so etwas überhaupt anbietet. Das nächstliegende wäre ja auch ein prominent platzierter Hinweis auf der Seite des Zentralverbandes. Könnte ja durchaus sein, dass der eine oder andere Interessent (z. B. ein Elternteil) darüber stolpert. Aber wahrscheinlich ist einem der Auftritt dort selbst schon peinlich und man möchte am liebsten nicht damit in Verbindung gebracht werden ;-).
Soll das wirklich so sein, liebes Sanitär-Heizung-Klima-Handwerk? Wollt ihr das wirklich? Oder wurde hier mal wieder nicht zu Ende gedacht? Den Anschein hat es ja, betrachtet man alleine die Website, die nicht nur von der Navigation ein absolutes No go ist, sondern darüber hinaus viel zu langsam und auch nicht alle Inhalte ständig lädt.
Es heißt ja “Volles Rohr Zukunft! Dreh auf und geh ab in einem von vier Ausbildungsberufen”. Ich würde eher sagen: “Geh’ drauf und dreh’ ab”, oder kurz: Ein voller Rohrkrepierer.
Übrigens, bei aller Kritik, einen positiven Aspekt will ich doch mal nennen: Es gibt von der Seite allen Ernstes eine mobile Variante! Immerhin verzichtet man also auf eine dieser unsäglichen mobilen Job Apps, die ohnehin so überflüssig sind wie ein Kropf oder ein Krebsgeschwür – oder um bei oben benannten Konzernen zu bleiben: Wie genmanipuliertes Getreide.
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Christoph Athanas
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Jan Pötzscher (@JeyPie)
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Helge Weinberg
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