Office-Sex, rechts motivierte Kollegen und Stellen für Arbeitnehmer

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Habe ich Ihnen eigentlich schon von meinem neuen Hobby erzählt? Ich habe den Zeit-Stellenmarkt, also die Stellenbörse der Zeit für mich entdeckt. Als überaus intellektueller Zeitgenosse lese ich online unter anderem die FAZ, die Süddeutsche und eben die Zeit. Und dort werden dann eben auch immer die aktuellen Jobs aus dem Zeit Stellenmarkt eingeblendet. So war beispielsweise auch die Stellenanzeige für den Personalreferent mit Promotion dort zu finden.

Apropos: Nicht nur die Stellenanzeige gibt mir persönlich (und vielen anderen auch, wie die Reaktionen auf Twitter zeigten) zu denken, auch der sich anschließende Bewerbungsprozess scheint es in sich zu haben.

Die Eingangsbestätigung als Absage

So erhält ein Bewerber dort die Nachricht, dass “die Prüfung und interne Weiterleitung Ihrer Unterlagen in der Regel innerhalb von zwei Kalenderwochen erfolgt.” Das an sich ist zwar schon ein langer Zeitraum, aber liegt deutlich unter dem Durchschnitt deutscher Personalabteilungen. Aber jetzt kommt’s: “Wenn Sie innerhalb der kommenden 30 Tage keine weitere Rückmeldung von uns erhalten“, so heißt es weiter, “bitten wir Sie davon auszugehen, dass wir die aktuellen und geplanten Beschäftigungsmöglichkeiten sorgfältig geprüft haben, Ihnen auf absehbare Zeit aber leider keine Mitarbeit in unserem Unternehmen in Aussicht stellen können. Wenn Sie aufgrund anderer Angebote eine frühere Rückmeldung benötigen, teilen Sie uns dies bitte telefonisch oder per Email mit.” Auf gut Deutsch: Eine extra Absage verschicken wir nicht, Bewerber sind für uns lästige Bittsteller und erfahren von uns auch keine Wertschätzung. Sollten Sie uns allerdings unbedingt in unserem Winterschlaf stören wollen, dürfen Sie uns auch anrufen oder eine E-Mail schicken. Wir haben wirklich besseres zu tun, als uns um Ihre Bewerbung zu kümmern.

Wohlgemerkt: Das bei einer Stelle, bei der sich das Unternehmen echt freuen kann, wenn sich überhaupt jemand drauf bewirbt. Denn wer mit Promotion und Berufserfahrung bewirbt sich schon als Personalreferent? Da verwundert es auch nicht, dass die Stelle schon seit vielen Monaten ausgeschrieben und immer noch vakant ist.

Leitender Regierungsdirektor oder Arbeitnehmer?

Wundern werden sich auch diejenigen, die nachfolgende Stelle in Augenschein nehmen. Die Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung (BWFG) der Freien und Hansestadt Hamburg will nämlich schnellstmöglich die Stelle “Arbeitnehmer/in” besetzen. Gemeint ist eigentlich die Stelle als Ltd. Regierungsdirektor/in. Also Limited. Oder soll es Leitend heißen? Auf  jeden Fall aber “B 3”. Aber das kann dann eben auch ein(e) Arbeitnehmer/in sein. So suggeriert zumindest der missverständliche Stellentitel.

Stellenanzeige Ltd. Regierungsdirektor bzw. Arbeitnehmer

Auch wenn sich B3 auf die Besoldungsgruppe bezieht, bei der das Gehalt dann wohl auch dem eines Arbeitnehmers entsprechen kann, für Verwirrung ist gesorgt. Den vollständigen Ausschreibungstext finden Sie laut Anzeige dann “im Internet unter www.hamburg.de/stellensuche über den Suchbegriff “Leitungsteam des Hochschulamtes”.” Das stimmt sogar. Einfacher wäre es aber, die Anzeige unmittelbar zu verlinken. Denn über den in der Zeit ausgeschriebenen Stellentitel finden Sie das Inserat in der Stellenbörse der Hansestadt indes nicht. Aber so ist das eben mit diesem Neuland Internetz. Ich frage mich allerdings ohnehin, warum man eine Stelle als “Ltd. Regierungsdirektor” ausschreibt, wenn man doch ein “Mitglied im Leitungsteam des Hochschulamtes für den Aufgabenbereich Hochschulen” sucht.

Nun, nicht nur beim Stellentitel gibt es Optimierungspotenzial. Auch der Aufbau selbst verträgt eine kleine Frühjahrskur. Wie wäre es beispielsweise, die Aufgaben und Anforderungen durch entsprechende Überschriften optisch von einander zu trennen? Oder zu kommunizieren, was denn die Freie und Hansestadt Hamburg eigentlich ihren Mitarbeitenden zu bieten hat? Auch wenn es hier Defizite gibt: Ein Faible für wohl klingende Stellentitel hat man dort auf jeden Fall. Davon künden Bezeichnungen wie “Projektleitung sowie Mitarbeit in schwierigen und sehr komplexen Bauprojekten des konstruktiven Ingenieurbaus” oder die vielen “Bzw.-Stellen”: “Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterin”, “Wissenschaftlicher Referent bzw. Wissenschaftliche Referentin”, “Amtsvormund/Amtspflegerin bzw. Amtspfleger, Beistand und Urkundsperson” etc. pp. Schauen Sie mal auf der Seite der Stellenbörse vorbei. Es lohnt sich!

Auch das Arbeitsamt begeistert aktuell mit einer Stellenanzeige. Hier wird ein Junior Professional Officer gesucht.

Stellenanzeige Beigeordneter Sachverständiger oder Junior Professional Officer

Was das ist? Na, ein beigeordneter Sachverständiger – ist doch klar, oder? Wer mehr dazu wissen möchte, sollte sich einmal durch die entsprechenden Seiten durchklicken. Viel Spaß dabei!

Rechts motivierte Kollegen

Die letzte Stellenanzeige entstammt zwar nicht dem Zeit Stellenmarkt, ist aber ein echtes Beispiel dafür, dass man doch etwas mehr Sensibilität beim Verfassen von Stelleninseraten walten lassen sollte. Insbesondere wenn das Unternehmen im von Pegida durchschüttelten Dresden sitzt.

Gut gefällt mir allerdings auch der Name des Stellenportals selbst, auf der das Unternehmen u. a. seine Jobofferten schaltet. OfficeSax heißt das Portal. Welche Assoziation haben Sie, wenn Sie das lesen bzw. den Namen aussprechen? Office-Sex bei OfficeSax?

Officesex bei OfficeSax?

Aber warum auch nicht, schließlich hatte gemäß einer Umfrage schon jeder zehnte Deutsche Sex im Büro. Außerdem: Sex sells. Warum also ein Stellenportal für Bürojobs in Sachsen nicht so eindeutig zweideutig benennen.

Aber lieber Sex auf dem Kopierer oder in der Besenkammer, als mit rechts und links motivierten Kollegen am Arbeitsplatz zu sitzen und damit auch noch zu werben. Positiv ist natürlich, dass es nicht nur die rechts motivierten sind, die sich an diesem Arbeitsplatz wohl fühlen dürfen, sondern auch die links motivierten. Das fällt dann wohl unter Gleichberechtigung. Oder ausgewogenes Betriebsklima.

Stelleninserat - rechts motivierte Kollegen

Negativ ist es, überhaupt solch einen Satz in seinem Stelleninserat zu verwenden.

“Einen Job, der Spaß macht – weil Sie in einem Unternehmen arbeiten, wo Klima und Umgang passen, wo das Umfeld modern, fordernd und fördernd ist. Links und rechts motivierte Kollegen sitzen, wo Arbeit nicht nur Geldverdienen ist.”

Klar, dass es nicht so gemeint ist. Aber sollte ein Unternehmen, welches darüber hinaus in Dresden seinen Standort hat (und nun auch noch ein Flüchtlingsheim in Bautzen niedergebrannt wurde), etwas sensibler und verantwortungsvoller bei seinen Formulierungen sein? Stichwort Pegida und der zunehmende rechtsextreme Einfluss dieser Bewegung?

Denken Sie mal drüber nach.

Kommentare (3)

Update Recruiting 16.02 - Recruiting Topics im Februar '16

[…] Office-Sex, rechts motivierte Kollegen und Stellen für Arbeitnehmer (Personalmarketing2null) […]

personalmarketing2null

Liebe Frau Weickelt, vielen Dank für Ihren offenen und konstruktiven Kommentar! Schön, dass Sie Stellung be- und Konsequenzen gezogen haben. Mir ist bewusst, dass es nicht so gemeint war, wie man es hätte interpretieren können. Und ich freue mich sehr, dass Sie sich öffentlich davon distanzieren. Ich war von einer Leserin auf die Stellenangebote aufmerksam gemacht worden und sah mich einfach genötigt, zu handeln. Was die Abbildung der Stellenanzeige angeht, haben Sie durchaus recht. Auch ich bin durchaus lern- (und handlungsfähig) ;-) Eigentlich aber ist der Kommentar ohnehin hinfällig. Schließlich gibt es weder den Artikel noch den Blog. Denn wie kann ein Blog, der von einem Bielefelder betrieben wird, überhaupt existieren? ;-) Beste Grüße und noch einmal vielen Dank für die konstruktive Auseinandersetzung, Henner Knabenreich

Sandra Weickelt

Hallo Herr Knabenreich, gern möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich als Verantwortliche des Personalbereichs der BIT.Group GmbH zur Ihrem Blogbeitrag „Office-Sex, rechts motivierte Kollegen und Stellen für Arbeitnehmer“ vom 22.02.16 auf Ihrer Plattform zu äußern. Bevor ich dies tue, möchte ich Ihnen für Ihren mehr oder minder konstruktiven Hinweis auf unsere unbedachte Wortwahl in o.g. Stellenanzeige danken. Sie geben uns damit die Gelegenheit, eine stetige Weiterentwicklung voranzutreiben und ungeahnte Aufmerksamkeit zu erreichen. Wir als BIT.Group distanzieren uns klar von den von Ihnen geschlagenen Brücken hinsichtlich unserer Unternehmensstandorte und Pegida in Dresden sowie dem niedergebrannten Flüchtlingsheim in Bautzen! Wir verurteilen rassistisches und diskriminierendes Gedankengut sowie sämtliche Handlungen, die damit im Zusammenhang stehen auf das Äußerste! Aufgrund unserer Firmenkultur sowie unserer internationalen Ausrichtung stehen wir als Unternehmen für Respekt, Toleranz, Dialog, Offenheit, Kommunikation und Gleichberechtigung ein. Wir beschäftigen mehr als 330 Mitarbeiter aus 12 Ländern und fokussieren dabei die fachlichen Qualifikationen und nicht die Herkunft. Sie gestatten mir den Seitenhieb: Bei solch einer Vielzahl an Kollegen und Kolleginnen bleibt es natürlich nicht aus, dass bei ausschließlich sitzenden Tätigkeiten motivierte Kollegen links bzw. rechts voneinander sitzen. Mir ist bewusst, dass Sie sich als Blogger verschiedenster Assoziationen bedienen, um Ihren Aussagen Nachdruck zu verleihen. Dies ist auch legitim. Wenn jedoch Klarnamen unserer Mitarbeiter im Zusammenhang mit diesen Aussagen veröffentlicht werden, dann sollten auch Sie sich die Frage nach Sensibilität und Fingerspitzengfühl gefallen lassen. Daher meine Bitte, dies noch nachzuholen und den Namen unserer Kollegin zumindest zu schwärzen. Ich glaube wir sind uns einig, dass sich die Kommunikation schon längst von den Inhalten emanzipiert hat – der Zusammenhang ist wichtig. Wenngleich ich Ihnen für den Hinwies dankbar bin: Die Aussage in besagter Stellenanzeige lässt tatsächlich ein wenig Fingerspitzengfühl vermissen – aber das hatte ich bereits eingangs schon erwähnt. Ich hoffe Sie verstehen meine Worte ebenso als Dialog und Chance, wie ich Ihre verstanden habe. Denn Sie sind es doch sicherlich auch Leid, als Bielefelder Ihre Daseinsberechtigung zu rechtfertigen?! In diesem Sinne – wir haben darüber nachgedacht und sind froh über den Dialog.
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Moin! Ich bin Henner Knabenreich. Seit 2010 schreibe ich hier über Personalmarketing, Recruiting und Employer Branding. Stets mit einem Augenzwinkern oder den Finger in die Wunde legend. Auf die Recruiting- und Bewerberwelt nehme ich auch als Autor, als Personalmarketing-Coach, als Initiator von Events wie der HR-NIGHT oder als Speaker maßgeblich Einfluss auf die HR-Welt. Sie möchten mich für einen erfrischenden Vortrag buchen, haben Interesse an einem Karriere-Website-Coaching, suchen einen Partner oder Berater für die Umsetzung Ihrer Karriere-Website oder wollen mit bewerberzentrierten Stellenanzeigen punkten? Ob per E-Mail, XING oder LinkedIn - sprechen Sie mich an, ich freue mich auf Sie!
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