Wird Facebook zum Jobbörsen-Killer?

Lesezeit: 8 Min. Recruiting

Fakebook Facebook ist mal eben heimlich still und leise (nach dem das bereits im Sommer 2016 gemunkelt wurde) und quasi über Nacht zur Jobbörse mutiert. Wie Facebook am 15. Februar in dem Blogpost “Take the work out of Hiring” schreibt, ist es dank “Facebook Jobs” ab sofort nicht nur möglich, auf der eigenen Facebook-Seite Jobs zu posten, auch die Bewerbung läuft innerhalb des Datenkraken ab. Bevor Sie sich jetzt wie irre auf Ihre Facebook-Seite stürzen, um die neue “Jobbörse” auszuprobieren – ich muss Sie leider enttäuschen. Denn dieses Feature wurde bislang nur in den USA und Kanada ausgerollt. Update: Seit Mai 2018 ist das Feature auch in Deutschland verfügbar.

Aber schauen wir uns das Ganze mal im Detail an und werfen wir auch einen Blick auf die möglichen Auswirkungen auf XING und LinkedIn und die Jobbörsen-Welt.

Facebook Jobs vereinfacht Recruiting-Prozess

Nicht mehr und nicht weniger als den Einstellungsprozess erleichtern will Facebook mit seinem neuen Feature. Für Arbeitgeber UND Bewerber. Und das, das muss ich Facebook zähneknirschend zugestehen, gelingt definitiv. Einfacher geht’s fast nicht mehr (abgesehen vom Recruiting bei Banken und Sparkassen, versteht sich). So ist beispielsweise das Job-Posting rubbeldikatz erstellt, wie nachfolgendes Video eindrucksvoll beweist.

Und das geht in wenigen Schritten:

  1. Machen Sie Ihrer Zielgruppe mit einer netten Botschaft von 90 Zeichen Lust auf Ihren Job
  2. Laden Sie ein Bild hoch
  3. Vergeben Sie den (aussagekräftigen und auffindbaren) Stellentitel (max. 50 Zeichen)
  4. Fügen Sie Standort und Verdienst (!) hinzu
  5. Geben Sie an, ob es sich um eine Teilzeit- oder Vollzeitstelle oder um ein Praktikum handelt
  6. Hinterlegen Sie in maximal 5.000 Zeichen die Stellendetails (natürlich so, dass man sich von der Stelle angesprochen fühlt – verstehen Sie Ihre Stellenanzeige immer als Einladung zur Bewerbung!)
  7. Und speichern Sie das Ganze ab.

Die Stelle ist dann 30 Tage online. Auffindbar ist die Stelle dann im normalen Feed, über den Reiter “Jobs” auf Ihrer Page und zusätzlich über die Seite facebook.com/jobs. Und das Tolle dabei: Das Ganze gibt’s für umme, für lau, für nen Nuller – kurz: Das Ganze ist GRATIS. Und: Sie können so viele Jobs schalten, wie Sie lustig sind. Wahnsinn, oder?

Auch der Bewerbungsprozess ist kinderleicht.

Jobs on Facebook - Stellenangebot auf Facebook-Seite

Der Nutzer klick einfach nur auf “Apply now”, landet dann auf dem eigentlichen Stellenangebot (ich frage mich allerdings, warum dieser Zwischenschritt überhaupt erforderlich ist?),

Jobs on Facebook - Stellenangebot öffnet sich separat, dann ist Bewerbung möglich

kann (sofern nicht bereits als unbekümmerter Datenpreisgeber hinterlegt) noch Daten zu Berufserfahrung und Ausbildung ergänzen, ein “Motivationsschreiben” hinzufügen (wollten wir das Anschreiben nicht abschaffen?) und dann die Bewerbung abschicken.

Jobs on Facebook - Einfaches, vorausgefülltes Online-Formular

Im Handumdrehen ist dann via Messenger auch schon die Eingangsbestätigung da.

Jobs on Facebook - Die Eingangsbestätigung kommt per Messenger

So weit, so gut. Sowohl Arbeitgeber und Bewerber sind natürlich hellauf begeistert von Facebook Jobs, wie man diesem Video entnehmen kann.

It was great, it was easy“, so der zusammenfassende Kommentar. Klar, Bewerbung geht auch einfach, muss aber nicht :)

Dass man Jobs auf Facebook posten kann, ist eigentlich ein alter Hut. Entweder man nutzt entsprechende Apps, wie es sie zumindest zum Facebook Karriere-Pages-Boom zuhauf gab oder man machte den Umweg über die Facebook-Ads. Facebook will aber den Weg vereinfachen, diese Stellenangebote zu finden und vor allem den Bewerbungsprozess so simpel wie möglich gestalten (primär geht es Facebook natürlich darum, das Feld für sich zu beackern und nicht fremden Dienstleistern zu überlassen. Ist ja perspektivisch gesehen ein Milliarden-Markt). Dass es darüber hinaus auch darum geht, Features zu schaffen, das Internet im Internet attraktiver zu machen und die Nutzer zu halten, noch mehr Daten abzugreifen (die wiederum dank erhöhter Transparenz auch für Recruiter einen Vorteil haben), aber vor allem: Noch mehr Geld zu scheffeln (denn natürlich zahlt man dafür, dass der kostenlos erstellte Post dann auch bei der Zielgruppe im Feed angezeigt wird), sei hier nur am Rande erwähnt.

Was bedeutet “Facebook Jobs” für die Jobbörsen-Welt?

Was aber bedeutet das nun für die Jobbörsen-Welt? Was für Business-Netzwerke wie LinkedIn, die ja gerade von Microsoft geschluckt wurden (wodurch sich theoretisch sensationelle Möglichkeiten ergeben könnten, bspw. könnte ein Entwicklungs-Ingenieur, der über Office an einer Powerpoint-Präsentation arbeitet, mittels Pop Up via LinkedIn einen Job angeboten bekommen) oder für XING? Was für die behäbigen Jobbörsen-Riesen? Ist deren bisheriges Modell damit obsolet? Eine Frage, auf die es zu diesem Zeitpunkt noch keine abschließende Antwort geben kann.

Die Kernzielgruppe von LinkedIn sind Nutzer auf C-Level-Ebene. Gleiches kann man mehr oder wenig von XING sagen. Facebook aber ist die breite Masse, eher das Publikum, welches man (für den US-amerikanischen Markt) via Craigslist (ein Portal für Kleinanzeigen) erreichen kann. Also nicht unbedingt die Zielgruppe von XING oder LinkedIn. Zumal das Umfeld in Facebook nicht wirklich seriös (ich sehe schon die Schlagzeilen: “Nach Fake News nun Fake Jobs?”) und Facebook ein privates soziales Netzwerk ist und die Ansprache bei qualifizierten Fachkräften eher verpönt. Das zeigt sich auch an den Karriere-Pages auf Facebook, auf denen die Ansprache von (Aus-)Hilfspersonal zwar recht ordentlich funktionieren kann und sich genau diese Zielgruppe in Massen tummelt, die Ansprache von qualifizierten (studierten) Fachkräften bzw. die Akzeptanz bei diesen aber eher die Ausnahme bildet.

Immerhin ist ja eine Bewerbung, die auf die Ressourcen des Netzwerks respektive das Nutzerprofil zurückgreift, bei LinkedIn ohne Weiteres möglich.

Online-Bewerbung mittels Profildaten: Bei LinkedIn möglich

XING schläft da noch etwas und ist beim “Interesse-bekunden-Button” von 2012 stehen geblieben, der (so er denn überhaupt von Unternehmen genutzt wird) im Zweifelsfall ohnehin nur dazu führt, dass Recruiter den Bewerber dazu auffordern, sich bitteschön doch über die Karriere-Website zu bewerben. One-Click-Bewerbung, bewerben mit XING – war da was?

Kleinbetriebe profitieren von “Facebook Jobs”

Aber das nur am Rande. Der Punkt ist doch der: Der Gedanke hinter dem Facebook-Jobs-Feature ist der, insbesondere Kleinbetrieben die Möglichkeit zu geben, Jobs zu schalten und einen einfachen Bewerbungsprozess zu initialisieren. Denn genau wie in Deutschland auch, repräsentieren Klein- und Mittelstand in den Vereinigten Staaten das Gros der (“Arbeit gebenden”) Unternehmen. Das wiederum sind in vielen Fällen Unternehmen, denen es generell an Know-how bezüglich Jobbörsen oder alternativen Recruiting-Kanälen fehlt und/oder die nicht über entsprechende finanzielle Ressourcen verfügen, selbige zu nutzen (so wie in Deutschland auch). Diese profitieren ohne Frage davon.

Natürlich können auch große Unternehmen “Facebook Jobs” nutzen. Schließlich ist das neue Feature für jeden gedacht, der seine Stellen an die Frau respektive den Mann bringen möchte. Und eine Limitierung bezüglich der Anzahl an geschalteten Anzeigen gibt’s auch nicht (natürlich gilt auch hier: wer Aufmerksamkeit will, darf muss zahlen). Also theoretisch wäre es möglich, 1.000 Jobs zu posten (bisher ist das aber nur händisch möglich und bedeutet jede Menge Aufwand – aber vielleicht könnten Sie einfach als ersten Amtshandlung einen Job für Hiwis ausschreiben, die genau diesen Job für Sie erledigen), eine API für eine E-Recruiting-Software ist (bis dato) noch nicht verfügbar. Aber davor wäre nur zu warnen. Denn das würde den positiven Effekt konterkarieren. Jobs, die via Spam in die Timeline gespült werden, haben immer schon dazu geführt, dass Fans in die Flucht geschlagen wurden. Die Dosis macht das Gift. Auch bei Facebook Jobs.

Ist Jobs on Facebook ein Jobbörsen-Killer?

Facebook Jobs nur für Facebook-Nutzer zugänglich

Ohne Frage müssen sich Jobbörsen trotzdem mit dem neuen Wettbewerber auseinandersetzen und sich überlegen, was sie dem entgegenzusetzen haben. Eine Sache dürfen wir aber bei all dem medialen Hype, der gerade ausbricht, nicht vergessen: Facebook ist und bleibt ein geschlossenes Netzwerk. Das heißt, nur wer auf Facebook ist, bekommt die Jobs angezeigt und kann sich darauf bewerben. Das sind zwar eine ganze Menge Nutzer, aber es sind eben (glücklicherweise) nicht alle. Abgesehen davon, muss ein Nutzer erst einmal auf das Job-Angebot aufmerksam werden. Damit haben die Job-Anbieter auf Facebook im Grunde genommen das gleiche Problem, wie sonst im realen Leben auch. Denn wie wird ein potenzieller Bewerber auf das Job-Angebot aufmerksam? Indem er die jeweilige Facebook-Seite gezielt aufruft. Oder indem er den Post in seinen Feed gespült bekommt. Oder über die Website facebook.com/jobs, die Facebook-Stellenbörse, die sich anstrebt, die größte der Welt zu werden (Anmerkung: Diese Seite listet die auf Facebook geschalteten Jobs auf, zeigt aber für deutsche Nutzer nur die Facebook eigene Karriere-Website).

Allerdings sind die auf Facebook geschalteten Jobs wiederum über Google auffindbar. Theoretisch zumindest. Denn die Jobs tauchen zwar in den Suchergebnissen auf, sind aber für Nicht-Facebook-User nicht sichtbar. Wenn das aber möglich wäre, könnten auch Meta-Jobsuchmaschinen diese indizieren und in der Folge Nicht-Facebook-User von den Stellenanzeigen profitieren. Dass das beispielsweise für Twitter funktioniert, zeigt als bisher einziger Anbieter das Portal zutun.de. Das funktioniert nicht immer ganz so gut, der Ansatz ist aber auf jeden Fall interessant und zeigt, welche Potenziale darin stecken.

Aber natürlich schläft Google selbst auch nicht. Das beweist ja die Cloud Jobs API und das beweisen die Weiterentwicklung der Suchergebnisse für den Nutzer. Technisch wäre es ohne Weiteres möglich, auch die auf der Seite angezeigten Stellenangebote anzuzeigen (wäre da nur nicht das Problem mit den Anbietern von E-Recruiting-Software, die den Zugang für Google, wenn nicht untersagen, doch unnötig erschweren) und eine Bewerbungsmöglichkeit zu implementieren. Das wiederum hätte mehr Auswirkungen auf den Jobmarkt, als Facebook den jemals haben könnte. Denn im Gegensatz zu Facebook ist Google für jedermann und -frau zugänglich.

In Sachen Bewerbung hat Facebook auf jeden Fall die Hürde des deutschen Datenschutzes zu nehmen. Und da sind die Widerstände ja beachtlich. Und das ist auch gut so.

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Moin! Ich bin Henner Knabenreich. Seit 2010 schreibe ich hier über Personalmarketing, Recruiting und Employer Branding. Stets mit einem Augenzwinkern oder den Finger in die Wunde legend. Auf die Recruiting- und Bewerberwelt nehme ich auch als Autor, als Personalmarketing-Coach, als Initiator von Events wie der HR-NIGHT oder als Speaker maßgeblich Einfluss auf die HR-Welt. Sie möchten mich für einen erfrischenden Vortrag buchen, haben Interesse an einem Karriere-Website-Coaching, suchen einen Partner oder Berater für die Umsetzung Ihrer Karriere-Website oder wollen mit bewerberzentrierten Stellenanzeigen punkten? Ob per E-Mail, XING oder LinkedIn - sprechen Sie mich an, ich freue mich auf Sie!
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