01. November 2011
Personalmarketing und Employer Branding mit kununu: Beispiel Medtronic
Lesezeit: 9 Min. Archiv
Wenn ich mir anschaue, was momentan so in Sachen Social Media Personalmarketing abgeht, so hat man den Eindruck, dass kein Weg an Facebook vorbei geht. Klar, ich selber trage ja einen Teil dazu bei. Allerdings auch immer mit dem Hinweis darauf, dass Facebook nicht das seelig machende Allheilmittel ist. Und weil das eben so ist, versuche ich in Seminaren und Vorträgen auch immer dahingehend zu sensibilisieren, dass es da auch noch andere Instrumente und Plattformen gibt, die man sich zunutze machen kann (sollte), wenn es darum geht, sich als Arbeitgeber im (Social) Web zu positionieren. Da gibt es z. B. Xing (schon mal von gehört?), Blogs (sie lesen gerade einen, aber dazu auch in Kürze mehr), die gute alte Karriere-Website (wird gerne vergessen, schließlich muss man ja auf den Social Media- am besten noch Facebook-Zug aufspringen), Youtube (ja, auch Youtube) und viele andere Plattformen, die man sinnvoll (und teilweise sogar sinnvolleR) nutzen kann, um sich als Arbeitgeber ein Gesicht zu geben und potenzielle Kandidaten auf sich aufmerksam zu machen. Eine weitere Variante davon sind so genannten Arbeitgeberbewertungsportale, wie z. B. Jobvoting, Evaluba, Companize, Bizzwatch oder aber kununu. Und um letzteres soll es heute (endlich!) gehen.
Ich weiß, die Ängste sind groß. Dies formulierte ich ja bereits in dem Artikel “Der gläserne Betrieb” und so erlebe ich immer wieder auf Veranstaltungen, dass man doch lieber einen großen Bogen um Arbeitgeberbewertungsportale macht, weil man durchaus befürchtet, eine negative Bewertung abzubekommen (was a) in manchen Fällen nicht verwundert und b) die Reaktionen der Anwesenden tief blicken lassen. Aber das nur am Rande :-)).
Zunächst einmal sollten Sie solche Arbeitgeberbewertungsportale durchaus als Chance begreifen. Denn nur, weil Sie sich nicht mit dem Thema auseinandersetzen wollen, heißt das ja lange noch nicht, dass Ihre Bewerber das genau so machen. Im Gegenteil, die lassen keine Gelegenheit aus, Sie (ja, auch Sie! Das Privileg des Googlens ist nicht nur Ihnen vorbehalten, auch Bewerber schauen sich gerne mal an, was es über den künftigen Partner im Vorstellungsgespräch zu finden gibt :-)) und Ihr Unternehmen zu googlen, facebooken, twittern und kununuen und ihre Erfahrungen auf den einschlägigen Plattformen kund zu tun. Und Sie haben dann die einmalige Chance, daraus zu lernen und dafür zu sorgen, dass Sie als Arbeitgeber künftig besser wahrgenommen werden. Aber eins nach dem anderen.
Jetzt gehen Sie bitte einmal in sich: Überlegen Sie mal – wenn Sie vorhaben, eine Reise zu buchen oder ein Produkt zu kaufen – wem vertrauen Sie da mehr? Dem auf Hochglanzpapier gedruckten Reisekatalog oder einem Bewertungsportal wie holidaycheck? Der werbewirksam formulierten Produktbeschreibung oder den Kundenrezensionen auf Amazon? Na? Sehen Sie.
Und es gibt sogar eine spannende Studie aus dem Jahr 2009 dazu. Damals fragte Nielsen, welchen Werbeformen Kunden vertrauen. Und siehe da: 89 % vertrauen den Empfehlungen von Bekannten und Freunden und 67 % Online-Bewertungen. Damit lagen diese Formate weit vor anderen Werbeformen. Wer Interesse an den weiteren Ergebnissen hat, findet sie bspw. schön aufbereitet bei Slideshare.
Das alles unterstreicht glaube ich ganz gut, welche Bedeutung Arbeitgeberbewertungsplattformen haben und in Zukunft noch haben werden.
Und genau das dachte man sich auch bei Medtronic. Sie kennen Medtronic nicht? Das geht wohl vielen so. Schließlich hat Medtronic nicht das Glück und ist eine Marke, die man als Konsument kennt oder die wegen Energiepolitik und Stellenabbau, Finanzdebatte oder genmanipulierten Kartoffeln in der Kritik steht (in diesem Falle kann man dann auch nicht von Glück reden :-)), Medtronic wirkt eher – wie soll ich sagen – im Verborgenen. Sollten Sie bspw. eine künstliche Herzklappe besitzen, schauen Sie mal drauf, die könnte von Medtronic sein. Medtronic ist nämlich ein international führendes Unternehmen für Medizintechnik. Die Produktpalette umfasst die Bereiche Kardiologie, Kardiochirurgie, HNO-Chirurgie, Diabetologie, Neurologie, Neurochirurgie, Wirbelsäulenchirurgie, Anästhesie, Gastroenterologie, Urologie, Orthopädie und Notfallmedizin. Und: Alle vier Sekunden wird heute ein chronisch kranker Mensch mit einer Therapie von Medtronic behandelt. Man sieht also, kein ganz unbedeutender Konzern mit spannenden Aufgabenfeldern. Aber wie sag ich DAS meinen potenziellen Mitarbeitern?
Das habe ich mich auch gefragt, und so freue ich mich, Ihnen heute ein Interview mit Anne Foerges, Ihres Zeichens Talent Acquisition Specialist bei der Medtronic GmbH in Meerbusch, zu präsentieren. Bei Medtronic ist sie verantwortlich für das Personalmarketing, Employer Branding und die HR Social Media Aktivitäten des Medizinprodukteunternehmens. Zuvor absolvierte Anne Foerges das duale Studium Industriemanagement bei der Medtronic GmbH und fand ihren Einstieg als Associate HR Generalist in der Personalabteilung.
Also, Bühne frei für Anne Foerges!
personalmarketing2null: Warum und mit welchem Ziel nutzt Medtronic kununu?
Anne Foerges: Medtronic ist einer der Marktführer in der Medizintechnik weltweit. Und obwohl die Medizintechnikbranche Zukunft hat und stetig wächst, hatten uns viele potentielle Bewerber „noch nicht auf dem Schirm“. Daher war es oft schwierig geeignete Kandidaten zu finden. Und das obwohl unsere Mitarbeiter in regelmäßigen Umfragen immer wieder bestätigen: sie sind stolz bei Medtronic zu arbeiten.
Im letzten Jahr erarbeiteten wir ein Employer Branding Konzept, um die Lücke zwischen Innen- und Außenwahrnehmung zu schließen. Ein großes Anliegen von uns: authentisch sein. Um das zu erreichen, haben wir einerseits eine Personalmarketing Kampagne entwickelt, bei der unsere Mitarbeiter mit Fotos und Statements im Mittelpunkt stehen. Dazu kamen dann die ersten, vorsichtigen Schritte auf dem Social Media Parkett mit unserem Unternehmensprofil bei kununu. Auf einen Bewertungsaufruf folgten über hundert neue Bewertungen von Mitarbeitern innerhalb weniger Tage. Und auch unser Bewertungsschnitt war überdurchschnittlich gut. Daher war uns relativ schnell klar, dass wir mit kununu einen glaubwürdigen Weg gefunden haben, unsere „inneren Werte“ nach außen zu kommunizieren.
personalmarketing2null: Welche Chancen bietet kununu ihrer Meinung nach für Medtronic – und für den Bewerber?
Anne Foerges: Wir haben die Chance, die gute Stimmung und die Begeisterung, die es für unser Unternehmen und die Produkte gibt, nach außen zu transportieren, sie erlebbar zu machen. Denn gutes Betriebsklima hat nichts mit der Größe oder Bekanntheit eines Unternehmens zu tun. Kununu ist eine Plattform auf der wir uns mit den „Großen“ messen können. Davon profitieren natürlich auch die Bewerber, denn sie kaufen nicht die Katze im Sack, sondern können sich ein ziemlich gutes Bild verschaffen, wie es hinter den Kulissen bei Medtronic aussieht. Und hoffentlich kriegen sie Lust, uns auch im echten Leben kennen zu lernen.
personalmarketing2null: Viele Leute sehen kununu eher skeptisch und stellen die Güte der Bewertungen infrage, von wegen keiner weiß, ob sie echt sind oder nicht. Wie sehen Sie das?
Anne Foerges: Uns ist bewusst, dass viele Leute Social Media gegenüber skeptisch sind. Vielleicht ist diese Einstellung aber auch eine Frage der Affinität zu den neuen Medien. Der typische „Social Media Nutzer“ ist an Onlinebewertungen bei Amazon, Holidaycheck, etc. gewöhnt und hat selbst schon Dutzende davon verfasst. Da ist es nur eine logische Konsequenz, dass man auch seinen Arbeitgeber bewertet.
Was kann man gegen die Skepsis tun? Den Mitarbeitern auf keinen Fall in die Bewertung reinreden und auch schlechte Kommentare zulassen. Denn gerade auch negative Bewertungen machen kununu authentisch. Eine perfekte Firma gibt es halt nicht.
personalmarketing2null: Wohl wahr. 100 %ig zufriedene Mitarbeiter und Vorgesetzte wird es wohl nirgends geben. Schließlich hat jeder mal einen schlechten Tag … Welche Auswirkungen hat ihr Engagement in kununu? Konnten Sie durch Ihr Engagement dort eine Zunahme der Bewerbungen respektive passendere Bewerbungen verzeichnen?
Anne Foerges: Den allgemeinen Anstieg unserer Bewerbungen nur auf kununu zurückzuführen, wäre wahrscheinlich nicht richtig. Vielmehr ist es das gesamte Employer Branding Paket. Die Begeisterung, die Bewerber im Interview mitbringen, ist aber deutlich spürbar. Sie kennen das kununu Profil von Medtronic und erwähnen es im Vorstellungsgespräch. Für viele war genau das auch ausschlaggebend für eine Bewerbung bei uns.
personalmarketing2null: Wie wird Ihr Engagement in kununu unter den Medtronic-Mitarbeitern aufgenommen? Gibt es auch kritische Stimmen?
Anne Foerges: Die meisten sind kununu gegenüber sehr positiv eingestellt. Sie finden es schön, dass ihr Arbeitgeber so beliebt ist und erzählen im Verwandten- und Freundeskreis davon. Gut kommt vor allem an, dass wir mit so großen Unternehmen wie der Telekom oder Siemens in der Anzahl der Bewertungen mithalten können und insgesamt sogar besser bewertet werden als diese.
Ich glaube, dass Kritik an Social Media oft durch Unsicherheit im Umgang damit hervorgerufen wird. Hier leisten wir Aufklärungsarbeit. So haben wir eine Social Media Policy entworfen, in der man zum Beispiel auch Tipps zum sicheren Umgang mit Facebook bekommt und wir überlegen, einen Social Media Info Tag für alle Mitarbeiter zu machen.
personalmarketing2null: Klasse Idee! Social Media ist schließlich kein Selbstverständnis! Welche Möglichkeiten nutzen Sie noch, um Medtronic als attraktiven Arbeitgeber darzustellen und erlebbar zu machen?
Anne Foerges: Wir haben eine Karriere Rubrik auf unserer Homepage in der man zum Beispiel Mitarbeiterberichte oder unser Recruitingvideo findet. Seit April 2011 sind wir auch mit einer eigenen Facebook Seite online, die in unser Employer Branding Konzept integriert ist. Das macht wirklich sehr viel Spaß und wir machen positive Erfahrungen damit!
Toll ist, dass kununu die Möglichkeit bietet, unser kununu-Profil auch in unsere Facebook Seite und unser Xing Unternehmensprofil einzubetten. Durch die Verlinkung der Plattformen untereinander, erhöhen sich automatisch die Zugriffszahlen.
Für unsere Azubis und dualen Studenten sind wir bei Azubiyo aktiv. Dort kann man zum Beispiel auch Interviews mit Azubis im Azubiyo Blog veröffentlichen.
Weitere Plattformen sind im Aufbau. So planen wir einen Youtube Channel, einen Flickr Account und diskutieren gerade, ob wir einen Unternehmens Blog schreiben sollen.
Dazu kommen natürlich die klassischen Personalmarketingkanäle wie Anzeigen, Messen und Exkursionen für Studenten.
personalmarketing2null: Wow, das ist eine ganze Menge. Wobei ein Blog mit Sicherheit ein probates Mittel darstellt. Welches Medium sehen Sie als das nach dem jetzigen Stand der Dinge erfolgreichste an?
Anne Foerges: Definitiv kununu. Auf kein anderes Medium werden wir so oft angesprochen. Außerdem steigen die Zugriffe auf unser kununu Profil täglich. Derzeit sind es knapp 20.000. Ein schöner Nebeneffekt: jeder Zehnte davon besucht unsere Website.
personalmarketing2null: Zu guter Letzt: Was empfehlen Sie Ihren HR-Kollegen aus Unternehmen, die Angst vor Kritik auf kununu & Co. haben?
Anne Foerges: Kununu spiegelt ein Unternehmen mit all seinen positiven und negativen Eigenschaften wieder. Das kann unangenehm sein, aber es entspricht der Realität. Zu denken, dass man den schlechten Bewertungen entgeht, wenn man nicht aktiv wird, ist kurzsichtig. Das gilt für den gesamten Onlinebereich. Denn Bewertungen kommen oder sind sogar schon vorhanden. Die einzige Möglichkeit diesen Arbeitgeber-Bewertungen zu begegnen ist, diese ernst zu nehmen und als Möglichkeit zu sehen, ein besserer Arbeitgeber zu werden. Das ist eine faire Sache. Gute Arbeitgeber bekommen gute Bewertungen. Und das sollte vor allem für die kleineren Betriebe ohne riesiges Personalmarketing Budget ein Ansporn sein mitzumachen.
Außerdem ist das Feedback, welches man auf kununu bekommt, sehr wertvoll. Denn Verbesserungsvorschläge in den Bewertungen geben oft den Anstoß zu neuen Angeboten für Mitarbeiter. So haben wir zum Beispiel „Kopf frei“, ein neues Gesundheitsprogramm für unsere Mitarbeiter, entwickelt. Die Anregung dazu kam u. a. von einem Mitarbeiterkommentar auf kununu. Der Kreis schließt sich, wenn dann die erste positive Bewertung eintrudelt. Ein gutes Gefühl!
personalmarketing2null: Frau Foerges, vielen Dank für das interessante und offene Interview! Dem kann ich eigentlich nichts mehr hinzufügen. Außer Ihnen weiterhin viel Erfolg zu wünschen und dass ich hoffe, dass weitere Unternehmen das Potenzial und die Chancen dieser Plattform erkennen. Ich bin gespannt!
Apropos, die Potenziale hat auch SMA Solar Technology erkannt. Dazu in Kürze mehr!
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Olaf Stehr
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GerdKim
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