20. April 2011
Talkin' 'bout a REWElution? Ausbildungsmarketing mit dem REWE Jugendclub
Lesezeit: 6 Min. Archiv
1988. Tracy Chapman hat mit “Talkin’ ’bout a revolution” ihren wohl einzig wirklich richtig großen Hit.
2007. Die Süddeutsche Zeitung berichtet in ihrem “Eine echte Rewelution” betitelten Artikel über die Über-Nacht-Umwandlung von 3000 MiniMal-, HL-, Toom- und Stüssgen-Filialen in Rewe-Märkte.
2011. Tracy Chapmans “Talkin’ ’bout a revolution” wird zur Hymne der Tunesier während der Tunesischen Revolution.
2011. REWE geht mit einer neuen Website an den Start, die Jugendliche für eine Ausbildung bei REWE begeistern soll. “Getarnt” ist das Ganze als Jugendclub, unterstützt wird die REWElution, so der Name der neuen Azubimarketing-Kampagne, durch eine gleichnamige Facebook Azubi-Page.
2011. Nur wenige Tage später berichtet Karriere-Spiegel über die so genannte Jobmachine (eine Art Self Assessment) auf der REWElution-Seite. Danach ist ein wesentliches Feature der Website verschwunden. Zufall? Wohl kaum, denn nett ist das nicht, was da geschrieben steht:
Ich habe keine Interessen. Weder möchte ich Umgang mit Menschen haben, noch interessiere ich mich für Technik. Bewegung ist mir ein Graus, was Neues lernen möchte ich eigentlich nicht mehr, andere Länder sind mir ebenso schnurz wie die Produkte, mit denen meine Firma handelt. Verantwortung übernehme ich äußerst ungern, und mit Computern kann ich gar nicht umgehen. Ich habe eigentlich nur zwei Ziele im Leben: Ich will irgendwie mein Abitur schaffen. Und dann will ich ein Team leiten.
Da bin ich bei Rewe genau richtig.
(Quelle: Spiegel online)
So ein Zitat aus dem Artikel aus der Feder von Maren Hoffmann, ihres Zeichens Online-Redakteurin beim manager-magazin. Auch die Passage
Steh ich dann nicht neben genau dem Typen an der Wursttheke, der sich für nichts interessiert, aber trotzdem mein Teamleiter geworden ist? Grauenhaft. Vielleicht mach ich doch lieber Abi. Und interessiere mich für alles. Kann alles. Will alles. Und was werde ich diesmal? Genau: Ich soll meinen BA machen, Fachrichtung Handel. Oder wieder mal dual Wirtschaftsinformatik studieren. Zusammen mit den ganzen Luschen aus meinem Jahrgang, die nichts drauf haben, aber das Team leiten wollen.
(Quelle: Spiegel online)
hat wohl nicht gerade für viel Begeisterung bei REWE gesorgt.
Denn wenn Sie derzeit auf die Seite der REWElution gehen und dort die Job Machine suchen, sehen Sie – nichts! Lediglich der Google Cache gibt einen groben Eindruck, was bis vor Kurzem – sprich gestern – noch dort zu sehen war.
Auch die entsprechende App auf der Facebook Karriere-Page ist von jetzt auf gleich verschwunden. Wow! So eine rasend schnelle Reaktion erlebt man selten! Da kommt ein schonungsloser Spiegel-Artikel und schon ist das schöne Tool verschwunden. Bei meinem Artikel über die angebliche Sonja Christensen, vermeintliche Marketing-Referentin beim Telekommunikationsanbieter Alice, hat es mehrere Wochen gedauert, bis eine Reaktion kam:
Und bei McDonalds gerät die Bewerbung für einen der hart umkämpften Azubis immer noch zur Gedulds- und Nervenprobe. Aber ich schweife ab, zurück zur REWElution. Vom Namen kann man ja halten, was man will – Namen sind ja Schall und Rauch (Achtung, das gilt nicht immer, z. B. bei Websites oder Karriere-Pages!) und was zählt, sind ja die inneren Werte. Also, was bietet die REWElution-Seite einem potenziellen Azubi? Ist wirklich alles so schlecht, wie in dem Karriere-Spiegel-Artikel beschrieben oder gibt es auch Gutes zu berichten?
Zunächst einmal: Die Idee finde ich persönlich nicht schlecht, die Umsetzung der Agentur – nun ja, da gibt es mit Sicherheit Verbesserungspotenzial. Auch die Idee einiger deutscher Versicherer, mit der Aktion “Besser als” gemeinsam auf die Jagd nach dem jungen Nachwuchs zu gehen, scheitert meines Erachtens eher an der Umsetzung, als an der gut gedachten Idee. Ich will an dieser Stelle nicht weiter auf diese Kampagne eingehen, verweise aber auf die Artikel von Jannis Tsalikis (schön finde ich die Überschrift “Versicherungsazubi besser als Arschgeweih?” ;-)), Thorsten zur Jacobsmühlen oder Matthias Mäder.
Was bringt es mir denn nun eigentlich, Mitglied im exklusiven REWElution-Club zu werden? Nun zunächst einmal “die Möglichkeit, an allen unseren Angeboten und Aktionen, wie z. B. spannende Ausflüge, exklusive Praktika oder tolle Verlosungen teilzunehmen.” Nun denn, registriere ich mich doch mal. Was ich davon habe, ist mir noch nicht ganz klar. Gut, nun sehe ich rechts oben in der Ecke “Hallo Henner”. Dassja mal nett. Und weiter? Die Seite kann ich mir doch auch anschauen, wenn ich nicht registriert bin. Um es mal mit Herbie zu sagen (übrigens ist der Song aus dem gleichen Jahr wie Tracy Chapmans Talkin’ ’bout a Revolution – so schließt sich also der Kreis): Was soll das? Aber schauen wir mal weiter.
So bietet mir die Website bspw. die Möglichkeit, nach Terminen zu schauen, wo ich die REWE Gruppe näher kennen lernen kann. Wie wär’s also mal, sich anzuschauen, wie Azubis einen REWE-Markt führen. Möglich wäre das im Juni. Oder aber die Besichtigung des Penny-Lagers Südwest. Wollte ich immer schon mal sehen :-). Müsste ich mich aber für anmelden. Und dann gäb’s auch ne Überraschung. Da will ich mich jetzt aber mal nicht festlegen. Also weiter im Text, was bietet die Seite noch? Ich kann mich bspw. über die angebotenen Ausbildungsangebote oder Praktika informieren, bekomme Einblicke hinter die Kulissen des Ausbildungsalltags, z. B. in die Theater AG und natürlich umfangreiche Bewerbungstipps. Ganz nett gedacht sind auch die Videos. Hier kann man mehr oder minder “interaktiv” Einblicke in die verschiedenen Ausbildungsberufe bekommen und den Azubis “Fragen stellen”. Hierzu kann ich dann die Frage auf die brav auf den Sofas sitzenden Azubis “ziehen”. Wie gesagt, nett gedacht.
Und natürlich kann ich auch nach Jobs stöbern. Und da finde ich dann bspw. so etwas:
Ob ich mich da mal bewerbe? Klingt doch verlockend, oder? Ohnehin ist es etwas verwirrend, dass man bei den Jobs auf die Stellenbörse der REWE-Group geleitet wird. Schöner wäre hier eine iFrame-Lösung gewesen. Ohnehin wird es den Bewerbern bei der Jobsuche hier nicht besonders leicht gemacht, aber das ist ja leider kein Einzelfall (sollte aber keinesfalls als Entschuldigung gelten!).
Fazit: Solide Seite mit vielen tollen Infos. Ich schließe mich Josef Buschbacher an, wenn er sagt: “Im Vergleich zu unzähligen anderen Ausbildungswebseiten wird hier die Latte um einiges höher gehängt. Es zeigt uns aber auch, dass Unternehmen in Zukunft mehr bieten müssen als nur eine Webseite oder einen klassischen Messestand.” Nichtsdestotrotz denke ich aber, dass aufgrund der Oberfläche (wirkt auf mich etwas angestaubt und nicht sehr zeitgemäß) und der optimierungsbedürftigen Navigation das Ganze wohl ein bissl an der Zielgruppe vorbei geht. Schade, dass die Job Machine abgeschaltet wurde, aber vielleicht kommt sie ja wieder. Und vielleicht hätte man jemanden fragen sollen, der sich mit so etwas auskennt (ich denke doch, das Tool kam nicht von dir, Jo?)? Alles in allem also eher keine Revolution in Sachen Ausbildungsmarketing. Aber schauen wir mal, was die Zukunft bringt. In der Zwischenzeit lauschen wir doch einfach Tracy Chapman. Vielleicht kann REWE sie ja als Sponsor für die REWElution-Kampagne gewinnen?
Beispiele mehr oder weniger erfolgreicher Arbeitgeberkommunikation | Employer Branding Kampagnen
Ausbildungsmarketing im Einzelhandel: Mit dem Nettodrom auf dem Weg zur Karriere? « personalmarketing2null – personalmarketing | employer branding | social media – kritisch hinterfragt
Ausbildungsmarketing im Einzelhandel: Mit dem Nettodrom auf dem Weg zur Karriere? « personalmarketing2null – personalmarketing | employer branding | social media – kritisch hinterfragt
Eine Azubi Marketing REWElution?? : Personalmarketingblog
Eine Azubi Marketing REWElution?? : Personalmarketingblog
Werbeagentur Nürnberg
Werbeagentur Nürnberg
Jo Diercks
Jo Diercks